Protokoll der Sitzung vom 12.05.2009

Getan wurde also nichts. Deshalb sage ich abschließend noch einmal: Problem erkannt, aber nicht gelöst.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Beitrag kommt von Dr. Fahn von den Freien Wählern.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Simone Tolle ist Sprecherin für lebenslanges Lernen. Von einer solchen Funktion habe ich bisher noch nichts gehört. Das ist wahrscheinlich eine Position, die sie noch länger innehaben wird.

Artikel 139 der Bayerischen Verfassung gibt die Richtung vor:

Die Erwachsenenbildung ist durch Volkshochschulen und sonstige mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen zu fördern.

Die Volkshochschulen stellen eine Art kommunale Zentren für die Weiterbildung Erwachsener dar. Ziel ihres umfassenden Bildungsangebots ist eine wesensorientierte Weiterbildung, die alle Sparten umfasst bis hin zum Handykurs für Senioren. Das finden wir insgesamt positiv.

Die Volkshochschulen als ein Bildungsangebot für den ländlichen Raum sind für uns als Freie Wähler wichtig. Diese Bildungsmöglichkeit wird von allen Schichten genutzt.

Staatsminister Spaenle hat in seiner Regierungserklärung vom 26. März Bildungsgerechtigkeit angemahnt. Diese darf aber nicht nur für Schüler und Jugendliche, sondern muss auch für Erwachsene, insbesondere für Menschen mit geringem Bildungsniveau, gelten, ebenso für Menschen mit Migrationshintergrund und für ältere Personen.

Deshalb muss nach Ansicht der Freien Wähler in unserer Wissensgesellschaft die Bedeutung der Volkshochschulen noch steigen. Wir benötigen eine stärkere Verzahnung mit anderen Bildungseinrichtungen. Wir erinnern uns noch an die Sparwut des damaligen Ministerpräsidenten Stoiber, der im Jahr 2005 ankündigte, die Mittel für die Volkshochschulen um acht Millionen Euro zu kürzen. Damals gab es einen großen Sturm der Entrüstung. Man sprach von "Sturm statt Weihnachts

glocken". Einige aus der CSU sagten sogar: Jetzt macht Politik keinen Spaß mehr.

Im Jahr 2009 ist die Situation ebenfalls alles andere als rosig. Frau Tolle hat dazu schon Zahlen genannt. Die Mittel für Erwachsenenbildung sind in den Jahren 2009/2010 geringer als im Jahr 2000.

In der Jahrestagung in Lindau am 9. Mai 2009 forderte der Verband der bayerischen Volkshochschulen eine Erhöhung seiner Mittel. Marcel Huber hat allerdings gesagt, die Volkshochschulen bekämen 1 Million Euro mehr.

Es besteht also Handlungsbedarf. Herr Rüth hat gesagt, von der Staatsregierung werde dazu etwas ausgearbeitet. Das begrüßen wir. Insgesamt finden wir es gut, dass die GRÜNEN hier einen Antrag eingebracht haben. Allerdings geht er in manchen Punkten sicherlich zu weit, und in anderen Punkten lässt er zu viele Fragen offen. Wir befinden uns hier aber in der ersten Lesung und können die verschiedenen Punkte aus beiden Bereichen zusammenfassen.

Das alte Gesetz wurde 1974 verabschiedet. Jetzt haben wir das Jahr 2009. Wir haben also 35 Jahre lang keine Änderung vorgenommen. Das Prinzip des lebenslangen Lernens war im Jahr 1974 aber noch nicht ein so wichtiges Thema wie heute. Deshalb halte ich es für wichtig, das Thema lebenslanges Lernen heute stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

Im Koalitionsvertrag haben wir zu diesem Thema übrigens nichts gefunden; das muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden.

Wir wollen ausdrücklich sagen: Es soll nicht der Eindruck erweckt werden, das alte Gesetz sei schlecht. Aber Tatsache ist: Die Zeit ist fortgeschritten, und deshalb muss man es weiterentwickeln. Es wurde vorhin schon gesagt, dass das insgesamt geplant ist. Das alte Gesetz hat den Trägern der Erwachsenenbildung sehr viel Freiheit gelassen und durch seine Dezentralität die Handlungsfähigkeit und Vielfalt der lokalen Akteure positiv beeinflusst. Dies muss nach Ansicht der Freien Wähler auf jeden Fall erhalten bleiben.

Wir werden den Gesetzentwurf der GRÜNEN nochmals im Detail prüfen, insbesondere den Artikel 28 folgende, die sich mit der Bildungsfreistellung beschäftigen: Diese könnte nach unserer Meinung in der praktischen Umsetzung noch zu Problemen führen. Das kann man in weiteren Lesungen noch diskutieren. Auch wir wollen, dass Eltern- und Familienbildung noch stärker berücksichtigt werden, genauso wie besondere Qualifikationen zum Ehrenamt.

Die Finanzierung ist in diesem Gesetzentwurf nur vage angesprochen. Sie muss auf jeden Fall noch einmal unter die Lupe genommen werden. Gerade in Zeiten leerer Staatskassen muss natürlich berücksichtigt werden, welche Kosten auf uns zukommen.

Trotzdem meinen wir, dass die Diskussion zum Erwachsenenbildungsrecht ein Schritt in die richtige Richtung ist. Denn lernen, meine Damen und Herren, ist wie rudern gegen den Strom. Wer damit aufhört, treibt zurück.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Kollege Fahn. - Für die Fraktion der FDP folgt nun Frau Kollegin Meyer.

Verehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Lebenslanges Lernen ist ein wichtiges Ziel für die FDP, das auch international immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies gilt auch für die im Arbeitsleben stehenden Menschen jeden Alters. Kontinuierliche Weiterbildung und berufliche Weiterqualifikation sind ein wesentlicher Faktor für die Wirtschaftskraft dieses Landes. So haben wir es als FDP in einer Bundesinitiative stehen und auch vorangebracht. Das deckt sich im Wesentlichen auch mit den vielen Beiträgen, die wir in dieser Richtung gehört haben.

In unserer älter werdenden Gesellschaft - das ist einfach Fakt - müssen das Potenzial und das Wissen der Erwachsenen in ganz besonderer Weise genutzt werden. Ich war am letzen Freitag auch auf der Jahreshauptversammlung in Lindau. Ich denke, dort ist uns eindrucksvoll deutlich gemacht worden, welche Perspektiven wir noch haben. Es war für mich als 61Jährige sehr ermunternd zu erfahren, dass man auch mit 80, 85 und 90 Jahren in Sprachlabors gehen und dort noch etwas lernen kann.

Angesichts des demografischen Wandels müssen wir auf die Kompetenzen und Fähigkeiten älterer Arbeitnehmer setzen. Aufstiegsweiterbildung, Umstiegsweiterbildung, Nachqualifikation und Wiedereinstiegsqualifikation nach Familienpausen, das sind Dinge, die zur Stabilisierung von Motivation und Schlüsselqualifikationen verstärkt angeboten, dann aber auch von den Leuten genutzt werden müssen.

Klar ist auch, dass wir ein modernes, qualitativ hochwertiges Erwachsenenbildungswesen brauchen. Ich denke, das ist in allen Fraktionen unbestritten. Dazu gehören Aspekte wie die Abstimmung der einzelnen Institutionen und deren Kooperation ebenso wie die Innovationsförderung und die Evaluation.

Hierfür muss es dezentrale Lösungsansätze geben, also maßgeschneiderte Lösungen vor Ort, und die haben wir mit unserem Netz an Volkshochschulen. Auch die Bildungsforschung ist gerade im Hinblick auf Weiterbildung zu verstärken.

Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, zielt aber auf ein umfassendes Weiterbildungsgesetz, das in dieser Form, so glauben wir - da müssen wir uns einfach der Realität stellen - nicht finanzierbar sein wird. Wir alle wissen, in welchem Umfang Belastungen aus der Forderung nach fünf Tagen Bildungsurlaub auf den Staatshaushalt zukommen würden, wenn wir es so in einem Gesetz festschreiben würden. Erfahrungen mit derartigen Weiterbildungsgesetzen gibt es bereits in anderen Ländern. Sie zeigen, dass massive Schwierigkeiten entstehen, zum Beispiel bei der Abgrenzung von allgemeiner und politischer Weiterbildung.

(Simone Tolle (GRÜNE): Zwischenfrage!)

- Keine Zwischenfrage. Sie können am Schluss eine Frage stellen.

Zudem haben Länder mit Weiterbildungsgesetzen in der Vergangenheit keine signifikant höhere Beteiligung an beruflicher Weiterbildung verzeichnen können als Länder ohne ein solches Weiterbildungsgesetz. Dafür ist der staatliche Aufwand beim Vollzug dieser Bildungsgesetze relativ groß. Ich denke, auch das sollte man berücksichtigen, wenn man einen solchen Gesetzentwurf durchsetzen möchte, da die zur Freistellung berechtigenden Bildungsveranstaltungen staatlich anerkannt sein müssen.

Wir haben im Doppelhaushalt 2009/2010 durch eine gemeinsame Anstrengung der Fraktionen 300.000 Euro zusätzlich eingestellt. Ich räume ein, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich habe natürlich auch mit großer Freude vernommen, dass jetzt noch zusätzlich 1 Million Euro im Bildungsetat locker gemacht werden soll, um diese Initiative Erwachsenenbildung aufzustocken. Ich denke, das ist etwas Positives. Wir beide und Frau Gottstein war auch dabei - haben das mit großer Freude und mit großem Interesse zur Kenntnis genommen.

(Harald Güller (SPD): Jetzt fehlt bloß noch die Umsetzung!)

- Sie können sicher sein, dass das umgesetzt wird, weil wir natürlich darauf achten werden, dass diese Million, wenn sie schon öffentlich versprochen wird, dann auch tatsächlich eingesetzt wird.

(Harald Güller (SPD): Zusätzlich!)

- Zusätzlich, so hieß es bei dieser Veranstaltung. Sie waren ja auch dabei, Herr Kollege.

(Harald Güller (SPD): Genau!)

Wir als FDP nehmen das Anliegen genauso wichtig wie Sie als Antragsteller. Wir werden auch dranbleiben, um ein hochwertiges Erwachsenenbildungswesen zu leisten und unseren Bürgerinnen und Bürgern ein ausgezeichnetes, breit gefächertes Bildungsangebot auch in Zukunft - und ich denke, wir haben bereits teilweise wirklich hervorragende Angebote durch die Volkshochschulen - zur Verfügung stellen zu können. Auch wenn wir diesen Antrag jetzt ablehnen, denke ich, dass die Erwachsenenbildung eine gute Zukunft hat und dass wir alle sehr wohl um die Bedeutung dieser Aufgabe wissen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Meyer, bleiben Sie bitte noch ein bisschen da. Frau Kollegin Tolle möchte eine Zwischenbemerkung machen.

Die Zwischenbemerkung ist kurz, weil ich Ihnen die Spannung nicht nehmen will. Das gilt für alle Kollegen, die Bedenken bei der Bildungsfreistellung haben.

Ich habe Ihnen bei der Begründung gesagt, dass 12 von 16 Bundesländern bereits über diese Bildungsfreistellung verfügen. Ich möchte Ihnen einen kleinen Tipp geben: Schauen Sie einmal in die Haushalte dieser Länder hinein.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Das kann ich gerne tun.

Das war’s, Frau Kollegin Meyer. Sie haben die Möglichkeit, zwei Minuten zu antworten. Aber Sie müssen nicht.

Meine Damen und Herren, die Aussprache ist damit geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 f auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes (Drs. 16/1275)

- Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet.

Ich eröffne die Aussprache. Vereinbart ist eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion. Begründung und Aussprache erfolgen gemeinsam. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Schopper.