Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Sie drehen das in Bayern so um, wie es Ihnen in den Kram passt.

(Maria Noichl (SPD): Und was macht die CDU?)

Das ist nicht in Ordnung. Außerdem habe ich Ihnen nicht so oft hineingeredet, wie Sie es bei mir machen. Ich sage Ihnen nur: Sehen Sie sich zuerst um und diskutieren Sie dann; bringen Sie Fakten.

(Beifall bei der CSU)

Meine verehrten Damen und Herren, Sie haben Agrardiesel angesprochen. Mit dem Stichwort Agrardiesel

schießen Sie jetzt den Vogel ab. Fast 300 Millionen Euro verbleiben zusätzlich bei der Landwirtschaft. Sie sprechen von Peanuts. 300 Millionen ? ist das nichts? Wer hat denn was gefordert, während Sie sich im Bund immer aufgemandelt haben? Warum haben wir das denn nicht durchgebracht? Wir haben im Landtag drei Anträge behandelt, um das endlich zu erreichen. Sie wollen unsere Landwirtschaft unterstützen, sagen aber, dass 300 Millionen Euro, die direkt bei den Bauern verbleiben, Peanuts sind. Dazu müsste ich fast sagen: Schlecht, schlecht, schlecht, meine liebe Frau Kollegin.

(Beifall bei der CSU - Maria Noichl (SPD): Fragen Sie doch die Milchbauern!)

Last but not least will ich Ihnen auch noch etwas zur EU-Umschichtung von 100 Millionen Euro sagen. Wo wäre es denn hingegangen? Ich meine, Sie sollten den Ausschuss wechseln. Gehen Sie in den Innenausschuss oder in irgendeinen anderen Ausschuss. Diese Umschichtung wäre nur zulasten der originären Landwirtschaft gegangen. Ich habe zwei Herzen in meiner Brust. Als Kommunalpolitiker wäre ich vielleicht glücklich darüber. Diese Mittel wären aber insbesondere in Dorferneuerung, Städtebauförderung und in andere Programme geflossen, aber der ureigenste Bereich der Landwirtschaft hätte davon nichts bekommen. Schreiben Sie sich das bitte zukünftig hinter die Ohren, bevor Sie hier schlaue Sprüche vom Stapel lassen.

(Beifall bei der CSU - Maria Noichl (SPD): Das stimmt nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will etwas wiederholen, weil das bei Ihnen wahrscheinlich untergegangen ist: Wir haben bei uns in Bayern eine große Vielschichtigkeit. Der Minister hat das schon deutlich gemacht. Wir haben 46.000 Milcherzeuger, 20.000 Schweinehalter, 30.000 Ackerbetriebe und 6.500 Gartenbetriebe. Ich sage das aus einem ganz bestimmten Grund. Wir haben mit der Milch ein riesengroßes Problem. Das will niemand schönreden. Es ist existenzbedrohend, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber auch andere Branchen in der Landwirtschaft haben schon mit solchen Problemen zu kämpfen gehabt. Ich nenne den Schweinezyklus, den vielleicht sogar auch Sie kennen ? zumindest werden Sie schon gehört haben, dass darüber geredet worden ist. Wir haben auch bei den Pflanzen die gleiche Situation. Überlegen Sie sich einmal, dass bedingt durch Bildung und Forschung seit 1950 die Getreideerträge auf 6,3 Dezitonnen pro Hektar erhöht worden sind und sie sich verdreifacht haben. Somit ist die Frage zu stellen, wie das der Markt aufnimmt. Auch die Milchkuhleistung hat sich mit 6.100 Kilo pro Kuh verdreifacht. Somit befindet sich mehr Masse auf dem Markt. Wenn man dann noch sieht, dass sich die Milchproduktionsmengen in den

USA ebenfalls drastisch erhöht haben, kann man nicht einfach sagen: Du böser Politiker, ob du rot, grün oder schwarz bist, hast das verursacht. Vielmehr sollten wir uns lauter, ehrlich und anständig gemeinsam überlegen, wie wir das Problem lösen, statt es immer nur den anderen in die Schuhe zu schieben.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Minister Brunner hat exakt darauf hingewiesen, wie wir die Zukunft gestalten wollen. Wir wollen die Vielschichtigkeit noch mehr ausbauen. Wir wollen schlicht und ergreifend Beratung, Bildung und Forschung forcieren. Wir wollen unsere Initiativen daran ausrichten.

(Maria Noichl (SPD): Machen Sie es!)

Wir wollen die Selbsthilfeeinrichtungen fördern. Wir wollen Beratung im Verbund mit Praktikern, mit freien Büros, mit freien Institutionen, mit Fachorganisationen und Verbänden organisieren und verbessern. Wir wollen die Forschung praxisgerecht ausbauen. Das sind Dinge, die wir angreifen müssen. Wir dürfen dabei nicht immer gegen die Opposition kämpfen müssen. In Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition wird gesagt, dass es viel zu viele Landwirtschaftsämter gebe. Das ist nicht in Ordnung. Betrachten Sie andere Wirtschaftsbranchen.

(Maria Noichl (SPD): Das hat doch keiner gesagt!)

- Vielleicht haben Sie das nicht gesagt; Vertreter Ihrer Partei haben das aber gesagt.

Wir haben sehr wohl Chancen in der Zukunft. Ich will pauschal sagen: Die Weltbevölkerung wir sicherlich nicht abnehmen, sondern weiter wachsen, und die Schwellenländer werden nach der Krise auch zukünftig nach bayerischen Produkten rufen. Der Bioenergiebedarf wird kurzfristig steigen. Deshalb ist es nötig, dass wir uns auch in Bezug auf die Bildung, in Bezug auf die Umstellung der Betriebe, in Bezug auf die Beratung neu auf die Herausforderungen einstellen. Genau diese Themen, genau diese Punkte hat der Minister in aller Klarheit angesprochen.

Der Minister hat auch angesprochen ? ich komme noch einmal auf die Milch zurück -, dass wir nicht auslassen dürfen, dass wir uns im Export und in den neuen Märkten engagieren und uns einsetzen, auch wenn es letztendlich Geld kostet. Ich sage auch locker: Wenn wir 34 Millionen Euro aus dem Bereich des Agrardiesels zur Verfügung haben oder hätten, weil wir die SPD endlich überstimmt haben, haben wir vielleicht auch die Möglichkeit, den Export oder die Suche nach neuen Märkten finanziell zu unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die einzelbetriebliche Investitionsförderung haben Sie kritisiert. Ich kann nicht ganz verstehen, dass Sie das kritisieren; denn auch das sind Wege und Mosaiksteinchen, um die Produktionskosten für landwirtschaftliche Produkte wie Milch zu fördern und auszubauen.

(Zuruf von der SPD)

Ich kann hier nicht sagen, das bringt uns nicht weiter in diesem Bereich.

Frau Noichl, Sie sind noch nicht so lange im Parlament. Vielleicht ist das an Ihnen vorbeigegangen. Wer hat denn die Landwirtschaft ein Stück weit ihrer Substanz beraubt?

(Harald Güller (SPD): Die CSU! - Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FW))

- Lieber Herr Aiwanger, Sie sollten vielleicht erst einmal zuhören, bevor Sie einen flotten Spruch loslassen.

In der Landwirtschaft sind im Sozialbereich bis zum Jahr 2005 1,3 Milliarden Euro ? 1,3 Milliarden Euro! ? gekürzt worden. Das will heute niemand mehr hören. Das sind Beträge, die den Landwirten in der Substanz fehlen. Wenn ich die Gemeinschaftsaufgabe betrachte, fehlen noch einmal 200 Millionen Euro im Jahr. Die Ökosteuer, die heute schon einmal angesprochen worden ist, macht noch einmal 460 Millionen Euro aus. An dieser Stelle ist auch der Biodiesel mit 300 Millionen Euro zu nennen. Da kann man sich doch nicht hier herstellen und sagen, wir, die Partei, unterstützen die Landwirtschaft. Sie machen doch genau das Gegenteil. Wir haben dafür gekämpft, auch das darf ich an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Lieber Herr Aiwanger, was ist denn mit dem Erbschaftsteuergesetz? Wir machen hier aufgrund der Regierungserklärung des Ministers Rundumschläge. Warum gibt es denn das Erbschaftsteuergesetz in der Form, wie wir es heute haben?

(Hubert Aiwanger (FW): Das hättet ihr ganz abschaffen sollen!)

Weil wir es gemanagt und das Schlimmste, das SPD und GRÜNE wollten, noch verhindert haben. Herr Aiwanger Sie wissen, ? wenn Sie es nicht wissen, dann lernen Sie es noch, wenn Sie länger im Parlament sind ?, Mehrheiten bekommt man nur, wenn man einen gemeinschaftlichen Weg findet. Und das war der gemeinschaftliche Weg, den wir noch finden konnten. Also ist es eine ganz tolle und hervorragende Sache,

sonst hätte man von Haus aus 70 % der landwirtschaftlichen Betriebe eliminiert.

(Hubert Aiwanger (FW): Es war selbst Faltlhauser für die Beibehaltung! - Tobias Thalhammer (FDP): Wir helfen Ihnen bei der Abschaffung!)

- Sie rennen bei mir persönlich offene Türen ein. Betrachtet man die Exportoffensive, die Verbesserung beim Energieeinspeisegesetz oder bei der Sicherung von Wissenschaftsstandorten wie zum Beispiel Weihenstephan sowie den Ausbau des Ökolandbaus ? das habe ich heute schon angesprochen ? stellt man fest, das sind alles weitere Mosaiksteine, die dazu beitragen, die Flächenstruktur in Bayern zu erhalten.

Last but not least haben Sie die Ernährung angesprochen. Sie haben gesagt, das sei fast ärgerlich rübergekommen.

(Maria Noichl (SPD): Sehr ärgerlich!)

Das ist nicht ?fast ärgerlich?; denn wir wissen sehr wohl, liebe Frau Noichl, dass das eine riesige und sehr schwierige Aufgabe ist, die aber die Landwirtschaft allein nicht lösen kann, sondern das ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Deshalb danke ich für die Strukturen, die bei uns in die Wege geleitet worden sind. Ich danke, dass wir das nicht von oben, von München aus managen und organisieren, sondern dass wir heruntergehen auf sogenannte Schwerpunkte in den Regierungsbezirken und budgetieren. Es gilt, sich vor Ort Fachleute auf Honorar- oder Projektbasis dazuzuholen und mit der Bildung im Ernährungsbereich bereits bei Kindern in Kindergärten und Schulen zu beginnen. Das ist genau der richtige Weg, lieber Herr Aiwanger.

(Hubert Aiwanger (FW): Aber ihr macht doch seit 40 Jahren Bildungspolitik!)

Meine letzten Sätze gelten der EU-Politik: Wir können heute nicht so tun, als gäbe es die EU nicht. Das wissen Sie doch ebenso gut wie wir.

(Maria Noichl (SPD): Gott sei Dank gibt es die!)

Wir haben die klare Voraussetzung, dass für 2013 ein Richtungswechsel angekündigt wird. Wir kämpfen weiterhin dafür ? das will ich unterstreichen ?, dass es die Direktzahlungen weiter gibt; diese muss es für die Landwirtschaft geben. Man kann es sich nicht so einfach machen und sagen, uns ist die bayerische Landwirtschaft mehr als die Landwirtschaft anderer Bundesländer wert. Es nützt doch nichts, wenn Sie uns das hier sagen. Das Ganze muss doch in der Praxis umgesetzt werden können. Sie können das im Kindergarten erzählen, die jubeln vielleicht darüber. Aber hier im bayerischen Parlament können Sie das nicht sagen. Natür

lich wäre es auch uns lieber, wenn unsere Produkte besser und teurer vergütet würden. Das werden wir aber nicht erreichen. Darum sind wir auch künftig für die Direktzahlungen und dafür, dass der Etat in der gleichen Höhe beibehalten wird. Es muss unser großes Bestreben sein, dass, wenn abgesenkt wird, diese Absenkung möglichst minimal passiert.

Dass wir nach wie vor auf Leader-Programme, Dorferneuerung, Investitionsförderung und ähnliche Dinge setzen, brauche ich nicht näher zu erwähnen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit dem vom Minister aufgezeigten Weg die richtige Richtung eingeschlagen haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich unsere bayerischen Landwirte auch in Zukunft auf die bayerische Politik verlassen können. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass das funktioniert. In der Zukunft werden wir es ebenso gestalten.

(Beifall bei der CSU)

Wenn wir hier in fünf Jahren vom Minister wieder eine Regierungserklärung hören und die Bilanz sehen, dann sind wir hundertprozentig sicher, dass der Weg richtig war. Deshalb bitte ich Sie ebenso wie der Minister, uns auf diesem Weg zu unterstützen. Nörgeln und querelen Sie nicht ständig herum, denn der eingeschlagene Weg ist mit Sicherheit zum Vorteil unserer bayerischen Bauern.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Lachen der Ab- geordneten Maria Noichl (SPD))

Als nächster Redner hat nun der Herr Fraktionsvorsitzende Aiwanger das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht heute um nichts weniger als um die Zukunft der Landwirtschaft, und zwar um die Weichenstellung dafür, ob wir in einigen Jahren noch die bäuerliche Landwirtschaft oder die Agrarindustrie haben werden. Das ist der Kern der Debatte. Wenn man die CSU-Redner hier so hört, dann meint man schon, sie wären seit 40 Jahren in der Opposition und müssten den anderen die Sünden aufzählen,

(Beifall bei den Freien Wählern - Zuruf der Abge- ordneten Maria Noichl (SPD))

wenn es um die Bildungspolitik in Bayern geht, vom Schulmilch-Programm und dergleichen angefangen bis hin zu den Ernährungsgeschichten. Sie machen hier seit 40 Jahren die Bildungspolitik. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, sie so zu gestalten, wie Sie es gerne hätten. Heute müssen Sie sich vielleicht mit der FDP

herumschlagen. Aber Sie hätten lange genug Zeit gehabt.

Zur Milchpolitik als das momentan alles überlagernde Thema: