Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Kommen wir zu den nachwachsenden Rohstoffen. Hier müssen wir die einzelnen Punkte sehr differenziert sehen. Bei der Holznutzung gibt es zweifelsohne noch viele Möglichkeiten. Biogas müssen wir schon etwas kritischer sehen; vor allem müssen wir die Wärmenutzung konkret und nicht nur auf dem Papier voranbringen. Bei den biogenen Treibstoffen müssen wir unterscheiden: Biodiesel oder Rapsmethylester bringt uns weder ökologisch noch klimatechnisch Vorteile. Zudem verdienen daran nicht die Bauern, sondern die Verar

beiter. Das gilt ebenso für Ethanol. Anders ist das bei Pflanzenöl. Dieses hoffnungsvolle "Pflänzchen" wurde von der Bundesregierung, der Sie angehören, durch die Besteuerung plattgemacht. Von daher ist Ihre Forderung nach Aussetzung der Besteuerung von Dieselkraftstoffen genauso unglaubhaft wie undifferenziert.

Zum Thema Schulmilch und Schulmilchverpflegung. Sie rühmen sich mit acht Regionalstellen, die sich im Wesentlichen aus dem Bundesprogramm speisen und zeitlich befristet sind. Sie haben keine einzige neue Stelle für diesen Bereich geschaffen und setzen im Wesentlichen auf Ehrenamtlichkeit. Damit werden Sie aber nicht weiterkommen. Der Schulmilchabsatz pro Schüler ist in Nordrhein-Westfalen fünfmal so hoch wie in Bayern. Er hat sich in Bayern seit 1993 doppelt so stark verringert wie in Nordrhein-Westfalen. Das ist für das Milcherzeugerland Bayern, das Sie auch so genannt haben, eine Schande. Ich hoffe, Sie stimmen darin mit mir überein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist Handeln angesagt in diesem Bereich; aber, Herr Minister: Handeln, und nicht Aktionismus, den Sie - leider genau wie Ihre Vorgänger - an den Tag legen. Denn jedes schnell angekündigte Schulmilchprojekt, das nach einem halben Jahr wieder erbärmlich den Bach runtergeht, schadet dieser Sache deutlich mehr, als es ihr hilft. Also, zuerst überlegen und planen, und dann handeln - und nicht umgekehrt!

Zur EU-Agrarpolitik. Ich kann Ihre Aussage, dass die EU-Agrarwirtschaft nach 2013 zumindest auf dem bisherigen Niveau gehalten werden muss, voll unterstreichen. Selbst wenn wir das Niveau halten können, gibt es jedoch für unsere Bauern weniger Geld, da Rumänien und Bulgarien auch etwas vom Kuchen abbekommen. Was Sie, Herr Minister, nicht sagen, ist, dass wir dieses Ziel nur erreichen können, wenn wir die nicht unerheblichen Mittel von der ersten in die zweite Säule umschichten, wogegen Sie sich ja mit Händen und Füßen wehren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Mittel der ersten Säule verlieren - durchaus nicht zu Unrecht - an gesellschaftlicher Akzeptanz, und Sie haben mit Ihren - für mich durchaus überraschenden Äußerungen zur Verteilung dieser Mittel der ersten Säule selbst das Argument gebracht, warum es in der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert ist. Warum soll ein Steuerzahler, der ein jährliches Durchschnittseinkommen von vielleicht 30.000 Euro hat, dafür zahlen, dass Betriebe in den neuen Bundesländern 120.000 Euro Subventionen je Arbeitsplatz erhalten? Das ist der Punkt. Wenn Sie das wirklich kritisch sehen, unterstützen Sie uns in unserer Forderung, dass hier gedeckelt

wird, dass degressiv vorgegangen und nicht der Misthaufen gedüngt wird!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den Bergbauern. Ihre Bedeutung für die Landeskultur und vor allem für den Tourismus ist unbestritten. Fakt ist aber auch, dass die Ausgleichszulage gegenüber der letzten Förderperiode gekürzt wurde und auch nach der Erhöhung, die Sie angekündigt haben, nicht den früheren Umfang erreicht. Hinzu kommt, dass sich die Ausgleichszulage durch die Umstellung der Landwirtschaftlichen Vergleichszahl - LVZ - auf GemeindeLVZ zulasten der Bergbauern entwickelt hat. Schließlich wurde auch das Kulap deutlich gekürzt, und auch davon sind vor allem die Bergbauern betroffen. Von daher relativiert sich Ihr Hohelied auf die Bergbauern ganz erheblich - mit einer Ausnahme, den Almen und Alpen, diese sind wirklich gut versorgt.

Mein Resümee: Ich habe heute wenig darüber gehört, was den bayerischen Bauern und Bäuerinnen, insbesondere in den Milchviehbetrieben, Anlass zur Hoffnung geben könnte. Auch das ist ein Grund, warum diese Regierungserklärung nicht unbedingt hätte abgegeben werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Dechant für die FDP.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke für die Gelegenheit, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen, und möchte mich bei Herrn Landwirtschaftsminister Brunner für die, wie ich finde, notwendige und wichtige Erklärung ausdrücklich bedanken.

(Beifall bei der FDP)

Herr Staatsminister Brunner, In Ihrer Rede weisen Sie darauf hin, dass bayerische Agrarpolitik für die gesamte Gesellschaft da ist. Für diesen Hinweis bin ich Ihnen sehr dankbar. Aus der Sicht der Liberalen muss Politik immer für alle Menschen da sein. Wir Politiker dürfen nicht aus Eigeninteresse oder Machtstreben versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten. Unser Ziel muss sein, Lösungen zu finden, die von allen Gruppen getragen werden.

Sie haben weiter angesprochen, dass sich die Landwirte in Bayern schon damals nicht über den richtigen Weg einig waren. Aus diesem Grund müssen wir ein Konzept finden, das es allen Landwirten ermöglicht, ihre Betriebe so aufzustellen, wie es jeder einzelne Bauer für richtig hält. Die FDP setzt sich daher für eine

freie unternehmerische Landwirtschaft ein. Wir wollen erreichen, dass unsere bäuerlichen Betriebe unabhängig von der Politik am Markt ihr Einkommen erzielen können.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Welcher Markt?)

Anders als Sie in Ihren Ausführungen gesagt haben, müssen unsere Familienbetriebe nicht nur wettbewerbsfähig bleiben, sondern in vielen Fällen wettbewerbsfähig gemacht werden.

(Beifall bei der FDP)

Die Zukunft der bayerischen Agrarwirtschaft soll langfristig nicht von politischen Entscheidungen abhängig, sondern von sich aus profitabel sein. Die Frage, ob wir eine Globalisierung und Liberalisierung der Wirtschaft wollen oder nicht, stellt sich gar nicht, da dieser Prozess schon vor Tausenden von Jahren begonnen hat und immer schneller voranschreitet.

(Beifall bei der FDP)

Alle Anstrengungen, die wir unternehmen, müssen dazu dienen, mindestens genauso gut oder besser als andere zu sein. Aus diesem Grund müssen wir unsere hochwertigen Produkte auch für den Verbraucher als solche erkennbar machen.

Nun möchte ich Ihnen sagen, welche konkreten Vorstellungen wir Liberale dazu haben. Die Agrarpolitik gehört zu den wichtigsten Inhalten bayerischer Politik; denn sie schafft die Rahmenbedingungen für die bayerische Landwirtschaft, und diese ist eine der wichtigsten Wirtschaftssäulen in Bayern.

Wenn man nun die Rahmenbedingungen nüchtern betrachtet, stellt man fest, dass diese für unsere Landwirte wenig rosig aussehen. Auch ist die Wirtschaftskrise bei uns längst im Stall und auf dem Feld angekommen. Die weltweiten Folgen dieser Krise schlagen mit rückläufiger Nachfrage und starkem Preisverfall auch bei den Landwirten durch. Auch wegen der Wirtschaftskrise müssen unsere Bäuerinnen und Bauern hierzulande mit Mehrbelastungen zurechtkommen. Die Preise für Agrarprodukte fallen und die Betriebsmittel für die Landwirte werden immer teurer. Gerade in krisenhaften Zeiten wie heute sollte man sich auf das Rückgrat und die Stabilität der bayerischen Landwirtschaft besinnen.

Vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen mit dem steigenden Bedarf an Lebensmitteln wird den deutschen Bauern jedoch in ihrer Wettbewerbsfähigkeit von der Politik ein Bein gestellt. Der extreme Steuernachteil der deutschen Landwirte beim Agrardiesel ist Gift für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Agrarwirtschaft.

(Beifall bei der FDP)

Der zuletzt gefasste Beschluss geht uns nicht weit genug. Die Verbotspolitik in der grünen Gentechnik wirft die deutschen und damit die bayerischen Landwirte im Wettbewerb zurück.

(Beifall bei der FDP)

Die endlosen Regulierungen auf dem Markt schnüren das Korsett der Bauern und Bäuerinnen immer enger und lassen keinen Handlungsfreiraum mehr zu. Unsere Bauern schnappen nach Luft.

Die FDP steht für eine unternehmerische Agrarpolitik. Wir kämpfen für eine Verbesserung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen für die heimischen Landwirte. Als Erstes müssen die hausgemachten Probleme beseitigt werden, das sind Wettbewerbsverzerrungen und eine überbordende Bürokratie.

(Beifall bei der FDP)

Wir Liberale fordern deshalb bessere Rahmenbedingungen für die bayerische Landwirtschaft, für marktwirtschaftliche Reformen und einen drastischen Bürokratieabbau.

(Beifall bei der FDP)

Wir von der FDP, gerade hier in Bayern, stehen an der Seite der Landwirte, wenn es darum geht, für Chancengleichheit und fairen Wettbewerb zu kämpfen, damit die Bauern und die gesamte Gesellschaft von einer leistungsstarken Landwirtschaft profitieren können, die qualitativ hochwertige Lebensmittel produziert.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wollen die Landwirtschaft deregulieren. Die FDP verfolgt das Ziel, die Landwirtschaft zu deregulieren, damit sie ihre Leistungsaufträge für das Land, die Landschaft und die Gesellschaft erfüllen kann. Es dürfen keine neuen gesetzlichen Auflagen in Kraft gesetzt werden, die Kosten für die Landwirtschaft verursachen. Dazu gehört auch ein europäischer Markt für Agrarprodukte, der sich dadurch auszeichnet, dass alle Waren, die in Verkehr gebracht werden, nach europäischen Standards produziert werden und andere Waren für den Verbraucher als Qualität zweiter Wahl erkennbar sind. Ständig neue Auflagen behindern unternehmerisches Handeln und erzeugen zusätzlich unnötige Kosten für die bayerischen Bauern. Die immensen Nachteile, die den bayerischen Landwirten durch falsche Politik entstanden sind, müssen durch die Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage, die Absenkung der Dieselbesteuerung auf europäisches Niveau, die Abschaf

fung der Ober- und Untergrenzen bei der Agrardieselbesteuerung, die Abschaffung der Besteuerung von Biokraftstoffen, die Stärkung der Liquidität durch zinsverbilligte Darlehen und eine bessere Aufstellung unserer bayerischen Betriebe durch ein vorwärts gerichtetes Investitionsförderprogramm reduziert werden, und dies alles so schnell wie möglich.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

So können stark schwankende Erlös- und Ertragssituationen in der Landwirtschaft besser aufgefangen werden.

Jetzt will ich speziell die Situation auf dem Milchmarkt ansprechen. Die FDP vertritt die Überzeugung, dass zur Deregulierung die Abschaffung von staatlichen Garantiemengenregelungen gehört.

(Beifall bei der FDP)

Wir Liberale stehen zum Auslaufen der sogenannten Milchquote. Diese Restriktionen müssen beseitigt werden, damit die Landwirte flexibler auf die steigende respektive sinkende Nachfrage des Lebensmittelmarktes oder auf die Erhöhung oder Senkung der Preise für Nahrungsmittel reagieren können.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, dass wir bei der Milch auf dem richtigen Weg sind: Rein in den Markt mit so vielen Bauern wie irgend möglich!

(Beifall bei der FDP)

Im Gegensatz zur persönlichen Meinung des Herrn Ministers Brunner ist nicht die ganze Staatsregierung der Auffassung, dass eine Aussetzung der Milchmenge um 5 % ein geeignetes Mittel ist, um die Probleme zu lösen.

(Harald Güller (SPD): Koalitionskrise! - Weitere Zurufe von der SPD)

Die Politik hat kein Gesetz erlassen, das die Bauern zu einer höheren Produktion zwingt.