Protokoll der Sitzung vom 23.06.2009

Aber schäbig fand ich in Teilen die Diskussion um Quelle und Arcandor. Hier wurde nicht mehr darüber geredet, wie sich eine Insolvenz auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auswirkt, sondern es wurde sehr populistisch - auch vom Bundeswirtschaftsminister agiert, nicht spürend, dass viele Menschen nicht verstehen, warum versucht wird, Unternehmen zu retten. Das ist auch der falsche Text.

Ich glaube, wir alle haben die Aufgabe, künftig ganz anders an diese Frage heranzugehen, nicht mehr von der Rettung der Unternehmen - es geht tatsächlich nicht um eine Frau Schickedanz oder eine Frau Schaeffler -, sondern von der Rettung von Arbeitsplätzen reden und zu verhindern, dass Unternehmen in Insolvenz gehen, wenn sie denn tatsächlich eine Perspektive haben. Wer sich nicht mit den Auswirkungen einer Insolvenz auseinandersetzt und das einfach nur mal so in den Raum stellt, weil es gut ankommt, weil es populistisch ist, weil die Lässigkeit unseres Bundeswirtschaftsministers die Menschen positiv anspricht, der handelt grob fahrlässig in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind der Ansicht, Politik muss weiterhin Impulse setzen und weiterhin um Arbeitsplätze kämpfen. Dazu gehört für uns ganz klar und ohne Wenn und Aber ein solidarischer Lastenausgleich, der dafür sorgt, dass wirklich Vermögende stärker belastet werden. Dazu gehört für uns, Förderinstrumente in der Arbeitsmarktpolitik zu entwickeln, die vor allem auf Qualifizieren statt Entlassen setzen. Dazu gehört für uns, strenge Regeln für die Finanzmärkte zu entwickeln, das heißt, die Börsenumsatzsteuer einzuführen, die Begrenzung von Managergehältern und die Bekämpfung von Steuerhinterziehung. An diesem Punkt muss ich sagen, da wurde

unseren Anträgen auf Personalaufstockung häufig nicht stattgegeben. Genau dort ist das Geld zu holen, und dort sollte man überlegen, was man tut.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch ist es unserer Ansicht nach volkswirtschaftlich nicht vertretbar, dass man weiterhin nach dem Motto agiert: Wir sind Exportweltmeister. Wohin uns das gebracht hat, gerade in Bayern - siehe Kurzarbeiter -, das wissen wir. Auch Politik muss sich dafür einsetzen, dass es eine vernünftige Balance zwischen Binnennachfrage und Export gibt. Darauf haben wir zu wenig, deutlich zu wenig geachtet. Auch das muss jetzt thematisiert werden und in Zukunft unser Handeln bestimmen. Wir können nicht einfach so tun: Die Krise geht vorbei, und wir machen dann einfach weiter. Kolleginnen und Kollegen, das ist genau das falsche Signal. Untätigkeit und Nichtdiskussion, wie wir sie derzeit im Bayerischen Landtag erleben, sind auch das falsche Signal.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Punkt, worauf Politik setzen muss, sind öffentliche Zukunftsinvestitionen. Hier wird vom Freistaat Bayern ein falsches Signal gesetzt. Ohne die Mittel des Bundes - ich kann es nicht oft genug wiederholen - sieht es so aus, dass die Investitionsquote von 12,5 % in 2009 auf 12 % in 2010 sinkt. Sie sinkt real! Ich denke, auch das ist ein klares Zeichen dafür, dass man sich nicht intensiv und ernsthaft mit der aktuellen Wirtschaftslage auseinandersetzt.

(Beifall bei der SPD)

Wer so agiert, macht es wie ein fanatischer Bodybuilder, der vergisst, dass man ab und zu auch ein gutes Buch lesen sollte.

Wie sieht es nun mit unseren Betrieben aus? In diesem Jahr haben 978 Betriebe in Bayern Insolvenz angemeldet. Wir haben im ersten Quartal eine Zunahme von Insolvenzen in Höhe von 13,6 %; wir wissen anhand der Kurzarbeiterzahlen und anhand des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen, dass es im zweiten Quartal deutlich mehr sein werden.

Wir haben einen Mittelstandsschirm mit 200 Millionen Euro aus Landesmitteln und 400 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Auch das ist zu wenig. Wir werden in der kommenden Woche einen Berichtsantrag stellen, mit dem wir die Frage aufwerfen, wie es finanziell aussieht und ob wir in einer Situation sind, dass das für den Mittelstand tatsächlich ausreicht.

Es geht - das sage ich hier ausdrücklich noch einmal nicht nur um die Rettung der großen Unternehmen,

sondern auch um die kleinen, den Mittelstand und die Handwerker; denn diese sind das Rückgrat der Beschäftigung in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Hier haben wir an der einen oder anderen Stelle vielleicht zu wenig getan.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend noch kurz zwei Sätze: Der Wirtschaftsminister hätte die Aufgabe, vorbeugend tätig zu sein und dorthin zu sehen, wo möglicherweise Brandherde entstehen.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Dort hätte er zu agieren. Er agiert nicht, sondern er schaut nur zu. Er sonnt sich in seinem Amt und tut eines nicht: Er schwört nicht dieser neoliberalen Ideologie ab, die uns in die Krise geführt hat, sondern er vertritt eine Linie, die da heißt: Durch die Krise durch und dann genauso weitermachen wie bisher mit Unterstützung dessen, dass man zockt und dass dies auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bayern geht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rupp. Meine Damen und Herren, wir hatten in der letzten Plenarsitzung eine sehr einvernehmliche und ruhige Debatte zu Arcandor. Ich habe die Hoffnung, dass sich die nötige Ruhe jetzt auch bei der Diskussion über den Erhalt der Arbeitsplätze fortsetzt. Ich erteile als nächstem Redner Herrn Bachhuber von der CSU das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Herr Bachhuber, bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Kollegin Rupp, zu Ihren Ausführungen kann ich nur sagen: Es nützt nichts, die Geschwindigkeit zu verdoppeln, wenn man in der falschen Richtung unterwegs ist.

(Zuruf der Abgeordneten Adelheid Rupp (SPD))

Es nützt auch nichts, mehr Geld auszugeben, wenn es nicht richtig ausgegeben wird. Auf diesen Nenner müssen wir die Vielzahl der Anträge der SPD zum bayerischen Rettungsschirm für Arbeitsplätze bringen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

- Herr Wörner, vielleicht hat Ihnen die Höhenluft da drin in der Jachenau nicht so ganz gut getan.

(Beifall bei der CSU)

Auf den von mir zitierten Nenner muss ich die jetzt aufgerufenen Anträge der SPD einfach einmal bringen.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Und noch etwas möchte ich hinzufügen: Ein Antrag wird auch deshalb nicht richtiger, weil man ihn immer neu verpackt, noch dazu mit identischem Wortlaut, aber zu jeweils einem anderen Thema.

Wir alle wissen, dass Populismus gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen völlig unangebracht ist, weil man damit die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verunsichert und ihnen etwas vormacht.

Herr Kollege Bachhuber, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Rupp?

Ja, natürlich.

Bitte, Frau Kollegin Rupp.

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) Herr Kollege, ich würde gerne von Ihnen wissen, warum Sie, wenn Sie unsere Anträge jetzt so abqualifizieren, wie es eben geschieht, identische Anträge von Ihrer Seite gestellt haben und so viele Anträge der SPD wie noch nie positiv erledigt wurden.

(Zurufe von der CSU: Welche denn? Wo denn?)

Bei unseren Anträgen muss man genau aufs Detail achten, um zu erkennen, dass diese Details in die richtige Richtung weisen. Unsere Anträge sind nachhaltig und tragen dem Gebot der Sparsamkeit Rechnung.

(Lachen und Zurufe von der SPD)

Nochmals: Mit Ihrer Politik tragen Sie dazu bei, die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger zu verstärken. Schauen Sie sich doch die jüngsten Umfrageergebnisse zur SPD und auch den Ausgang der Europawahl an. Bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, scheint immer noch kein Bewusstseinswandel eingetreten zu sein.

Wie Sie wissen, werden wir die Anträge hier im Hohen Haus ablehnen, wie wir das im Haushaltsausschuss bereits hinreichend begründet haben.

Nehmen wir beispielsweise den Antrag auf Drucksache 16/82 zum Hochwasserschutz. Passend zum heutigen Wetter! Der Freistaat stellt jährlich 150 Millionen Euro zur Verfügung. Ihre Forderung auf weitere 30 Millionen Euro - das haben wir Ihnen gesagt - ist unseriös; denn diese Summe kann gar nicht verbaut werden. Das geht nicht nur wegen fehlender Kapazitäten nicht, sondern auch wegen fehlender Genehmigungen. Trotzdem erledigen wir doch gerade beim Hochwasserschutz unsere Aufgaben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das Geld kommt doch vom Bund!)

Allein für den Hochwasserschutz gaben wir in den Jahren 2006/2007 über eine dreiviertel Milliarde aus. Sie sehen, die Bayerische Staatsregierung handelt, hat gehandelt und wird auch in Zukunft handeln.

Erlauben Sie mir nun noch ein Wort zum Konjunkturpaket. Wir müssen einfach festhalten und ganz klar herausstellen, dass dieses Konjunkturpaket ein Programm war, das auch bei den Kommunen und bei der Wirtschaft dafür sorgte, dass bei uns in Bayern Brot statt Steine ankommen, anders als in anderen Bundesländern, wo man das Geld nach dem Gießkannenprinzip vertan hat.

(Zuruf von der SPD: Das ist Bundesgeld, Herr Kol- lege!)

Der Landtag ist deshalb gut beraten, Ihre Anträge abzulehnen.