Das bedeutet, dass der Gesetzgeber über sachgerechte und folgerichtige Ausnahmen entscheiden kann. Das betrifft die gewerbliche Gastronomie sowie die Kulturund Freizeiteinrichtungen. Das geschieht bei strikter Einhaltung der Kinder- und Jugendschutzbestimmungen.
Die Geister scheiden sich hinsichtlich der sachgerechten Ausnahmen. In diesem Zusammenhang beziehe ich mich auf die Inhalte des Koalitionsvertrages. Im Koalitionsvertrag wird der der Bayerischen Staatsregierung zustehende Gestaltungsspielraum in stärkerem Maße der bayerischen Lebensart gerecht, nämlich "Leben und leben lassen!"
Herr Maget, wenn Sie so wollen: der liberalitas bavariae. Er wird diesem Grundsatz gerecht, ohne den moralischen Zeigefinger für die Bürgerinnen und Bürger zu erheben.
Ich möchte nun die vier wichtigsten Änderungen, die jetzt in den neuen Gesetzentwurf aufgenommen worden sind, erläutern. Das sind zum einen die Ausnahmen für die Bier-, Wein- und Festzelte sowie für die Hallen, die jetzt generell in den Gesetzentwurf aufgenommen worden sind. Die Ausnahmen gelten für höchstens 21 aufeinanderfolgende Tage, bezogen auf einen Standort. In dieser Hinsicht unterscheidet sich unser Gesetzentwurf von dem der Freien Wähler, in dem 90 Tage gewählt worden sind. Das heißt, dass wir ein Stück weit strenger sind.
Die zweite Ausnahme betrifft die getränkegeprägten Einraumgaststätten, die kleiner als 75 qm sind. Auch hier besteht natürlich immer eine Kennzeichnungspflicht. Der Wirt kann sich entscheiden, er muss aber auch kennzeichnen. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger können frei entscheiden, ob sie in eine entsprechende Gaststätte gehen oder nicht.
Im Zusammenhang mit der Mehrraumgastronomie ist weniger geändert worden. Es gab schon vorher eine Regelung zum abgetrennten Nebenraum, wobei aber der Hauptraum immer rauchfrei sein muss, selbstverständlich mit entsprechender Kennzeichnung. Dabei müssen die Kinder- und Jugendschutzbestimmungen strikt eingehalten werden. Die dritte Änderung ist die Innovationsklausel. Wenn durch technische Vorkehrungen ein vergleichbarer Gesundheitsschutz gewährleistet werden kann, dann kann das Rauchen in der Gastwirtschaft gestattet werden.
Bei der vierten Änderung bitte ich die Kolleginnen und Kollegen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, genau aufzupassen. In Artikel 2 Nummer 2 und Nummer 8 haben wir den Nebensatz "soweit sie öffentlich zugänglich sind" gestrichen. Das betrifft die Gaststätten, aber auch die Freizeiteinrichtungen wie zum Beispiel die Spielhallen. Das war das Einfallstor für die Errichtung von Raucherclubs in Bayern. Das heißt, der Nichtraucherschutz wird ein Stück weit verbessert. Die GRÜNEN haben den Nebensatz lediglich in Bezug auf die Gaststätten gestrichen, belassen es aber für die Freizeiteinrichtungen und Spielhallen bei dem Zusatz "soweit sie öffentlich zugänglich sind". Das heißt, gerade bei den Jugendfreizeiteinrichtungen lassen sie Spielraum für Raucherclubs. Davor kann ich nur warnen. Bei dem Gesetzentwurf der GRÜNEN bleibt dieses Schlupfloch erhalten.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung setzt konsequent gesetzliche Grundlagen. Es wird keinen gesetzlichen Spielraum mehr für die Raucherclubs geben. Das möchte ich ganz klar sagen. Das bedeutet gerade für die Kinder und Jugendlichen - Stichwort Diskotheken - einen verbesserten Nichtraucherschutz. Wir schaffen mit unserem Gesetzentwurf ab dem 1. August 2009 in Bayern Rechtssicherheit. Der Unsinn, der sich mittlerweile bei uns eingebürgert hat - morgens und mittags Esslokal, abends Raucherclub -, wird abgestellt. Wir setzen übrigens auch noch in den Ländern deutschlandweit bis auf Sachsen einheitliche Standards im Gesundheitsschutzgesetz. Das ist etwas, was die Bürger wollen. Sie wollen einheitliche Standards. Wir schaffen also ein Stück weit Orientierung für die Bürger.
Zum Abschluss noch ein Satz: Der Gesundheitsschutz für die Nichtraucher, insbesondere für die Kinder und
Jugendlichen, mit einer gesundheitsbewussten Wirtshauskultur und der bayerischen Gemütlichkeit in Einklang zu bringen, ist uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelungen. Abgesehen davon - auch das möchte ich sagen - hat der Bürger das letzte Wort.
Bevor es Irritationen im Plenum gibt, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen: Es hat sich eine Änderung in der Reihenfolge der Rednerinnen und Redner ergeben. Als nächster Redner hat Herr Dr. Fischer das Wort, dann Frau Schopper, Herr Pohl, Frau Sonnenholzner, Herr Thalhammer und Frau Dittmar.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Medien erwarten mit Spannung die heutige Debatte und das Abstimmungsergebnis. Es ist von Abweichlern und Umfallern die Rede. Als jemand, der ohne Wenn und Aber hinter der Lockerung des Rauchverbots steht, sage ich in aller Klarheit vorab: Ich habe Respekt vor jedem, der eine abweichende Meinung hat und dazu steht. Das ist für mich ein Beitrag zur Demokratie. Mir geht es deshalb auch darum, zu überzeugen. Ich bitte Sie aber auch um Respekt für die Auffassung der großen Mehrheit in den Koalitionsfraktionen und bitte Sie um eine sachliche Debatte, eine Debatte, die endlich zeigt, worum es wirklich geht. Es geht nicht um Raucher gegen Nichtraucher, es geht nicht darum, ob wir mehr oder weniger Zigaretten haben wollen, es geht um die Frage, wie viel der Staat regeln soll - um nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ich sage ganz offen: Ich halte das Rauchen für ganz genauso schädlich wie Sie. Was uns trennt, ist nicht die Beurteilung des Rauchens, sondern die Beurteilung, wie viele Verbote wir in diesem Land brauchen. Viele haben gefragt, warum wir dieses Thema gerade jetzt anpacken, wo sich die Menschen doch jetzt daran gewöhnt haben. Ich sage Ihnen: Wir packen das Thema an, weil die jetzige Lösung eine einzige Heuchelei ist.
Ein strenges Gesetz und ein lockerer Vollzug passen nicht zusammen, und das ist nicht ehrlich. Ein Gesetz, das dafür gesorgt hat, dass Raucherclubs entstanden sind und Nichtraucher für den Qualm auch noch Eintritt zahlen, passt nicht und ist nicht ehrlich. Die jetzige Regelung - darin sind sich, wie ich glaube, alle einig - ist nicht die richtige, sie hat sich nicht bewährt. Gesetze kann man nicht an den Menschen vorbei erlassen.
Deswegen haben wir eine Kompromisslösung gefunden, die die Interessen aller Betroffenen berücksichtigt. Nichtraucher werden weiterhin geschützt sein, aber Raucher werden nicht länger wie Aussätzige ins Freie geschickt und brauchen nicht mehr heimlich die Toilette aufzusuchen. Wir wollen einen Nichtraucherschutz mit Augenmaß. Das bedeutet: In öffentlichen Gebäuden, in denen man sich aufhalten muss und deren Besuch der Einzelne nicht vermeiden kann, wird nach wie vor ein absolutes Rauchverbot herrschen. In Gaststätten mit mehreren Räumen bleibt der Hauptraum zwingend den Nichtrauchern vorbehalten. Im Nebenraum kann ein Aschenbecher aufgestellt werden, es muss aber nicht sein. Es bleiben die Gaststätten unter 75 qm. Hier kann das Rauchen erlaubt werden, aber nur unter strengen Voraussetzungen, nämlich dann, wenn Jugendliche keinen Zutritt haben - damit ist der Jugendschutz gewährleistet - und wenn die Gaststätten getränkegeprägt sind. Über dieses Wort ist viel geredet worden. Es ist keine Erfindung der Koalitionsfraktionen, sondern es ist eine Erfindung des Bundesverfassungsgerichts. Indem wir dieses Wort aufgreifen, sorgen wir dafür, dass der Gesetzentwurf, den wir hier vorlegen, verfassungskonform ist.
Darin besteht der Unterschied zum Gesetzentwurf der Freien Wähler, der durchaus manch richtige Ansätze hat, der aber diese Sicherheit nicht bieten kann. Wenn ich den Gesetzentwurf der GRÜNEN anschaue, dann erkenne ich darin die alte Idee, dass man die Bürger vor sich selber schützen muss. Es wird nicht der mündige Bürger gesehen. Wir aber glauben an den mündigen Bürger. Wir glauben an die Freiheit. Wir glauben daran, dass eine Lösung im Sinne der Freiheit für Bayern das Richtige ist.
Deswegen stimmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht für mehr Verbote. Stimmen Sie nicht für mehr staatliche Eingriffe. Stimmen Sie nicht für mehr Zwang. Stimmen Sie für Entscheidungsfreiheit und für einen ausgewogenen Nichtraucherschutz, der im Interesse aller Beteiligten ist.
(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU - Hans Joachim Werner (SPD): Wir stimmen für die Gesundheit!)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren über einen Gesetzentwurf mit einer falschen Überschrift. Das Gesetz ist kein Gesetz zur Änderung des Gesundheitsschutzgesetzes, es müsste "Nichtraucherschutz ade" heißen.
Wenn Sie diesem Gesetzentwurf heute zustimmen, darf in den Gaststätten wieder gequalmt werden. Die Gesundheit der Angestellten ist für uns der Ansatzpunkt und nicht die Freiheit.
Frau Kollegin Stewens, wer uns den Bären aufbindet, dass das Bundesverfassungsgericht uns zu dieser Änderung mehr oder weniger getrieben hätte, dem kann man nur empfehlen, beim Casting für die Märchenstunde bei Pro Sieben teilzunehmen; im Bayerischen Landtag verdient er allerdings keinerlei ernsthafte Beachtung. Sie argumentieren in der Debatte auf der politischen Bühne unredlich und wollen nur ablenken.
Das Bundesverfassungsgericht hat das bayerische Gesetz ausdrücklich gelobt. Ein solches Lob hätten Sie bei vielen anderen Entscheidungen wahrscheinlich begierig aufgesogen.
Wie ein Schwamm wären Sie dagesessen und hätten darauf gewartet, dass Sie endlich einmal gelobt werden. Ausgerechnet dann, wenn Sie einmal gelobt werden, befällt Sie der politische Tinnitus. Da muss man sich wirklich umschauen.
Sonst predigen wir im Bayerischen Landtag Prävention, Prävention und Vorbildfunktion. Ihnen müsste doch die Schamröte ins Gesicht schießen, wenn Sie diesen Gesetzentwurf heute beschließen.
Sie sind keine Vorbilder mehr, wenn es darum geht, das Einstiegsalter für Nikotinkonsum bei den Jugendlichen nach oben zu setzen oder sie überhaupt davor zu bewahren, mit dem Rauchen anzufangen, wenn es darum geht, dass ein cooler Lebensstil eben nicht mit der Zi
garette gleichzusetzen ist. Diese Vorbildfunktion hätten Sie heute verwirkt, wenn Sie diesen Gesetzentwurf beschließen.
Sie argumentieren immer, der Nichtraucherschutz in Italien sei nur durchzusetzen, weil es dort schön warm ist. Meines Wissens ist es aber bei den Schotten und bei den Iren klimatisch nicht so gemütlich. Deshalb ist der Hinweis auf Italien für mich kein Argument dafür, dass der Nichtraucherschutz hier nicht durchzusetzen wäre.
Schauen Sie sich die Statistiken in Italien und in Irland an, wo es vergleichbare Nichtraucherschutzgesetze gibt. In den drei bis vier Jahren, in denen diese Gesetze dort bisher existieren, ist das Herzinfarktrisiko um 11 % zurückgegangen. In Bayern würde dies bedeuten, dass 3.000 Herzinfarkte pro Jahr vermieden werden könnten. Das muss Ihnen doch eingängig sein.
Deshalb fordern die Kardiologen ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz. Sonst reizt das Klagen der Ärzteschaft den Minister sogar zu Demonstrationen. Heute versagt ihm wahrscheinlich die Hand, und den Ruf als konsequenter Gesundheitsminister kann er gleich an der Garderobe abgeben.
Statt dem Rat der Ärzte zu folgen, wird heute der Koalitionsvertrag herausgekramt, um sich dahinter zu verstecken. Der Gesundheitsschutz wird der Koalitionsräson geopfert. In jedem Grußwort wird von der CSU und der FDP das hohe Lied der Gesundheit gesungen. Herr Ministerpräsident, ich denke, auch bei Ihrem Geburtstag werden Sie wahrscheinlich mit sehr viel Gesundheitswünschen bedacht worden sein, und dies auch zu Recht. Während sonst immer das hohe Lied der Gesundheit gesungen wird, verkommt der Gesundheitsschutz heute bei Ihnen zu einem Katzenjammer.