Sie von der FDP haben in Ihren Programmen zahlreiche Hinweise dafür, dass Sie für Informationsfreiheit sind. Der Trick, nunmehr Informationsfreiheit gegen Datenschutz auszuspielen, zieht bei uns nicht. Ich habe Ihnen die Gründe dafür schon genannt. Es gibt eine Verwandtschaft, es gibt eine Gemeinsamkeit. Eventuelle Besorgnisse, wonach Dinge vielleicht falsch laufen oder die innere Sicherheit gefährdet ist, sind durch unseren Gesetzentwurf vollkommen ausgeräumt. Es gibt Belange, die dagegen sprechen können, Akteneinsicht zu gewähren. Die gewährte Akteneinsicht dient dazu, ein freies und friedliches Bayern zu haben, mit einer Bevölkerung, die im Einklang mit ihrer Verwaltung steht. Die Zufriedenheit wird sich entsprechend fortsetzen. Was haben wir derzeit? Wir haben derzeit ein sogenanntes Amtsgeheimnis, das bei persönlicher Betroffenheit gelüftet werden kann. Wann ist man persönlich betroffen? Wir haben gestern bereits angesprochen, wie schnell die persönliche Betroffenheit durch unheilvolle Vorgänge berührt sein kann.
Ich sage Ihnen Folgendes: Wenn Sie unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen, dann versündigen Sie sich an
Ihrem eigenen Programm, an Ihrer eigenen Programmatik. Sie werden tagtäglich von uns gegeißelt, und es wird jedes Mal das angeführt werden, was Sie in Ihrem Programm versprochen haben, nämlich Informationsfreiheit. Sie sagen, Sie seien die Partei der Informationsfreiheit und des Datenschutzes. Ich sage Ihnen: Das mag so sein, aber dann müssen Sie bei uns zustimmen.
Danke schön, Herr Kollege Arnold. Als Nächste hat Frau Kollegin Tausendfreund das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an die Begründung des Kollegen Arnold anschließen. In Bayern bedeutet, mehr Demokratie durchzusetzen, dass man einen sehr langen Atem braucht. Wir sind aber noch längst nicht atemlos, wir machen weiter.
Seit vielen Jahren versuchen wir, für mehr Transparenz in den Amtsstuben zu sorgen, für mehr Transparenz bei den behördlichen Verwaltungsabläufen. Das bedeutet auch, dass wir uns für ein größeres Engagement der Bevölkerung und eine wirksamere Kontrolle des Verwaltungshandelns einsetzen. Wenn die Menschen ernst genommen werden, dann engagieren sie sich auch in einem Gemeinwesen viel stärker.
1991 ist der Maastricht-Vertrag beschlossen worden. Auch dieser Vertrag fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, für einen freien Zugang zu Informationen zu sorgen. Das bedeutet, dass wir bereits seit 1991 aufgefordert sind, entsprechend initiativ zu werden. Was ist geschehen? - Nichts! Unsere verschiedenen Anläufe, auch in Bayern ein Informationsfreiheitsgesetz einzuführen, sind an der ablehnenden Haltung der CSU gescheitert. Nicht deshalb, weil Sie gute Argumente vorgetragen hätten, sondern weil Sie es einfach nicht wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Sie rühmen sich sonst so gerne, dass Bayern vorne ist - aber bei der Informationsfreiheit blockieren Sie und insofern ist auf diesem Feld Bayern Schlusslicht.
Zum dritten Mal wollen Sie heute die Gesetzentwürfe der GRÜNEN und der SPD ablehnen und damit verhindern, dass Bayern jetzt endlich den üblichen Standard erhält.
Diesen Standard gibt es in vielen Ländern weltweit, in Europa und auch in Deutschland. Sie sollten eigentlich aus der Wahlniederlage im letzten September gelernt haben. Diese war auch darin begründet, dass Sie die Menschen nicht einbeziehen wollen und dass Sie sie nicht ernst nehmen. Ernst genommen fühlen sich nur diejenigen, die sich offen und transparent über die Entscheidungsabläufe informieren können.
Umfassend informieren können sich nur diejenigen, denen ein freier Informationszugang garantiert wird. Es darf nicht sein, dass Akteneinsicht nur bei Bittstellerei und auf Goodwillbasis gewährt wird, sondern es bedarf eines klaren einklagbaren Anspruchs.
Schauen wir uns das Herumeiern im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Empfänger der EU-Agrarsubventionen an. Das war symptomatisch. Angesichts drohender Strafzahlungen mussten Sie doch einknicken. Das hat der Kollege Brunner in der Presse auch noch als Erfolg verbucht. Das hatte eine besondere Note. Die Pflicht zur Veröffentlichung der Agrarsubventionen ist ein sehr schönes Beispiel dafür, warum wir Transparenz brauchen; denn durch die Veröffentlichung wird ersichtlich, ob der Zweck der Förderung, nämlich die Unterstützung der kleinen und mittleren Betriebe, überhaupt erreicht wird oder ob überwiegend Großunternehmen davon profitieren.
Jetzt komme ich zu meinen lieben Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Sie beugen sich wieder einmal der Koalitionsdisziplin. Sie wollen beide Gesetzentwürfe ablehnen. Ich frage mich schon, warum die bayerische FDP immer noch Mitglied im Bündnis für Informationsfreiheit ist. Dieses Bündnis versucht seit Jahren, den freien Informationszugang in Bayern durchzusetzen. Vor der Landtagswahl haben Sie dafür geworben, bei den Koalitionsverhandlungen war Ihnen aber dieses Ziel anscheinend nicht mehr so wichtig. Offenbar war die Option, mitzuregieren, die bessere Perspektive. An der selbsternannten Bürgerrechtspartei ist hier in Bayern nicht mehr viel dran.
Die Ausreden, die wir uns bei den Bürgerrechtsthemen anhören müssen, sind stereotyp: Erst müssten die Erfahrungen des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes abgewartet werden - dieses Argument ist inzwischen hinfällig, weil der Bericht vorliegt und die Evaluation durchgeführt ist -, Sie hätten sich bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen können da haben Sie anscheinend nicht hart genug verhandelt
oder den falschen Koalitionspartner gewählt - oder Sie seien verpflichtet, in der Koalition einheitlich abzustimmen. Das ist ein Blankoscheck, den Sie unterschrieben haben. Anstatt dass Sie in der Koalition darauf dringen, verfassungsrechtlich problematische Gesetze gleich zu korrigieren - ich erinnere an die gestrige Debatte zur Onlinedurchsuchung -, warten Sie erst einmal ab. Wir werden sehen, ob Sie doch noch etwas Vernünftiges auf den Weg bringen werden.
Bayern ist Schlusslicht in Sachen Informationsfreiheit, anstatt dass es vorne wäre. Wir jedenfalls wollen uns damit nicht zufriedengeben. Wir setzen weiter darauf, dass sich die Bevölkerung bei diesem Thema Gehör verschafft. Demokratie wächst von unten. Wir können bei diesem Thema schön beobachten, wie sich die Informationsfreiheit in den einzelnen Gemeinden entwickelt. Da es keine Informationsfreiheit, bei den bayerischen Landes- und Kommunalbehörden gibt, behelfen sich viele Gemeinden damit, dass sie eigene Satzungen erlassen. Prien, Pullach, Grasbrunn und Kitzingen sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Sie werfen uns immer vor, dass die rot-grüne Mehrheit in der Stadt München noch nichts zu Wege gebracht habe. Ich kann Ihnen aber sagen, dass inzwischen ein entsprechender Antrag vorliegt.
Es gibt 90 Länder weltweit, die Informationsfreiheitsgesetze geschaffen haben. Die EU hat für ihre Behörden solche Regelungen, und alle europäischen Länder außer Luxemburg sowie der Bund für seine Behörden besitzen ebenfalls entsprechende Vorschriften. Dasselbe gilt für elf von 16 Bundesländern für ihre Landesund Kommunalverwaltungen. Dort ist die Informationsfreiheit normiert. Nur Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen haben noch keine entsprechenden Gesetze.
Die Erfahrungen, die bisher gemacht worden sind, sind durchweg positiv. Es wurde keine Verwaltung lahmgelegt oder überstrapaziert. Aus dem Bericht, den Nordrhein-Westfalen vorgelegt hat, ergibt sich, dass im ganzen Land durchschnittlich lediglich 1.000 Anträge auf Akteneinsicht pro Jahr gestellt worden sind. Ungefähr drei Viertel davon waren an die Kommunen gerichtet. Die Bevölkerung nimmt das Angebot in angemessenem Umfang wahr. Allein schon die Möglichkeit, Akteneinsicht zu erhalten, ist ganz wichtig. Dies wird positiv bewertet, Geheimniskrämerei wird abgelehnt. Die Fälle, in denen Akteneinsicht abgelehnt werden musste, weil schützenswerte Belange Dritter oder Geheimhaltungspflichten entgegenstanden, hielten sich in Grenzen; denn in der Regel geht es um die staatlichen oder kommunalen Entscheidungsabläufe, um Planungsverfahren, um Gutachten, um Stellungnahmen und um Gebührenkalkulationen. Anfragen über Dritte oder zu Betriebsgeheimnissen stehen nicht im Mittel
punkt, sondern das konkrete behördliche Handeln in den Bereichen Planung, öffentliche Baumaßnahmen, Daseinsvorsorge, Infrastrukturmaßnahmen oder schlichtweg die Frage, wie eine Entscheidung für oder gegen einen Schulstandort zustande gekommen ist. Für den Fall, dass schützenswerte Rechte Dritter in Rede stehen, haben wir in unserem Gesetzentwurf eine ganz klare Regelung, wie Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Diesbezüglich gibt es keine datenschutzrechtlichen Probleme.
Insgesamt ist die Informationsfreiheit ein Gewinn. Sie wäre es auch für Bayern; denn es reicht nicht, die Menschen obrigkeitsstaatlich zu behandeln und ihnen nur dann einen Rechtsanspruch auf Informationen zuzubilligen, wenn sie in einem bestimmten festgelegten Verfahren ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Auch wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und von der CSU, heute wieder die Chance vertun wollen, wir bleiben am Ball, und wir bleiben hartnäckig. Ich glaube fest daran, dass der Tag kommen wird, an dem wir die Informationsfreiheit in Bayern durchsetzen werden.
Bevor ich der nächsten Kollegin das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die CSU-Fraktion zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 16/589 namentliche Abstimmung beantragt hat.
Es handelt sich um den Gesetzentwurf zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Freistaates Bayern und zur Änderung weiterer Vorschriften.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Mittels der beiden Gesetzentwürfe soll ein sogenanntes Informationsfreiheitsgesetz
auf den Weg gebracht werden, das grundsätzlich jedem ein Recht auf freien Zugang zu den Informationen einräumt, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind, natürlich - so ehrlich müssen wir schon sein - durchbrochen durch einige Ausnahmetatbestände. Für uns geht es im vorliegenden Fall darum, dass wir diese Informationsrechte auf der einen Seite mit den Datenschutzrechten auf der anderen Seite in ein angemessenes Verhältnis stellen. Entgegen dem Eindruck, der durch
die Gesetzentwürfe erzeugt wird, gibt es bereits heute eine Vielzahl umfangreicher Zugangsrechte zu Informationen, die gerade diesem Erfordernis der angemessenen Abwägung voll und ganz entsprechen. Mit Ihren Gesetzentwürfen, die eine Umkehrung vom Regel-Ausnahme-Status vorsehen,
wecken Sie Erwartungen, die Sie - das ergibt sich, wenn man weiter im Gesetz nachschaut - nicht zu erfüllen vermögen. Auch die Erfahrungen anderer Bundesländer haben gezeigt, dass die Regelungen nicht zu mehr Aktenöffentlichkeit geführt haben. Sie und wir wissen, dass das Verfassungsrecht, das Datenschutzrecht und zwingend auch der Schutz der Privat-, Betriebsund Geschäftsgeheimnisse sowie der Schutz öffentlicher Belange eine besondere Abwägung verlangen.
Ihr Gesetz führt nicht zu mehr Demokratie, mehr Transparenz und mehr Übersichtlichkeit, denn Ihre neuen voraussetzungslosen Zugangsrechte treten nicht an die Stelle bereits bestehender Rechte, sondern neben die bereits bestehenden Zugangsrechte.
Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen deutlich machen. Bereits heute gibt es einen allgemeinen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch, wenn ich informiert werden möchte.
Ich muss ein berechtigtes Interesse darlegen. Dieser Anspruch ist gerichtlich durchsetzbar. Die Auskunft darf nur dann verweigert werden, wenn ein überwiegend öffentliches oder privates Interesse der Offenlegung entgegensteht, oder wenn ein Konflikt mit dem Datenschutzgesetz zu befürchten ist.
Es existieren vielfältigste spezielle Zugangsnormen, so zum Beispiel Artikel 29 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Danach habe ich ein Akteneinsichtsrecht, wenn ich an einem Verwaltungsverfahren beteiligt bin. Nach Artikel 54 Absatz 3 der Gemeindeordnung kann ich als Gemeindebürgerin oder Gemeindebürger die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen einsehen. Ich habe Auskunftsrechte nach Artikel 48 des Polizeiaufgabengesetzes, nach Artikel 10 des Bayerischen Datenschutzgesetzes usw. Alle diese Spezialvorschriften sind vorrangig, sodass durch ein Informationsfreiheitsgesetz nicht einmal eine Verwaltungsvereinfachung zustande käme.
Der Schutz personenbezogener Daten ist in beiden Gesetzen deutlich schwächer als im Bayerischen Datenschutzgesetz gewährleistet. Nach Artikel 19 Absatz 1
Nummer 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes ist eine Datenübermittlung an eine nichtöffentliche Stelle nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft dargelegt wird und wenn der betroffene Dritte kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss dieser Übermittlung hat. In den beiden Gesetzentwürfen der Opposition hingegen ist vorgesehen, dass der Schutz der personenbezogenen Daten eines Dritten umfassend in die Abwägung mit dem Informationsinteresse des Antragstellers gestellt wird. Auch bereichsspezifische strenge Datenschutzregelungen wie zum Beispiel in den Sozialgesetzen werden verdrängt. Solche hochsensiblen Daten würden dann plötzlich einer allgemeinen Abwägungsklausel unterworfen. Das wollen wir nicht.
Der SPD-Entwurf schützt personenbezogene Daten zudem wesentlich schlechter und schwächer als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Letztere dürfen dann nicht weitergegeben werden, wenn die Betroffenen nicht einwilligen. Der Private hat diese Chance nicht.
Im Entwurf der GRÜNEN sind personenbezogene Daten gegen eine Übermittlung nur dann geschützt, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin überwiegend private Interessen verfolgt. Was heißt das? Das heißt, dass auch die Übermittlung personenbezogener Daten immer zulässig ist, wenn die Kenntnis der Daten für das Nachvollziehen behördlichen Handelns erforderlich ist. Die Interessen betroffener Dritter werden dabei offensichtlich überhaupt nicht berücksichtigt. Auch die Zweckbindung bei der Übermittlung personenbezogener Daten fehlt in beiden Gesetzentwürfen.
Deshalb sind beide Gesetzesentwürfe aus unserer Sicht absolut kontraproduktiv zu den Bemühungen um ein modernes Datenschutzrecht, welches zum Beispiel Forderungen nach Anonymisierung, Verschlüsselung und ähnlichem enthält. Auch der Schutz öffentlicher Belange, wie zum Beispiel der Schutz der internen Willensbildung der Staatsregierung, der Schutz fiskalischer Interessen oder der Schutz vertraulich erhobener Informationen, ist im SPD-Entwurf nicht berücksichtigt. Der Entwurf der GRÜNEN schützt zudem die Vertraulichkeit internationaler Beziehungen in keiner Weise.
Aus den genannten Gründen können wir nicht nachvollziehen, wie man bei diesen Entwürfen von mehr Demokratie und mehr Transparenz sprechen kann. Mit beiden Gesetzesentwürfen wird wichtiges Terrain auf dem Gebiet des Datenschutzes preisgegeben. Aus genau diesen Gründen werden wir diesen beiden Gesetzentwürfen nicht zustimmen, auch wenn es auf Sie, Frau Kollegin, vielleicht unmodern wirken mag.