Verstehen Sie mich bitte richtig. Ich bin von dem Vorwurf ausgegangen, den mir Herr Förster gemacht hat, und habe für uns klargestellt, dass es eine politische Bindung, aber keine rechtliche Bindung geben kann. Seien Sie doch froh, wenn wir uns in diesem Punkt einig sind. Das heißt: Offenheit für die Diskussion im Ausschuss, Herr Förster, die wir gern fortführen werden. Es geht um die Frage: Wie kann der Landtag besser beteiligt werden? Das Thema Lissabon haben Sie hier in aller Ausführlichkeit behandelt. Sie müssen deshalb damit rechnen, dass man auf Ihre Ausführungen eingeht. Sonst hätten Sie das sicher auch gar nicht gemacht.
Herr Kollege Sinner, es wäre in der Tat hilfreich und erfreulich gewesen, wenn Sie sich etwas mehr mit den beiden vorliegenden Anträgen auseinandergesetzt hätten.
Sie waren in Ihrer Argumentation nicht unbedingt redlich. Im Jahr 2005 haben Sie im Bundestag wie auch im Bundesrat dem Begleitgesetz zugestimmt. Im Jahr 2008 lag der Antrag von CDU, CSU, GRÜNEN und SPD vor - eine interessante Konstellation -, und dieser An trag erfuhr nur eine geringfügige Änderung. Auch diesem Antrag haben Sie zugestimmt. Immerhin waren Sie so freundlich, darauf hinzuweisen, dass die GRÜNEN im Bayerischen Landtag diesbezüglich seit vielen Jahren eine andere Position einnehmen. Ich erinnere daran, dass es die GRÜNEN waren, die dieses Thema im Jahr 2002 zum ersten Mal in den Bayerischen Landtag gebracht haben. Anschließend haben wir es immer wieder aufgegriffen.
Herr Sinner, ich verstehe Ihre Nöte, ich verstehe die Not in der CSU und in der FDP, denn Sie müssen sich winden. Sie suggerieren, Sie hätten einen eigenen Antrag mit eigener Formulierung. Sie haben aber keinen Antrag. Es ist schön, wenn Sie unserer ersten Forderung zustimmen. Nehmen Sie aber nicht an, wir würden der Formulierung zustimmen "in der gebotenen Schnelligkeit", nachdem wir uns in der Debatte mit der SPD und den Freien Wählern darauf verständigt haben, den "Schnelldurchlauf" herauszunehmen. Nun kommt auf einmal die CSU daher und spricht sich für die Formulierung "in der gebotenen Schnelligkeit" aus. Das signalisiert im Übrigen, dass der Ministerpräsident und einige seiner Gefolgsleute sich wieder einmal massiv in Verbalakrobatik geübt haben. Der Ministerpräsident hat nämlich immer gesagt: "Schnelligkeit darf nicht vor Gründlichkeit gehen". Jetzt bringen Sie auf einmal den
Begriff "Schnelligkeit" hinein. Herr Sinner, wir wundern uns über die Tatsache, dass Sie sich dem Koalitionspartner und Herrn Westerwelle beugen, der im Hintergrund steht. Nur hätten Sie dann der Wichtigkeit der Angelegenheit angemessen schon einen eigenen Antrag einbringen müssen. Abgestimmt wird hier über unseren Antrag.
Herr Kollege Runge, Sie ergehen sich jetzt in Verfahrensfragen. Wir haben eine Position in 14 Punkten, und wir sind dabei, diese Posi tion durchzusetzen in Gründlichkeit und in Schnelligkeit.
Sie haben keine Position. Es ehrt Sie ja, dass Sie hier weitsichtig waren, aber das hat Ihre Fraktion im Bundestag in keiner Weise interessiert. Der Unterschied ist, dass wir nicht nur hier Dinge entwickeln, sondern dass wir sie auch in Berlin durchsetzen. Darauf können Sie sich verlassen. Wenn Sie uns dabei unterstützen würden, wäre das ein fulminanter Erfolg dieser Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Für ein paar Momente hegte ich fälschlicherweise die Hoffnung, dass mein Redeauftritt heute mit Blasmusik untermalt würde. Aber das hat sich wieder verspielt in der Zeit.
Wir stehen kurz vor der Sommerpause. Für mehr als 70 Abgeordnete wird damit auch die erste Phase ihres Parlamentsaufenthaltes abgeschlossen. Da gilt es für den einen oder anderen auch, ein bisschen zurückzublicken und zu sehen, was ein Parlament, was der Bayerische Landtag leistet und was er zu leisten vermag und wie man eine solche Arbeit vielleicht noch verbessern kann. Dazu gab es schon einige Untersuchungen, und ich glaube, dieser Gedanke passt auch ganz gut in das vorliegende Bundesverfassungsgerichtsurteil.
Denn was steckt im Kern hinter diesem Bundesverfassungsgerichtsurteil? Es ist die Sorge des Bundesverfassungsgerichts, dass demokratische Rechte verletzt werden könnten, dass die Demokratie geschwächt wird, dass die Verbindung des Bürgers zu den Ent
scheidungsträgern immer mehr abreißt. Das bezieht sich natürlich vorrangig auf das Europäische Parlament und die Europäische Union, meint aber gleichzeitig natürlich auch den Bundestag und durchaus auch die Landtage. Das heißt, man kann dieses Urteil zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken, wie Landtage, auch der Bayerische Landtag, aufgewertet werden können.
Was ist die Rolle des Parlaments gerade auch für den Bürger? Ich glaube, das ist ein Thema, das uns alle umtreibt: die größere Entfernung des Bürgers zum politischen Betrieb.
Da gibt es gute Zeichen, da gibt es aber auch schlechte Zeichen. Ein gutes Zeichen - wir haben gerade gestern darüber gesprochen - ist die erhöhte Anwesenheit des Ministerpräsidenten im Bayerischen Landtag. Heute ist er verhindert, aber er ist so häufig hier, wie das sicherlich bei den vorherigen Ministerpräsidenten nicht der Fall gewesen ist. Das begrüßen wir, und wir bedanken uns auch dafür, weil das die Bedeutung des Parlaments und der Debatten, die hier geführt werden, deutlich macht.
Ein zweites Indiz: Insbesondere auch von unserer Frau Präsidentin wird immer wieder der Name des Hohen Hauses erwähnt. Ich höre das gerne, weil es auch deutlich macht, welche Bedeutung dieses Haus in der politischen Arena hat. Wir sind nun einmal die einzigen direkt Gewählten, die Einzigen, die wirklich gegenüber dem Wähler direkt in der Verantwortung stehen.
So verstehe ich auch den Antrag der SPD, sich hier nicht fest an den Wortlaut zu klammern, sondern zu versuchen, den Bayerischen Landtag stärker in die Diskussionen um Europa einzubinden. Man kann dann darüber streiten, wie man das macht. Brücken sind ja schon gebaut worden. Vielleicht ist es schwierig, wenn jeder Minister vor Bundesratssitzungen hier auftritt und Positionen erklärt. Ich glaube aber, es würde auch dem Bundesrat durchaus gerecht werden, es würde solche Diskussionen spannender machen, und wir hätten die Möglichkeit, hier vor der Öffentlichkeit, vor den Medien zu diskutieren.
Vielleicht gibt es ja - wir werden hören, was die Frau Ministerin dann sagt - das Angebot, das ich sehr begrüßen würde, dass die eine oder andere Europadebatte, die auch im Bundesrat geführt wird, vorher in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten kommt, wie Herr Förster auch schon angedeutet hat. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Wir Freien Wähler haben das Parlament, den Bayerischen Landtag, immer ganz hoch angesiedelt. Er ist die Arena, wo politische Diskussionen stattfinden und stattzufinden haben. Wir sind dankbar für jeden Vorschlag, der diese Parlamentsarbeit effektiver, aber auch transparenter und demokratischer macht. In diese Richtung geht der SPD-Antrag, und deshalb werden wir ihn auch unterstützen.
Zweitens zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN, der noch deutlicher das aktuelle Thema Lissabon-Vertrag in den Fokus nimmt: Selbstverständlich machen auch wir uns Sorgen, dass eine so wichtige Debatte, die nun durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts angestoßen wurde, so schnell über die Bühne gebracht werden soll. Man kann das aus staatsrechtlicher, vielleicht auch aus völkerrechtlicher Räson - in Parenthese: Wir wollen den Lissabon-Vertrag möglichst schnell unter Dach und Fach bringen - durchaus begrüßen. Vielleicht ist es ja auch die Sorge der CDU, dass das jetzt noch einfacher durchzusetzen ist als vielleicht später. Das weiß ich nicht. Nur, man sollte eine solche Debatte nicht nur im Bundestag und vielleicht im Bundesrat führen. Es wäre sehr angebracht, hier auch die Landtage einzubinden, in welcher Form auch immer.
Ein Blick in die Geschäftsordnung zeigt, dass es auch Möglichkeiten gibt, selbst in der Sommerpause den Landtag - nicht unbedingt im Plenum, aber in Ausschüssen - zu beteiligen.
Insofern unterstützen wir im Grundansatz den Antrag, den die GRÜNEN gestellt haben; denn er geht auch in die Richtung, die ich vorhin beschrieben habe: mehr Beteiligung des Parlaments, Aufwertung des Parlaments in wichtigen Fragen. Ich glaube auch, dass sehr viele Abgeordnete der FDP und der CSU diesem Grundanliegen durchaus zustimmen. Insofern auch diesbezüglich nochmals meine Bitte: Wenn man den Anträgen nicht zustimmen kann, wie das nach meinem Eindruck der Fall zu sein scheint, sollte man trotzdem den Inhalt, der hinter diesen Anträgen steht, also Aufwertung des Parlaments, des Landtags, und Beteiligung des Landtags in Europafragen, auf die eine oder andere Weise befördern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde auch die Damen und Herren auf der Besuchertribüne wichtig. Das muss ich einmal sagen.
Ich möchte zunächst etwas tun, was in jedem Rhetorikseminar nicht gutgeheißen wird. Ich möchte Sie nämlich etwas langweilen, und zwar möchte ich Ihnen die Tagesordnung vorlesen, die im Bundesrat behandelt wird. Es handelt sich hierbei normalerweise um 93 Punkte. TOP 1 ist zum Beispiel "Gesetz zur Ände rung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches", TOP 2 "Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen Berufsrecht",
- ich weiß, das ist langweilig, aber ich mache jetzt noch ein bisschen weiter - TOP 3 "Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes", TOP 4 "Gesetz zur Verbesserung der Absicherung von Zivilpersonal", TOP 47 "Verordnung zur Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften". Die Tagesordnung ist noch sehr viel länger.
All das würde zukünftig jeden im Landtag beschäftigen. Unsere Tagesordnungen würden ausufern. In Artikel 50 des Grundgesetzes steht:
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in den Angelegenheiten der Europäischen Union mit.
Die Länder, vertreten durch die Landesregierungen, handeln also im Bundesrat. Demnach ist es Aufgabe der Staatsregierung, Stellungnahmen zu den Vorlagen des Bundesrats zu beschließen.
Derzeit regelt das Grundgesetz nicht, dass es Aufgabe des Landtags wäre, in diesem Fall Stellung zu nehmen. Wenn uns interessiert, was im Bundesrat abläuft, können wir Anfragen stellen. Es gibt das Pickverfahren. Damit können wir uns darüber informieren, was geschieht. Das tun zum Beispiel auch die GRÜNEN. Sie haben anlässlich des Datenaustauschabkommens davon Gebrauch gemacht. Es ist wichtig, dass wir solche Themen ausführlich diskutieren, wenn sie denn für uns interessant sind; wir picken sie dann heraus. Aber mir ist noch nicht ganz klar, wie wir das unbürokratisch und praktikabel umsetzen wollen.
Was den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN angeht, so ist die Sache etwas anders gelagert. Es handelt sich hier um einen Berichtsantrag. Ich finde es durchaus interessant, dass wir uns berichten lassen, wie die Sache konkret ablaufen soll.
Dann wird noch auf den Lissabon-Vertrag eingegangen. Beim Lissabon-Vertrag müssen wir darauf achten, dass sich bei aller gebotenen Sorgfalt bezüglich der Mitwirkungsrechte, die wir uns in der Tat alle wünschen, Bundesrat und Bundestag stärker einbringen müssen. Denn hier agieren wir außenpolitisch. Da müssen wir aufpassen, dass wir den Vertrag in der gebotenen Schnelligkeit über die Bühne bekommen.
Ich möchte erreichen, dass das Begleitgesetz verabschiedet wird. Wir dürfen hier nicht auf die Bremse treten. Wir sollten uns hier wirklich als Europäer zeigen, damit wir den Lissabon-Vertrag - natürlich mit Sorgfalt - ratifizieren können. Damit senden wir ein positives Signal nach Europa.