Protokoll der Sitzung vom 14.10.2009

(Christa Steiger (SPD): Ja, genau!)

Wo waren Sie eigentlich? Das war doch Ihr Haus, dem Sie vorstehen, das diesen guten Kompromiss ausgehandelt und federführend vorgeschlagen hat. Das war doch Ihr Haus. Wo waren Sie eigentlich? Wo haben Sie sich ein einziges Mal vor Ihren Staatssekretär gestellt?

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Sie, ein 1,90 Meter großer Kerl und so ein Duckmäuser, meine Damen und Herren, so ein Duckmäuser!

(Zurufe von der SPD: Bravo! - Anhaltender Beifall bei der SPD)

Es wäre Ihre Aufgabe gewesen. Bayern und Albanien sind Schlusslicht bei der Ausstattung der Feuerwehr mit Digitalfunk. Bayern und Albanien!

(Christa Steiger (SPD): Peinlich!)

Dieses Problem wollte Ihr Haus endlich lösen, aber Sie sind weggetaucht, aus Feigheit, Herr Herrmann. Ich finde, Sie sollten sich schämen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das ist ein Armutszeugnis für eine Regierung und für die ganze Mannschaft der Beginn des Verfalls. Jetzt kommt es also wieder zu einer Notbesetzung. Nichts gegen Sie, Herr Eck, ich kann Ihre Arbeit überhaupt nicht bewerten. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Erfolg. Aber es ist natürlich wieder eine Notbesetzung, die nicht unter fachlichen Kriterien und Gesichtspunkten zustande kommt, sondern weil sich der Herr Ministerpräsident in seiner schon so geschwächten Situation sachfremden Prinzipien beugen muss: Es muss einer aus der Fraktion sein. Es muss einer aus Unterfranken sein.

(Georg Schmid (CSU): Das ist doch ganz normal!)

Ein starker, souveräner Ministerpräsident, so wie Sie vor einem Jahr begonnen haben, Herr Seehofer, hätte eine ganz andere Besetzung vorgenommen und hätte sich herausgenommen, sein Kabinett unter fachlichen Gesichtspunkten zu besetzen. Sie sind ja selber eine Notbesetzung für die CSU-Fraktion gewesen,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

ein Nothelfer. Sie waren der Retter für diese Fraktion. 90 Leute haben keinen aus ihren Reihen gefunden, dem sie das zugetraut hätten. Man hat Sie rufen müssen, weil der CSU sonst der Laden um die Ohren geflogen wäre.

(Alexander König (CSU): Denken Sie mal, was die Wähler mit Ihnen gemacht haben!)

Da waren Sie stark. Lieber Herr Seehofer, damals haben Sie auch Ihren Stil hier gepflegt und durchgesetzt. Für Sie war das vor einem Jahr ein innerer "Reichsparteitag". Sie konnten diejenigen demütigen, denen Sie vorher im CSU-internen Machkampf unterlegen waren: Herrn Beckstein und Herrn Huber.

(Beifall bei der SPD)

Das haben Sie genossen.

Herr Kollege Maget, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sauter?

Nein, Herr Sauter, Entschuldigung. Das geht alles auf meine Zeit.

Das haben Sie genossen, Herr Seehofer. Sie haben Ihren Stil selbstbewusst eingeführt. Und das ist nach einem Jahr bereits zu Ihrer Schwäche geworden. Ihr persönlicher Regierungsstil, der sich dadurch auszeichnet, dass Sie jedem im Land nach dem Mund reden, dass Sie jeder Versammlung das erzählen, was man dort gerade hören will und am Nachmittag das Gegenteil davon, dass Sie Versprechen abgeben, die Sie nicht einhalten können, dass Sie jetzt schon in Berlin wieder dabei sind, Wahlversprechen zentraler Art zu brechen,

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

in der Gesundheitspolitik zu brechen, in der Steuerpolitik zu brechen. Das ist schon wieder der Weg hin in eine populistische Richtung, nach Beliebigkeit zu verfahren. Herr Huber sagt, das sei Schnäppchenpolitik. Also so, wie es gerade gut ankommt, so präsentiert man sich den Menschen. Diese Form von Populismus hat in unserem Land allmählich ausgedient. Nur Sie haben es noch nicht gemerkt, Herr Seehofer.

(Beifall bei der SPD)

Das ist Ihre Schwäche.

Sie haben Ihre eigene Staatskanzlei immer wieder düpiert. Apropos Staatskanzlei, Herr Schneider: Die Bayerische Staatskanzlei war einmal das Machtzentrum der Regierungspolitik. Es war die Schaltzentrale der Regierungspolitik. Heute mag in der Staatskanzlei ein Beamter überhaupt nichts mehr für Seehofer aufschreiben, weil er nicht weiß, ob das, was gestern gegolten hat, heute noch gilt und morgen noch gelten wird. Da schreibt gar keiner mehr was für ihn auf.

(Beifall bei der SPD)

Da herrscht die blanke Orientierungslosigkeit. Das ist das Problem, das Ihnen schon nach einem Jahr im Amt widerfahren ist.

Ich sage Ihnen bei aller Vorsicht: Die Treueschwüre, die man aus der CSU-Fraktion als Ministerpräsident bekommt, sind von nordkoreanischer Qualität.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Alexander König (CSU): Wie ist das denn bei der SPD-Fraktion?)

Das ist übrigens ein Zitat von Herrn Waigel, der das mal über Sie wörtlich,

(Alexander König (CSU): Wie ist das bei der SPDFraktion?)

bezogen auf Stoiber, gesagt hat. Das sage ich in aller Vorsicht, Herr Seehofer. Die CSU-Fraktion, diese Damen und Herren interessieren sich für den Ministerpräsidenten so lange, wie er der Garant für den Erfolg ist. Wenn der Eindruck entsteht, dieser Erfolg kommt nicht mehr, wird er fallen gelassen.

(Ingrid Heckner (CSU): Sie können nicht von sich auf andere schließen! Was macht die SPD gerade?)

So war es bei Stoiber. Bei Beckstein und Huber haben Sie gerade 24 Stunden dafür gebraucht. Und so wird es Ihnen auch gehen.

(Renate Dodell (CSU): Sie sprechen aus leidvoller Erfahrung!)

- Ich spreche aus eigener Erfahrung und darauf komme ich gerne zurück.

(Lachen bei der CSU)

Ich habe drei Ministerpräsidenten hier erlebt, und es ist allen gleich gegangen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Manfred Weiß (CSU))

Glauben Sie dem nicht, was Ihnen gesagt wird. Ich sage Ihnen, die Ministerpräsidentschaft Seehofer wird eine Zwischenepisode sein hier in diesem Land. Sie sind hier hergekommen, weil die CSU-Fraktion sich nicht mehr anders zu helfen wusste. Sobald Sie nicht mehr der Erfolgsgarant sind, wird man auch Sie fallen lassen.

Ich trete jetzt - meine Damen und Herren, vielleicht freut Sie das - einen Schritt zur Seite. Vielleicht freut Sie das. Das wird meine letzte Entgegnung und meine letzte Rede als Fraktionsvorsitzender der SPD hier sein.

(Oh-Rufe bei der CSU)

Ich höre das ehrliche Bedauern auf dieser Seite des Hauses.

(Beifall bei der SPD - Staatsminister Joachim Herr- mann: Was Besseres kommt nicht nach!)

Das gehört auch zur Wahrheit, Herr Herrmann: Der Oppositionsführer muss manchmal das sagen, was viele von euch denken. Das gehört auch zur Ehrlichkeit.

(Beifall bei der SPD und den Freien Wählern)

Ich hoffe, ich habe diesbezüglich auch in Ihrem Sinne gelegentlich einen positiven Beitrag hier leisten können. Ich trete zur Seite und ich sage Ihnen, Herr Seehofer, bei aller Vorsicht: Vielleicht werden Sie mir bald folgen.

(Lachen des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

Herzlichen Dank für die schöne Zeit, die ich hier haben durfte,

(Zuruf von der SPD: Aber du gehst freiwillig!)