Protokoll der Sitzung vom 27.10.2009

(Sepp Daxenberger (GRÜNE): Dann sind die Landkreise zu schwach aufgestellt!)

Das kann man in München oder in Regensburg tun, aber man kann es nicht auf dem flachen Land tun.

Das Fazit: Wir lehnen den Antrag ab.

(Sepp Daxenberger (GRÜNE): Ihr müsst ihn erst einmal in die Ausschüsse überweisen, und dann könnt ihr ihn ablehnen!)

Mich erstaunt es, dass Sie eine zweijährige Probezeit wollen. Was passiert denn, wenn es in den einzelnen Kommunen heißt, wir können uns das nicht mehr leisten? Was passiert dann? Darauf habe ich keine Antwort.

Herr Kollege, ich habe zwei Zwischenbemerkungen. Als erster hat sich Herr Dr. Runge von den GRÜNEN gemeldet. Ich bitte Sie, am Rednerpult zu bleiben, bis beide Zwischenbemerkungen abgearbeitet sind.

Ich weiß gar nicht, ob Herr Kollege Kirschner mit seiner Rede schon fertig war.

Ich bin schon fertig.

Herr Kollege Kirschner, Sie haben gesagt, wir kämen um das Optionsmodell nicht herum. Ihnen ist doch hoffentlich bewusst, dass dieses Optionsmodell, wie es von der Staatsregierung in der Verbandsanhörung vorgeschlagen wurde, die Kammern viel schlechter stellt als der vorliegende Entwurf der drei Fraktionen. Zum einen würden die Kammern in große Unsicherheiten gestürzt. Zum anderen würde de Facto überhaupt nichts übrigbleiben. Ich darf aus einem Brief der Kammern an die Staatsregierung von Ende September zitieren. Sie schreiben:

Zum besseren Verständnis unserer Haltung verweisen wir darauf, dass die Kammern als EAP bei substitutiver Optionsmöglichkeit der Landkreise und kreisfreien Städte die komplette Infrastruktur vorhalten müssten, ohne überhaupt zu wissen, welche Regionen in Bayern ihnen noch Optionen der kommunalen Seite überlassen. Durch diese verdrängende Option besteht die Möglichkeit, dass die Kammern letztlich nur für unbedeutende Randbereiche zuständig bleiben und die Zuständigkeiten völlig unübersichtlich zwischen Kommunen, Landkreisen und kreisfreien Städten aufgeteilt werden.

Widerspricht dies nicht dem, was eigentlich in der Richtlinie mit dem Einheitlichen Ansprechpartner gewollt ist? Wie wollen Sie das geregelt haben? Die Kammern weigern sich partout, unter eine Fachaufsicht zu treten. Wie wollen Sie das bei der Umsetzung der Richtlinie regeln?

Herr Dr. Kirschner.

Ich kenne nun auch die Kammern. Ich hole jetzt etwas aus. Wir wollten eigentlich auch eine einheitliche Form mit den Kammern. Natürlich habe ich größtes Verständnis dafür, wenn größere Kommunen wie zum Beispiel kreisfreie Städte diese Aufgaben an sich ziehen wollen, weil sie die Kompetenz bündeln wollen. Dann müssten wir das aber auf die ganze Fläche ausdehnen. Was die Kammern betrifft, bin ich der festen Überzeugung, dass das Ganze von den Kammern nicht abgelehnt wird. Die Kammern wollen mit diesen Themen auf Probleme eingehen, die noch zu lösen sind. Das ist überhaupt keine Frage. Am Ende des Tages wollen die Kammern das ganz einfach deswegen haben, weil sie sonst ihre Wertstellung und ihr Know-how an die größeren Kommunen verlieren würden, wenn die größeren Kommunen diese Aufgaben an sich ziehen würden.

Die nächste Zwischenbemerkung: Herr Dr. Beyer.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kirschner, ich finde die Diskussion relativ spannend. Das mag man sich bei diesem Thema gar nicht vorstellen.

Zum Schluss haben Sie zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die Kammern ganz große eigene Interessen verfolgen. Wenn im Raum stand, dass das für die Kommunen gilt, gilt es mindestens genauso für die Kammern. Aus Ihren Äußerungen ist mir bewusst geworden, dass wir über verschiedene Themen reden. Ich behaupte jetzt einmal, dass sich Ihre Vorstellungen, die ich nachvollziehen kann, von dem entfernen, worum es eigentlich beim Artikel 6 der Richtlinie geht. Das, was Sie uns geschildert haben, stellt sich aus der Sicht eines Menschen aus einem anderen Land dar, der sich hier niederlassen oder Dienstleistungen erbringen will, und der sich um Ansiedlungsberatung, Infrastrukturberatung, Förderungsberatung usw. bemüht. Das ist alles wunderbar. Das könnten wir alles schon machen. Wenn wir nach Österreich schauen, die ABA gibt es bei uns eben nicht. Damit könnte man so etwas machen.

So gibt es sie eben nicht. Wir haben vieles, aber daran hat sich Herr Huber schon die Zähne ausgebissen.

Bei der Richtlinie geht es um etwas anderes. Es geht um die Verfahren und Modalitäten. Es geht um rechtliche Fragen, Herr Kirschner. Es geht um die Kehrseite dessen, dass, wie wir richtigerweise sagen, das Herkunftslandprinzip mit der Richtlinie nicht vollständig durchsetzbar war. Es muss also zur Anerkennung von Verwaltungsakten und ähnlichem kommen. Damit wird klar, dass wir eine Schnittstelle in dem Teil des Staates

brauchen, der diese Verfahren verantwortet, und dieser Teil heißt Verwaltung. Erst dann kommt die Wirtschaftsberatung und erst dann kommt die Selbstverwaltung der Kammern. Wer die Konzeption ernst nimmt, kommt meines Erachtens auch nach europarechtlichen Vorgaben nicht um die kommunale Lösung herum. Es geht bei der Richtlinie nicht um Ansiedlungsunterstützung, sondern es geht um eine Schnittstelle im Verwaltungsverfahren. Die gehört dort hin, wo das Verwaltungsverfahren beginnt, und das ist in der Regel die Kreisverwaltungsebene.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Kirschner bitte zur Antwort.

Herr Dr. Beyer, aus verwaltungsrechtlicher Sicht haben Sie Recht. Das eine schließt aber nicht das andere aus. Es gehört zusammen. Natürlich ist das vorgegebene Gesetz zu erfüllen. Was passiert aber in der Praxis? Das ist für mich entscheidend. Mir geht es nicht nur darum, dass irgendein Verwaltungsverfahren ordentlich abgewickelt wird. Mir geht es darum, dass auch die Chancen genutzt werden. Das fehlt mir aber bei vielen Kommunen und bei vielen Landkreisen. Das ist mein Problem. Darin unterscheiden wir uns.

Eines darf ich noch anführen, weil Sie die ABA und die österreichische Ansiedlungspolitik angesprochen haben. Es gibt bei uns Invest in Bavaria. Daran arbeiten wir schon, und wir werden noch besser.

(Beifall bei der FDP)

Vielen herzlichen Dank für die zahlreichen Beiträge zur Debatte. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deswegen ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf: Gesondert abgestimmt werden muss über die Listennummer 14:

Antrag der Abgeordneten Reinhold Strobl, Dr. Linus Förster, Inge Aures u. a. (SPD) Förderung weiterer Projekte der Euregio Egrensis im Rahmen der Förderpolitik der Europäischen Union ab 2014 (Drs. 16/1605)

Während der federführende Ausschuss für Bundesund Europaangelegenheiten die Ablehnung des An

trags empfiehlt, schlägt der mitberatende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie eine Neufassung vor. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 16/2361.

Die CSU-Fraktion hat beantragt, der Abstimmung das abweichende Votum des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zugrunde zu legen. Besteht damit Einverständnis? Das ist der Fall. Es erhebt sich kein Widerspruch. Wer der vorgeschlagenen Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Gegenprobe? - Enthaltungen? - Dann hat das Haus das einstimmig so beschlossen.

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste

(Siehe Anlage)

einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Vielen Dank. Gegenprobe? - Enthaltungen? - Dann ist auch dies so beschlossen. Der Landtag übernimmt einstimmig diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Antrag der Abgeordneten Ludwig Wörner, Franz Maget, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. (SPD) Voranbringen des behindertengerechten Ausbaus der S-Bahn im MVV-Gebiet (Drs. 16/1466)

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Wörner für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verspreche, es tut gar nicht weh, hat der Zahnarzt gesagt. Sie wissen, dass es zu diesem Antrag ein einheitliches Votum aus allen Ausschüssen gibt. Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Wir haben über alle Fraktionen hinweg beschlossen, dass wir eine Olympiade und Paralympics wollen. Im Jahr 2011 werden wir die Ski WM bekommen. Wenn wir uns dabei blamieren, befürchte ich, dass wir uns die Olympischen Spiele irgendwo hinschieben können.

(Zuruf von der CSU: Wohin?)

- Sie können sie dann vergessen oder in die Geschichtsbücher schreiben.

Herr Minister Zeil, Sie sollten diesen Antrag als Bitte, Unterstützung und Hilfe verstehen. Wir müssen mit der Bahn sehr energisch über das Paket des behindertengerechten Ausbaus verhandeln. Dafür ist Geld vorhanden. Über 117 Millionen Euro stehen dafür bereit. Die Bahn muss hier - ähnlich wie damals unter Oberbürgermeister Vogel - etwas mehr Gas geben. Damals wurden innerhalb kürzester Zeit U- und S-Bahnen aus der Erde gestampft. Das muss heute auch möglich sein. Zumindest muss die Strecke München - Garmisch so schnell wie möglich behindertengerecht ausgebaut werden.

Am Garmischer Bahnhof kommt man zum Beispiel mit einem Rollstuhl nicht hinaus. Ich nenne außerdem die Bahnhöfe Tutzing, Starnberg und Donnersberger Brücke in München. Kolleginnen und Kollegen, es ist schade, dass solche Events genutzt werden müssen, um ein Drohpotenzial aufzubauen, damit die Behinderten, die ein verbrieftes Recht auf Mobilität haben, auch zu diesem Recht kommen. Herr Minister Zeil, meine Bitte an Sie lautet, noch einmal mit der Bahn in Verbindung zu treten und zumindest den Ausbau dieser Strecke und dieser Bahnhöfe nachdrücklich zu fordern.

Ich kenne den Ausbauplan für die S-Bahn. Das wird schiefgehen. Im Jahr 2014 wird die Bahn etwa bei der Donnersberger Brücke sein. Wenn dazu eine Bauzeitverzögerung kommt, wird der Bau während der Olympischen Spiele noch nicht abgeschlossen sein. Dann können wir dieses Thema vergessen. Ich fände das schade. Deshalb bin ich froh, dass alle Fraktionen diesen Antrag mittragen. Meine Bitte lautet, bei der Bahn noch einmal energisch darauf zu drängen, dass dieses Programm so schnell wie möglich vorgezogen und abgearbeitet wird.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist für die CSU-Fraktion Herr Kollege Eberhard Rotter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wörner, Sie haben soeben klar gemacht, warum es Ihnen so wichtig ist, dass dieser einstimmig beschlossene Antrag noch einmal debattiert wird. Herr Staatsminister Zeil wird sicher dazu auch noch Stellung nehmen. Grundsätzlich möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es dem Freistaat Bayern ein großes Anliegen war, die S-Bahnstationen auszubauen. Das sollten Sie anerkennen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das tun wir doch!)

- Heute ist das anerkannt worden. In Ihrem ursprünglichen Antrag wurde es nicht anerkannt. Dort wurde behauptet, dass Bundesgelder liegen blieben und nicht verbaut würden. Ich habe dann in der Ausschussberatung darauf hingewiesen, dass die wenigen Bundesgelder durch die Knoten-Bahnhöfe, die noch nicht behindertengerecht ausgebaut sind, gebunden sind. In München-Pasing, dem viertgrößten bayerischen Bahnhof, läuft dieser Ausbau gerade. Der Bahnhof Augsburg ist im Übrigen auch nicht behindertengerecht ausgebaut.

Der Freistaat Bayern hat deshalb bereits im Jahr 2001 mit der DB AG dieses Programm beschlossen und eigene Mittel im dreistelligen Millionenbereich aufgewendet. Dieses Programm wird jetzt sukzessive umgesetzt. Der Freistaat drängt in diesem Arbeitskreis darauf, dass diese Umsetzung zügig geschieht. Ich konnte in den Ausschussberatungen darauf hinweisen, dass bereits weit mehr geschehen ist, als dies Ihr ursprünglicher Berichterstatter meinte. Wir sind schon wesentlich weiter, als das zunächst den Anschein hatte, wenn man nur Ihre Antragsbegründung gesehen hat.

Wir sind bereits weiter. Es ist sehr viel passiert. Wir werden diesen Antrag noch einmal mit großer Einmütigkeit beschließen. Wir wissen, dass die Staatsregierung alles tut, was notwendig ist. Herr Kollege Wörner, Sie haben die Paralympics erwähnt und uns auf die SkiWM und die Olympischen Spiele hingewiesen, die wir hoffentlich bekommen werden. Das wird mit Sicherheit ein zusätzlicher Anlass sein, dieses Ziel weiterhin und mit Nachdruck zu verfolgen.