Wir brauchen - mit dieser Forderung gehen wir deutlich über die anderen Anträge hinaus - einen Paradigmenwechsel bei der Einstellungspraxis. Wir benötigen nicht nur 600 Anwärterinnen und Anwärter pro Jahr, sondern wir benötigen stattdessen 800 bis 1.000 Anwärterinnen und Anwärter, damit kein Personalabbau entsteht. Wir brauchen - das ist der wichtigste Punkt - die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zu diesem Punkt haben wir konkrete Vorschläge. Wir brauchen Betreuungsangebote in Form von Betriebskindergärten mit flexiblen Öffnungszeiten, da die Öffnungszeiten eines normalen Kindergartens den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nichts nützen.
Sie haben keine geregelten Arbeitszeiten. Wir benötigen flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit von Telearbeitsplätzen. Warum soll eine junge Mutter, die wieder in den Polizeidienst zurückkehrt, ihren Bericht nicht zu Hause verfassen? Zu diesem Thema habe ich ebenfalls eine Anfrage gestellt. Mir wurde gesagt, dass die Telearbeit immer noch grundsätzlich abgelehnt werde. So werden wir nicht zu einem familienfreundlichen Polizeidienst kommen.
Wir benötigen mehr Teilzeitstellen. Wir benötigen JobSharing-Angebote für die Führungskräfte. Hierzu können wir noch kein einziges Modell vorweisen. Das sind alles zwingende Maßnahmen, damit der Polizeiberuf für Beamtinnen und Beamte, die eine Familie gründen
Danke schön, Frau Kollegin Tausendfreund. Ich erteile Herrn Kollegen Ländner für die Fraktion der CSU das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin für diesen Antrag sehr dankbar, weil es damit gelingt, hier im Parlament Sympathie zu bekunden und das Zeichen zu setzen: Jawohl, unsere Polizei ist wichtig; jawohl, wir brauchen unsere Polizei; jawohl, unsere Polizei hat einen harten Dienst. Liebe Kollegin Tausendfreund, ich würde doch ein großes Fragezeichen dahinter setzen, ob man diesen Dienst als Sklaverei bezeichnen kann. Unsere Polizisten sind Beamte des Freistaates Bayern. Sie leisten einen harten Dienst, und sie werden alimentiert.
Wir im Parlament - ich hoffe, parteiübergreifend - tun alles dafür, um die Arbeitsbedingungen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten so zu gestalten, dass sie ihren Dienst verrichten können. Dieses Bemühen drückt sich in verschiedenen Dingen aus, zum Beispiel in Dienstvorgaben, in denen es heißt, dass ein freies Wochenende im Monat gewährt werden soll. Das ist in den letzten Monaten nicht gelungen; das wird auch vom Ministerium eingeräumt. Das ist nicht etwa deshalb nicht gelungen, weil das Parlament dagegen gewesen wäre oder weil die Bürgerinnen und Bürger dagegen gewesen wären, sondern es ist deshalb nicht gelungen, weil nun einmal die Anforderungen an unsere Polizei da waren. Obwohl ich mich über diesen Antrag freue, werden wir deswegen diesen Antrag ablehnen.
dass nicht das Parlament den Einsatz unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bestimmt, sondern den Einsatz bestimmen die Anforderungen unserer Gesellschaft. Man wird nicht zu Fußball-Hooligans sagen können: Liebe Freunde, heute gibt es keine Randale beim Fußball, weil die Polizei ein freies Wochenende hat. Man kann leider auch nicht zu Menschen, die ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben wollen, sagen, heute wird nicht demonstriert, weil unsere Polizeibeamten ein freies Wochenende haben.
Wir brauchen mehr Personal bei der Polizei; das ist in den Aussagen der Vorredner auch schon deutlich geworden.
- Danke schön. Wir befinden uns mit dem Beschluss, dass es 500 mehr Polizeibeamte in diesem Jahr und 500 mehr Polizeibeamte im nächsten Jahr geben soll, auf einem sehr guten Weg. Wir werden auf diesem Weg fortfahren, und wir hoffen, dass wir in diesem Hause für Beschlüsse zugunsten unserer Polizei eine breite Zustimmung - das sage ich auch an die eigenen Reihen bekommen, eine breite Zustimmung zu all dem, was wir für die Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen als notwendig erachten.
Ich sage bewusst: Wir brauchen auch dann ein Ja zu unserer Polizei, wenn es einmal eng wird, wenn die Belastung im Einsatz sehr hoch wird und wenn Probleme auftauchen. Auch dann muss das Parlament hinter unserer Polizei stehen. Wir brauchen keine Schaufensteranträge, die heute ein freies Wochenende fordern und die morgen besagen, dass unsere Polizeibeamten nicht tauglich sind, um irgendwelche Herausforderungen zu bestehen.
Bei der in diesem Hause sehr polizeifreundlich geführten Diskussion, für die ich dankbar bin, bin ich sehr davon überzeugt, dass wir in großer Übereinstimmung die Verbesserungen für die Polizei erreichen werden, die wir beschlossen haben und noch beschließen werden. Ich freue mich, dass wir uns heute parteiübergreifend als Freunde der Polizei in diesem Hause outen. Dafür bedanke ich mich recht herzlich.
Herr Ländner, bitte bleiben Sie am Mikrofon. Es gibt zwei Zwischenbemerkungen. Die erste Zwischenbemerkung: Frau Kollegin Kamm.
Herr Kollege Ländner, Sie haben die Situation der Polizei und die vielen Anforderungen an sie bedauert. Ich bedauere zum Beispiel sehr, dass Sie den Ausführungen meiner Kollegin Susanna Tausendfreund nicht zugehört haben, die dargelegt hat, dass es eine Reihe von Möglichkeiten gäbe, um die Personalsituation der Polizei kurzfristig zu verbessern. Ich bitte Sie wirklich darum, nicht nur die Situation der Polizei zu bedauern, sondern auch einmal tatsächlich Vorschläge ernst zu nehmen.
Zweitens haben wir mit den Neueinstellungen Perspektiven für unsere Polizei aufgezeigt. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit auf einem guten Weg sind.
- Ich glaube nicht, dass Telearbeit den Einsatz in geschlossenen Verbänden gegen Fußball-Hooligans am Wochenende bzw. andere Aktionen ersetzen kann. Gegen Fußball-Hooligans ist Telearbeit nicht besonders erfolgreich.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Es geht darum, dass man mit ein bisschen Flexibilität etwas erreichen kann! - Christine Kamm (GRÜNE): Es gab eine ganze Reihe von Vorschlägen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf!)
- Der Antrag bezieht sich nicht auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; das ist eine beamtenpolitische Angelegenheit, die wir regeln können.
Der Antrag bezieht sich darauf, ein freies Wochenende für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zu erreichen. Das ist beabsichtigt, aber nicht immer realisierbar. Manchmal lässt die Lage das einfach nicht zu.
Sie geben uns im Prinzip recht, und das ist schön. Das ist das einzig Schöne. Wir müssen aber auch Schlüsse daraus ziehen. Die Anträge waren in keiner Weise Schaufensteranträge, weder der Antrag des Kollegen Hanisch noch der Antrag der GRÜNEN noch der Antrag von uns, sondern uns geht es wirklich darum, den Kollegen zu helfen. Die Arbeitszeitvorschriften der bayerischen Polizei, um das auch einmal klarzumachen, sehen auf alle Fälle dieses freie Wochenende vor. Die Arbeitszeitvorschrift lässt nur dann Ausnahmen zu, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedroht ist. Jetzt werden die Kollegen wegen jeder Kirchweih oder wegen sonst irgendetwas ausgeschickt. Wir wollen ein bisschen Sensibilisierung bei der Bereitschaftspolizei erreichen, damit sie überlegen, ob es wirklich dringend notwendig ist, am Wochenende wieder Einheiten durch ganz Bayern und sonst wohin zu schicken. Wir wollen dafür sorgen, dass ein bisschen Druck auch auf die Einsatzleitung und die Führung ausgeübt wird, damit die dafür sorgen, dass die Polizeibeamten und beamtinnen ein freies Wochenende haben. Nur darum geht es.
Herr Kollege Schneider, ich habe eingangs erwähnt, dass ich absolut dafür bin. Ich habe auch auf die Vorgaben des Innenministeriums hingewiesen. Jetzt geht es um die Realität beim Einsatz selbst. Wenn wir auf die Polizeiführung einwirken können, was wir im Innenausschuss auch versuchen, dann wollen wir das auch wirklich tun.
Wir können aber nicht per Landtagsbeschluss ein freies Wochenende anordnen; das funktioniert einfach nicht. Jeder, der mit polizeilicher Praxis zu tun hat, weiß, dass dies nicht geht. Sie können nicht anordnen: Heute ist freies Wochenende. Sie können nur - dafür bin ich dankbar, das habe ich auch zum Ausdruck gebracht die Solidarität mit unseren Frauen und Männern im grünen Rock, die am Wochenende ihre Frau bzw. ihren Mann stehen, zum Ausdruck bringen. Daneben können wir versuchen, das Innenministerium und die polizeiliche Einsatzleitung für das Problem zu sensibilisieren. Mehr geht nicht. Wir können sagen: Freunde, Lageeinschätzung, bitte ein freies Wochenende für unsere Leute.