Protokoll der Sitzung vom 11.11.2009

(Beifall bei der CSU)

Das neue Programm steht für Aufbruch. Dieses neue Programm steht dafür, den begonnenen Weg des Aufschwungs zu unterstützen. Dieses Programm steht für eine verantwortbare Finanzpolitik, und ich bin sicher, wenn wir diesen Weg gehen, wird unser Land sozial, aber auch stark bleiben. Denn nur ein starkes Land kann auf Dauer sozial sein.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Bevor ich das Wort der Kollegin Kamm zu einer Zwischenbemerkung erteile, möchte ich die sehr geehrten Zuschauer darauf hinweisen, dass auf der Tribüne nicht geklatscht wird. Das gilt im Übrigen auch für das Kabinett. Ich erinnere nur an alte Gepflogenheiten. Wir sind hier nicht im Kino.

Ich erteile jetzt Frau Kollegin Kamm zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

Sehr geehrter Herr Kreuzer, zu Ihren recht eigenwilligen Ausführungen über Schulden und Steuern und die Ausklammerung der Landesbank und auch zu Ihren eigenwilligen Ausführungen über Energie unter Ausklammerung des Atommülls möchte ich jetzt gar nichts sagen. Ich habe mich wegen Ihrer Ausführungen zu den Hartz-IV-Regelsätzen für Kinder und Jugendliche gemeldet. Sie haben behauptet, diese würden reichen, um den Bedarf zu decken. Wissen Sie nicht, dass die Hartz-IV-Regelsätze bei Kindern und Jugendlichen nicht nach dem Bedarf ermittelt worden sind, sondern nur einen bestimmten Prozentsatz des Erwachsenen-Regelsatzes umfassen? Sind Sie bereit, wenn Sie das jetzt wissen, sich für eine korrekte Bedarfsermittlung bei diesen Regelsätzen einzusetzen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Kamm, liebe schwäbische Kollegin, mir ist dies bekannt. Mein Anliegen ist es jedoch, in der Systematik darzustellen, dass Hartz IV die Leistungen für Kinder abdecken soll und Sie deshalb nicht infrage stellen sollten, dass wir das Kindergeld erhöhen. Sie haben immer wieder betont, dass das Kindergeld diesen einen Bevölkerungskreis nicht erreiche. Diesem Bevölkerungskreis müssen wir helfen. Hier ist immer wieder eine Überprüfung nötig. Wir müssen dies über Hartz IV und die Sätze regeln. Wir werden aber nicht von Kindergelderhöhungen Abstand nehmen, nur weil Hartz-IV-Empfänger davon nicht profitieren. Das wollte ich klarstellen.

(Beifall bei der CSU)

Ich erteile zu einer weiteren Zwischenbemerkung Herrn Kollegen Dr. Herz das Wort.

Herr Kollege Kreuzer, Ihr doch sehr unsachlicher Redebeitrag bedarf dringend einer Ergänzung.

(Widerspruch bei der CSU und der FDP)

Wegen der Zeit möchte ich mich auf zwei Themen beschränken. Sie haben zunächst die Kommunen ange

sprochen. Die neue Koalition plant Steuersenkungen im Umfang von 24 Milliarden Euro. Des Weiteren werden die Gemeinden immer mehr mit sozialen Aufgaben belastet. Gestern haben mir Bürgermeister erklärt, dass es nicht so weitergehen könne, dass der Staat Programme auflegt und diese auf die Kommunen abwälzt. Insofern sind wir doch der Anwalt der Kommunen.

(Alexander König (CSU): Beispiele! Nicht so allgemein herumreden!)

Zum zweiten Thema. Sie sprechen über die Landwirtschaft. Hier müssen Sie mich am wenigsten belehren. Ich kenne die Situation. Auch wenn Sie zum fünftausendstenmal wiederholen, dass Sie bei der Landwirtschaft stünden: In der Vergangenheit reichte es nicht aus, nur bei den Landwirten zu stehen. Sie haben uns vorgeworfen, wir würden in Brüssel und Berlin nichts bewegen. Leider sind wir dort noch nicht vertreten.

(Alexander König (CSU): Die Partei der Freien Wähler! So sieht es aus!)

Sie sind dort vertreten und haben es versäumt, Dinge zu bewegen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

So gut gemeint Ihr Programm mit 500 Millionen Euro speziell für Grünlandgebiete gemeint ist: Sie beseitigen damit nur die Symptome, aber nicht die Ursachen.

(Beifall bei den Freien Wählern - Albert Füracker (CSU): Sollen wir das Geld zurückgeben?)

Herr Kollege Dr. Herz, lieber Allgäuer Kollege! Sie kommen immer näher. Zuerst war es Augsburg, jetzt ist es das Allgäu.

Ich möchte zu Ihren Punkten zwei Anmerkungen machen. Natürlich wissen wir, dass die Kommunen belastet sind. Wir wissen auch, wer die Kommunen durch das Grundsicherungsgesetz belastet hat. Wir müssen die Finanzausstattung im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs regelmäßig überprüfen. Das Verfassungsgericht gibt für die Zukunft ein Verfahren zur Bedarfsermittlung vor. Diese Zahlen müssen wir dann im Finanzausgleich einsetzen.

Herr Kollege Dr. Herz, Sie sind im Kreistag Oberallgäu vertreten. Ich bin seit 1984 Stadtrat der Stadt Kempten. Ich kenne das Auf und Ab der Kommunalfinanzen. Ich weiß natürlich auch, wie sich die Kommunalfinanzen in einer Stadt mit den dort herrschenden sozialen Problemen im Vergleich zu früher entwickelt haben. Richtig ist, dass die Situation durch die wirtschaftliche Entwicklung und durch den Gewerbesteuerrückgang schwieriger wird. Das liegt aber nicht an den Maßnahmen, die

Sie angesprochen haben, sondern am wirtschaftlichen Einbruch der Betriebe und deren geringerer Steuerkraft.

Für die Kommunen wie auch für den Staat werden die nächsten Jahre aufgrund dieser wirtschaftlichen Entwicklung nicht einfach werden. Es wäre auch nicht nachzuvollziehen, dass eine Absenkung der gesamtwirtschaftlichen Leistung um 5 % an einem Teil des Staates, den Kommunen, völlig spurlos vorüberginge und dort eine blendende Finanzausstattung vorhanden wäre.

Zur Landwirtschaft. Die CSU ist die einzige Partei, die sich in Berlin für die Belange der Landwirtschaft eingesetzt hat. Meine Damen und Herren, ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Freien Wähler hier zum ersten Mal über den Milchmarkt gesprochen haben. Zunächst haben Herr Kollege Aiwanger, dann Frau Kollegin Müller und schließlich Sie, Herr Dr. Herz, gesprochen. Jeder hat etwas anderes gesagt. Es gab drei verschiedene Modelle. Herr Dr. Herz, Sie sind für die flexible Mengensteuerung eingetreten, obwohl Sie ganz genau wissen, dass Sie diese in Brüssel nie durchsetzen können und in Deutschland dafür keine Mehrheit vorhanden ist.

(Hubert Aiwanger (FW): Ist es das Vorrecht der CSU, jeden Tag etwas anderes zu sagen?)

Meine Damen und Herren, wer den Bauern heute so etwas erzählt, verbaut ihnen die Zukunftschancen. Die Bauern haben dann keine Chance, sich auf die kommende Situation einzustellen. Wir versuchen dagegen, die Rahmenbedingungen bestmöglich zu gestalten, um den Bauern dadurch zu helfen. Das haben wir auch mit diesem Koalitionsvertrag getan. Wer von einer flexiblen Mengensteuerung spricht, obwohl er weiß, dass diese nie kommen wird, lügt die Bauern an.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hacker.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! "Mit Mut zur Zukunft - ein Neuanfang für Deutschland", das wäre die Überschrift gewesen, die der Koalitionsvertrag aus Sicht der FDP verdient hätte. "Wachstum, Bildung, Zusammenhalt", dieser Titel klingt zwar etwas nüchterner, aber wir Liberale können gut damit leben, weil der Inhalt stimmt. Herr Ministerpräsident Horst Seehofer hat recht und ich danke ihm ausdrücklich dafür, dass er auf die Chancen verweist, die in diesem Vertrag stecken. Er hat diese Chancen in den Vordergrund gestellt. Dieser Vertrag ist auf vielen Feldern der

Auftakt für einen Neuanfang in Deutschland. Dieses Land benötigt dringend einen Neuanfang. Der Vertrag ist gut für Deutschland und trägt eine klare liberale Handschrift.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Kernforderungen, die wir vor der Wahl erhoben haben, finden sich in diesem Vertrag wieder: weniger Steuern, bessere Bildung und mehr Bürgerrechte. Herr Kollege Rinderspacher, die Qualität der Regierungsarbeit wird der Oppositionsführer in der Regel nicht richtig einzuschätzen wissen. Ich habe in diesem einen Jahr im Landtag bemerkt, dass zwischen der Regierungsarbeit und der Einschätzung der Opposition eine gewisse systemimmanente Diskrepanz steckt.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen werden Sie Verständnis dafür haben, dass auch in einer Koalitionsregierung im Wahlkampf die eigenen Positionen sehr akzentuiert und pointiert dargestellt werden. Ich erinnere mich daran, dass es die SPD mit ihrem Koalitionspartner CSU im vergangenen Bundestagswahlkampf ähnlich handhabte. Ich weiß, dass Sie und Ihre Kollegen in Berlin gerne über den Wahltag hinaus eine gemeinsame Regierung in Berlin fortgesetzt hätten.

Das Urteil über die Regierungsarbeit fällen die Wählerinnen und Wähler am Wahltag. Deshalb bin ich im Hinblick auf den vergangenen September ganz zufrieden, wie die Wählerinnen und Wähler in Bayern die Arbeit unserer Regierung und unserer Regierungsmitglieder eingeschätzt haben.

(Beifall bei der FDP)

Das klare Votum der Wählerinnen und Wähler für eine Koalition mit den Farben Schwarz und Gelb - das viele so nicht vorhergesagt hätten - war ein klares Votum für eine nach vorne gerichtete Wirtschafts- und Finanzpolitik, die in Zeiten der Krise einen deutlichen Wachstumskurs eingeschlagen hat. Damit werden Investitionen in Arbeitsplätze auf sichere Füße gestellt.

Der Koalitionsvertrag sieht ein weiteres, ein sinnvolles Konjunkturpaket vor. Den Bürgerinnen und Bürgern bleibt mehr netto. Sie werden durch verstärkten Konsum ihren Beitrag zum Aufschwung leisten. Die Unternehmen werden entlastet und von Bürokratie befreit. Das schafft Luft zum Atmen und Luft für neue Investitionen. Mit diesem Koalitionsvertrag bekommen wir die Chance, dass wir die Krise bald hinter uns lassen können.

(Beifall bei der FDP)

Zum Lamento über den Wahlausgang, das einige angestimmt haben, möchte ich nur kurz an die Alternativen erinnern. Die Alternativen wären nur ein weiter so mit einer großen Koalition des Stillstands, die in den letzten Monaten wenig Bewegung gebracht hat, oder ein politisches Abenteuer mit einem Parteienbündnis links der Mitte gewesen. Gerade letzteres wäre für Deutschland verheerend gewesen. Bei SPD und GRÜNEN findet sich in den Programmen eine Vielzahl von Vorhaben, die die Wirtschaft belasten und den sich abzeichnenden Konjunkturaufschwung behindern würden. Die Liste ist lang. Herr Rinderspacher hat sie uns dankenswerterweise vor wenigen Minuten dargestellt. Sie reicht von der Einführung flächendeckender Mindestlöhne, die für viele gering Qualifizierte, den sicheren Weg in die Arbeitslosigkeit bedeutet hätte,

(Widerspruch bei der SPD)

bis hin zu Steuererhöhungen mit Belastungen selbst für mittlere Einkommen. Ich erinnere außerdem an Ideen wie die Tobin-Steuer, an die Wiederbelebung der Vermögensteuer und an die Einführung einer Börsen-Umsatz-Steuer. Alles das hätte Wachstum verhindert.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Alles das hätte Wachstum verhindert und damit den Standort Deutschland und den Standort Bayern geschwächt. Dass es nicht so kam, ist ein großes Glück für die Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Die neue schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin geht den Weg, den wir in Bayern schon vor einem Jahr eingeschlagen haben: Den Weg der Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft. Mehr Freiheit für Bürger und Unternehmen aktiviert die Wachstumskräfte, die Deutschland wieder auf die Beine helfen. Das ist das Hauptanliegen der Menschen in unserem Land. Deshalb haben sie bei der Bundestagswahl auch mit der FDP die Partei gestärkt, die weiß, dass nicht der Staat Arbeitsplätze schafft. Die Unternehmen, vor allem der Mittelstand, sorgen für das, was wir jetzt brauchen: Mehr Investitionen, mehr Innovation, mehr Wachstum und mehr Beschäftigung.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)