Schauen Sie doch einmal genauer hin. Selbst diejenigen, von denen Sie meinen, dass sie möglicherweise doch noch mitbeschließen, tun dies nur mit geballter Faust aber nicht, weil die Argumente von CSU und FDP in Bayern so hervorragend wären. Sie sagen vielleicht, wir machen diesen Blödsinn mit, damit Ruhe im eigenen Laden ist. Das aber ist keine steuerpolitische Konzeption, die hier zu verteidigen wäre, sondern es ist blanker Unsinn.
Herr Huber, Sie möchte ich fragen, ob Sie der Meinung sind, dass Bayern vor 30 Jahren von der CSU schlecht regiert wurde. Damals hat Bayern vom Finanzausgleich profitiert.
Wenn nun schon einmal ein ehemaliger Finanzminister den Finanzausgleich thematisiert, dem das Thema Landesbank nicht unbekannt ist, so sollte man nicht vergessen, dass der Freistaat Bayern durch den Ankauf der maroden Hypo Alpe Adria den größten Finanzausgleich an Kärnten geleistet hat.
Unser Anliegen ist es, dazu beizutragen, den finanzpolitischen Realitätsverlust allmählich wieder zu korrigieren. Schauen Sie sich doch einmal die Fundamentaldaten des bayerischen Staatshaushaltes an. Das selbstverschuldete Landesbankdesaster mit den zehn Milliarden Kreditaufnahme, um der maroden Bank das Überleben zu sichern, steht für sich selbst.
Sie wissen doch, Herr Huber, wie groß das strukturelle Defizit im bayerischen Staatshaushalt ist. Es reicht bereits jetzt - erkennbar ausgewiesen im laufenden Doppelhaushalt 2009/2010 - an die zwei Milliarden Euro heran.
Wenn Sie nun noch die Entwicklung der Steuereinnahmen hinzunehmen, haben Sie ein Problembündel, auf das Sie aktuell reagieren müssen. Aber was ist die Reaktion von CSU und FDP auf diese Problematik? Wir lösen sie nicht, sondern wir vergrößern die Probleme, indem wir weiter Steuersenkungen auf Pump vornehmen.
Meine Damen und Herren, lesen Sie doch einmal die Expertisen der Finanzwissenschaftler zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Alle Fachleute sagen Ihnen, dass diese Steuersenkungen auf Pump kein Wachstum der Wirtschaft generieren und auch gar nicht generieren können. Das einzige Wachstum, das sich mit diesem Gesetz beschleunigt, ist das Wachstum der Haushaltslöcher in den öffentlichen Kassen des Bundes, des Landes und vor allen Dingen der Kommunen.
Graf von Lerchenfeld, ein besonderes Beispiel, das zeigt, wie Sie es machen wollen, ist die Senkung der Mehrwertsteuer für das Hotelgewerbe. Anstatt ein vernünftiges Gesamtkonzept vorzulegen - der Rahmen dafür ist geöffnet worden und das ist auch sinnvoll -, betreiben Sie Klientelpolitik für eine ganz bestimmte Sparte. Das ist ungerecht gegenüber vielen anderen Dienstleistern.
und bewegt sich am Rande der Verfassungswidrigkeit, weil Sie keinem in den anderen Dienstleistungsbranchen erklären können, warum die Hotelbranche bevorzugt wird und andere nichts bekommen.
Das Urteil der Fachleute speziell zu diesem Aspekt ist noch vernichtender als das Urteil zum allgemeinen Gesamtpaket. Von der Mehrwertsteuersenkung für das Hotelgewerbe geht keine Konjunkturwirkung aus. Sie macht das Steuerrecht komplizierter und plündert letztendlich die öffentlichen Kassen. Herzlichen Glückwunsch zu dieser politischen Glanzleistung!
So sieht es also in Wirklichkeit mit der steuerpolitischen Kompetenz aus: Der Laie wundert sich und der Fachmann wendet sich mit Grausen. Das können Sie an vielen, vielen Stellen nachlesen. Es ist durchaus eine gewisse Form der Verdrängungspolitik, dass Sie diese Sachverhalte nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Verschärft - das ist der entscheidende Punkt, auf den man aufmerksam machen muss - wird diese jetzt aktuelle Diskussion durch die Vorhaben, die auch noch im schwarz-gelben Koalitionsvertrag stehen. Es ist das ja nicht das Einzige, was Sie vorhaben, sondern Sie wollen trotz der finanziellen Situation des Freistaates, die ich eben geschildert habe und die schwierig genug ist, die Einnahmen ab 2011 durch eine Steuersenkung auf Pump noch einmal reduzieren. Das ergibt geschätzte Einnahmeverluste in Höhe von drei Milliarden Euro für den Freistaat und in Höhe von einer weiteren Milliarde für die Kommunen. Wenn Sie sich durchsetzen, werden die Kommunen diese Milliarde nicht mehr zur Verfügung haben. Es ist ein Skandal, dass Sie nicht nur eine Stufe vorschlagen, sondern ein Blickfeld auf das öffnen, was steuerpolitisch kommen soll. Da gebietet es, die Konsequenzen klar und deutlich zu nennen. En passant: Die Erbschaftssteuer im Koalitionsvertrag infrage zu stellen, ist ebenfalls eine finanzpolitische "Leistung" Ihrerseits, die uns noch große Probleme im Freistaat Bayern bringen wird.
Last but not least: Die zentrale Einlagegrundlage der Kommunen, die Gewerbesteuer, in der Form, wie es im Koalitionsvertrag passiert ist, infrage zu stellen, bedeutet eine kommunalfeindliche Politik. Das wissen Sie genau. Ich bedauere sehr, dass Sie nach den vielen Diskussionen der Vorjahre, wo es auch Unterstützung vonseiten der CDU und der CSU gab, dieses Feld jetzt wieder aufmachen, das eine Gefahr für die Finanzierung der Kommunen darstellt.
Außerdem muss man schon einmal zur Kenntnis nehmen, was Sie da machen. Es ist eine besondere Form der finanzpolitischen Schizophrenie, die Sie da betreiben. Es grenzt sozusagen an eine finanzpolitische Persönlichkeitsspaltung.
Sie praktizieren im Bund das glatte Gegenteil dessen, was Schwarz-Gelb in Bayern beabsichtigt. Die Steuerausfälle des Bundes sollen durch das steuerpolitische Sofortprogramm und die späteren Einkommenssenkungen, die noch kommen, sollen durch eine Rekordneuverschuldung finanziert werden. In Bayern, einer ganz anderen Welt, soll durch Kürzungen und die Nutzung aller haushaltstechnischen Möglichkeiten die Fassade eines ausgeglichenen Haushalts aufrechterhalten werden. In Bayern die schwarze Null fast um jeden Preis und in Berlin Rekordschulden, koste es, was es wolle: Das ist wirklich ein gespaltenes haushaltspolitisches Denken und Handeln.
Sie sind letztlich sowohl in der Steuerpolitik wie in der Haushaltspolitik Sklaven Ihrer eigenen Ideologie geworden und Sie tun sich einfach schwer, von Fehlern und Fehleinschätzungen in diesen zwei Bereichen Abstand zu nehmen. Der Preis, den wir in Bayern für Ihre Steuer- und Finanzpolitik zu zahlen haben, ist hoch:
Der erste Preis, den wir zu zahlen haben, ist der Verlust der haushaltspolitischen Ehrlichkeit. Letztendlich schafft es der Freistaat Bayern nur durch Tricksen, Tarnen, Täuschen, einen ausgeglichenen Haushalt in den nächsten Jahren darzustellen.
Erstes Opfer ist also die Ehrlichkeit. Das zweite Opfer Ihrer Finanz-, Steuer- und Haushaltspolitik sind die Kommunen. Statt den Kommunen in einer schwierigen Situation einen Rettungsring zuzuwerfen, werfen Sie den Kommunen Bleiwesten zu. Den Kommunen steht das Wasser ohnehin bis zum Hals und Sie drücken sie noch weiter runter. Die 488 Millionen Euro, die im nächsten Jahr durch Ihre Steuerpolitik an Steuerausfällen vom Bund her auf uns zukommen und die Land und Kommunen zusammen tragen müssen, diese fast 500 Millionen Euro hätten wir in ein kommunalpolitisches Sofortprogramm zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen investiert. Das wäre dringend notwendig gewesen.
Graf von Lerchenfeld hat von einer dramatischen konjunkturellen Situation gesprochen. Wir sehen nicht, Graf von Lerchenfeld, wie Sie in ihrer Politik im Freistaat Bayern diese ernsthafte, nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts berücksichtigen. Das glatte Gegenteil einer Berücksichtigung ist der Fall: Jetzt, wo Konjunkturimpulse notwendig wären, halten
Sie eisern verbohrt an Ihrem Kurs des ausgeglichenen Haushalts fest, obwohl der Finanzminister weiß, dass er in diesem Punkt falsch liegt. Und obwohl er dies weiß, wird er vom Ministerpräsidenten und der Mehrheit der CSU genötigt, diesen Kurs weiterhin zu verfolgen, und die FDP trägt dazu bei. Das verschärft die Krise in Bayern, und es löst die Krise nicht.
Last but not least: Wir verlieren dadurch in Bayern auch politische Gestaltungskraft, die notwendig wäre, und wir kommen - das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten und auch im nächsten Jahr sehen -, obwohl Sie es permanent von sich weisen, wieder zu einer Rückkehr der Kürzungspolitik Stoiberscher Art durch eine Hintertür, die Bayern genauso stark beeinflusst.
Um ein Wort von Carl Friedrich von Weizsäcker aufzugreifen, der gesagt hat "Verstand dient der Wahrnehmung der eigenen Interessen, Vernunft ist die Wahrnehmung des Gesamtinteresses": Ihre Finanzpolitik hat aus unserer Sicht weder Verstand noch Vernunft. Weder die eigenen Interessen, die bayerischen Interessen werden gewahrt noch das Gesamtinteresse unserer Bundesrepublik Deutschland. Wenn Sie die bayerischen Interessen glaubhaft vertreten wollen, dann müssen Sie Ihrem eigenen Vorschlag im Bundesrat ablehnend gegenüberstehen.
Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Natürlich wird es auch Auswirkungen auf die Kommunen geben. Die Kommunen partizipieren an den Steuereinnahmen in guten wie in schlechten Zeiten.
Ebenso wie sie bei den enormen Steuerzuwächsen der letzten Jahre bei den Gemeindesteuern und ihren Steuerbeteiligungen Zuwächse vereinnahmen konnten, müssen sie auch Rückgänge mittragen. Das liegt in der Natur der Sache, und das wissen Sie ganz genau.
Dies gilt sowohl für den Konjunktureinbruch und die darauf beruhenden Steuerrückgänge, die die Kommunen natürlich merken, als auch für die zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise entstehenden Steuerausfälle.
Natürlich wird auch der Standort Bayern durch die Steuererleichterungen des Bundes gewinnen. Länder und Kommunen sind hier in einer gemeinsamen Situation. Sie müssen diese Krise gemeinsam bewältigen. Von einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren die Kommunen in besonderer Weise, ebenso wie in den anderen Bereichen. Es werden ja Maßnahmen ergriffen, die sich auch in den Kommunen bemerkbar machen.
Wir wollen etwas tun für die Familienpolitik. Es wird mehr Kindergeld geben. Damit wird der finanzielle Bewegungsspielraum für die Familien größer. Es wird größere Freibeträge geben. Auch davon profitieren unsere Familien. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir ein Stück weit denen Geld geben, die die Leistungsträger sind.
Das Gesetz heißt "Wachstumsbeschleunigungsgesetz". Wir stehen hinter diesem Gesetz, weil es in der jetzt schwierigen konjunkturellen Situation die einzige Möglichkeit ist, nach vorne zu kommen und durch Investitionen eine Stärkung der Wirtschaft zu erreichen.