Protokoll der Sitzung vom 15.12.2009

Die erste Wortmeldung kommt von Kollegen Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es wird Zeit, dass dieses Gesetz korrigiert wird. Wir befürworten die Entfristung des Gesetzes. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns jedoch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens über die Einkommensgrenzen unterhalten. Bei einem Alleinverdiener schrammen sie knapp an der Mindestlohngrenze von 7,50 Euro entlang. Wenn ein Alleinverdiener mehr als 7,50 Euro die Stunde verdient und 13 Monatsgehälter bezieht, steht ihm keine Sozialwohnung zu. Kolleginnen und Kollegen, das sind 18.000 Euro für ein Leben in München. Im ländlichen Raum ist das Problem im Vergleich zu München nicht so groß. Ich sage, das Einkommen ist zu wenig. Es ist selbst dann zu wenig, wenn ein Ehepaar ein Einkommen von 24.000 oder 26.000 Euro bezieht. Nein, da müssen wir deutlich zulegen, selbst wenn dies mehr Anspruchsberechtigte hervorruft. Der Zuwachs an Anspruchsberechtigten sollte uns dazu veranlassen, endlich wieder sozialen Wohnungsbau zu betreiben. Die Insider unter uns wissen alle, dass der soziale Woh

nungsbau ausläuft. Zwar können die jetzigen Mieter die Sozialwohnungen weiter bewohnen, jedoch verringern sich die Belegungsrechte Stück für Stück, da keine weiteren sozialen Wohnungsbestände gebaut werden. Über den Zuwachs an Anspruchsberechtigten kann der nötige Druck aufgebaut werden, um den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.

Lassen Sie mich ein letztes Argument benennen, warum wir eine höhere Einkommensgrenze fordern. Wir wollen nicht, dass nur die untersten Einkommensschichten die Wohnungen im sozialen Wohnungsbau erhalten, da ansonsten ganze Stadtteile verslumen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann von 18.000 oder 24.000 Euro im Jahr nicht leben. Stattdessen benötigen wir die Einkommensbezieher, die in der klassischen Arbeitnehmerschaft zu Hause sind. Dies würde dazu führen, dass Wohnquartiere wieder stabil werden und nicht zu Slums verkommen. Entschuldigung, wenn ich Ihnen das so deutlich sage. Dies ist jedoch in der Realität der Fall. Aus diesem Grund fordern wir eine Erhöhung der Einkommensgrenzen. In den Beratungen werden wir gerne weitere Argumente austauschen.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Rotter.

Herr Präsident, gestatten Sie mir die Freude, zu Ihrer Abschlusssitzung einen kleinen Redebeitrag zu liefern. Außerdem bedanke ich mich für Ihre faire Sitzungstätigkeit.

Nun komme ich zur Sache. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wohnungsbau befindet sich seit über zehn Jahren auf Talfahrt. Seit drei Jahren bleibt die Wohnungsbautätigkeit sogar hinter dem Ersatzbedarf infolge von Abriss und Wohnungszusammenlegungen sowie Zweckentfremdung zurück. In den Ballungszentren und insbesondere in Hochschulstädten steht der Markt für Mietwohnraum unter Druck. Nicht nur sozial besonders schwache Haushalte benötigen eine Sozialmietwohnung, sondern - dem Kollegen Wörner ist natürlich insoweit zuzustimmen - auch viele Durchschnittsverdiener haben Probleme, auf dem freien Markt eine Mietwohnung zu finden, die sie sich leisten können. Andererseits sind die Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen so gering, dass diesem Personenkreis die Berechtigung auf eine Sozialwohnung fehlt.

Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Einkommensgrenzen, die seit acht Jahren unverändert sind, maßvoll angehoben werden. Einzelheiten hat Staatssekretär Eck bereits ausgeführt; ich brauche da nichts zu wiederholen. Insbesondere hat er darauf hin

gewiesen, dass die Abweichungsmöglichkeit des Artikels 4 Absatz 2 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes beibehalten werden soll. Das heißt, in Gegenden mit erhöhtem Wohnungsbedarf können die Einkommensgrenzen weiter erhöht werden. Ich glaube, das ist die richtige Lösung für dieses Problem.

Im Übrigen kann das natürlich im federführenden Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit näher ausgeführt werden. Dort wird mit Sicherheit darüber debattiert werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Jung.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freien Wähler unterstützen den Gesetzentwurf der Staatsregierung und werden ihm zustimmen. Wir sind zwar der Meinung, dass man da noch ein bisschen mehr hätte machen können. Wir erkennen aber an, dass es auf jeden Fall ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung ist.

Noch mehr über die Notwendigkeit und den Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit zu philosophieren, hieße Eulen nach Athen tragen. Deswegen verzichte ich an dieser Stelle darauf.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetzentwurf werden die Einkommensgrenzen für die Berechtigung zum Bezug einer Sozialwohnung des ersten Förderwegs - dies gilt also nur für die Sozialwohnungen im ersten Förderweg - deutlich angehoben. 19 % sind sicherlich eine deutliche Anhebung gegenüber dem bisherigen Bewerberkreis. Damit wird die Gruppe der Berechtigten erheblich erweitert und der Tatsache Rechnung getragen, dass die schon lange unterbliebene Anpassung der Grenzen dazu geführt hat, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten immer kleiner geworden ist. Herr Kollege Wörner hat das ausgeführt. Im Prinzip ist der Kreis der Bezugsberechtigten auf diejenigen, die in dem Bereich von 7,50 Euro pro Stunde verdienen, zusammengeschrumpft. Nun wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich insbesondere in Ballungsräumen Leute, die etwas mehr als den Mindestlohn verdienen, nicht in ausreichendem Umfang mit Wohnraum versorgen können.

Damit sich die in besonderem Maße auf die Stützung des Staates angewiesene Gruppe der Geringstverdie

ner gerade in Ballungsräumen trotz der erwähnten Anhebung noch mit Wohnraum versorgen kann, sieht der Gesetzentwurf in einem zweiten Passus eine Abweichung von der Wohnungsbewirtschaftung dergestalt vor, dass beispielsweise in Ballungsräumen Bewerbern Wohnraum zugewiesen werden kann.

Wir würden uns aber in Gebieten mit erhöhtem Wohnraumbedarf eine deutliche und weitere Öffnung kommunaler Handlungsmöglichkeiten wünschen, beispielsweise bei der eigenen Definition der Einkommensgrenzen oder auch bei der Definition von Erhaltungssatzungen und der Möglichkeit, in diesen Gebieten der spekulativen Umwandlung von Wohnraum in Eigentumswohnungen entgegenzuwirken, beispielsweise auch dadurch, dass darüber nachgedacht wird, wie in Zukunft die Förderung von Sozialwohnraum fortgeführt werden soll.

Wir haben die Situation, dass sich der Sozialwohnraum erheblich im Schwinden befindet. In der Region München hatten wir 1993 noch 96.000 Sozialwohnungen. Jetzt haben wir nur noch 47.000. Wir müssen davon ausgehen, dass in den nächsten zehn Jahren weitere 10.000 Sozialwohnungen schwinden.

Zudem haben wir das Problem der Landesbankwohnungen, von denen wir immer noch nicht genau wissen, ob sie gesichert werden, ob verhindert wird, dass es dazu kommt, dass sie an spekulative Investorengemeinschaften veräußert werden.

Wenn wir das nicht in den Griff kriegen, können wir mit dem Gesetzentwurf die Probleme nicht lösen. Um die Probleme wirklich zu lösen, brauchen wir daher andere Rahmenbedingungen bei der Wohnraumförderung und bei dem Erhalt preisgünstigen Wohnraums. Nur dann können wir diejenigen, die wenig verdienen, und diejenigen, die etwas mehr verdienen, tatsächlich angemessen mit Wohnraum versorgen. Lediglich zu versuchen, den Kreis der Berechtigten auszuweiten, während gleichzeitig der Wohnraumbedarf schwindet, genügt nicht.

In diesem Sinne hoffen wir auf eine entsprechende Ausweitung auch der Wohnraumförderung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Meyer.

(Widerspruch des Abgeordneten Jörg Rohde (FDP))

- Entschuldigung, das steht bei mir so auf der Rednerliste. Herr Kollege Rohde, haben Sie sich zu Wort gemeldet? - Bei mir bis jetzt noch nicht.

(Abgeordneter Jörg Rohde (FDP) hebt die Hand)

Also, Herr Rohde, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Gesetz kam es nach der ersten Föderalismusreform. Es wird schon deutlich, dass es infolge des Einkommensgefälles in der BRD sinnvoll ist, regionale Anpassungen zu machen. Jetzt soll eine moderate Anpassung um 19 % vorgenommen werden. Sie erweitert den Kreis der Berechtigten.

Seit 1980 hat man die Einkommensgrenzen um ganze tausend Euro erhöht. Dadurch sind immer mehr Leute aus dem Bezugsrecht für Sozialwohnungen herausgefallen. Parallel dazu ist die Anzahl der Sozialwohnungen durch das Ende der Bindungsfrist gesunken. Jetzt haben wir zwar immer noch sehr viele Berechtigte, aber wir wollen diesen Kreis trotzdem erweitern, auch bei sinkendem Wohnraumangebot.

Die Debatte, die Sie gerade angestoßen haben, Frau Kamm, passt eigentlich nicht zu diesem Gesetzentwurf; denn es geht ja nur um Vollzug und Weiterführung der Gesetze zur Wohnraumbindung und Wohnraumförderung. Man müsste also eine andere Debatte führen.

Ich habe mich gewundert, warum wir diesen Entwurf heute diskutieren, obwohl Mieter und Vermieter zu diesem Punkt die Regelung gleichermaßen begrüßen, die wir vornehmen wollen. Aber das ist nun einmal so.

An einer anderen Stelle müsste man die Bedingungen für den sozialen Wohnungsbau diskutieren.

Ziel dieses Gesetzentwurfs ist, besonders Ein- und Zweipersonenhaushalte stärker zu berücksichtigen. Wir von der FDP finden das gut. Das ist eine Berücksichtigung der Realität, die immer weiter fortgeschritten ist.

Wir haben jetzt die Möglichkeit, über dieses Gesetz, dessen Abweichungsregel wir verlängern wollen, zu bewirken, dass die Kommunen die Einkommensgrenzen selber lokal anpassen. Das wird in München gemacht, auch in Rosenheim und Starnberg. Das sind die einzigen Orte in Bayern, wo es das schon jetzt gibt.

Aber, Herr Wörner, in München hat man beschlossen, die Anhebung um 30 % zu machen. In Rosenheim und Starnberg hat man die Möglichkeiten voll ausgeschöpft, das heißt, es wurde um 60 % angehoben. Da müssten Sie doch ein flammendes Plädoyer im Stadtrat von München halten, wenn es um die Anhebung der Einkommensgrenzen geht. Herr Kollege, hier ist der falsche Ort dafür. Die Regelungen, die Sie fordern, sind möglich. Den Kommunen wird es ermöglicht, in ihrem

Rahmen die Gesetzeslage selbständig für sich an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.

Insofern denke ich, dass wir hier auf einem guten Weg sind. An der Freigrenze wird meines Wissens nicht gedreht. Wir haben also ein Gesetz vor uns, das eine Anpassung an die Gegebenheiten bringt. Im Süden Deutschlands haben wir etwas mehr Einkommen. Das muss Auswirkungen auf die Grenzen haben.

(Wortmeldung des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

- Ich lasse gerne eine Zwischenfrage zu.

Herr Kollege, ich mache sie darauf aufmerksam, dass München sehr wohl einen Sonderweg geht, der über die 30 % hinausgeht. Das ist das sogenannte München-Modell. Wir müssen von Ihnen da nichts lernen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie müssen eine Frage stellen!)

Wenn Sie die Sozialmietgesetzgebung so gemacht hätten, wie wir sie wollen, hätten wir alle diese Probleme nicht. Stimmen Sie mir da zu?

Nein, natürlich nicht, Herr Wörner; denn wenn in München noch Spielraum vorhanden ist, sage ich den Münchnern: Dann nützt den Spielraum aus. Das ist die Möglichkeit, die das Gesetz gibt. Es besteht die Möglichkeit, durch die Erhöhung der Einkommensgrenzen mehr Bürgern, also den Beziehern niedriger Einkommen, den Bezug einer Sozialwohnung zu ermöglichen. Die Debatte, wer für neuen Wohnungsbau zuständig ist, müssen wir an anderer Stelle bei anderen Gesetzen führen. Ansonsten meine ich, dass wir in den Beratungen zügig vorankommen, weil wir die Verbandsanhörung schon durchgeführt haben und keinerlei Klagen gekommen sind. Dabei möchte ich es für heute belassen und freue mich auf den parlamentarischen Weg.

Herr Kollege, bleiben Sie noch einen Augenblick stehen; wir haben eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kamm.

Herr Kollege, es gibt Unterschiede. Das eine ist das München-Modell, das andere sind die Einkommensgrenzen bei der einkommensorientierten Förderung im sozialen Wohnungsbau. Dieses Gesetz bezieht sich nur auf die Wohnungen, die im ersten Förderweg gefördert worden sind. Insofern gilt das, was Sie jetzt zur unterschiedlichen Höhe der Einkommensgrenzen, die regional defi

niert werden können, gesagt haben, nicht, auf jeden Fall nicht für dieses Gesetz.

Frau Kollegin, dann bin ich auf Ihre Änderungsanträge zu diesem konkreten Gesetzentwurf angesichts der Gesetze gespannt, die vorliegen und zum 30. April auslaufen. Wir haben akuten Handlungsbedarf. Wir wissen auch, dass wir über den Winter nicht plötzlich neue Sozialwohnungen haben werden. Es handelt sich um einen angemessenen Gesetzentwurf, den die FDP-Fraktion unterstützt.