Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Den Luxus der freien Wahl einer Schule kann man auf dem Land nicht so einfach organisieren, auch das habe ich versucht, Ihnen nahezubringen. Das wäre wünschenswert, aber wenn wir das machen wollten, wäre es mit Kosten verbunden, die derzeit in keiner Relation zur zusätzlichen Bildungsgerechtigkeit stünden. Ich denke, wir setzen das Geld besser an einer anderen Stelle ein. Wir haben, was die Schulen anbelangt, viele Dinge, die Geld kosten und bei denen wir uns einig sind, das Geld dort zu investieren.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das Geld ist halt in Österreich! Da kann man nichts machen! Das Geld steckt in der Hypo Alpe Adria! - Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt auf Drucksache 16/2897 die Ablehnung dieses Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD, der Freien Wähler und der GRÜNEN. Wer möchte - -

(Zurufe von der SPD: Das ist die Mehrheit!)

- Entschuldigung. Ich habe erst einmal gesagt, wer zugestimmt hat. Jetzt schaue ich, wie viele Hände sich auf der anderen Seite des Hauses heben, wenn der Antrag abgelehnt werden soll. - Das sind die CSU und die FDP.

(Zurufe von Abgeordneten der CSU: Enthaltungen! Enthaltungen!)

So, ich schaue jetzt erst einmal meinen Schriftführer an und sage: Der Antrag ist mit der Mehrheit von CSU und FDP abgelehnt. Wird dieses Ergebnis angezweifelt oder nicht?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ja!)

Entschuldigung, ich frage nach den Enthaltungen. - Zwei, drei, vier Enthaltungen. - Bei vier Enthaltungen halte ich daran fest, dass der Antrag abgelehnt ist. Wird dieses Ergebnis angezweifelt?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ja! - Unruhe bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN )

Das Ergebnis ist vielleicht knapp, es fragt sich aber, in welche Richtung. Der Schriftführer jedenfalls zweifelt das Abstimmungsergebnis nicht an. Wir haben von hier oben einen guten Einblick. Sie müssen auch die Staatsregierung mitzählen, meine Damen und Herren.

(Hubert Aiwanger (FW): Die ist doch auch nicht da!)

Ich sehe mittlerweile keine Zweifel mehr und komme damit zum nächsten Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verbraucherlotsinnen und lotsen einführen! (Drs. 16/2394)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion, das wurde gemeinsam vereinbart. Als erster Rednerin darf ich Frau Kollegin Claudia Stamm vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Trotz vielfältiger Informationsmöglichkeiten über neue Medien und Internet stellen wir fest, dass Verbraucher Bedarf an Hilfestellung vor Ort haben. Die brennenden Alltagsfragen spielen sich dort ab, wo die Verbraucherinnen und Verbraucher leben und arbeiten. Das heißt: In allen Regionen Bayerns besteht der Bedarf nach klaren Anlaufstellen vor Ort. Diese will ich mit dem Projekt "Verbraucherlotse" einrichten.

Genau so hätte ich es auch von unserer Seite formulieren können, nur bei dem letzten "ich" - hier noch einmal das Zitat: "Das will ich mit dem Projekt ‚Verbraucherlotsen’ einrichten" - hätte ich "die Fraktion der GRÜNEN" gesagt. Dieses Zitat stammt allerdings nicht von mir, sondern von Frau Dr. Merk, und zwar aus einer Pressemitteilung von Mitte Februar 2009.

Anfang April erklärte Frau Dr. Merk, sie sei für die In stallation eines sogenannten Verbraucherlotsen auf Landkreisebene. Sie sagte, das sei für sie ein besonders wichtiges Projekt. Ein Versuch im Kabinett scheiterte. Anfang Juli, gleich nach der besagten Kabinettssitzung, hieß es, Frau Dr. Merk wolle alle Bedenken ausräumen und das Vorhaben erneut ins Kabinett einbringen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Das war aber mutig!)

Dann geschah aber nichts mehr von Regierungsseite. Wir haben deshalb den Antrag eingebracht, Verbraucherlotsinnen und Verbraucherlotsen einzuführen. Ich finde, das ist eine gute Idee, denn die Verbraucher und Verbraucherinnen brauchen ganz konkret und vor Ort, gerade auch in der Fläche, Hilfe. Verbraucherlotsinnen und -lotsen sollen zentrale Ansprechpartner für alle Fragen des Alltags sein. Sie sollten Anlaufstellen für die Schulen in Sachen Verbraucherbildung sein und sie sollten Nachfragen zu Verbraucherschutzthemen bündeln, die Bürgeranfragen an die regional zuständigen Stellen verweisen, notfalls auch Streit schlichten.

(Unruhe)

Herr Präsident, könnten Sie vielleicht für Ruhe sorgen?

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Danke schön. Herr Kreuzer, Sie haben so eine laute Stimme.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben doch das Mikrophon!)

- Ja, aber ich muss nicht hineinbrüllen. - Das ist nachzulesen im 10-Punkte-Plan der Verbraucherschutzministerin.

Grundsätzlich denke ich, die Verbraucherlotsinnen und -lotsen wären für die Menschen in den ländlichen Regionen Bayerns - gerade hatten wir es mit einer Ungerechtigkeit in den ländlichen Regionen zu tun - eine wichtige Sache. Dort sind die beiden Verbraucherorganisationen nämlich kaum bis gar nicht vertreten. Gerade für ältere Menschen, die Schwierigkeiten haben, das Internet zu nutzen - das war ein Argument im Ausschuss - wäre es eine schnelle und unbürokratische Hilfeleistung. Wir als Gesellschaft müssen aufpassen, dass es keine große Kluft gibt zwischen denjenigen, die Zugang zum Internet haben, und denjenigen, die das nicht haben. Die Gesellschaft würde dann in Begünstigte und nicht Begünstigte unterteilt.

Fakt ist, hier wurde eine gute Idee aus den Reihen der Staatsregierung beerdigt. Es sei dahingestellt, warum diese Idee nicht aufgegriffen wurde. Es gilt aber umso

mehr, an dem Vorsatz festzuhalten, den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken.

Bei den Beratungen im federführenden Ausschuss unterstrichen mehrere Vertreter der CSU, Verbraucherschutz habe für sie höchste Priorität. Ich nehme Sie deshalb beim Wort. Das Geld, das im Haushalt für die Lotsen vorgesehen war, sollte auch wirklich für den Verbraucherschutz hergenommen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es war schon Geld für ein Pilotprojekt vorgesehen. Ich bitte Sie deshalb schon jetzt, meinem nächsten Antrag zuzustimmen, den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken. Das Geld, das für die Lotsinnen und Lotsen vorgesehen war, ist ohnedies nicht sehr viel, verglichen mit den Summen, die wir gestern hier gehört haben. Im Haushalt waren gerade einmal 250.000 Euro vorgesehen. Ich appelliere an Sie, dieses Geld in jedem Fall für die Verbraucher- und Verbraucherinnenberatung herzunehmen und es im Nachtragshaushalt 2010 nicht einfach zu streichen. Es ist nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Zum Vergleich: In einem anderen Flächenstaat, in Nordrhein-Westfalen, gibt die Regierung für Verbraucherservice und für Verbraucherberatung pro Einwohner gut 44 Cent aus. In Bayern sind es etwa 24 Cent; in Nordrhein-Westfalen ist es also fast das Doppelte. Für mich sieht eine höchste Priorität eigentlich anders aus.

Deshalb gehen Sie bitte auf jeden Fall den nächsten kleinen Schritt mit mir und stimmen Sie meinem nächsten Antrag zu. Das Geld muss einfach beim Verbraucherschutz bleiben und sollte deswegen zur Unterstützung des Verbraucherservices und der Verbraucherzentralen verwendet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CSUFraktion hat als Nächste die Kollegin Guttenberger das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns schon im Klaren darüber, dass wir jetzt über die Drucksache 16/2394 diskutieren? - Das nur noch ein mal zur Klarstellung; es scheint hier einige Irritationen zu geben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Aber nachvollziehbare!)

Richtig ist, dass es ein Projekt gab, das Versuchslotsen an Landkreisorten, an Landratsämtern als Pilotversuch installieren wollte. Es ist richtig, dass es dieses Projekt gab. Es ist auch richtig, dass es einen Bedarf gibt, Ver

braucherinnen und Verbraucher breiter zu schützen, als das vielleicht überall bis dato der Fall ist.

Aber ein Pilotprojekt ist für uns dann sinnvoll, wenn die beiden Seiten, die ein Pilotprojekt verwirklichen müssen, auch konstruktiv und engagiert zusammenwirken, wenn es einen gemeinsamen Wunsch gibt, so ein Pilotprojekt voranzutreiben, und wenn man dann auch einen starken Partner hat, der sich dafür einsetzen wird, dieses entsprechend auf den Weg zu bringen, die zwei Jahre des Pilotprojekts entsprechend stark zu gestalten und hier Perspektiven zu erarbeiten.

Richtig ist aber auch - und darum, ich ziehe es gleich sozusagen vor die Klammer, werden wir den Antrag ablehnen -, dass das Pilotprojekt - so heißt es bei Ihnen - zunächst in einem Landkreis pro Regierungsbezirk vonstatten gehen soll. Der Landkreistag hat jedoch ganz klar und ganz deutlich beschlossen, dass er für so ein Projekt nicht zur Verfügung steht.

Ich bin immer etwas verwundert, wenn sehenden Auges Dinge gefordert werden, die nicht zu verwirklichen sind. Wenn ich einen Partner brauche, dann heißt das auch, dass der Partner mitmachen muss; aufgedrängte Bereicherung in diesem Zusammenhang gibt es halt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Mir drängt sich, sehr geehrte Frau Kollegin Stamm, der Verdacht auf: Es geht hier gar nicht darum, den Verbraucherschutz in der Fläche zu stärken - das ist gar nicht das Thema -, sondern man möchte zum einen so eine Art Konflikt zwischen der Ministerin für Verbraucherschutz und der CSU-Fraktion konstruieren,

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

zum anderen möchte man den Eindruck erwecken, es passiert in Bayern überhaupt nichts,

(Widerspruch bei den GRÜNEN und Abgeordne- ten der SPD)

Bayern sei sozusagen der weiße Fleck auf der Landkarte der Verbraucherschützer. Das kann man probieren, es ist aber nicht so.

Sie tun dann so, als würden Sie einfach nicht mitbekommen, dass es Projekte gibt wie Handy-Guide oder "Fit in die Zukunft", die gerade bei Hauptschulen im ländlichen Bereich entsprechende Verbraucherbildung betreiben und Verbraucherkurse anbieten. Das geschieht über den Bayerischen Landesausschuss für Hauswirtschaft, der eben gerade ein Partner ist, der mitwirken will als Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Partnerschaft.