Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Ich erinnere mich an einen zünf tigen Raucherwahlkampf der Freien Wähler. Was ist denn da passiert? Verwirrung durch die Schlangen des Laokoon? Oder Katharsis, also Reinigung der Seele oder in dem Fall Reinigung der Lunge - durch das Drama? Ich empfehle Ihnen als fünften Akt die Meta noia, die Wiederumkehr.

Viel Spaß!

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege.

Ich erinnere mich daran, dass die Positionen der Freien Wähler und der FDP zum Rauchen vor dem Wahlkampf nicht so weit auseinanderlagen.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Jetzt aber schon! Jörg Rohde (FDP): Jetzt bleiben Sie bei Ihrer Mei nung!)

- Wir bleiben selbstverständlich bei unserer Meinung. Sie von der FDP haben einen Gesetzentwurf vorgelegt. Wenn ich es richtig sehe, hat Ihr Minister im Gegensatz zur CSU angekündigt, dass er für dieses Gesetz kämp fen wird.

(Tobias Thalhammer (FDP): Und Ihr duckt euch weg!)

- Nein, wir ducken uns überhaupt nicht weg. Wir sagen ganz deutlich, dass es zwei unterschiedliche Entwürfe gibt. Das ursprüngliche Gesetz der CSU war für uns Freie Wähler zu hart gegenüber den Rauchern. Das nun vorgelegte Volksbegehren ist für die Mehrheit der Freien Wähler zu hart gegenüber den Nichtrauchern. Angesichts des Schauspiels, das hier aufgeführt wird, sind wir für den Volksentscheid.

(Beifall bei den Freien Wählern - Thomas Hacker (FDP): Sie wechseln jetzt von der Tragödie zur Ko mödie! - Georg Schmid (CSU): Jetzt wird es aber zur Tragödie!)

Jetzt darf ich Frau Kol legin Schopper zum nächsten Redebeitrag aufrufen.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die philoso phischen Ausführungen des Herrn Kollegen Piazolo haben mich weitgehend erfreut. Ich hätte für Sie aber auch noch ein geflügeltes Wort: Wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind günstig. So steht es bei Se neca. Bei Ihnen habe ich das Gefühl, dass Sie politisch nach diesem Satz verfahren, weil Sie gar nicht wissen, wohin Sie wollen. Bei Robert Lembke hätte es gehei ßen: "Welches Schweinderl hätten S’ denn gern?"

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der CSU und FDP - Georg Schmid (CSU): Das ist schon ganz gut!)

Jetzt aber zum eigentlichen Thema, zum Gesundheits schutz. Wir haben ihn wieder im Programm. Im letzten Juli waren wir dazu schon an gleicher Stelle zusam mengetreten. Damals haben Sie noch darauf gehofft,

dass das Ende nahe ist. Das Volk hat jedoch eindrucks voll bewiesen, dass der Gesundheitsschutz für Sie zum politischen Wiedergänger wird. Ich bedanke mich ganz herzlich und ganz ausdrücklich bei den 1,3 Millionen Menschen, die in die Rathäuser gingen und den Weg auf sich nahmen, um sich innerhalb der vierzehn Tage einzutragen, damit wir dieses Thema hier wieder haben. So habe ich es Ihnen schon im letzten Juli pro phezeit. Sie hätten sich vieles ersparen können. Ich habe jedoch das Gefühl, dass Ihnen die blutige Nase ein gängiger und lieber Begleiter geworden ist. Manch mal erinnert mich, was Sie von der CSU zum Thema Gesundheitsschutz und Nichtraucher auf der politi schen Bühne aufführen an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Auch in diesem Film -

(Ernst Weidenbusch (CSU): Groundhog Day war vorgestern!)

- Ist der vorgestern wieder gelaufen? - Schade, da habe ich keine Zeit gehabt. Ich liebe diesen Film nämlich. Dieser Film erinnert mich immer wieder an Sie. Es ist ein immer wiederkehrender Albtraum.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Hauptdarsteller wacht immer wieder und immer wieder am nächsten Tag um sechs Uhr auf und hat den gleichen Tag vor sich. Er kehrt wieder zurück, und der Albtraum beginnt jeden Tag aufs Neue. Ihre Bemühun gen, diesem Thema politisch mehr oder weniger Herr zu werden, kann man in diese albtraumhafte Szenerie gut einbauen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Das erste Schrittchen, das Sie gemacht haben, war die freiwillige Selbstverpflichtung der Gastronomie. Das hat zu keinem Erfolg geführt. Jetzt ist Herr Schnappauf, der damalige bayerische Umweltminister, in Berlin, wenn wir ihm aber ein Zeugnis hätten mit auf den Weg geben müssen, dann wäre dringestanden: Er mühte sich stets, aber von politischem Erfolg waren seine Be mühungen bei Weitem nicht gekrönt. Dann kam der schneidige Herr Schmid, der tatsächlich dachte, er würde den gordischen Knoten lösen und mit seiner Durchsetzungskraft und seinem Schneid den politi schen Erfolg erringen. Dieses Vorgehen hat der CSU bei der Kommunalwahl aber nicht besonders gutgetan, zumindest führt sie ihre schlechten Ergebnisse darauf zurück. Wenn Sie aber das Siechtum ihrer Partei am Glimmstängel festmachen, dann springen Sie bei Wei tem zu kurz!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir bekamen dann ein strenges Gesetz, gleichzeitig wurde aber intoniert, dieses Gesetz werde nicht geahn

det. Es ist schon witzig, wie Sie inzwischen Gesetze interpretieren. Dieses Gesetz hatte also nicht den Cha rakter eines Gesetzes, sondern eher den eines guten Ratschlags, der in Gesetzesform gegossen wurde. Ich denke, hier begann im Grunde Ihr politischer Nieder gang. Es ist klar, die Menschen draußen haben das Hü und Hott satt gehabt: Die Festzelte wurden ausgenom men, einmal sagte man so, dann wieder so. Nach der Koalition mit der FDP, die inzwischen auch schon einem Patienten gleicht, stand das Gesetz gleich wie der auf der politischen Tagesordnung.

Wir sind während der Eintragung zum Volksbegehren in den Rathäusern auf Tour gegangen und haben dabei immer wieder von dem Bürgerinnen und Bürgern ge hört, dass diese in Ihre Politik kein Vertrauen haben. Die Menschen waren auch nicht sicher, ob die Ausnah meregelungen, die Sie vorsehen, tatsächlich so blie ben. Das Hü und Hott hat viel Vertrauen zerstört. Die Leute sagen, sie wollen, dass endlich Schluss ist mit diesem Hin und Her, und sie wollen, dass der Gesetz entwurf, den wir als Alternative zur Abstimmung gestellt haben in Bayern gilt. Es geht um eine rauchfreie Gast ronomie in Bayern und um eine klare Regelung, die die Gesundheit schützt, die der Gäste ebenso wie die der Angestellten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gesundheitsausschuss ringen wir immer wieder darum, dass das Einstiegsalter heruntergeht, dass sich die Prävention verbessern muss. Wir ringen, welche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele die Besten sind. Sie aber schießen all diese Überlegungen in den Wind, wider besseres Wissen, wider alle Ratschläge all der Gremien, die Sie beraten. Ich glaube, dieses Ihr Verhalten wird Ihnen noch einmal auf die Füße fallen. Es wird Ihnen beiden auf die Füße fallen, der FDP ebenso wie der CSU.

Ich glaube, die 1,3 Millionen Menschen, die Ihnen die ses Stoppschild entgegengehalten haben, wissen, dass wir einen konsequenten Gesundheitsschutz in Bayern brauchen. Die Menschen wissen, dass nicht jährlich 3.000 Mensch an Herzinfarkt sterben werden, wenn wir ein strenges Gesetz haben. Lassen Sie mich noch einmal vortragen, was Ihnen der Landesgesund heitsrat schon im letzten Jahr auf den Weg gegeben hat. Die Beschlüsse des Rates sind nach wie vor gültig:

Der Tabakrauch ist erwiesenermaßen hochgradig gesundheitsschädlich. Deshalb darf es beim Schutz vor Passivrauchen keine Kompromisse geben. Dies gilt insbesondere für den Schutz der Beschäftigten. Wenn die Zahl der nichtrauchenden Kinder und Jugendlichen in Bayern weiter zurück

gehen soll, muss das Signal der Gesellschaft sein, dass das Nichtrauchen der Normalfall ist.

Ich glaube, hinter diesem Satz müssten sich auch bei Ihnen alle vereinigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fürchte, das Hü und Hott, das es schon im Vorfeld des Gesetzentwurfs gibt, wird Sie zu keiner besseren Einsicht führen. Ich appelliere trotzdem noch einmal an Sie: Überlegen Sie es sich noch einmal. Schütteln Sie die überwältigende Zustimmung, die es zu diesem Volksbegehren gegeben hat, nicht einfach ab.

Ich will es noch einmal festmachen: Allein das Geld, das wir im Rahmen des Volksentscheids ausgeben, würde viele hungrige Kindermägen in den Schulen füllen. Man könnte viele Kinder damit satt bekommen!

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Es ist nicht gottgegeben, dass nach einem erfolgrei chen Volksbegehren unbedingt ein zweiter Schritt ein geleitet werden muss. Das ist in unserer Verfassung mit sehr viel Weisheit festgelegt worden.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die Hürde der 10 % wurde so eindrucksvoll übersprun gen, dass Sie die Argumente noch einmal in aller Ruhe in Ihren Fraktionen beraten sollten. Überdenken Sie Ihre Auffassung noch einmal. Auch der FDP könnte man Argumente mit auf den Weg geben. Sie könnten schon heute oder auch am Ende der Beratungen ein Signal setzen, dass Sie das Gesetz übernehmen. Der Gesundheitsminister, den Sie von der FDP bekannter maßen in der Bundesregierung stellen, hat die Kran kenkassen zum Sparen aufgefordert. Allein durch die Vermeidung eines Herzinfarkts würde die Krankenkas se Millionen Euro einsparen. Dieses Geld würde ge spart, wenn Sie ein Gesetz unterstützen würden, das den konsequenten Schutz der Nichtraucher vor dem Passivrauchen vorgibt. Daran sollten Sie sich halten!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wird immer gefordert, Krankheiten zu verhindern und zu vermeiden. Sie singen im Chor der Prävention immer lustig mit, aber wenn es zum Schwur kommt, dann wird politisches Pharisäertum geübt. Das ist die sem Hohen Haus und der Politik nicht angemessen. Das müssen Sie sich deshalb vorhalten lassen, nicht nur hier herin, sondern auch draußen.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei den Kollegin nen und Kollegen von der CSU schon eine gewisse

Schadenfreude zu spüren ist. Dem Staatsminister schien mir heute die Rauflust regelrecht abzugehen. Er hat sich heute in den staatstragenden Mantel gehüllt und will das Volk, den Souverän, entscheiden lassen. Manchmal habe ich das Gefühl, das kommt eher davon, dass Sie sich die blutige Nase schon geholt haben, im Kommunalwahlkampf ebenso wie bei der Landtags wahl. Jetzt denken Sie: Sollen doch die anderen forsch an die Sache herangehen und schauen, was sie auf die Matte bringen. Sie wollen gerne einen Schritt zur Seite tun, wenn die FDP beim Volksentscheid auf den Plan tritt. Bei den Freien Wähler wissen wir nicht so recht, in welche Richtung sie wollen.

Eines aber will ich Ihnen sagen: Es kann auch gefähr lich sein, denn ein Schritt zur Seite führt gern in den Abgrund. Ich glaube, Sie müssen deshalb schauen und das wäre einer selbstbewussten CSU angemessen -, dass Sie selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Sie sollten die Beratungen im Landtag wirklich ergebnisoffen führen und schauen, dass die Argumente auch wirklich draußen verkauft werden. Mir scheint, Sie werden stattdessen Ihren Niedergang durch Ihre Vor gehensweise fortsetzen. Ich sage Ihnen ehrlich, das würde mich persönlich nicht besonders schmerzen, für den Gesundheitsschutz im Lande wäre es aber besser, wenn Sie zu einem anderen Ergebnis kämen.

Frau Kollegin Sonnenholzner hat schon darauf hinge wiesen: Heute ist der Weltkrebstag. In den Veröffent lichungen zu diesem Tag steht, 12 Millionen Menschen wird weltweit täglich die Diagnose Krebs gestellt. Ein gesunder Lebensstil könnte einen Großteil der Erkran kungen verhindern. Circa 40 % der Erkrankungen könn ten durch entsprechende Maßnahmen verhindert wer den. Eine dieser Maßnahmen ist es, sich dem Passivrauchen nicht auszusetzen. Das sollte für Sie ein Signal zur Umkehr sein.

Noch eines zum Abschluss, weil den Bedenken immer so stark Rechnung getragen wird: zum bayerischen Sonderweg. Frau Kollegin Stewens, ich habe das Ge fühl, der Bayer kommt sowohl in Italien, in Frankreich und Irland zurecht, ja auch in Österreich. Ich habe nicht das Gefühl, dass der Bayer Probleme hat, wenn er sich ins Saarland verirrt, wo eine andere gesetzliche Rege lung gilt. Es ist einfach und klar: Steht ein Aschenbe cher auf dem Tisch, darf man rauchen, steht keiner auf dem Tisch, dann hat man es sein zu lassen. Diese Re gelung ist doch für jeden, der auch nur halbwegs mit Intelligenz ausgestattet ist, durchaus nachvollziehbar. Und was das Oktoberfest betrifft, so wird das ungeheu er hochstilisiert. Heuer haben wir die Jubiläumswies’n, auf die ich mich sehr freue. Ich gehe nämlich gerne auf das Oktoberfest. In den letzten Jahren hat das Rauchen auf dem Oktoberfest deutlich nachgelassen. Hier jetzt den Popanz aufzubauen, jeder Raucher würde dort

mehr oder weniger geteert und gefedert aus dem Zelt herausgetragen, ist doch unglaubhaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer heute einen Flug von München nach New York rauchfrei übersteht, der wird auch die Wies’n überste hen, ohne dass er eine Zigarette raucht. Das wird auch eine friedliche Wies’n werden, und ich freue mich schon darauf. Ich glaube nicht, dass ein Rauchverbot die Men schen beim Volksentscheid davon abhalten wird, sich auf die Seite des Gesundheitsschutzes zu stellen, so dass wir hier in Bayern tatsächlich rauchfrei leben. Ich denke, dass die Menschen sich beim Volksentscheid auf die Seite des Gesundheitsschutzes schlagen, damit wir hier in Bayern tatsächlich rauchfrei werden. Ich freue mich darauf. Ihnen wünsche ich trotzdem alles Gute und persönliche Gesundheit. Helfen Sie aber mit, dass auch Bayern ein Stück gesünder wird, und das könnten Sie heute und im Laufe der Beratungen ma chen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Die nächste Wortmel dung kommt von Herrn Kollegen Dr. Fischer.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Demokra ten stehen wir nicht nur zu dem Instrument der Bürgerbeteiligung, sondern wir freuen uns auch, wenn sich Menschen für politische Belange interessieren und engagieren. Als Demokraten wissen wir aber auch, dass 14 % keine Mehrheit sind. Deswegen ist es gut, dass das Volk entscheidet. Somit begrüßen wir eben falls die Entscheidung des bayerischen Volkes und res pektieren diese.