Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

Ohne Frage wurden in der Vergangenheit Fehler ge macht. Übertriebene Fortschritts- und Technikgläubig keit, auch gefördert durch staatliche Beratung, haben unsere Bauern zum Teil in den Ruf der Umweltschän der gebracht. Wir bewegen uns aber längst nicht mehr im rechtsfreien Raum. Es gelten klare Auflagen für die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmit teln im Bereich von Uferrandstreifen. So haben wir für die Drei-Meter-Streifen längst ein grundsätzliches Dün geverbot, wie uns Kollege Füracker gerade gesagt hat, und bei stark geneigten Ackerflächen wird das sogar bis auf 20 m ausgeweitet.

Das wird auch von den Bauern akzeptiert und ange wandt. Anstatt mit Heimlichtuerei die Menschen zu ver unsichern, wäre die Staatsregierung gut beraten, dieses Thema offensiv in der Öffentlichkeit zu beset zen. Wir haben doch nichts zu verbergen. Wenn von den circa 10.000 km Gewässern erster oder zweiter Ordnung bereits 5.000 km im Besitz der Wasserwirt schaftsverwaltung sind und als Grundstücke zur natur nahen Gewässerentwicklung sowie als Uferstreifen genutzt werden, frage ich mich schon, warum man diese Zahlen der Verwaltung so aus der Nase ziehen muss. Ich werde das Gefühl nicht los, dass man diese Suppe gerne kochen lässt, um von allen anderen Din gen abzulenken: davon, dass man durch die Hintertür die Privatisierung einfädelt, davon, dass man die Ver antwortung ganz elegant auf die Kreisverwaltungsbe hörden abschieben will. Auf diese Dinge wurde in vielen Stellungnahmen von verschiedenen Seiten massiv hin gewiesen. Leider fand das bisher nicht die notwendige Beachtung.

In den Ausführungen meines Kollegen Hanisch und in den Beratungen über die Anträge werden wir im Detail auf diese Dinge eingehen. Danke schön.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Als nächstem Redner darf ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN Herrn Kollegen Dr. Christian Magerl das Wort erteilen. Bitte schön.

Herr Präsident, Hohes Haus! Zuerst einmal möchte ich einiges zurecht rücken in puncto Procedere, weil Kollege Dr. Hünner

kopf ein völlig falsches Bild von der Realität aufgezeigt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zum Ablauf. Der Gesetzentwurf wurde in Erster Lesung vor der Weihnachtspause eingebracht. Die Fraktionen von CSU und FDP haben mit ihrer Mehrheit durchge setzt, dass es zum frühestmöglichen Zeitpunkt durch die Sitzung des federführenden Ausschusses zum Be schluss gekommen ist und haben gleichzeitig die Ver kürzung der Mitberatungsfrist beschlossen. In Anbe tracht eines Gesetzentwurfs mit 83 Artikeln, eines der umfangreichsten Gesetze, welches wir in dieser Perio de bislang zu beraten gehabt haben, ist diese Verkür zung in meinen Augen ein Affront gegenüber dem Parlament und den Ausschüssen. Dies haben wir auch bei den Beratungen klar und deutlich gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dass die Beratungen im federführenden Ausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen abgeschlossen sind, bevor die Expertenanhörung im Hause stattfand, habe ich in den 19 Jahren, in denen ich diesem Parla ment angehöre, noch nicht erlebt. Da wird das Pferd von hinten aufgezäumt und das ist purer Unsinn.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Und dass diese Anhörung dringend notwendig gewe sen ist, zeigen die Zahlen. Insofern muss ich Herrn Kollegen Rinderspacher korrigieren: Es waren 80 Fra gen und 120 Wortmeldungen. Darunter waren sehr wohl auch Wortmeldungen der Fraktionen der CSU und der FDP. Das heißt, es hat einen Frage-, einen Diskus sions- und einen Aufklärungsbedarf gegeben. Diese Anhörung hat eines klar und deutlich gezeigt: Kein ein ziger Verband hat sich durchgängig positiv zu diesem Gesetzentwurf geäußert. Im Gegenteil, die meisten der geladenen Verbände - auch diejenigen, die Sie vorge schlagen haben - äußerten sich kritisch; zum Beispiel der Vertreter des Verbandes der Chemischen Industrie. Er hat klar gesagt, Sie wollten weiterhin den Sachver stand der Behörden bei den Kontrollen für ihre Kläran lagen und nicht Ihre Lösung. Genau dazu hat er sich kritisch geäußert. Der Gemeindetag, der Verband kom munaler Unternehmen - VKU - und alle anderen haben sich extrem kritisch geäußert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das aber lassen Sie außen vor und sagen heute auch noch, an der Debatte zu den Änderungsanträgen, die wir auf der Basis dieser Anhörung eingereicht haben, beteiligten Sie sich nicht. Ich muss sagen: Es ist ein beschämendes Bild, das Sie in diesem Hause abge ben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich zitiere ein paar Kritikpunkte. Der Brief vom Bayeri schen Städtetag, vom Verband der Bayerischen Ener gie- und Wasserwirtschaft e. V. - VBEW - und VKU - ich gehe davon aus, der Brief liegt Ihnen vor - an Herrn Staatsminister Söder setzt an der sogenannten SunsetRegelung an. - Wenn ich das Wort schon höre! Jetzt kriegen wir das Englische auch noch in unsere bayeri schen Gesetze hineingeschrieben. Aber das wäre noch das Wenigste. - Im Gesetzentwurf steht, das Gesetz trete am 29. Februar 2012, in zwei Jahren, außer Kraft; da habe ich zu den Leuten vom Umweltministerium ge sagt: Wenn Sie den Beschluss irgendwann heute Nacht haben, können Sie heimgehen und neue Beratungen vorbereiten.

Herr Kollege Thalhammer, zu Ihnen als einem Vertreter der Oberbürokratieabbaupartei sage ich:

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit baut man Bürokratie auf, aber nicht ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Schauen Sie sich das einmal an. Diese drei doch sehr wesentlichen Organisationen schreiben in dem Zusam menhang: Sie - also die sogenannte Sunset-Regelung - behindert den Abschluss der über 400 Verfahren zur Ausweisung von Schutzgebieten; sie behindert die dau erhafte vertragliche Regelung der Gewässerrandstrei fen, wie im Gesetzentwurf vorgesehen. Damit sind die am 29. Februar 2012 endenden Vertragsabschlüsse zeitlich wenig sinnvoll. - Also heftige Kritik. Das geht so weiter: Sie behindert die Rechtssicherheit für Planun gen, sie behindert eine sinnvolle Bewertung der Neu regelung des neuen Bayerischen Wassergesetzes.

Ich könnte noch lange zitieren, aber die Zeit dafür reicht nicht aus. Damit ist Ihnen aber klar ins Stammbuch ge schrieben worden: Das, was Sie hier beschlossen haben, ist nicht tauglich für ein neues Bayerisches Was sergesetz. Dazu werden wir eine namentliche Abstim mung beantragen, sodass Sie, meine Damen und Herren von der CSU, klar bekennen müssen, ob Sie weiterhin den Schwanz mit dem Hund wedeln lassen, wie das hier der Fall ist, oder ob Sie "Manns und Fraus" genug sind, eine sinnvolle Regelung zu treffen und mit uns übereinzukommen, die Bewertung eines neuen Ba yerischen Wassergesetzes in fünf oder in acht Jahren vorzunehmen, je nach dem, wann es notwendig ist, und die Stellschrauben zu einzelnen Artikeln dann zu jus tieren, wann es geboten ist - aber nicht so einen Unfug, wie ihn Ihnen die FDP diktiert hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Den Artikel 141 der Bayerischen Verfassung hat dan kenswerterweise der Kollege Rinderspacher schon an gesprochen. Er hat aus der Homepage des Landesam tes für Umwelt - LfU - zum Thema Flüsse und Seen und zum Wasserland Bayern zitiert. Wenn man weiterliest, entdeckt man einen Punkt, den Sie sich genau anhören sollten - der stammt nicht von mir, sondern von einer nachgeordneten Behörde, vom Landesamt für Umwelt -:

Nach einer aktuellen Bestandsaufnahme der ba yerischen Flüsse und Seen zeichnen sich drei Schwerpunkte für die künftige Maßnahmenpla nung ab: Die diffusen Nährstoffeinträge, überwiegend aus landwirtschaftlichen Flächen, müssen weiter ver ringert werden, um der Überdüngung der Binnen gewässer und Meere entgegenzuwirken.

- Originalton des Bayerischen LfU. Dann geht es weiter:

Die Strukturen der Flüsse müssen verbessert wer den - und damit die Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie die Durchgängigkeit für Fische. Die Flüsse benötigen mehr Raum für eine natürliche Entwicklung als Puffer gegen Stoffeinträge und zur Rückhaltung von Hochwasser.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otto Hünnerkopf (CSU))

- Die fünf Meter, Herr Kollege, sind ein Anfang und das Minimum. Wie gesagt, das ist eine bescheidene For derung. Wir brauchen zum Teil deutlich mehr - darüber sind wir uns einig -, nur das ist hier drin und Sie sind nicht einmal bereit, die fünf Meter verpflichtend vorzu schreiben.

(Zuruf von der CSU)

- Da geht es um Grünland. Aber das ist auch schon ein enormer Fortschritt in dieser Angelegenheit.

Sie ergehen sich, wenn ich mir die Berichte von Ihrer heutigen Pressekonferenz, von Herrn Staatsminister Söder und von Ihnen, Herr Hünnerkopf, anschaue, in Schönrednereien und Schönfärbereien, wie gut es um das Wasser in Bayern bestellt sei, dass Sie angeblich Spitze in Deutschland seien. Ich kündige Ihnen jetzt schon die Anfragen an, weil wir die Vergleiche sehen wollen. Ich garantiere Ihnen eines: Sie werden wie an dere Minister vor Ihnen bei solchen Vergleichen blank dastehen, weil Sie das Datenmaterial aus anderen Län dern nicht haben. Aber selbstverständlich wissen Sie, dass Bayern Spitze ist.

Wir haben in unseren Änderungsanträgen eine ganze Menge von Punkten eingebracht, die wir - das werde

nicht alles ich machen, sondern das wird quer verteilt passieren - dann abhandeln werden.

Die Gewässerrandstreifen sind für uns ein ganz wichti ger Punkt. Auch dazu werden wir namentliche Abstim mung beantragen.

Ich sage Ihnen noch eines zur Begründung aus dem Bundesgesetz heraus, wenn Sie es denn mit dem ernst nehmen, was Ihre Bundestagskollegen beschlossen haben in dem Zusammenhang. Das Bundesgesetz haben Sie mitbeschlossen; das stammt nicht von uns, sondern von der schwarz-roten Koalition seinerzeit. Ich zitiere aus der Begründung zu § 38 Wasserhaushalts gesetz - Gewässerrandstreifen - des Bundes, Bundes tagsdrucksache 16/12275:

Absatz 1 beschreibt die besonderen ökologischen Funktionen des Gewässerrandstreifens. Ein wirk samer Schutz dieser Zone kann damit einen wich tigen Beitrag zur Erreichung der Bewirtschaftungs ziele nach den §§ 27 und 30 leisten. Die nach der Wasserrahmenrichtlinie vorgelegte Bestandsauf nahme zum Zustand der Gewässer hat gezeigt, dass gerade bei den diffusen Verschmutzungs quellen erhebliche Defizite bestehen, die durch greifend nur mit der in § 38 vorgesehenen bundesweiten Regelung behoben werden können.

Genauer und besser kann man es nicht formulieren. Es entzieht sich völlig meiner Kenntnis, warum Sie sich derartig gegen diese Regelung spreizen und wenden.

Wir haben dem Anliegen in Bezug auf die Mineralbrun nen nachgegeben und einen eigenen Antrag einge bracht, damit das, was im alten Artikel 36 berechtigter weise geregelt war, über Artikel 31 a wieder aufgenommen wird, dass nämlich auch für Mineral brunnen Wasserschutzgebiete festgelegt werden kön nen. Das ist in meinen Augen dringend notwendig, um den Schutz bestehender Brunnen, möglicherweise auch zukünftiger Brunnen, sicherzustellen. Man kann nicht damit argumentieren, wie in der Anhörung gesagt worden ist, dass es in den letzten Jahren keine Fälle gegeben habe. Diese Fälle können sehr schnell eintre ten. Das ist eine Möglichkeit zum Schutz dieser Quel len.

Wir haben einen Streichungsantrag für den Artikel 32 eingebracht, für die Mehrbelastungen, die wir bekom men werden. Die Ausgleichszahlungen wollen Sie ma chen. Sie schreiben in das Kapitel "Kosten" selbst rein, dass das für die kleinen Wasserversorger - das sind die Wasserversorger vor Ort, die wir hoffentlich alle erhal ten wollen -

(Zuruf von der SPD)

In den Sonntagsreden des Herrn Dr. Söder steht, dass die kleinen Wasserversorger erhalten werden sollen, sie werden aber bei den Kosten vor unlösbare Proble me gestellt. Die Wasserversorger haben uns klar und deutlich gesagt, dass ein Wasserversorger, der jährlich eine Million bis zwei Millionen Kubikmeter Wasser lie fert, kein Problem hat. Hier machen die Kosten lediglich eine oder zwei Stellen hinter dem Komma aus. Ein Wasserversorger, der jedoch nur 30.000 oder 40.000 Kubikmeter liefert, wird durch die Ausgleichs zahlungen in seiner Existenz gefährdet. Diese Aussage stammt nicht von uns, sondern vom Gemeindetag, vom Städtetag, von den Wasserversorgern und vom VKU. Sie wollen die Ergebnisse dieser Anhörung nicht wahr haben. Das kann ich nachvollziehen, weil sie sich ver rannt haben. Sie sollten von ihrem Baum herunterkom men und in diesem Haus zu einer vernünftigen Debatte zurückkehren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen weiteren Antrag zu den Beschneiungsanlagen vorgelegt. Dazu wird Herr Kollege Sprinkart noch ausführlich Stellung nehmen. Ich möchte Sie aber auf einen Fehler in der Begründung des Gesetzentwurfs hinweisen, der zeigt, wie schlampig und hastig bei dessen Erarbeitung ge arbeitet worden ist. Herr Fraktionsvorsitzender Schmid, ich weise Sie darauf hin, dass ich noch 3,5 Minuten habe.

(Georg Schmid (CSU): 3 Minuten und 30 Sekun den! Jetzt stimmt’s!)

Bei den Beschneiungsanlagen heißt es, dass künftig zwei Sätze entfallen, nämlich "Die Genehmigung kann befristet werden." und "Bei der Entscheidung ist auch das öffentliche Interesse an der Errichtung oder am Fortbestand der Anlagen zu berücksichtigen." Beide Sätze werden nicht mehr im Gesetz stehen. Das ist eine Irreführung und ein grober Fehler. Schon deshalb wäre eine neue Drucksache fällig. Die alte Drucksache kön nen Sie einziehen. Mit so etwas brauchen Sie nicht anzutreten.

Wenn ich mir den Wortbeitrag der Freien Wähler und ihre Pressekonferenz zu diesem Thema und zu ihrem Abstimmungsverhalten ansehe, muss ich sagen: An gesichts der Auseinandersetzungen im Vorfeld und Ihrer Argumentation verstehe ich nicht, wie Sie zu dem Ergebnis kommen können, diesem Gesetzentwurf zu zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte Ihren Fraktionsvorsitzenden Hubert Aiwan ger aus der Presseerklärung, die Sie heute vorgelegt haben, zitieren: Der vorliegende Gesetzentwurf sei ein

gerade noch akzeptabler, aber durchaus verbesse rungswürdiger Kompromiss. "Durchaus verbesse rungswürdig" ist eine sehr gelinde Formulierung. Auf grund der Kritik, die Sie geäußert haben, könnte ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Überdenken Sie noch einmal Ihre Position. Das bayerische Wasser wäre es wert.