Protokoll der Sitzung vom 22.04.2010

Danke schön, Kollege Reiß. Nächste Wortmeldung: Kollege Wörner für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Zeil, ich darf Ihre Worte aufgreifen. Sie haben vorhin gesagt, man solle nicht ständig die Spielregeln ändern. Gilt das nun für die Telekommunikation und für das EEG oder nur für bestimmte Dinge, die Sie gerade aussuchen?

(Zuruf des Staatsministers Martin Zeil)

Sie haben gerade gesagt, man solle die Spielregeln nicht permanent ändern.

Ihnen, Herr Kollege Reiß, darf ich sagen, Sie tun immer gerade so, als wäre im EEG nicht bereits eine gesetzlich vorgegebene Absenkung vorhanden. Dieses Jahr und im Laufe des kommenden Jahres wird nach diesem Gesetz um zweimal neun Prozent, also 18 %, abgesenkt. Und nun wollen Sie einen Zuschlag. Darüber kann man theoretisch noch reden. Aber tun Sie es nicht in einer Hängepartie, wie Sie es gerade vorhaben. Damit würden Sie die Wirtschaftsstrukturen stören.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Bravo! )

Sie versuchen auf der einen Seite, Industrieförderung zu betreiben - zu Recht! - und den Standort Bayern zu stärken - zu Recht! -, und auf der anderen Seite machen Sie mit solchen Maßnahmen die Industriestandorte platt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sollten sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen, was da seit dem 20. Januar gelaufen ist. Am 20. Januar hat Bundesumweltminister Röttgen das Gesetz vorgestellt. Er sprach von 15 % Absenkung zum 1. April und von 25 % auf den Ackerflächen zum 1. Juli. Das war am 20. Januar.

Daraufhin haben wir den Antrag eingebracht, es bei den alten Förderregeln zu belassen. Diesen Antrag haben FDP, CDU/CSU und GRÜNE abgelehnt. Das kann man natürlich machen.

Am 9. Februar verkündet CSU-Landesgruppenchef Friedrich dann in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": Bei der Anlage von Freiflächen auf Mülldeponien und in Gewerbegebieten soll es nach dem Willen der CDU/CSU und FDP bei der Kürzung von 15 % ab Juli bleiben. - Neuer Tatbestand.

Am 23. Februar einigt sich die Koalition im Bundestag, dass die Vergütung für Dachanlagen zum 1. Juli um 16 % und für Freiflächenanlagen um 15 % gekürzt wird. Und die Förderung von Anlagen auf Ackerflächen sollte ganz entfallen. - Neuer Tatbestand! Neue Verunsicherung!

Am 23. März sagt Ministerpräsident Seehofer auf öffentlichen Druck - loyal wie er nun einmal so ist - in der Handwerkskammer Vieles zu. Er betont, die Bayern würden für Veränderungen und Verbesserungen eintreten, das Ganze müsse noch einmal überdacht werden, eine zu abrupte Kürzung oder eine zu drastische Kürzung berge die Gefahr schwerer Marktverwerfungen und bedeute den Verlust wertvoller Arbeitsplätze in einer hochmodernen Branche.

Recht hat er. Aber was passiert dann? Wenig später sagt er, er werde die Solarförderung kippen. Das hätte man dann natürlich immer noch machen können. Dann hieß es, man wolle eine Anhörung durchführen.

Am 12.03., bei einem Treffen mit Vertretern der Solarbranche hat Bayerns Ministerpräsident Seehofer seine ablehnende Haltung zur Kürzung der Solarförderung bekräftigt: "Die von der Bundesregierung angestrebten Senkungen sind zu hoch, setzen einen falschen Schwerpunkt und engen das Innovationspotenzial unnötig ein." - Herr Reiß, das ist Industriepolitik - zu Recht. Aber Sie bestreiten diese gerade in Ihrer Rede. Also wo wollen Sie denn jetzt hin? Wollen Sie den Ministerpräsidenten desavouieren? Oder was wollen Sie mit dieser Bemerkung?

Ich sage Ihnen: Bei dieser Verunsicherung, die Sie durch dieses halbjährige Gezerre ohne Plan, ohne Ziel in die Branche gebracht habe, muss man sich nicht

wundern, wenn in der Industrie, in der Wirtschaft und von den normalen Menschen draußen an Politik gezweifelt wird. Es geht hier um Arbeitsplätze, um jede Menge Arbeitsplätze, die Sie in Gefahr bringen. Sie bringen die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen in Gefahr. Sie haben die ganze Branche ins Trudeln gebracht. Wie wollen Sie dies wieder reparieren, wie wollen Sie das Vertrauen wiederherstellen?

Sie haben durch diese Maßnahme erreicht, dass jetzt ein Hype kommt, der die ganze Geschichte wieder verteuert. Aber Sie haben eines nicht erreicht: zu klären, wie die Zukunft in der Solarbranche ausschaut. Sie haben damit die Zukunftsfähigkeit einer großen Branche zerstört, weil Sie durch zu langes Zögern, durch zu langes Taktieren und Uneinigkeit in der Koalition dafür Sorge getragen haben, dass das Ganze nicht passt.

Und, Herr Kollege, wenn Sie dann noch sagen, Sie wollen die Verbraucher vor überhöhten Preisen schützen, dann darf ich Sie einmal daran erinnern, dass das EEG tatsächlich zwischen 6 Cent und 9 Cent in der Stromrechnung ausmacht. Ich hätte den Wunsch: Wenn Sie die Verbraucher schützen wollen, dann sagen Sie das den großen Energieerzeugern, die die Preise beliebig festsetzen; Sie könnten die Preisaufsicht auch in Bayern etwas besser kontrollieren, wenn man das denn wollte; das wollen wir aber nicht. Komischerweise klagen Sie da jetzt, dass man den Verbraucher zu wenig schützt. Ich hätte die Bitte, dass Sie dieses konsequent an allen Stellen tun, dann wären wir schon einen Schritt weiter.

Ich meine deshalb, man kann dem Antrag der GRÜNEN zustimmen - es ist ein Berichtsantrag -, weil ich glaube, er schadet nicht. Vom zeitlichen Ablauf her haben wir es fast erledigt nach dem, was ich als bisherigen Ablauf zu schildern versucht habe.

Herr Minister Zeil, es wäre schön, wenn wir in den nächsten Tagen endgültig Klarheit hätten, nicht darüber, was zwei Parteien wollen, sondern es geht jetzt wirklich um das, was ich vorher beschrieben habe: um Arbeitsplätze und um die Sicherheit eines ganzen Wirtschaftszweiges in die Zukunft hinein, der sich in Bayern gut entwickelt hat und der jetzt wirklich ins Trudeln geraten ist.

Meine Bitte wäre: Folgen Sie dem, was wir gesagt haben; lassen Sie es bei den 18 % in dem Zeitraum, den das EEG vorschreibt. Lassen Sie die Finger von der Differenzierung zwischen Ackerflächen und Freiflächen; das kriegen Sie nie hin. Geben Sie von mir aus den Kommunen planungsrechtlich das Werkzeug in die Hand, um sicherzustellen, dass die Kommunen sagen können, wo sie was wollen. Das können sie im Übrigen

heute schon, wenn sie wollen; das kann man noch verstärken.

Und sorgen Sie bitte für noch etwas: Sorgen Sie dafür, dass es der Herr Innenminister - jetzt ist er nicht da unterlässt, Kommunen brieflich zu beraten, wie sie Photovoltaik-Anlagen verhindern können. Das ist bisher nicht das Ziel der Staatsregierung gewesen, wenn ich es richtig verstanden habe, und da kann es nicht sein, dass ein Regierungsmitglied Kommunen schreibt, wie sie Voltaik-Anlagen verhindern können. Das kann nicht das Ziel sein!

Meiner Meinung nach muss man, wenn in dieser Regierung und im ganzen Parlament unisono Einigkeit besteht, dass wir Voltaik wollen, dafür Sorge tragen, dass den Kommunen gesagt wird, wie es geht, aber man soll ihnen nicht das Verhinderungsinstrument in die Hand zu geben nach dem Motto: Wir wollen es ja eigentlich sowieso nicht, und deswegen sagen wir euch, wie man es verhindern kann. Das sollte nicht funktionieren.

Da gibt es im Übrigen einen sehr interessanten Briefwechsel mit den Kommunen, den vom Innenminister sich zu besorgen ich Ihnen empfehle. Sie sollten sich ihn ansehen und vielleicht mit dem Ministerkollegen einmal ein ernstes Wörtchen darüber reden, was die Staatsregierung wirklich will, es sei denn, Sie erklären uns jetzt hier, dass Sie auch der Meinung sind, dass genügend Voltaik vorhanden ist. Dann ist das eine andere Situation. Darüber können wir reden - aber nicht mit uns, weil wir der Meinung sind, wir haben davon immer noch zu wenig und müssen diesen Wirtschaftszweig ausbauen. Deswegen empfehle ich Zustimmung zum Antrag der GRÜNEN.

Vielen Dank. - Es gibt noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Dr. Kirschner. Bitte schön.

Lieber Herr Wörner, ich komme zurück auf das letzte Mal, als ich mich schon gemeldet hatte. Wir sind uns einig, dass es sinnvoll war, das Ganze in Bewegung zu setzen und zu fördern, wie es gefördert worden ist. Wir unterscheiden uns nur beim Zeitablauf. Wir unterscheiden uns darin, dass Sie Forderungen stellen, die meines Erachtens wirtschaftspolitisch überhaupt nicht mehr tragbar sind. Ich habe bewusst in meinen letzten Unterlagen nachgeschaut. Ich habe eine Investition mit 500.000 Euro. Nach den jetzigen Fördersätzen bekomme ich 500.000 Euro von der Bank ohne einen Cent Eigenkapital und habe als Investor nach 20 Jahren exakt 300.000 Euro bar auf dem Konto liegen. Ist das wirtschaftlich angemessen?

Herr Kollege, ich habe es Ihnen neulich schon gesagt: natürlich nicht! Aber Sie vergessen immer hinzuzufügen, dass dieses und nächstes Jahr diese Vergütung bereits um 18 % gesenkt wird, und wir sind der Meinung, das ist ausreichend.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Wörner. - Nächste Wortmeldung: Kollege Aiwanger, Fraktion Freie Wähler. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Photovoltaik ist wieder ein weiteres Beispiel für einen energiepolitischen Zick-Zack-Kurs von Schwarz-Gelb. Die CSU führt uns wiederum vor, dass sie entweder keine Absicht hat, Planungskompetenz einzubringen, oder dass sie sogar fahrlässig in Kauf nimmt, die erneuerbaren Energien zu diskreditieren. Das sind wir ja schon von der Biokraftstoff-Thematik her gewohnt. Auch damals ist zu einem völlig unvorhersehbaren Zeitpunkt eine Besteuerung gekommen, die die Biokraftstoffbranche an die Wand genagelt hat. Im Nachhinein

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

hat es geheißen, man wolle hier wieder Planungssicherheit herstellen, um eine Perspektive zu eröffnen. Das ist bis heute nicht passiert.

Es drängt sich also förmlich der Verdacht auf, dass das nicht irgendwie Dummheit ist, sondern Absicht: Man will in die Energiebranche, vor allem in den Bereich der erneuerbaren Energien - das haben Sie jetzt mit gutem Geschick geschafft -, so viel Planungsunsicherheit bringen, dass die Investoren abspringen, am Ende niemand mehr bereit ist, hierfür Geld auszugeben, weil er sagt: Ich weiß nicht, was morgen kommt.

Wenn die CSU das Ziel hat, bis 2030 etwa 40 % erneuerbare Energien in Bayern zu haben, dann muss ich sagen: Dieses Ziel ist nicht ehrgeizig genug. Wenn Sie hier wirklich die Tore öffnen würden, könnten wir sehr viel mehr haben. Aber das haben Sie offensichtlich nicht vor.

Hier ist zunächst das Datum 1. April genannt worden, dann wird der 1. Juli genannt, jetzt wird der 1. Oktober genannt - das in einer Zeit, in der sich Leute entscheiden sollen, wie sie investieren sollen. Keiner weiß, wo es lang geht!

Meine Damen und Herren, wir haben vor einiger Zeit einen Antrag eingebracht, für die Kommunen Planungssicherheit bezüglich der Gewerbesteuersituation

herzustellen. Die 70/30-Regelung ist jetzt auf Bundesebene irgendwo in einer Pipeline, aber an der Basis, in der Praxis noch nicht angekommen.

Genauso ist es mit der Zielsetzung, Freiflächenanlagen nicht nur auf teilweise sehr hochwertigem Ackerland aufzustellen, sondern damit auch auf Grünland zu gehen. Auch das wird von der CDU im Bund abgelehnt, in Bayern wird es irgendwie propagiert.

Meine Damen und Herren, auch hier bringen Sie alles durcheinander. Hieran kann man ablesen: Sie wollen es de facto nicht. Ich appelliere an Sie: Setzen Sie sich dafür ein, dass hier Planungssicherheit kommt. Gehen Sie auf die guten Argumente ein und lassen Sie nicht erst einen Schuss los, der da lautet: Freiflächenanlagen wollen wir nicht mehr, dann kommt die Kritik aus der Branche, es kommt wieder die Zusage: Hoppla, Kommando zurück, jetzt wollen wir es doch wieder!

Liebe Abgeordnete der CSU, es muss Ihnen doch irgendwann selber klar werden, dass das, was hier von oben kommt, für den Bürger nicht mehr nachvollziehbar, nicht mehr verständlich ist und in der Praxis draußen - Sie sind ja zu Hause auch in den Kommunalparlamenten - dazu führt, dass die Bürgermeister sagen: Jawohl, vor einem Jahr, vor zwei Jahren, haben wir, als die Freiflächenanlagen gekommen sind, diese noch mit offenen Armen begrüßt, und jetzt kommt plötzlich so ein gewisses Zurückweichen, so eine Vorsicht: Hoppla, wir wissen nicht, was da auf uns zukommt, am Ende vielleicht auch die Entsorgungskosten für die Freiflächenanlagen. Wer ist dafür verantwortlich, diese wieder abzubauen? Da tauchen heute Betreiber auf, die morgen wieder weg sind. Am Ende bleibt der Grundstückseigentümer auf der Sache sitzen. Hier brauchen wir Planungssicherheit, hier brauchen wir Entscheidungen.

Vom Kollegen Kirschner habe ich vorhin gehört, ob es denn richtig sei, wenn für 500.000 Euro investiert wird und ein Investor nach 20 Jahren 300.000 Euro auf der hohen Kante liegen hat. Da kommt plötzlich das Neidargument. Ist es denn richtig, wenn die Kernenergieproduzenten Milliarden gewinnen? Dazu kommt von der FDP nur das Argument: Man muss den Leuten ihren Gewinn gönnen. Man soll kein Neidhammel sein. Aber wenn derjenige, der bei der Photovoltaik vielleicht ein paar Euro verdient - ich will es darauf ankommen lassen, ob er am Ende nicht wieder Entsorgungskosten damit zu bezahlen hat -, hat man plötzlich ein schlechtes Gewissen wegen des Geldes, das dort vielleicht sogar im dümmsten Fall aus Ihrer Sicht dezentral bei Privatleuten landet.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dezentrale, regionale Energiepolitik und nicht diese zukunftsverweigernde Atomenergielaufzeitverlängerung. Dort gibt

man Planungssicherheit nach vorne, dort verlängert man Phasen, um die Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen. Aber bei den erneuerbaren Energien tut man sich sehr schwer, denen das zuzugestehen, was man ihnen vorher versprochen hatte. Man kommt überraschend mit Kürzungen. Ich würde den Aufschrei hören wollen, wenn Sie zur Kernenergiebranche sagen würden: Wir halten uns nicht an den Atomkonsens, sondern wollen drei Jahre eher raus, genauso wie Sie jetzt zur Photovoltaikbranche sagen: Wir wollen eher aus dieser Förderung heraus.

In diesem Sinne ist eindeutig ablesbar: Sie betreiben leider Gottes eine Politik gegen die erneuerbaren Energien. Ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen, dass hier Planungssicherheit hineinkommt, damit die Kommunen und die Betreiber wissen, was los ist. Bis heute wissen sie es leider nicht.

Wir stimmen dem Antrag zu.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Kollege Aiwanger. - Für die FDP kommt nun Tobias Thalhammer zu Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich verweise eins zu eins auf meinen Wortbeitrag vom letzten Mittwoch, wo wir uns bereits mit demselben Thema beschäftigt haben. Zu allen Aspekten, die heute genannt wurden, habe ich letzten Mittwoch bereits Stellung bezogen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)