Deshalb finde ich es schade, dass in dieser Debatte so wenig darauf eingegangen wird. Diese Jugendlichen hätten gar nicht an Alkohol kommen dürfen.
Am meisten erstaunt mich, welche Möglichkeiten man schon nach der aktuellen Gesetzeslage hat, um dagegen vorzugehen. Zum Beispiel ist hinsichtlich der Flatrate-Partys im Gaststättengesetz eindeutig geregelt, dass die Berechtigung zum Ausschank von Alkohol entzogen werden kann, wenn alkoholische Getränke an offensichtlich angetrunkene Personen verabreicht wurden. Bei einer Flatrate-Party wird das häufig vorkommen. Es gibt also bereits jetzt Möglichkeiten. In letzter Zeit ist die Anzahl der Flatrate-Partys, vor allem auf dem flachen Land, zurückgegangen, weil man nach Lösungen gesucht hat.
Ein bisschen wundert mich diese Debatte, was die Tankstellen angeht. Sicher kann man sagen: Es kann verführen, wenn man rund um die Uhr an Alkohol kommt. Ich habe es vorhin erwähnt: Jugendliche unter 18 Jahren dürften gar nicht an branntweinhaltige Getränke kommen, und zwar rund um die Uhr, nicht erst nach 22.00 Uhr und auch nicht davor.
Erstaunlich ist, wenn man sich anschaut, wo es zum "Vorglühen" kommt, was vorhin erwähnt wurde. Eine
ganze Reihe von Studien und Zahlen belegt ganz deutlich, dass der Großteil im privaten Kreis stattfindet, meistens vor 22.00 Uhr. Bevor man weggeht, findet das "Vorglühen" statt, wie der Name schon sagt. Ein Verbot ab 22.00 Uhr würde auch nicht weiterhelfen, um dies einzudämmen.
(Dr. Paul Wengert (SPD): Die haben alle Schnapsbrennereien zu Hause! Was glauben Sie denn, woher die das Zeug haben?)
- Sie haben das Zeug, weil sie es teilweise vorher kaufen und weil sie es trotz des bestehenden Jugendschutzgesetzes bekommen. Die Frage ist: Warum wird das bestehende Jugendschutzgesetz nicht hinreichend angewandt? Warum macht man das nicht?
Für mehr Kontrolle würde mehr Personal benötigt. Wenn ein Gesetz verschärft wird, trotzdem aber nicht besser kontrolliert werden kann, bringt doch die Verschärfung des Gesetzes nichts.
Apropos Kontrolle: Ich möchte etwas zur Kontrolle bei Gaststätten sagen. Wir haben beim Strafmaß die Möglichkeit, bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz Geldstrafen bis zu 50.000 Euro zu verhängen, die wirklich abschrecken. Wenn die Zahlen zutreffen sollten und wenn stimmt, dass im Durchschnitt Strafen von 200 Euro verhängt werden, ist dies entsetzlich und beschämend. Wie kann es sein, dass die Bußgelder in diesem Bereich im Durchschnitt bei 200 Euro liegen, wenn das Höchstmaß bei 50.000 Euro liegt? Das hat keine abschreckende Wirkung. Daher ist zu fragen: Muss in den Bußgeldkatalog nicht eine Mindesthöhe des Bußgeldes aufgenommen werden, um wirklich eine abschreckende Wirkung zu erzeugen? Bei durchschnittlich 200 Euro wird keiner etwas machen; da drücken Sie die Augen zu, auch die Gastronomen. Das liegt nicht daran, dass die Gastronomen den Jugendschutz nicht kennen - darum geht es gar nicht -; sie wissen hinreichend Bescheid. Das aktuelle Bußgeld hat aber keine abschreckende Wirkung. Hier muss es zu einer Änderung kommen.
Ich komme zu einem weiteren Bereich, den man immer bedenken sollte, wenn man über das Thema spricht. Wir als Erwachsene haben hinsichtlich unserer Vorbildfunktion Verantwortung; das darf man nicht ganz verkennen. Aus unserer Gesellschaft ist Alkohol sicher nicht wegzudenken; in dieser Hinsicht bin ich durchaus Realist. Wir Erwachsene sollten aber schon unser Au
Bei Jugendlichen ist auch entscheidend, dass sie in der Regel nicht alleine, sondern in der Gruppe trinken. In einer Gruppe von Jugendlichen gibt es immer ein paar Personen, die sich profilieren müssen, um sich der Gruppe zugehörig zu fühlen oder um dazuzukommen. Wenn es mit einem Verkaufsverbot ab 22.00 Uhr zu einer Verschärfung der Gesetze kommt, wird dies genau für diese Jugendlichen ein Anreiz sein, sich zu profilieren, indem sie versuchen, vorher Alkohol zu besorgen und diesen dann mitzubringen. Jeder von Ihnen, der einmal im Ausland studiert hat oder einen Freund in einer Studentenstadt im europäischen Ausland oder in den USA besucht hat, wo es schwieriger ist, an Alkohol zu kommen, muss nur einmal in die Küchen der Studentenheime schauen. Dort ist ein riesiger Vorrat an harten Alkoholika gebunkert, weil sich die Studenten darauf eingestellt haben und wissen, dass es ab bestimmten Uhrzeiten schwieriger wird, Alkohol zu kaufen. Dort wird vorgesorgt, dort stehen dann die Sachen. Das heißt: Damit bekommt man das Problem nicht in den Griff.
- Ich möchte damit nicht das Problem kleinreden, damit mich keiner falsch versteht. Ich habe am Anfang erwähnt: Das größte Augenmerk bei uns muss wirklich auf den Jugendlichen unter 18 Jahren liegen; das ist ganz klar. Jede Einlieferung in das Krankenhaus ist eine zu viel - das ist unumstritten. Wir werden das Problem so aber nicht in den Griff bekommen. Wenn man fordert, die Gesetze zu verschärfen, habe ich etwas Angst, dass sich die Politik, wie es leider oft der Fall ist - das ist sicher nicht die Motivation der SPD-Fraktion -, dann zurücklehnt und sagt: Wir haben doch etwas getan; wir haben das Gesetz verschärft; schauen wir, wie es sich auswirkt. Zwei Jahre lang wird erst einmal nichts getan. Das darf nicht passieren. Dafür ist das Thema zu akut. Dem wird man aber Vorschub leisten, wenn man sich allein auf weitere Verschärfungen beschränkt.
Es geht auch um das Thema Flatrate-Partys, das hinreichend diskutiert worden ist. Ich habe es vorher kurz angesprochen. Es ist völlig richtig: Ich kann auch nicht ganz nachvollziehen, wie sich das für die Gastronomen rechnet. Ich habe aber am Anfang kurz erwähnt und möchte das wiederholen: Hinsichtlich der Flatrate-Partys ist auch vonseiten des Innenministeriums bzw. des Wirtschaftsministeriums eine klare Vorgabe an die Aufsichtsbehörden zu erlassen, wie das bestehende Gaststättengesetz auszulegen ist. Man kann es so auslegen, um das zu unterbinden. Das heißt, ein Gastronom
darf an eine ersichtlich angetrunkene Person keinen Alkohol ausschenken. Das trifft auf eine ganze Reihe von Flatrate-Partys zu. Deshalb muss den Behörden, vor allem auch den Landkreisen und Landratsämtern gezielt der Rücken gestärkt werden, hart durchzugreifen. Unser Ansatz zu diesem Thema ist also, das bestehende Gesetz anzuwenden und besser zu kontrollieren.
Ich komme zu einem Bereich, den ich nachher bei den Anträgen ansprechen werde; ich möchte ihn aber jetzt mit aufnehmen, da noch etwas Redezeit übrig ist. Ich meine das Thema Meldepflicht. Frau Staatsministerin Haderthauer ist gerade da. Wenn man das ernsthaft umsetzen wird, ist das für mich eine ganz gefährliche Sache. Sie haben vorher gemerkt: Ich lege meinen Schwerpunkt auf Jugendliche bis 16 Jahre. Es wird fraglich sein, ob ein Jugendlicher seinen Freund ins Krankenhaus bringt oder ärztliche Hilfe holt, wenn er Angst davor hat, dass etwas gemeldet wird. Vielleicht überlegt er sich: Warten wir erst einmal ab; vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Ich muss dazu sagen: Mir ist es lieber, den Arzt einmal zu oft als einmal zu selten zu rufen. Eine Meldepflicht birgt aber die Gefahr in sich, davon Abstand zu nehmen, einen Arzt zu rufen, da sie eine abschreckende Wirkung hat. Es ist sicher besser, wenn der Arzt einmal zu oft gerufen wird als einmal zu wenig.
Noch einmal mein Appell: Der Bußgeldkatalog muss überarbeitet werden. Es kann nicht sein, dass die durchschnittlichen Bußgelder bei 200 Euro liegen. Bei jedem Verkehrsteilnehmer, der zu schnell fährt, geht man härter vor. Es kann nicht sein, dass bei Gastronomen eine so niedrige Messlatte angesetzt wird. Das ist beschämend. Da muss gehandelt werden.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig: Die Entwicklung des Alkoholkonsums in unserer Gesellschaft gibt Anlass zur Sorge. Ja, es ist auch richtig: Besonders besorgniserregend ist, dass immer mehr Kinder von diesem Problem betroffen sind. Wir müssen uns die richtige Strategie überlegen.
Was uns unterscheidet, ist aber nicht die Frage, ob wir dieses Problem bekämpfen wollen, sondern wie wir das tun. Es geht nicht um Liberalität, sondern es geht um die Frage, welche Strategie richtig und wirksam ist. Ich
Der Weg, den Sie mit Ihrem Gesetzentwurf einschlagen, Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, ist ein Irrweg. Er ist weder im Gesetzestext noch in der Begründung schlüssig. Sie berufen sich darauf, dass internationale Studien einen Rückgang des Alkoholkonsums belegen würden. Ich bezweifle, dass diese Studien auf Bayern so übertragbar sind. So führen Sie unter anderem als Beleg eine amerikanische Studie an, die ein temporäres Alkoholverkaufsverbot von Freitag Mitternacht bis Montagmorgen 10.00 Uhr vorsieht. Das sind 58 Stunden. Vielleicht ist Ihr Ziel: kein Alkohol mehr am Wochenende. Sagen Sie das dann aber den Menschen in diesem Lande bitte ehrlich, und schreiben Sie das nicht ins Kleingedruckte.
Wenn Sie das nicht wollen, dann führen Sie nicht eine Studie als Beleg für einen Rückgang an, die von einem 58-stündigen Verkaufsverbot ausgeht, während Sie acht Stunden vorsehen wollen.
Ich sage Ihnen: Niemand bezweifelt, dass ein totales Alkoholverkaufsverbot zu einem Rückgang führen würde. Diesen Eingriff in die persönliche Freiheit aller wegen des Missbrauchs Einzelner, die noch dazu schon jetzt keinen Alkohol erhalten dürfen, werden wir aber nicht mittragen. Diesen Weg werden wir nicht mitgehen.
Wenn Sie den Gesetzentwurf so durchziehen, werden Sie vor allem eines erreichen: die Suche nach Umgehung. Da werden Gaststättenkonzessionen beantragt werden. Da kommen Findige wie Mineralölkonzerne in Baden-Württemberg auf die Idee, Konzepte vorzusehen, die besagen: Zuerst kaufen und später abholen. Das ist inzwischen wieder eingestellt. Vor allem aber werden Sie eine Vorverlagerung des Verkaufsverhaltens erreichen. Halten Sie denn die Jugendlichen, die sich jetzt schon illegal Alkohol beschaffen, wirklich für so dumm, dass sie nicht in der Lage sind, den Alkohol zwei Stunden früher zu holen?
Daneben hätten Sie das Problem, dass Kontrollen noch schwieriger würden. Fangen wir doch bei den Kontrollen an. Kontrollieren wir die Einhaltung der jetzigen Verbote. Setzen wir auf einen konsequenten Vollzug.
Bei all dem vergessen Sie das Wichtigste: Bereits jetzt dürfen Tankstellen genauso wenig wie Gaststätten harte Alkoholika an Jugendliche verkaufen. Dies belegt: Wir haben kein Gesetzesdefizit; wir haben ein Vollzugsdefizit.
(Beifall bei der FDP - Markus Rinderspacher (SPD): Aber Sie regieren doch! - Hubert Aiwanger (FW): Vollziehen Sie!)
Das Gleiche gilt für das Verbot von Flatrate-Partys. Bereits jetzt sind Flatrate-Angebote, die erkennbar auf die Verabreichung von Alkohol an Betrunkene abzielen, unzulässig. Lesen Sie zur Abwechslung einmal § 4 des Gaststättengesetzes. Dort heißt es ausdrücklich, dass derjenige, der Konzepte verfolgt, die dem Alkoholmissbrauch Vorschub leisten, gaststättenrechtlich unzuverlässig ist. Dies berechtigt zum Widerruf der Konzession.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Auch bei den Flatrate-Partys müssen die bestehenden Gesetze angewandt werden. Wer gaststättenrechtliche Konzepte verfolgt, die dem Alkoholmissbrauch Vorschub leisten, muss wissen, dass wir das nicht tolerieren, sondern dass wir mit aller Macht dagegen vorgehen. Was wir brauchen, haben wir in unserem Dringlichkeitsantrag deutlich vorgestellt. Herr Kollege Dr. Fahn, es ist sehr billig, wenn Sie sagen, dass das Wort "Vollzugsdefizit" eine Worthülse sei. Offensichtlich haben Sie den Unterschied zwischen Gesetzes- und Vollzugsdefizit nicht verstanden. Sehen Sie sich einmal an, was wir vorschlagen. Wir wollen Präventionsprojekte. Wir wollen Aufklärung und Beratung.
Wir müssen dafür sorgen, dass ehemals Alkoholabhängige an die Schulen kommen. Wir müssen dafür sorgen, dass Eltern und Erziehungsberechtigte mehr Beratung bekommen. All das wird die Koalition in die Wege leiten. Ich sage Ihnen: Wir müssen einen konsequenten Vollzug der bestehenden Gesetze erreichen. Dieser Vollzug hat durch die Kommunen zu erfolgen. Sie brauchen hierzu nicht auf die Staatsregierung zu verweisen.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass aus dem Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie ein Vorschlag zur Erhöhung der Bußgeldrahmen kommen wird. Wer Alkohol an Jugendliche abgibt, begeht kein Kavaliersdelikt. Ihm muss mit aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben werden, dass wir hier keinen Spaß verstehen. Das ist eine ernste Sache.
Ich sage deshalb noch einmal: Packen wir das Problem an den Wurzeln, statt an der falschen Stelle herumzustochern.