Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Jetzt ist es Zeit, Verantwortung zu zeigen. Das bayerische Kabinett hat sich gestern intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Es hat Sachverstand von außen beigezogen. Es hat einen Beschluss mit 17 Vorschlägen gefasst, die jetzt auch in die politische Diskussion in Berlin eingebracht werden, um dort diese Elemente durchzusetzen. Herr Kollege Rinderspacher, Sie sprachen davon, dass es an der Tatkraft des Kabinetts fehle, an der Tatkraft derjenigen, die im Kabinett Verantwortung tragen. Das muss ich entschieden zurückweisen. Genau gestern hat das Kabinett gehandelt.

(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Genau die richtigen Worte: Sie müssen es zurückweisen!)

So schwierig die Situation auch ist, wir halten die Hilfe für Griechenland und den Rettungsschirm für den Euro für die richtige Lösung. Dazu gibt es keine Alternative. Von Ihnen haben wir heute dazu wenig gehört. Ich meine, dass der eingeschlagene Weg fortgesetzt werden muss. Wir brauchen eine Beruhigung der Gesamtsituation für die Märkte, aber auch für die Menschen.

Wir müssen Vertrauen aufbauen. Dabei brauchen wir kein Stimmenwirrwarr und auch keine theoretischen Debatten. Wir müssen jetzt entschlossen handeln. Es hilft nichts, wenn sich führende Banker dieses Landes dadurch hervortun, dass sie in Talkshows zusätzlich Öl ins Feuer gießen und bezweifeln, dass Griechenland seine Schulden jemals zurückzahlt. Das ist nicht hilfreich für vertrauensbildende Maßnahmen, sondern schafft nur weitere Verunsicherung.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Mit welchen Menschen wir es zu tun haben, zeigt das renommierte "Wall Street Journal", das über eine interessante Geschichte berichtet: An einem Abend im Februar dieses Jahres trafen sich führende Hedgefonds-Manager in einer Privatwohnung in Manhattan zu einem vertraulichen Abendessen.

(Hubert Aiwanger (FW): Märchenstunde!)

Dabei haben sie eine weltweit organisierte Attacke gegen den Euro diskutiert.

(Hubert Aiwanger (FW): Reine Verschwörungstheorie!)

Drei Minuten hat die Diskussion gedauert, und wir haben gesehen, was mit solchen Hedgefonds letztlich geschehen kann.

Herr Kollege Rinderspacher, sie haben uns vorhin erzählt, wo die Ursachen für die Krise liegen. Sie haben dabei die Namen von CDU-, CSU- und FDP-Politikern aufgezählt. Sie sollten aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es Finanzminister Eichel war, der die Fondsbranche gestärkt hat. Dies sei erforderlich gewesen, um den Finanzplatz Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Eine Maßnahme war dabei die Legalisierung von Hedgefonds. Das ist die Realität.

Zuvor sind Sie ans Rednerpult getreten und haben denen Vorhaltungen gemacht, die in den letzten Jahren Regierungsverantwortung getragen haben - allerdings nur, soweit es die Union anging. Sie haben

nicht davon gesprochen, dass die eigentlich Verantwortlichen ganz andere gewesen sind. Wo war denn Steinbrück, wo war denn Eichel in dieser Situation? Die beiden haben genau das Gegenteil vertreten. Sie beklagen heute genau das, was die damals Verantwortlichen aus den Reihen der SPD initiiert und unterstützt haben. Das ist keine redliche Politik. Sie können nicht hierher treten und Argumente bringen, die nicht zutreffen. Genau diejenigen, die Sie heute ausgelassen haben, tragen die Hauptverantwortung.

Jetzt frage ich: Wie war denn die Situation bei der Aufnahme Griechenlands in den Euroraum? Ich zitiere aus einer Debatte vom 29. Juni 2000. Wer hat damals regiert? Wer hat damals im Deutschen Bundestag gesprochen? Hans Eichel. Ich zitiere:

Die Bundesregierung hat … dem Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone … zugestimmt. … Griechenland hat auf einem langen und schwierigen Weg einen erfolgreichen Konvergenzprozess hinter sich. Dazu kann man Griechenland nur gratulieren. Ich freue mich, dass Griechenland mit seiner langen Geschichte und seinem großen Beitrag, den es zur europäischen Kultur geleistet hat, Mitglied der Eurozone wird.

Ich zitiere weiter:

Vor zehn Jahren hätte sich niemand vorstellen können, dass Griechenland und viele andere Länder in so kurzer Zeit von hohen Inflationsraten und hohen Zinsen herunterkommen und das Staatsdefizit ganz konsequent begrenzen. Deswegen sage ich: Wir haben allen Grund, Griechenland zu diesem Erfolg zu gratulieren.

Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CSU)

Heute tun Sie so, als hätten Sie damals mit der Sache nichts zu tun gehabt. Sie werfen Gott und der Welt ein Fehlverhalten vor. Genau das haben Sie gemacht. Die eigentlich Verantwortlichen aus dieser Zeit erwähnen Sie aber nicht. Ich habe es schon gesagt: Eichel hat die Hedgefonds legalisiert. Wer hat denn die Stabilitätskriterien aufgeweicht, die Theo Waigel mit uns und mit der damaligen Regierung formuliert hat? Heute wird dieses Aufweichen beklagt. In der Nachfrage des Kollegen wurde nur en passant darauf hingewiesen. Sie von der SPD haben die Stabilitätskriterien aufgeweicht und Sie sind deshalb auch dafür verantwortlich, dass wir jetzt in dieser Situation sind. Nicht mehr und nicht weniger!

(Beifall bei der CSU)

Zu Ihren Ausführungen zum Landeshaushalt werde ich nachher noch kommen. Es wäre reizvoll, wenn wir bei passender Gelegenheit darüber diskutieren, nicht heute, wo es darum geht, die größte Krise in Europa miteinander zu bewältigen und dazu einen konstruktiven Beitrag zu leisten.

Der Generalangriff, der sicher unternommen wurde, ist zurückgeschlagen worden. Der Generalangriff konnte deswegen zurückgeschlagen werden, weil Europa in dieser Situation eine erstaunliche Stärke gezeigt hat. Es hat eine erstaunliche Stärke darin gezeigt, dass wir zusammenhalten, dass wir handlungsfähig sind und dass wir mit ganz konkreten Maßnahmen diejenigen in die Schranken weisen, die gemeint haben, mit Zockerei könne man den Euro beeinträchtigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Das hat diese Situation jetzt gezeigt. Man hat immer wieder daran gezweifelt, dass Europa diese Stärke hat. Europa hat aber diese Stärke und diese Kraft. Das ist auch eine Lehre aus dieser Situation und dieser Krise: Wenn es darauf ankommt, kann die Europäische Union handeln und reagieren.

Ich glaube auch, dass die Europäische Union in der richtigen zeitlichen Abfolge gehandelt hat. Sie haben ein Phasenmodell kreiert, Herr Kollege, das nicht der Realität entspricht. Zunächst stand das Thema Griechenland im Vordergrund, und dann hat es sich zugespitzt. Es war richtig, dass nicht sofort, übereilt und überstürzt gehandelt wurde. Der amtierende Ratsvorsitzende und spanische Außenminister Miguel Moratinos, übrigens ein Sozialdemokrat, hat wesentlich klüger argumentiert und betont, das Zögern der Bundesregierung sei hilfreich gewesen, um die Regierung in Athen wirklich zum Sparen zu zwingen. Es wäre ein Fehler gewesen, übereilt und hektisch zu agieren und nach dem Motto zu handeln: Wir sind bereit, wir stehen mit allen Mitteln zur Verfügung. Das hat nicht dem Willen der Menschen entsprochen. Man muss in einer solchen Situation die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Es war richtig, zuerst zu warten und zu sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt. Es war richtig, erst dann die Kräfte zu bündeln, zu argumentieren und zu handeln. Wenn der amtierende Ratsvorsitzende und spanische Außenminister, der Ihrer Partei nahe steht, so argumentiert, kann ich nur sagen, dass er recht gehabt hat. Es war richtig und vernünftig, so zu argumentieren.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gilt auch jetzt. Ich halte es für richtig, dass in Berlin nach wie vor intensiv darüber diskutiert wird, welche Rolle die Parla

mente in Zukunft spielen. Diese Frage stellt sich im Übrigen heute auch im Bayerischen Landtag. Ich bin Vizepräsident Reinhold Bocklet sehr dankbar dafür, dass er heute zu Beginn darauf hingewiesen hat, dass wir in solch essenzielle Entscheidungen auch das bayerische Parlament einbinden müssen, weil die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes intensiv betroffen sind. Ich bin mir sicher, dass dies auch die Meinung von Franz Maget ist. Deswegen ist es gut, dass wir das Parlamentsinformationsgesetz in ein Parlamentsbeteiligungsgesetz umwandeln. An dieser Stelle zeigt sich die Notwendigkeit dieses Schrittes.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Zur Situation in Berlin: Ich halte es für richtig, dass die Entscheidung noch einmal vertagt wurde, Herr Ministerpräsident. Es wäre ein Fehler gewesen, sofort zu entscheiden und es hinnehmen zu müssen, dass die parlamentarischen Gremien künftig bei der Vergabe und Kontrolle des Geldes nicht mehr dabei, sondern ausgeschlossen sind. Das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht erkannt: In solchen Situationen müssen wir die Parlamente und die Volksvertreter wieder stärker einbinden. Wir dürfen solche Entscheidungen nicht der Verwaltung überlassen.

(Beifall bei der CSU)

Es ist richtig, es sind zwei Elemente, die zu dieser Krise geführt haben. Zum einen waren Spekulanten unterwegs, keine ehrbaren Kaufleute. Es waren Spekulanten, die aus ihrer Gewinnsucht und aus ihrem Profitstreben heraus vor nichts Halt gemacht haben. Die Wahrheit ist aber auch, und das ist der zweite Punkt, dass die Verschuldung mancher EU-Länder dazu führte, dass wir in eine derart kritische Situation geraten sind. Die Lehre aus dieser Situation muss deshalb sein, dass Länder mit einer derart hohen Verschuldung - Griechenland hat eine Verschuldung von 99 % seines Haushalts - davon wieder wegkommen. Herr Rinderspacher, Griechenland war im Übrigen schon damals in einer sehr schwierigen Situation. Die SPD aber war trotzdem dafür, Griechenland in den Währungsverbund aufzunehmen.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Sie waren dagegen!)

- Ja, die CSU war dagegen! Das ist doch genau das Problem. Herr Rinderspacher tritt heute hier ans Pult und tut so, als wären es die anderen gewesen. Es war aber die SPD, die damals befürwortete und nachhaltig unterstützte, und zwar gemeinsam mit den GRÜNEN, dass Griechenland Mitglied in der Eurozone wurde.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie aber gehen heute hier an das Rednerpult und verteilen die Schulden auf andere. Hier haben Sie Verantwortung, dazu sollten Sie sich auch bekennen.

(Allgemeine Unruhe)

Die unsolide Finanzpolitik dieser Länder ist die Hauptursache für das Problem. Es geht deshalb darum, dass diese Länder an der Lösung des Problems arbeiten. Das wird nicht einfach sein. Wir haben erlebt, was das beispielsweise für Griechenland bedeutet. Wir haben gesehen, welche Folgen es hat, wenn diese Länder erhebliche Einschnitte vornehmen. Wir haben weitere Länder, die einen hohen Verschuldungsgrad aufweisen, beispielsweise Portugal. Aus diesem Dilemma muss auch die Lehre gezogen werden, dass diese Länder ihre Verschuldung zurückführen und wieder auf einen guten und soliden Finanzkurs kommen müssen.

(Beifall des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Es ist deshalb richtig, dass wir in Deutschland die Schuldenbremse in das Grundgesetz aufgenommen haben. Das ist richtig! Das wird ein harter Weg werden, was sich zeigen wird, wenn wir in den nächsten Jahren über den Haushalt des Bundes reden. Deshalb werden auch die hoch verschuldeten Länder eine Schuldenbremse brauchen und wir werden auch auf europäischer Ebene eine Schuldenbremse brauchen. Was wir in den 90er-Jahren in der Haushaltsordnung, der "Bayerischen Verfassung für die Finanzwirtschaft", festgelegt haben, das brauchen wir nicht nur in Bayern oder in Deutschland, sondern das brauchen wir in ganz Europa. Ja, das brauchen wir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, für die ganze Welt!

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte noch ein paar Bemerkungen zu dem machen, was Sie, Herr Rinderspacher, zum bayerischen Staatshaushalt gesagt haben. Das kann nicht unwidersprochen stehen bleiben, auch wenn das heute nicht unser Thema ist. Ich bin inzwischen 20 Jahre in diesem Parlament. Wenn ich alles addieren würde, was die SPD in den Haushaltsberatungen der letzen 20 Jahre gefordert hat, wenn wir all diese Forderungen realisiert hätten, dann hätten wir eine Verschuldung, die dreimal so hoch ist wie die, die wir heute haben.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Zu- rufe von der SPD)

Wie gut wir in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wirtschaften können, zeigt auch der aktuelle Haushalt 2010, Herr Kollege Rinderspacher.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Und die Schulden bei den Kommunen wären nur halb so groß! - Gegenruf von der CSU: Wir wären so verschuldet wie Griechenland!)

Georg Fahrenschon hat zusammen mit der CSUFraktion und mit unserem Koalitionspartner, der FDP, nach der Steuerschätzung im November des vergangenen Jahres den Haushalt festgesetzt. Dieser Haushalt wurde beschlossen. Heute können wir feststellen, selbst in dieser schwierigen Zeit bekommen wir bestätigt: Es war richtig, den Haushalt erst im Herbst zu behandeln, die Steuerschätzung abzuwarten und über den Haushalt auf solider Basis schnell und unbürokratisch zu entscheiden, um eine solide Grundlage für das Wirtschaften im Jahr 2010 zu haben. Das ist gelungen, liebe Freunde, und das wird auch für die Jahre 2011 und 2012 gelingen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU - Zurufe von der CSU: Bravo, bravo!)

Machen Sie sich keine Sorgen, wir wissen, dass Sie, Herr Rinderspacher, zur Konsolidierung dieses Haushalts keinen Beitrag leisten werden. Einsparvorschläge habe ich von der SPD noch nie gehört.

(Hubert Aiwanger (FW): Doch, die dritte Startbahn! Die S-Bahn-Stammstrecke!)