Protokoll der Sitzung vom 19.05.2010

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Wir stehen an einem wichtigen Punkt. Ein zentrales Element der Sicherheit und der Service-Verbesserung für die Schulen in Bayern geht heute in die parlamentarische Schlussberatung.

Die Änderung des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes dient einer neuen rechtlichen Basis für die Erhebung von Daten, die einen ganz besonders sensiblen Umgang erfordern, nämlich die Daten von Schülerinnen und Schülern, um auf der einen Seite einen zeitgemäßen datenschutzrechtlichen Rahmen zu geben und auf der anderen Seite eine entsprechende Arbeit mit den Daten zu ermöglichen, die zum einen schulbezogen Fortschritte ermöglicht, zum anderen aber bei einem Höchstmaß an Datenschutz die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für Bildungsplanung, Bildungsinvestitionsplanung und für Personalplanung in der Bildungspolitik in Bayern liefert.

Ich danke ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen, die sich in diesen Wochen an dieser zügigen und intensiven Beratung beteiligt haben. Wir haben es geschafft, ein Höchstmaß an Datenschutz mit einem Höchstmaß an Effizienz und bildungspolitischer Pla

nungssicherheit auf den Weg zu bringen. Ein einmaliger Vorgang in der jüngeren bayerischen Bildungsgeschichte ist, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz bei der Entwicklung eines Teils des Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes den Gesetzentwurf nicht, wie im üblichen Verfahren, zur Bewertung erhalten hat, sondern dass er unmittelbar in den Gesetzgebungsprozess und in die Formulierung des Gesetzestextes eingebunden war. Er hat mit ganz konkreten Vorschlägen unmittelbar am Prozess der Gesetzesverdichtung und letztlich der Einbringung dieses Gesetzentwurfes mitgewirkt. Das heißt, bei allen wesentlichen Weichenstellungen sind die erforderlichen datenschutzrechtlichen Einwendungen vom Landesbeauftragten für den Datenschutz konkret benannt worden und in die Gestaltung des Gesetzentwurfes eingeflossen - natürlich auf dem üblichen Wege mit der entsprechenden fachlichen Stellungnahme versehen. Dabei ist ohne Zweifel auf die berechtigten Einwände und Sorgen bezüglich des Datenschutzes - ich konnte am Beginn der Plenarsitzung mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern das Thema noch einmal besprechen - eingegangen worden. Auf diese Sorgen ist Rücksicht genommen worden. Diesen Bedenken ist in einem Höchstmaß Rechnung getragen worden. Das stellt sich inzwischen bundesweit als einmaliges datenschutzrechtliches Niveau dar und wurde bereits von anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland als Vorbild angefordert.

Tatsache ist - Frau Kollegin Will und Herr Kollege Wägemann haben darauf hingewiesen -, dass wir keine Verordnung, kein rechtliches Instrumentarium, keine rechtliche Profilierung der Verwaltung anwenden, um Erhebungstatmerkmale, Zugriffsmöglichkeiten und Ähnliches zu definieren, sondern dass der Gesetzgeber, das Hohe Haus, zum ersten Mal den gesamten Umfang des Datenerhebungsprozesses, der Zugriffe, der entsprechenden Vorlagen mit dem heutigen Beschluss absegnet und damit in Gesetzesform gießt. Dieses Niveau an Datenschutz setzt im Umgang mit berechtigt sensiblen und in ihrer Sensibilität besonders zu berücksichtigenden Daten von Schülerinnen und Schülern einen Maßstab, wie er bisher nicht erreicht wurde.

Auch der Weg, wie wir mit den Daten umgehen, ist einmalig. Neben der Frage der unmittelbaren, personenbezogenen Stammdaten, die an der einzelnen Schule zur Verwendung kommen, wird ein neuer Weg eingeschlagen. Das heißt, wir werden in der Lage sein, mit Instrumentarien des Statistischen Landesamtes Grundlagen für Bildungsplanung und Investitionsentscheidungen erheblichsten Ausmaßes zu schaffen. Es geht um Beträge im dreistelligen Millionenbereich für die Personalplanung. Damit diese Planung auf verlässlicher Grundlage erfolgen kann, sind

wir in der Bildungspolitik in ganz besonderer Weise gefordert zu entscheiden. Hierfür werden wir auf höchstem sowohl datenschutzrechtlichen als auch statistischen Niveau Planungsgrundlagen und Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung haben.

Das Landesamt für Statistik ist Herr des Verfahrens. Die Beamten, die im Verantwortungsbereich des Kultusministeriums mit diesen Daten befasst sind, unterstehen nicht dem Arbeitsbereich des Kultusministeriums, sondern werden dienstrechtlich dem Statistischen Landesamt zugeordnet. Die beiden Regierungsfraktionen haben im Haushaltsausschuss einen Änderungsantrag eingebracht, der diese Datensicherheit weiter erhöht. Durch ihn werden eine Evaluation des neuen Verfahrens nach zwei Jahren und die Protokollierung der Datenabrufe an den Schulen ermöglicht. Wir können dem Vorwurf des zusätzlichen Verwaltungsaufwands durch dieses jetzt in das Verfahren gebrachte Evaluationsinstrument entgegensteuern. Vor allem aber wird durch eine zusätzliche Stufe der Absicherung nachvollziehbar sein, wer konkret Zugriff genommen hat. Das kommt zusätzlich in dieses Gesetz hinein. Weil wir einen Weg einschlagen, der bundesweit beispielgebend ist, darf ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist hiermit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/3827, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/4713 und 16/4834 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport auf der Drucksache 16/4807 zugrunde.

Vorweg lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/4834 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Die Fraktionen von CSU und FDP. Stimmenthaltungen? - Die Fraktionen der SPD, der Freien Wähler und die fraktionslose Abgeordnete Frau Dr. Pauli. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf 16/3827 empfiehlt der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Ich verweise soweit auf die Drucksache 16/4807. Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die

Fraktionen der CSU und der FDP. Gegenstimmen? Die Fraktion der SPD, der Freien Wähler, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der fraktionslosen Abgeordneten Dr. Pauli. Damit ist der Gesetzentwurf so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Sie wird, wie beantragt, namentlich durchgeführt. Sie haben fünf Minuten Zeit. Mit der Abstimmung kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 17.18 bis 17.23 Uhr)

Meine sehr geehrten Herren und Damen, haben Sie Ihre Stimmkarten abgegeben? - Dann kann der Abstimmungsvorgang geschlossen werden. Wir lassen das Ergebnis außerhalb des Plenarsaals ermitteln und werden Sie dann über das Ergebnis informieren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 2)

Von der Abstimmung ausgenommen ist die als Listennummer 1 aufgeführte Verfassungsstreitigkeit, die auf Antrag der SPD einzeln beraten werden soll.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 2)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. Das sind weitgehend die Fraktionen der CSU, der FDP, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der Freien Wähler und Frau Abgeordnete Dr. Pauli. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Als ersten rufe ich auf den

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König, Dr. Otto Hünnerkopf u. a. und Fraktion (CSU),

Thomas Hacker, Tobias Thalhammer, Dr. Andreas Fischer u. a. und Fraktion (FDP) Nachrüstung von Kleinkläranlagen Verlängerung der bis Ende 2010 befristeten Förderung (Drs. 16/4839)

Ich eröffne die Aussprache. Den ersten Redebeitrag leistet Herr Dr. Hünnerkopf, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Uns geht es um die Nachrüstung der Kleinkläranlagen und um eine Verlängerung der bis Ende 2010 befristeten Förderung.

Der Freistaat Bayern hat in den letzten 60 Jahren sehr viel Geld in die Hand genommen und hat für die kommunalen Abwasseranlagen 8,4 Milliarden und für die Wasserversorgungsanlagen 3,5 Milliarden Euro Förderung an die Kommunen ausgereicht. Bei der Abwasserentsorgung beträgt der Anschlussgrad von kommunalen Kläranlagen inzwischen etwa 96 oder 97 %. Beim Rest besteht eine Situation, die einen Anschluss an zentrale Kläranlagen schwermacht. Daher wurde im Jahr 2002 die Förderung der Nachrüstung von Kleinkläranlagen ins Auge gefasst. Damals haben sich der frühere Kollege Hofmann und unsere Kollegin Frau Renate Dodell sehr engagiert.

Im Jahr 2003 begann die Förderung, die bis heute mehrfach verlängert wurde. Durch die Nachrüstung bestehen inzwischen beste technische Gegebenheiten, die uns natürlich auch ein wenig stolz machen; dennoch besteht immer noch eine Herausforderung. Insgesamt sind ungefähr 100.000 solcher Anlagen erforderlich. Bis heute wurden etwa zwei Drittel nachgerüstet. Für diese zwei Drittel werden bis Ende dieses Jahres etwa 120 Millionen Euro an Fördermitteln ausgereicht sein.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es steht also ungefähr noch ein Drittel, etwa 35.000 Anlagen, zur Nachrüstung an. Wir müssen für bestimmte Situationen im ländlichen Raum - Einöden, Weiler, kleinere Ortschaften - wirtschaftliche Lösungen finden. Wir dürfen die Menschen dort nicht mit ihren Problemen allein lassen, die aufgrund von Kleinkläranlagen auf der Basis früherer Lösungen entstehen. Die Kommunen und die Menschen vor Ort begrüßen diese Lösung natürlich sehr. Es geht darum, die Situation noch weiter zu verbessern und die Nachrüstung zu komplettieren.

Wir wollen, dass auch dort die Abwässer gereinigt werden, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie realisiert werden und die Gewässer in einen sehr guten Zustand versetzt werden. Mit diesem Antrag soll letztmalig - so sehen wir es - eine Förderung bis Ende des

Jahres 2014 in Gang gesetzt werden. Rein rechnerisch ergibt sich daraus ein Bedarf von ungefähr 60 Millionen. Bislang wurden für zwei Drittel der Anlagen 120 Millionen ausgegeben. Da die Kleinkläranlagen inzwischen natürlich günstiger sind, ist eine Kürzung dieser Förderung durchaus zu rechtfertigen. Bisher betrug die Förderung 1.500 Euro. Wenn sie um ein Drittel auf 1.000 Euro gekürzt wird, besteht nur noch ein Förderbedarf von 40 Millionen; das ergibt 10 Millionen pro Jahr. Das ist weit weniger, als wir bisher immer eingestellt haben.

Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns sicher darin einig, dass wir eine sinnvolle Regelung für die Abwasserbehandlung komplettieren und die Menschen unterstützen wollen, damit das auch gelingt. Wir wollen dabei die Kosten in Grenzen halten, sinnvolle wirtschaftliche Lösungen realisieren und alles unternehmen, um die möglichen negativen Auswirkungen auf die Natur in Grenzen zu halten, wollen Fließgewässer weiter verbessern und die Badequalität von Seen erhalten.

Der Antrag ist nach unserer Auffassung sicher gut und wohl auch für alle anderen zustimmungsfähig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Fraktionen, ich bitte Sie, mit uns zusammen diese sinnvolle Lösung zu beschließen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat sich Herr Wörner von der SPD zu Wort gemeldet.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Dr. Hünnerkopf, eine Frage müssen Sie sich gefallen lassen. Warum haben Sie unseren Antrag bei den Haushaltsberatungen abgelehnt? Offensichtlich sind Sie wieder aufgewacht. Wenn die SPD Anträge stellt, werden diese generell abgelehnt. Schließlich kommen Sie dahinter, dass der Antrag nicht so schlecht war, und schreiben ihn selber.

(Maria Noichl (SPD): Scheinheilig!)

Sie haben vorher zu Recht Kollegen Hofmann und andere Kollegen erwähnt. Wir haben damals das Gesetz alle gemeinsam gegen den Widerspruch aus der Wasserwirtschaft auf den Weg gebracht. Das muss man wissen. Herr Sinner, das wissen Sie. Diese Gemeinsamkeit würde ich mir wieder wünschen. Deshalb erinnere ich Sie daran, dass der Haushaltsantrag abgelehnt worden ist.

Kolleginnen und Kollegen, wir müssen weiterhin dafür Sorge tragen, dass diese Kleinkläranlagen nicht stiefmütterlich von den Kommunen behandelt werden. Sie wissen genau, wie viele Petitionen und Anrufe wir erhalten, weil die Gemeinden in anderen Größenordnungen denken. Wir sind alle der Meinung - das haben Sie richtig beschrieben -, dass dies billiger geht. Wir sollten nach wie vor in den Kommunen für gute Lösungen werben. In Bayern sind wir damit auf einem guten Weg. Das will ich nicht bestreiten. Notwendig ist es jedoch, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es außer den Großklärern auch Kleinklärer gibt, mit denen sichergestellt wird, dass das bereitgestellte Geld ausreicht.

Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Der Freistaat Bayern müsste endlich seine Schulden bei den Kommunen, die vorfinanziert haben, begleichen. Den Gemeinden ginge es dann wesentlich besser.

(Beifall bei der SPD)

Die Schulden tun den Kommunen weh, da die Kommunen vorfinanziert haben und nun durch das nicht vorhandene Geld Zinsen bezahlen müssen. Dabei handelte es sich in den meisten Fällen um Klär- oder Wassergewinnungsanlagen. Die Gemeinden würden im Falle der Schuldenbegleichung solider dastehen als mit dem Schuldendienst, den sie derzeit aufnehmen müssen. Lassen Sie uns beim nächsten Haushalt daran denken. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dieses Defizit in den Gemeinden zu reduzieren.

(Beifall bei der SPD)

Für die Freien Wähler bitte ich nun Herrn Kollegen Hanisch nach vorne.