Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

In der Sache sind wir uns einig. Ich bitte um Unterstützung des Antrags der CSU und der FDP und bitte um Verständnis dafür - ich habe das begründet -, dass wir die beiden anderen Dringlichkeitsanträge ablehnen.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Bevor ich in der Rednerliste fortfahre, darf ich kurz das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Peter Meyer und anderer und Fraktion der Freien Wähler zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Neuen Dienstrecht in Bayern auf Drucksache 16/5209 bekannt geben. Mit Ja haben 55 Abgeordnete gestimmt; mit Nein haben 83 Abgeordnete gestimmt; es gab 8 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Zum aktuellen Tagesordnungspunkt darf ich nun das Wort an Kollegen Ludwig Wörner von der SPD-Fraktion weiterreichen, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen mit unserem Antrag deutlich machen, dass es keine Verknüpfung geben darf zwischen Laufzeitverlängerung und Besteuerung der Brennelemente, auch wenn sie geistig bei allen mitspielt. Bei der CSU ist sowieso klar, bei der FDP auch, dass das verbal nicht begründet wird. Bisher waren aber Sie diejenigen, die die Kernkraft auf Teufel komm raus befördert haben, obwohl die Probleme bekannt sind.

Vor Kurzem habe ich schon einmal versucht, deutlich zu machen, dass wir die Technikgläubigkeit zwar alle in uns haben, es aber schwierig wird, wenn man es so

macht wie Sie. Zurzeit erleben wir ein Öldesaster, das wir nicht beherrschen und das es gemäß der Philosophie bei der Entscheidung zum Bohren eigentlich gar nicht hätte geben dürfen. Trotzdem haben wir das Desaster.

Die CSU hat bezüglich der Atomtechnik stets gesagt, diese gehe in Ordnung und es passiere nichts. Auf bayerisch könnte man sagen: Nun hat man den Dreck im Schachterl. Leider haben wir jetzt ein heftiges Problem, aus dem sich die Staatsregierung mit einer "genialen" Informationspolitik herausstiehlt. Und, meine Damen und Herren, wir hatten Tschernobyl. Ist Ihnen das noch immer nicht genug? - Sie verhalten sich jedenfalls so. Ist Ihnen das nicht Warnung und Anlass genug, darüber nachzudenken, ob dieser Weg weiter beschritten werden soll? - Anscheinend nicht. Sie sollten die Zusammenhänge zwischen der Verlängerung mit einer weiteren Überproduktion von Giftstoffen, die nicht mehr verschwinden, nicht leugnen. Aus diesen Gründen lehnen wir es ab, nur die Brennelemente zu besteuern.

Sie werden niemandem erklären können, dass ein normaler Bürger für alle Zinsen 25 % Zinsabschlagsteuer zahlen muss, diese steuerrechtliche Regelung aber nicht für die Energieerzeuger gilt. Das bedeutet, dass die vier großen Energieerzeuger für die Rückstellungen in Höhe von 70 bis 80 Milliarden Euro keinen Cent Zinsabschlagsteuer zahlen müssen. Sie können mit diesem Geld jeden Unfug dieser Welt betreiben. Kolleginnen und Kollegen, Sie sollten uns sagen, wie wir einem Wähler dies vermitteln wollen. Das kann nicht funktionieren, weil das dem Gerechtigkeitssinn widerspricht. Ich meine, dass die meisten hier im Haus bei gründlicher Überlegung auch zu diesem Ergebnis kommen werden.

Ich meine deshalb, dass wir beides machen müssen: Zum einen sollte die Abschlagsteuer erhoben und zum anderen die Besteuerung der Brennelemente eingeführt werden. Allerdings muss der Verdacht vermieden werden, das bayerische Parlament sei käuflich und lasse sich die Laufzeitverlängerung abkaufen. Zwar sind es die Energieerzeuger, die die Vereinbarung brechen, aber Sie sind Helfershelfer beim Vertragsbruch. Das darf nicht sein. Man sollte nicht meinen, dass das nicht wichtig wäre, weil man Geld braucht. Das Ergebnis sollte nicht sein, dass die Energieerzeuger die Laufzeitverlängerung bekommen, die wir nicht wollen. Ich habe deshalb die Bitte an die Koalitionsfraktionen, unserem Antrag zuzustimmen. In diesem Falle wird die SPD dem Antrag der Regierungsfraktionen zustimmen. Wenn nicht, wird sich die SPD der Stimme enthalten. Dem Antrag der GRÜNEN wird die SPD zustimmen, weil wir gemeinsam den richtigen Weg eingeschlagen haben.

Ich empfehle Ihnen, mit dieser Materie nicht länger zu spielen. Wir haben nicht einmal eine Ölbohrstelle im Griff und können das auch nicht von der Atomenergie behaupten, wo jeder Unfall bedeuten kann: Restrisiko ist gleich Todesrisiko. Kann es sein, dass wir das verdrängen, weil wir meinen, technisch alles beherrschen zu können? - Sie wissen so gut wie ich, dass man Technik ebenso wenig wie den Menschen letztendlich beherrschen kann. Deshalb meine ich, dass es dringend geboten ist, die Brennelementesteuer einzuführen, zeitgleich Gerechtigkeit zu schaffen und die Zinsabschlagsteuer zu berechnen. Ich bitte, dem Antrag der SPD zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Kollege Glauber für die Fraktion der Freien Wähler.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor um 20.30 Uhr im südafrikanischen Winter die Luft brennt, beschäftigen wir uns mit dem brennenden Element, der Brennelementesteuer.

Uns liegen drei Dringlichkeitsanträge vor. Ich beginne mit dem Antrag der Regierungsfraktionen aus CSU und FDP. Diesem Antrag werden wir nicht zustimmen; denn die Antragsteller haben es leider nicht geschafft, ihre Forderung von der Laufzeitverlängerung abzukoppeln. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil wir befürchten, dass sich der Spruch bewahrheiten wird: "Geld stinkt nicht". Man wird die Laufzeit verlängern. Die Bevölkerung wird sagen, die Politiker haben sich hineintreiben lassen. Erst haben sie das Geld genommen und dann die Laufzeit verlängert.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Deshalb werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten.

Bei den Dringlichkeitsanträgen der GRÜNEN und der SPD sieht es anders aus. Diesen Anträgen werden wir zustimmen. Es darf nicht sein, dass die Endlagerungskosten sozialisiert und auf die Bürger abgewälzt werden. Deshalb wollen wir keine Beschneidung der regenerativen Energien. Die Brennelementesteuer befürworten wir, um Gewinne abzuschöpfen, nicht aber die Laufzeitverlängerung.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächster Redner: Herr Kollege Thalhammer für die FDP.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das Wortspiel

des Kollegen Glauber zum Thema Brennelementesteuer und zum heutigen Fußballspiel Deutschland gegen Ghana fortführen: Ich hoffe, dass die Fußballnationalmannschaft heute Abend so brennt, dass das Spiel vergnügungssteuerpflichtig wird.

(Zurufe - Staatsminister Joachim Herrmann: Sie haben den Ernst der Lage nicht erkannt, Herr Kollege!)

Ich hatte bemerkt, dass das Thema Brennelementesteuer zu thematischen Ausschweifungen animiert. Ich möchte zum Thema zurückführen. Die Einführung der Brennelementesteuer ist zu unterstützen als ein wichtiges Element von mehreren des Sparpakets auf Bundesebene. Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist gut, aber auch überfällig, dass die Politiker lernen zu sparen. Mit Schwarz-Gelb ist dies in Berlin anscheinend möglich.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt gute Gründe, die Brennstäbe zu besteuern. In der Welt der konventionellen Energieträger ist die Kernenergie gegenüber Kohle und Gas bevorzugt. Bei den anderen Energieträgern wird auf das Abfallprodukt CO2 eine Abgabe erhoben. Auf das Abfallprodukt der Kernenergie, die Brennstäbe, wird bis dato keine Abgabe erhoben. Deswegen ist es vertretbar, diese Steuer einzuführen. Das hat mit gerechter Behandlung der konventionellen Energieträger und mit Technologieoffenheit zu tun. So wie die FDP im Rahmen der erneuerbaren Energien im Bayerischen Landtag gefordert hat, die Benachteiligung von Biogas auf dem Wärmemarkt aufzuheben, setzt sie sich für die Technologieoffenheit bei den konventionellen Energien ein.

Ein zweiter guter Grund für die Einführung der Brennelementesteuer ist, dass diese Steuer nicht an den Endverbraucher weitergegeben wird. Mir werden Sie das nicht glauben, aber das ist auch die Einschätzung des Energieexperten Hermann vom Öko-Institut. Das ist logisch nachvollziehbar. Ich will heute ausnahmsweise die sonst von Herrn Hartmann oft zitierte Leipziger Strombörse heranziehen. Dabei ist festzustellen, dass auch nach der Einführung der Brennelementesteuer die Gewinnspanne für die jeweiligen Konzerne noch ausreichend sein wird. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Steuer mit einer Stromerhöhung an die Endkunden weitergegeben wird.

In der Welt der erneuerbaren Energien haben wir versucht, übertriebene Gewinne - Stichwort Solar - in einen vernünftigen Rahmen zu setzen. Somit müssen wir das auch bei der Kernenergie mit dem Hebel der Brennelementesteuer machen.

Ein weiterer Grund für die Einführung der Brennelementesteuer ist der Beitrag der jeweiligen Unternehmen für die Sanierungskosten, zum Beispiel für Asse II. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Antragstellern, Sanierungskosten können Sie hier mit aufführen. Sie führen in Ihrem Antrag aber auch etwaige Verfehlungen der Unternehmen bei der Forschung auf. Diesen Schwarzen Peter können Sie den Energieunternehmen nicht zuschieben. Rot-Grün hat das Moratorium von Gorleben eingeführt und damit die Forschungsarbeiten gestoppt. Mit Schwarz-Gelb ist es nun endlich wieder möglich, dass wir auch auf dem Gebiet der Endlagerung forschen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Zur Einführung der Brennelementesteuer sagen wir Ja. Natürlich ist die Brennelementesteuer verknüpft mit der Diskussion über die Laufzeitverlängerung. Deswegen sprechen wir auch darüber. Natürlich ist sie verknüpft mit der Diskussion, sie ist aber nicht verknüpft mit den Zahlungen aus der Laufzeitverlängerung. Das möchte ich ganz klar zu Protokoll geben. Bei der Brennelementesteuer bitte ich um eine klare und sachliche Trennung. Deshalb können wir nur dem Antrag von Schwarz-Gelb zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Thalhammer, wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Wörner.

Herr Kollege Thalhammer, Sie haben Gorleben angesprochen. Offensichtlich ist auch bei Ihnen ein Wandel eingetreten; denn Sie gehen offensichtlich davon aus, dass das Gutachten genauso durchgepeitscht wird wie das Verfahren in Asse. Hernach wundern Sie sich wieder, wenn der Steuerzahler flucht, weil er mehr zahlen muss.

Weiter möchte ich Sie fragen, was Sie mit der Laufzeitverlängerung machen, wenn Sie diese Steuer bekommen und der von den Energieunternehmen angedrohte Prozess für die Bundesregierung negativ ausgeht. Dann haben Sie eine Laufzeitverlängerung, aber kein Geld. Das ist genial. Sie wissen, vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Bei Gericht gibt es fünf Juristen und sieben Meinungen. Mich würde interessieren, wie Sie dieses Risiko vermeiden wollen.

Sie haben fairerweise zugegeben, dass Sie die Brennelementesteuer und die Laufzeitverlängerung miteinander verknüpfen. Die Laufzeitverlängerung ist der Preis. Man kann es so machen. Wir würden es aber nicht so machen. Wesentlich erscheint mir das

Risiko des Prozesses, dessen Ergebnis wir noch nicht kennen, obwohl die Laufzeit schon verlängert ist. Mich würde interessieren, wie Sie damit umgehen.

Herr Thalhammer.

Herr Kollege Wörner, ich fasse es gerne noch einmal zusammen und stelle ganz klar heraus, dass die Einnahmen aus der Brennelementesteuer nicht mit der Laufzeitverlängerung verknüpft werden. In der Diskussion wird das gerade gemacht. Im Koalitionsvertrag steht aber, dass wir zusätzliche Gewinne aus der Laufzeitverlängerung in die erneuerbaren Energien, in einen Fonds oder was auch immer überführen wollen. Die Brennelementesteuer ist davon unabhängig zu sehen. Diese Steuer ist ein Beitrag dazu, dass wir in Deutschland mehr Einnahmen generieren. Sie ist ein Beitrag zum Sparpaket.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Für die Staatsregierung äußert sich Herr Staatssekretär Pschierer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf in aller Kürze zu den eingereichten Dringlichkeitsanträgen und zum Thema Brennelementesteuer Stellung nehmen. Zunächst möchte ich den Antrag der Koalitionsfraktionen begrüßen. Das wird Sie, meine Damen und Herren auf der anderen Seite, nicht wundern. Sie dürfen Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen hat ein ganz klares Ziel. Die Energiewirtschaft leistet wie andere Wirtschaftszweige ihren Beitrag dazu, dass wir auf Bundesebene ein ausgewogenes Sparpaket zustande bringen. Das sollten auch Sie anerkennen, meine Damen und Herren. Dieses Sparpaket ist nicht sozial unausgewogen, wie Sie es immer formulieren. Es ist ein klares Bekenntnis unsererseits, dass wir die Energiewirtschaft und die Wirtschaft insgesamt mit heranziehen.

Mich wundert, dass Sie jetzt das Thema Laufzeitverlängerung ansprechen.

(Widerspruch des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

- Entschuldigung, Herr Kollege, wir sprechen hier über Haushaltskonsolidierung. Das, was Sie meinen, ist Teil eines energiepolitischen Gesamtkonzepts der Bundesregierung. Dazu können Sie sich in Berlin gerne äußern. Die Brennelementesteuer hat aber nichts mit einem energiepolitischen Gesamtkonzept, sondern nur mit der Frage zu tun, ob sich die Energie

wirtschaft und die Wirtschaft insgesamt an diesem Sparpaket beteiligen sollen. Nicht mehr und nicht weniger ist das.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten und den Grünen, es ist schön, wenn Sie immer davon sprechen, wie die Kernenergie in diesem Lande bevorzugt wird. Schauen Sie sich einmal die Forschungsausgaben seit den fünfziger Jahren bis zum Jahr 2007 an. Was haben wir für die Förderung der Leichtwasserreaktortechnologie und anderer Projekte ausgegeben? - Es gab eine Förderung. Die größten Förderungen in der Energiepolitik erlaubten aber das Stromeinspeisegesetz und das EEG. Bis zum Jahr 2007 waren es über 25 Milliarden Euro. Darin ist sehr viel Sinnvolles enthalten. Zu diesem Förderprogramm steht auch die Staatsregierung. Sie hat ihren Beitrag dazu geleistet -

(Widerspruch bei der SPD)

Es gibt in Deutschland kein Bundesland, das in den letzten Jahren den Anteil der regenerativen Energien stärker gesteigert hat als der Freistaat Bayern. Das war CSU-Politik, dazu haben wir noch nicht einmal einen Koalitionspartner gebraucht.

(Beifall bei der CSU)