Ich gebe zu, ich hatte am Anfang dieser Diskussion vor einem Jahr eine Vision. In meiner Vision haben wir am Ende dieses einjährigen Weges in der Asylpolitik Verbesserungen erzielt, die wir alle gemeinsam tragen können. Alle Kolleginnen und Kollegen, auch innerhalb der CSU, haben für diese Vision gekämpft. Selbst wenn das Ergebnis noch hinter den Wünschen zurückbleibt, sind deutliche Verbesserungen im Sinne der Menschen, die heute bei uns sind, erkennbar. Ziele erreicht man auch mit kleinen Schritten. Ich bitte um Ihre Unterstützung.
Frau Kollegin, bleiben Sie noch einen Moment bitte. Frau Kollegin Ackermann hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Danach folgt eine weitere Zwischenbemerkung. Zuerst hat Frau Kollegin Ackermann das Wort.
Frau Meyer, ich möchte Ihnen für Ihre engagierte Rede danken, die sehr glaubhaft war. Ich habe vernommen, dass Sie ebenso wie wir die Essenspakete ablehnen. Werden Sie nach Abschluss der angekündigten Evaluation von der ich nicht weiß, was sie evaluieren soll - als FDP im Bundestag den Antrag stellen, das Sachleistungsprinzip aus dem Gesetz zu streichen?
Wir haben über den Bundesrat einen Antrag an den Bundestag gestellt. Wir müssen jetzt die Ergebnisse abwarten. Unsere Meinung ist bekannt, und für diese werden wir uns im Rahmen dessen, was möglich ist, einsetzen.
Ich gestehe gerne zu, dass wir uns gemeinsam für die Verbesserung der Situation der Asylbewerber eingesetzt haben. Ich bin Ihnen und den Kollegen im Ausschuss sehr dankbar dafür. Die gesamten Verbesserungen stehen und fallen mit dem Finanzierungsvorbehalt. Ich möchte nicht sagen, dass sie auf tönernen Füßen ste
hen, aber sie sind doch sehr wackelig. Was machen wir, wenn der Finanzierungsvorbehalt greift? Dann stehen wir hier mit leeren Händen. Zwar haben wir dann ein schönes Papier verabschiedet, jedoch ändert sich nichts. Frau Weikert hat sehr detailliert aufgelistet, was in den Leitlinien steht. Sie sind richtig. Wir haben für diese Leitlinien gekämpft. Was machen wir, wenn es heißt: Das ist zurzeit nicht finanzierbar. Schließlich hätten wir schöne Worte und schönes Papier, aber es würde nichts passieren. Zudem würden wir nach wie vor gegen international gültige Verträge verstoßen.
Sehr verehrter Herr Dr. Bauer, den Leitlinien kann ebenfalls entnommen werden, dass die Umsetzung dort erfolgen soll, wo neue Gemeinschaftsunterkünfte errichtet werden. Dieser Finanzierungsvorbehalt kann theoretisch überall greifen. Wir haben ebenfalls über die Schulen und die frühkindliche Bildung diskutiert. Viele dieser Bereiche sind von dem Finanzierungsvorbehalt betroffen. Das ist eine Frage der Haushaltspolitik, die einfach zur Kenntnis genommen werden muss.
Die Umsetzung wird schrittweise verlaufen. In München haben wir bereits festgestellt, dass die Änderungen dort wirklich umgesetzt werden sollen. Dort wird es passieren. Bei der Umsetzung werden wir genau hinsehen müssen. Von verschiedenen Kommunen von Augsburg weiß ich es bereits - werden Anträge eingereicht werden, die den Abriss und Neubau von Flüchtlingsunterkünften fordern. Dann wird man dieses Thema unter diesem Aspekt mit Sicherheit noch einmal neu anschauen müssen.
Vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin. Die Bayerische Staatsregierung hat nun den Schlussappell in der Debatte. Frau Staatsministerin Haderthauer, bitte sehr.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine Bemerkung vorausschicken. Um wen geht es? Wer sich hier auf einer gesetzlichen Grundlage aufhält, wem das Asylrecht zur Seite steht und wer damit zu Recht unsere Gastfreundschaft in Anspruch nimmt, ist von der heutigen Thematik nicht betroffen, weil er unmittelbar, nachdem das festgestellt ist - die Verfahren dauern in der Regel wenige Monate, im Schnitt 7,2 - sowieso nicht mehr unter das Asyl
bewerberleistungsgesetz fällt und sich naturgemäß Wohnung nimmt, Arbeit sucht usw. Um wen geht es hier? Es geht um Menschen, die unsere Gastfreundschaft und unser Asylrecht in Anspruch nehmen, obwohl ihnen dieses Recht nicht zusteht. Aber sie sind eben in unserem Land und wir müssen sehen, wie wir damit umgehen, weil wir auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass es faktische und praktische Abschiebungshindernisse gibt.
Zur Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsbedingungen dieser Menschen haben wir einen Kompromiss verhandelt, den ich für einen ganz wichtigen Schritt halte. Er ist bereits dargestellt worden. Deshalb möchte ich den Antrag jetzt nicht wiederholen. Aber ich möchte die Punkte, die uns am wichtigsten waren und die für die meisten Betroffenen eine durchschlagende Verbesserung bringen werden, noch einmal nennen: Im Vordergrund stand immer - auch für uns beide, Frau Meyer - die Familie. Wir sind uns hoffentlich einig, auch wenn das textmäßig ein wenig merkwürdig verfasst ist. Für uns zumindest sind Alleinerziehende mit Kindern natürlich auch Familien mit Kindern. Für meine Begriffe hätte man sie nicht extra abtrennen müssen. Das ist völlig klar. Aber der Inhalt ist, dass wir immer da, wo junge Menschen, die gar nichts dafür können, dass ihre Eltern Entscheidungen über ihren Aufenthaltsort getroffen haben, betroffen sind, sehr sorgfältig darauf achten, dass deren Lebenschancen nicht übermäßig beeinträchtigt werden. Deswegen haben wir gesagt, dass alle Familien nach Abschluss des Erstverfahrens, - was, wenn es konstruktiv begleitet wird, kürzer ist als durchschnittlich sieben Monate - ausziehen und privat Wohnung nehmen dürfen.
Unabhängig davon war es uns wichtig, auch den anderen eine konkrete Perspektive zu bieten, und zwar mit der Längstdauer von vier Jahren Aufenthalt in der Gemeinschaftsunterkunft. Aber damit auch das eingeordnet werden kann: Bei uns in Bayern leben schon jetzt, also vor diesem Asylkompromiss, über 50 % all jener, die nicht anerkannt wurden, in privaten Wohnungen, weil es ja auch bis jetzt viele Auszugsgründe gab. Immer wenn es psychische und physische Gründe gab oder wenn ein Mitglied des Familienverbandes einen anderen Rechtsstatus hatte, durften die anderen nachziehen. Von den circa 7.400 Menschen, die noch in Gemeinschaftsunterkünften leben - über 7.000 wohnen also in privaten Wohnungen und noch einmal so viele in Gemeinschaftsunterkünften; das gehört auch dazu -, dürften bayernweit 800 ausziehen, weil sie anerkannt sind, bleiben aber in der Gemeinschaftsunterkunft. Dies geschieht aus unter
In unseren neuen Bestimmungen findet sich im Übrigen eine ganz wichtige Regelung, dass wir nämlich sagen: Wer gegen unsere Gesetze verstößt, wer ein Straftäter ist - das ist bewusst so unbestimmt formuliert -,
soll nicht die Möglichkeit einer privaten Wohnsitznahme haben. - Frau Weikert, es stimmt. Es wurde ganz bewusst der unkonkrete Begriff "Straftäter" gewählt, weil hier für uns der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wichtig ist. Ich nenne jetzt einmal ein Beispiel: Ich kann einer Familie nicht den Auszug verbieten, weil der 15-jährige Sohn ein Bagatelldelikt begangen hat.
Wenn wir gemeinsam den Beschluss gefasst haben, müssen wir miteinander und auch mit den Regierungen, mit den Ausländerbehörden konkretisieren, dass die Grundlinie dafür, was man als einen Versagungsgrund nimmt, in diese Richtung gehen soll.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, eine Sache stört mich nachhaltig. Ich muss sie einfach noch einmal benennen, weil ich glaube, wir tun der Sache wirklich gut, wenn wir sachlich diskutieren. In einem Bericht an den Bayerischen Landtag vom 31. März 2010 gibt es eine mit sehr viel Aufwand, aber dafür auch sehr gut erarbeitete Kostenaufstellung. Hier wird immer wieder erklärt, die Kosten der Unterbringung in Privatwohnungen seien niedriger als das, was wir derzeit in Bayern machen, nämlich für circa die Hälfte der Betroffenen eine Gemeinschaftsunterkunftspflicht zu definieren. Wenn der Asylkompromiss nach jetziger Lage gilt, werden natürlich weit mehr ausziehen. Schlagartig werden alle Familien ausziehen dürfen, für die das Verfahren abgeschlossen ist und bei denen keine Abschiebemöglichkeit besteht. Insoweit werden es sehr viel mehr als die Hälfte sein. Dieser Kostenvergleich hinkt, weil die Kosten für die Wohnungen nicht dem gegenübergestellt werden können, was ich als die für die Asylsozialpolitik zuständige Ministerin in Bayern vorhalten muss. Ich muss mich an der Realität orientieren, und die Realität bedeutet ständige Schwankungen in den Zahlen der Menschen, die uns zugewiesen werden und die ich heute und jederzeit unterbringen muss, die ich auch in der unterschiedlichen Zusammensetzung ihrer Familienverbände unterbringen möchte. Die Zahlen nehmen eben nicht ab, Herr Fahn. Vielmehr
- Nein, mit den Zahlen von vor zehn Jahren ist das nicht vergleichbar. Nur, Sie haben von abnehmenden Zahlen gesprochen. Für mich gehört zur Wahrheit, dass man sagt, wie es sich in den letzten zwei Jahren verhalten hat. Gleichzeitig geht es aber auch um die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten für die private Wohnungsnahme. Die meisten Menschen, die davon betroffen sind, wollen in den beliebten Ballungsräumen bleiben. Das ist übrigens auch ein Grund für die vielen Fehlbeleger. Die Menschen wollen schlichtweg nicht woanders hinziehen. Sie wollen in der Stadt bleiben, in der sie sind. Aber in München ist es eben nicht nur für anerkannte Asylbewerber, sondern für die ganz normale Familie mit kleinen Kindern sehr oft schwer, eine Wohnung zu finden.
Frau Ministerin, Sie haben richtigerweise geschildert, dass die Zahl der Asylbewerber steigt. Hinzu kommt, dass in der Vergangenheit eine ganze Reihe kleinerer Einrichtungen geschlossen wurde. Zudem sind unsere Bezirksregierungen zumindest in den Städten nicht in der Lage, ausreichend zusätzliche Gemeinschaftsunterkünfte zu finden, sodass derzeit in den Gemeinschaftsunterkünften wirklich eine drangvolle Enge herrscht. Diese Enge bedeutet, dass ganze Familien über Monate hinweg in jeweils einem einzigen Zimmer wohnen müssen, was zum Beispiel in Augsburg dazu führt, dass sich Wanzen und Flöhe ausbreiten und nicht mehr bekämpft werden können. Das ist besonders schlimm bei Familien, bei denen kleine Kinder mit in den Zimmern sind.
Sie müssen eine Regelung finden, die es den Regierungen wieder ermöglicht, Ausweichquartiere zu finden. Immobilien, die für Gemeinschaftsanlagen geeig
Frau Kollegin Kamm, gerade der Asylkompromiss und die Erarbeitung der gemeinschaftlichen Leitlinien für die Standards in den Gemeinschaftsunterkünften, die ich auch die Regierungen bitte, in Zukunft umzusetzen, haben dazu geführt, dass wir ständig dazu im Kontakt mit den Regierungspräsidenten sind. Ich habe erst vor wenigen Wochen wieder ein Gespräch dazu geführt. Dabei wurde mir gesagt, dass erwartet wird, dass durch den Asylkompromiss, wenn er denn in Kraft tritt, natürlich schon eine spürbare Erleichterung für die Gemeinschaftsunterkünfte erreicht wird, weil jetzt viele auszugsberechtigt werden, die es zuvor nicht waren. Gleichzeitig wurde aber der Wunsch geäußert, dem ich nachkomme, deswegen die freien Kapazitäten nicht abgeben zu müssen, sondern dass wir den Raum, den wir dadurch gewinnen, benutzen, um die Leitlinien umzusetzen, um Einzelnen mehr Platz zur Verfügung zu stellen.
Die Erhebungen in jedem einzelnen Regierungsbezirk haben gezeigt, dass es bayernweit - es gibt immer kleine Unterschiede - relativ neutral sein wird. Die Erwartungen, dass durch die vielen, die jetzt ausziehen dürfen, einige Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen werden können, werden sich nicht bestätigen. Wir werden vielmehr eine Platzdividende bekommen für die Verbesserung der Qualität für diejenigen, die weiterhin in den Gemeinschaftsunterkünften leben. Insofern trägt der Asylkompromiss sehr wohl zur Entspannung der Situation in den einzelnen Gemeinschaftsunterkünften bei.
Ich möchte meine Ausführungen zu den Kosten weiterführen: Wenn ich die Vorhaltekosten berücksichtige und dabei - wir müssen das ehrlicherweise tun - die Kosten für die freien Wohlfahrtsverbände, Hausmeister oder Reinigung hineinrechne, sieht der Vergleich etwas anders aus, als wenn ich nur die Menschen nehme und ihnen Wohnungen zuordne. Letztlich muss ich sie unterbringen. Wenn ich unter Einrechnung all dieser Positionen - Sie sehen das wunderschön in der Beantwortung der Anfrage vom 31.03. auf Seite 4, die jedem Abgeordneten zugänglich ist eine Gegenüberstellung vornehme, dann sieht man deutlich, dass durch die GU-Pflicht für diesen immer kleiner werdenden Teil, der unter das Asylbewerberleistungsgesetz fällt, die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften im Jahr um 1,5 Millionen Euro günstiger ist, als wenn wir alle in Wohnungen unterbringen würden. Bayernweit ergibt sich eine Einspa
rung von 7,7 Millionen Euro gegenüber der Unterbringung in Wohnungen. Das steht allen zur Verfügung. Deswegen halte ich es für schwierig, wenn in den Redebeiträgen immer wieder das Gegenteil behauptet wird.
Direkt angesprochen worden bin ich zu den Metallcontainern: Das Ministerinnenwort steht. Ein Metallcontainer in München ist bereits geräumt und der andere wird auf Wunsch der Bewohner von diesen noch bewohnt, bis die neue Gemeinschaftsunterkunft in der Heinrich-Wieland-Straße, über die wir uns, so glaube ich, morgen unterhalten, fertig gestellt ist, die dann auch den Richtlinien entsprechen wird. Die Bewohner haben widersprochen, dass die Metallcontainer sofort geschlossen werden und sie auf andere Gemeinschaftsunterkünfte verteilt werden. Sie wollten beieinander bleiben und geschlossen in die neue Gemeinschaftsunterkunft umziehen. Das Angebot war vorhanden. Wir tun alle gut daran, wenn wir die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen, die in diesen Containern leben, berücksichtigen. Wenn sie in diesen Containern so lange leben wollen, bis sie geschlossen umziehen können, dann ist das für mich etwas, womit ich kein Problem habe. Nur sollten Sie das nicht mir zurechnen, sondern dort platzieren, wo es platziert werden muss.
Als Letztes möchte ich sagen, dass die in Verhandlungen von uns gefundene Kompromisslinie durchaus unterschiedliche Positionen in sich vereinbart. Die Linie ging gar nicht so sehr zwischen CSU und FDP, sondern ein bisschen quer zwischen den Sozialpolitikern beider Fraktionen und den Innenpolitikern beider Fraktionen.
Jeder hat seine Positionen und es gehört zur Demokratie - deshalb vertrete ich auch diesen Kompromiss voll und ganz -, dass nicht Einzelmeinungen oder Meinungen weniger über andere dominieren. Man muss miteinander einen Kompromiss finden, bei dem sicherlich viele sagen, sie hätten sich etwas anderes vorstellen können, der aber so ausgestaltet ist, dass wir ihn miteinander tragen können und bei diesem Thema einen wichtigen Schritt nach vorne gehen können.
Noch eines: 0,1 % all derjenigen, die in unser Land kommen, werden anerkannt und haben dieses Asylrecht wirklich. Für alle anderen stellen wir aus Steuermitteln erhebliche Leistungen bereit, obwohl sie letztlich ein Recht für sich in Anspruch nehmen, das ihnen nicht zusteht. Ich glaube, von der Wertung her ist das
wichtig und diese Wertung vollziehen Sie alle nicht nach und thematisieren das Problem in Ihren Anträgen nicht. Sie unterscheiden auch nicht, wer mehr Schutz braucht, und sehen nicht, dass diese Lage oft sehenden Auges selbst herbeigeführt ist.