Deshalb sage ich ehrlich: Der Antrag kommt ein paar Monate zu spät. Deshalb habe ich Verständnis dafür, dass die Mehrheitsfraktionen den Antrag ablehnen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Staatsminister, ich habe in meiner Einleitung deutlich gemacht, dass es natürlich gut ist, was jetzt passiert; das ist unstrittig. Aber Sie werden nicht bestreiten - dafür sind Sie viel zu klug -, dass die Gefahr besteht, dass durch das Saatgut weiterhin Verunreinigungen stattfinden und dann irgendwann die Genanbaufreiheit nicht mehr gewährleistet ist. Das ist das eine Problem.
Nun zu dem anderen. Der Herr Forschungsminister ist jetzt anwesend. Es freut mich, feststellen zu können, dass Sie bei Ihrer Meinung bleiben, die von jeher unsere war: in den Gewächshäusern ja, im Freiland nein.
Herr Minister, bezüglich der EU wäre die Frage interessant: Halten ethische Gründe, die nach Ihren Worten jetzt vorgebracht werden können, vor Gericht stand? Es kann in einem Prozess um die Frage gehen, ob man anbauen darf oder nicht.
Noch etwas Weiteres wäre spannend. Wenn in Europa der Fleckerlteppich entwickelt wird, der uns allen, wenn wir Gentechnikfreiheit ernst nehmen wollen, Sorge bereiten muss, dann besteht weiterhin das Problem mit dem Saatgut, mit dem wir schon jetzt nicht fertig werden. Schon jetzt stehen wir mit großen, weiten Augen vor der Tatsache, dass uns im wahrsten Sinne des Wortes etwas untergejubelt wird. Wie wollen Sie dieser Gefahr bei dem europäischen Gesetz, von dem Sie glauben, es sei der richtige Weg, begegnen? Uns wäre es weiterhin wichtig, ganz Europa gentechnikfrei zu halten.
Erstens. Bezüglich des Themas verunreinigtes Saatgut haben wir in Bayern sehr schnell reagiert. Da bin ich allerdings der festen Überzeugung, dass wir eine Präzisierung in den Haftungsfragen brauchen. Der allgemeine Hinweis auf die zivilrechtlichen Vorschriften - §§ 823 ff. BGB - trifft die Problematik, glaube ich, nicht. Die Herstellerfirma, um die es geht, hat
zugesagt, für die Schäden aufzukommen. Aber die Situation scheint mir nicht einfach zu sein. Deswegen erscheint es mir wichtig, klarere Regelungen zu schaffen, um das Problem lösen zu können.
Drittens. Was den Fleckerlteppich betrifft, so könnte ich mit einem gentechnikfreien Europa gut leben. Aber, ehrlich gesagt, Bayern würde mir schon reichen. Denn im Norden und Osten Deutschlands sehen sogar manche Parteifreunde von Ihnen, lieber Kollege, das Thema anders. Ich will keine anderen bekehren, sondern nur das machen, was wir in Bayern können. Wenn sich Bayern von anderen Regionen Europas abhebt, sollte es mir eigentlich nur recht sein.
Dann noch ein Wort zum Kollegen Heubisch. Ich hinterfrage mich selber ständig; das meine ich ernst. Ich frage mich: Gibt es neue Erkenntnisse? Kann man es auch anders machen? Wir sind da sicherlich nicht ganz einer Meinung. Trotzdem sage ich, dass diese Koalition in einigen Punkten dieser Frage eine fundamental andere Auffassung hat. Wenn wir in der Gesundheitspolitik, obwohl wir oft anderer Meinung sind, so zusammenarbeiten würden, dann wäre in Berlin manches leichter; das muss ich wirklich sagen.
Herr Minister Söder, ich habe zwei Anmerkungen. Die erste Anmerkung betrifft die Regelung, die die EU-Kommission vorschlägt. Sie loben diese Regelung. Ich würde gerne von Ihnen etwas über die Bedingungen hören. Wenn jetzt die Zulassung auf EU-Ebene im Schnelldurchgang ohne kritische Prüfung erfolgt, kann das nicht in unserem Sinne sein. Wenn wir extrem strenge Vorschriften auf EU-Ebene hätten und zusätzlich selbst bestimmen könnten, wäre das akzeptabel. Aber so, wie es jetzt ist, zahlen wir - das habe ich Ihnen bereits in der letzten Sitzung gesagt - einen sehr hohen Preis. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Zwischenfall mit der Firma Pioneer in Ungarn war, das gentechnikfrei ist. Sie sehen, wie schnell ein Schadensfall eintreten kann, auch wenn sich ein Land für gentechnikfrei erklärt.
Die zweite Anmerkung ist: Sie haben ausgeführt, dass es den Ländern bisher nicht möglich war, Regionen als gentechnikfrei auszuweisen. Ich frage Sie: Was machen denn die Österreicher seit zehn Jahren? Sind das Zauberer oder Tausendsassas? Österreich hat es
Zunächst einmal zum Thema Gentechnikfreiheit: Mich haben im letzten Jahr etliche Vertreter aus verschiedenen Regionen besucht. Es ist leider falsch, wenn man Regionen als gentechnikfrei bezeichnet. Das gestehen auch die Vertreter der Regionen ein, die als gentechnikfrei gelten. In Sachen Futtermittel sind alle Regionen von Importen abhängig. Deswegen stellt sich auch die Frage, ob wir die Futtermittelstrategie so etablieren können, dass wir einen Zusatznutzen für die eigene Landwirtschaft erhalten können. Der Hauptunterschied besteht darin, dass sich der deutsche Markt von anderen Märkten unterscheidet. Das hat Auswirkungen auf etwaige Klagen. Die Einspruchsfälle sind in Deutschland anders gelagert als in anderen Ländern.
Was Ihre Anmerkung zur EU betrifft, so wundere ich mich über eines. Schon bislang hat man wissenschaftliche Kriterien für die Zulassung. Das EU-Institut in Parma ist dafür verantwortlich. Ich würde dem Institut keine unsaubere Arbeitsweise unterstellen. Unser Vorwurf war immer, dass die EU-Kommission nach einem langen wissenschaftlichen Verfahren nach politischen Kriterien entscheidet. Der Vorwurf betraf nicht die wissenschaftlichen Kriterien. Jetzt wird über eine schnellere Zulassung diskutiert. Mich interessiert nicht so sehr, wie schnell eine Zulassung durch Brüssel erfolgt, sondern ob auf regionaler oder nationaler Ebene die Möglichkeit besteht, gentechnisch veränderte Produkte fernzuhalten. Wenn das gelingt, ist die Frage, ob die EU etwas zulässt, irrelevant; denn dann kann auf nationaler und regionaler Ebene entschieden werden, und zwar nicht nur aufgrund wissenschaftlicher, sondern auch aufgrund anderer Kriterien. Das ist aus meiner Sicht entscheidend. Man sollte deshalb zwar nicht jubeln, aber das ist ein Riesenschritt nach vorne. Vor zwei Jahren bin ich zwar nicht beschimpft, aber ausgelacht worden, weil ich als Bayer auf die Idee gekommen bin, der großen Europäischen Union einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Ich finde, wir alle gemeinsam haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das sollten wir würdigen.
mung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der Freien Wähler, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Abgeordnete Pauli. Wer dagegen stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Gibt es Enthaltungen? Die sehe ich nicht. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nulltoleranzregelung bei Saatgut und Futtermitteln beibehalten! (Drs. 16/5474)
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In unserem Antrag fordern wir, die Nulltoleranzregelung sowohl hinsichtlich der Verunreinigung von Saatgut als auch von Futtermitteln beizubehalten. Die Aussaat von mit gentechnisch veränderten Organismen - GVO - verunreinigtem Saatgut der Firma Pioneer reiht sich in die Verunreinigungen der letzten Jahre ein. Das belegt deutlich die Unzuverlässigkeit der Agrogentechnikfirmen. Die Leidtragenden und die Dummen sind dabei immer die Bauern. Das wird in diesem Fall besonders deutlich. Was neu ist, sind die Dimensionen und vor allem die Tatsache, dass sich Pioneer weigert, den Bauern den Schaden zu ersetzen. Nun gibt es Leute, die aus dieser Situation - fast freudig - die Forderung ableiten, man müsse das Prinzip der Nulltoleranz aufgeben und Verunreinigungen bis zu einem Grenzwert von 0,3 % zulassen. Das fordern zum Beispiel der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeslandwirtschaftsministerium, der Bauernverband und der Genossenschaftsverband. Das ist genau die falsche Reaktion. Es wäre praktisch eine Einladung an die Agrarmultis, weiterhin schlampig zu arbeiten, wenn man solche Sauereien zulassen würde. Ob diese absichtlich oder unabsichtlich geschehen, sei dahingestellt.
Das hätte verheerende Konsequenzen. Der Wissenschaftliche Beirat selbst weist auf die Konsequenzen einer Abweichung von der Nulltoleranzregelung hin. Ich darf zitieren:
Das heißt auf gut Deutsch: Wir haben irgendwann die 0,3 %-Grenze durchgehend erreicht. Weiter heißt es:
würde es immer schwieriger, im praktischen Anbau den Schwellenwert von 0,9 % oder gar die niedrigeren Anforderungen der Lebensmittelwirtschaft einzuhalten. Das wiederum führt dazu, dass die Regeln der GfP für die GV-Anbauer verschärft werden müssten …. Das macht die Koexistenz teurer und verstärkt die Schwierigkeit ihrer Umsetzung in klein strukturierten landwirtschaftlichen Regionen.
Insofern ist es im Hinblick auf das Koexistenzziel sinnvoll, für Saatgut einen Schwellenwert festzusetzen, der möglichst niedrig ist.
Aber selbst sprechen Sie von 0,3 %. Der Beirat selbst weist auf die Schwierigkeiten, die in diesem Zusammenhang entstehen, hin. Das heißt auf gut Deutsch: Koexistenz wird auf alle Fälle sehr teuer, wenn nicht gar unmöglich. Genau das ist es, was Monsanto, Pioneer und Co. in trauter Einigkeit mit dem Genossenschaftsverband und dem Bauernverband wollen. Aber wir Grüne wollen das nicht. Ich hoffe, auch Sie von den Koalitionsfraktionen wollen das nicht.
Wir fordern die konsequente Beibehaltung der Nulltoleranzregelung für in der EU nicht zugelassene GVO bei Futtermitteln. Der Bauernverband hat im Herbst letzten Jahres eine Kampagne gegen die Nulltoleranzregelung gestartet und für die Akzeptanz von Verunreinigungen mit dem Argument geworben, wenn wir Verunreinigungen nicht akzeptierten, müssten unsere Rindviecher und Schweine verhungern, weil nicht genug Soja importiert werden könnte. Es liegen inzwischen Zahlen vor, die belegen, dass dieses Argument nicht nur falsch, sondern geradezu absurd ist. In den Jahren 2005 bis 2009 gab es 46 Fälle von Verunreinigungen von Futtermitteln, die in Länder der EU exportiert wurden. Von den 46 Fällen stammten 41 aus den USA. Das war ein Anteil von fast 90 % - und das, obwohl die USA beim Sojaimport eine eher untergeordnete Rolle spielen. Bei den beiden Hauptlieferländern Argentinien und Brasilien gab es überhaupt keine Verunreinigungen zu beanstanden.
Denn diese Länder arbeiten nur mit in Europa zugelassenen GVO. Von diesen 46 Fällen betrafen nur 27 Fälle Futtermittel für landwirtschaftliche Nutztiere, die anderen betrafen Futtermittel für Heimtiere. Das sind etwa 4,5 Fälle im Jahr. Anders formuliert: Pro Jahr werden in die EU etwa 32 Millionen Tonnen Soja eingeführt. Davon sind maximal 0,2 % verunreinigt. Sie werden mit mir hoffentlich übereinstimmen, dass wegen dieser 0,2 % weder unsere Kühe noch unsere Mastrinder oder Schweine verhungern müssen.
Es wird deutlich, dass es hier nur darum geht, gentechnisch veränderte Produkte möglichst schnell zu verbreiten, um dann korrekterweise sagen zu können - was schon heute oft fälschlich behauptet wird -: Es ist eh schon alles mit GVO verseucht, jeder Widerstand kommt zu spät. Im Zusammenhang mit den Überlegungen der EU-Kommission zu der Zulassungsregelung, die ich bereits beim letzten Tagesordnungspunkt angesprochen habe, führt ein Verlassen der Nulltoleranz bei Saatgut und Futtermitteln unweigerlich dazu, dass in Bayern ohne Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen nur eine ganz kurze Zeit durchzuhalten wäre. Vielleicht wollen das verschiedene Leute in diesem Haus so. Wenn wir das anders wollen, bitte ich, das mit dem gentechnikfreien Bayern sehr ernst zu nehmen. Dann stimmen Sie bitte unserem Antrag zu.