Protokoll der Sitzung vom 15.07.2010

(Beifall bei der CSU)

Ich weiß, dass man sich nach einer solchen Studie einfach schwer tut.

Eine Jubelarie des Ministers habe ich heute nicht gehört. Ich habe eine sehr sachliche und seriöse Rede gehört.

(Beifall bei der CSU)

Er hat festgestellt, dass diese ländervergleichende Studie sowohl Erfolg als auch Auftrag ist. Genau diese Feststellungen muss man dazu treffen. Die Leitlinien der bayerischen Bildungspolitik sind Qualität

und Gerechtigkeit. Dieses Ergebnis ist auch ein Beweis für die Qualität im bayerischen Bildungssystem. Deshalb möchte ich den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften in Bayern herzlich gratulieren. Sie können zu Recht stolz auf diese Leistung sein.

(Beifall bei der CSU)

Dieses Ergebnis - Sie haben da völlig recht - sollte man nicht überhöhen, wir dürfen es aber auch nicht kleinreden, da das respektlos gegenüber den Lehrkräften und den Schülern wäre.

Ich möchte zwei Dinge herausgreifen, die mich an diesem Bildungsvergleich gefreut haben. Das eine ist die Tatsache, dass die guten Leistungen nicht nur von den Gymnasiasten erbracht wurden, sondern von den Schülerinnen und Schülern aller weiterführenden Schularten - von den Schülern des Gymnasiums, der Realschule, der Wirtschaftsschule und der Hauptschule -, das heißt alle Schularten in Bayern haben zu diesem Erfolg beigetragen. Das macht uns wirklich froh.

(Beifall bei der CSU)

Die bayerischen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sind in allen Kompetenzbereichen mit die Besten in Deutschland. Das ist ein wirklicher Beweis für Qualität. Es ist deswegen so wichtig, weil nicht nur Qualität eine Leitlinie ist, sondern auch Chancengerechtigkeit. Das ist ein großes Ziel und ein großer Auftrag, den uns bereits Pisa 2000 mit auf den Weg gegeben hat.

Anstatt diese Studie richtig einzuordnen und zu bewerten, werden Einzelergebnisse benutzt, um einen großen pauschalen Vorwurf der Ungerechtigkeit zu erheben, weil in Bayern Kinder von Akademikern eine 6,5-fach höhere Chance haben, auf ein Gymnasium zu kommen, als Arbeiterkinder. Ich will Ihnen versichern, dass wir nicht nur die Erfolge, sondern auch diesen Punkt des Vergleichs sehr ernst nehmen. Es ist uns ein großes Anliegen, dass die soziale Herkunft so wenig wie möglich Einfluss auf den Schulerfolg hat. Das bedeutet, dass mehr Schüler mit Migrationshintergrund und mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten höhere Schulabschlüsse erzielen sollen. Diese Diskussion müssen wir führen, aber ich will eine ehrliche und nicht eine völlig verkürzte Debatte.

Dazu muss man sagen: Der Weg auf das Gymnasium und zum Abitur ist das eine. Als Begründung für eine soziale Ungerechtigkeit oder Ungleichheit im bayerischen Schulsystem im Gesamten trägt diese Zahl der Gymnasialquote aber nicht. Nachdem Sie das mir, dem Minister oder der CSU-Landtagsfraktion nicht glauben, möchte ich einen unverdächtigen und all

seits anerkannten Bildungsforscher dazu zitieren, nämlich Professor Köller, den Direktor des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen - IQB und Leiter dieser Bildungsstudie. Er sagt wörtlich: Diese Interpretation ist schief, weil sie die Wege über die berufliche Bildung weglässt.

(Beifall bei der CSU)

Wer ehrlich diskutiert, muss das ganze Schulsystem betrachten. Aber Sie tun das nicht, und das macht mich wirklich wütend. Mich macht wütend, dass in der öffentlichen Diskussion die Wege über die berufliche Bildung sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg schlicht und einfach ignoriert werden. Das ist eine Diffamierung dieser Bildungsgänge und eine Diffamierung der Menschen, die sich auf diesen wirklich anstrengenden Weg begeben. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es um das Thema Chancengerechtigkeit geht, sehr geehrter Herr Pfaffmann, erwarte ich zumindest von einem Münchner SPD-Politiker etwas mehr Bescheidenheit.

Herr Kollege Eisenreich, wir haben eine Zwischenfrage, lassen Sie diese zu?

Gilt das für alle weiteren Zwischenfragen?

Dort, wo man nicht zuständig ist, den großen Wortführer der Gerechtigkeit zu geben, während man dort, wo man Verantwortung trägt - Sie sind der Vorsitzende der Münchner SPD - und zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen könnte, reihenweise Baustellen hat, lassen wir Ihnen nicht durchgehen, sehr geehrter Herr Pfaffmann.

(Beifall bei der CSU)

Zwei Beispiele: Sie beklagen sich, dass die Übertrittsquote ans Gymnasium im Münchner Norden, im Hasenbergl, besonders gering ist; das stimmt. Es fehlt dort aber weit und breit ein Gymnasium. Sie sind seit Jahrzehnten nicht in der Lage - Rot-Grün in München -, ein Gymnasium dort zu bauen, wo wir eines bräuchten. Jetzt trödeln Sie wieder rum.

(Beifall bei der CSU)

Machen Sie Ihre Hausaufgaben endlich auf den Feldern, wo Sie etwas bewirken könnten. Handeln Sie und reden Sie nicht!

(Beifall bei der CSU)

Ein weiterer Punkt, weil das so einfach nicht geht: Wir sind uns darin einig, dass für die Chancengerechtigkeit der Ausbau der Ganztagsangebote ein wesentlicher Beitrag ist. Aber woran scheitert in München der zügige Ausbau der Ganztagsschulen? - Er scheitert daran, dass die Stadt München nicht in der Lage ist, genügend Räume zur Verfügung zu stellen. Es darf doch nicht wahr sein: Wir können nicht genug Ganztagsgrundschulen in München einrichten, weil die Räume fehlen. Mittagsbetreuungen müssen wieder aufgelöst werden, weil die Räume fehlen. Machen Sie Ihre Hausaufgaben dort, wo Sie Verantwortung tragen. Handeln Sie und reden Sie nicht!

(Beifall bei der CSU)

Jede bildungspolitische Grundsatzdebatte führt immer unvermeidlich zu Strukturdebatten. Dann wird - wie immer - das bayerische Schulsystem schlechtgeredet, und die Opposition preist ihre Einheitsschule. Wir lassen unser gutes, differenziertes und qualitätsvolles Schulsystem in Bayern nicht schlechtreden. Sie werden es auch nicht schaffen, uns Ihren Ladenhüter der Einheitsschule anzupreisen.

(Beifall bei der CSU)

Dazu drei Feststellungen, die wirklich wichtig sind.

Erstens. Weder unter den Wissenschaftlern noch unter den Eltern noch unter den Lehrern gibt es in dieser Frage einen Konsens. Es gibt aber eine ganz, ganz große Mehrheit, die zumindest das Modell der SPD und das der GRÜNEN einer neun- oder zehnjährigen Einheitsschule ablehnt, weil es die Abschaffung der Realschule und die Verstümmelung des Gymnasiums bedeutet.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens. Namhafte Bildungspolitiker sind sich einig, dass es in der Bildungspolitik auf die Frage der Schulstruktur gar nicht so sehr ankommt,

(Simone Tolle (GRÜNE): Wer denn?)

sondern vielmehr auf Stabilität, wenig Experimente, den Ausbau der Frühförderung und die Verbesserung der Unterrichtsqualität.

(Beifall bei der CSU - Margit Wild (SPD): Das kommt nicht von alleine!)

Drittens. Den Großteil der Lehrer und Eltern interessieren die theoretischen Debatten, die wir immer und immer wieder führen, überhaupt nicht.

(Beifall bei der CSU)

Sie erwarten von uns drei Dinge, nämlich dass wir Politik für alle Schüler machen, und zwar sowohl für die langsameren als auch für die schnelleren, für die begabten als auch für diejenigen, die sich etwas schwerer tun. Sie erwarten von uns pragmatische Lösungen in Zusammenarbeit aller Beteiligten. Sie erwarten von uns die Verbesserung der Rahmenbedingungen und von den Kommunen ausreichende Räume.

(Beifall bei der CSU)

Genau das machen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren. Bildung ist in Bayern ein Investitionsschwerpunkt. Wir haben in den Jahren 2009/2010 über 2.700 zusätzliche Lehrerstellen für den Ausbau der Ganztagsangebote, für die stufenweise Verkleinerung der Klassen und für die Verbesserung der individuellen Förderung geschaffen. Das heißt, wir machen genau das, was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Wenn man sich bei dem Ländervergleich die Erfolge ansieht, muss man auch feststellen, dass der Vorwurf, wir hätten das auf Kosten der schwächeren Schüler erkauft, schlicht und einfach nicht stimmt. Ich möchte dazu eine Zahl anführen. Selbstverständlich gibt es auch in Bayern Risikoschüler. In Bayern und in Baden-Württemberg ist die Zahl der Risikoschüler aber am geringsten. Das ist ein riesiger Erfolg.

(Beifall bei der CSU)

Ein Weiteres. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg mit einem qualitätsvollen, differenzierten Bildungssystem, einer hohen Leistungsorientierung, dem Grundsatz "fördern und fordern" nicht nur gute Ergebnisse bei Leistungsvergleichen und Bildungsstudien erzielen, sondern im Übrigen auch das höchste Wachstum und die niedrigste Arbeitslosigkeit haben. Die Qualität eines Bildungssystems kann man nicht nur an abstrakten Statistiken ablesen; denn letztendlich ist unsere Aufgabe die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf Studium und Beruf, das Hinführen der jungen Menschen in den Beruf. Sehen wir uns zum Beispiel das immer wieder gepriesene Bildungswunderland Finnland an. Die Jugendarbeitslosigkeit, also nach dem Durchlaufen des Schulsystems, liegt in Finnland bei über 22 % während sie in Bayern bei 3,3 % liegt. Dies ist auch ein Erfolg des bayerischen

Bildungssystems und der bayerischen Bildungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Jetzt wird es absurd!)

Sehr geehrter Herr Pfaffmann, wir haben uns schon daran gewöhnt, dass bei Ihnen in Reden die Worte Leistung und Qualität nicht vorkommen. Sehr schade ist allerdings, dass Sie nicht einmal erwähnen, dass für den Bildungserfolg die Bildungsmotivation der Familien und die Leistungsbereitschaft der Schüler mitentscheidend sind.