Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir dieses Thema in leicht abgeänderter Form immer wieder und wieder im Plenum behandeln, ist es heute ganz besonders schwer, zu diesem Thema Stellung zu beziehen. Anscheinend langweilt es auch Ihre eigenen Kollegen, da Ihre Reihen nur halb belegt sind. Ich habe mich immer um eine sachliche Diskussion in der Energiefrage bemüht. Über dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN steht das Schlagwort "Basta", es wird also eine Basta-Entscheidung und eine Basta-Politik gefordert; wenn man sich Ihren Antrag genauer an
sieht, stellt man fest, dass das richtige Schlagwort für diesen Antrag nicht "Basta", sondern "Gaga" wäre.
- Herr Huber, vielen Dank. Ein Lob von Ihnen als dem ehemaligen Generalsekretär schmeichelt mir tatsächlich. Vielen Dank.
Nun zur Sache und zur Sachlichkeit. In den beiden Anträgen geht es um die 11. und 12. Änderung zum Atomgesetz. In der 11. Änderung geht es um die Laufzeitverlängerung; dazu kann man unterschiedlicher Meinung sein. In der 12. Änderung geht es um ein Mehr an Sicherheit für unsere Kernkraftwerke. Es ist erstaunlich, dass die GRÜNEN sowohl die 11. als auch die 12. Änderung ablehnen. Die GRÜNEN lehnen nicht nur die Laufzeitverlängerung ab, sie lehnen im Gegensatz zur SPD auch ein Mehr an Sicherheit ab. Das finde ich verantwortungslos, und das muss betont werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es tut mir leid, dass ich Sie offenkundig auf dieses Thema anspreche. Sie würden mich auch nicht schonen.
Die Kernfrage zum Thema Laufzeitverlängerung in Ihrem Antrag ist, ob der Bundesrat zustimmungspflichtig ist und ob er sich für zuständig erklären soll. Es ist im Gesetz klar geregelt und von den Gerichten bestätigt, dass die Zustimmung des Bundesrats nur bei wesentlichen Änderungen erfolgen muss. Eine wesentliche Änderung wäre gewesen, Herr Kollege Hartmann, wenn die Bundesregierung erklärt hätte, sie wolle nicht in das Zeitalter der erneuerbaren Energien gehen, sondern neue Atomkraftwerke bauen. Die alte und die neue Bundesregierung sind sich einig, dass wir ohne Wenn und Aber in das Zeitalter der erneuerbaren Energien wollen. Der Unterschied liegt lediglich in der Zeitdauer. Das ist keine wesentliche Än
Punkt zwei betrifft das Mehr an Sicherheit in der 12. Änderung zum Atomgesetz. Erstaunlich ist, dass die Kollegen von der SPD in der Begründung auf diesen entscheidenden Punkt hingewiesen haben, dieser Punkt in der Wortmeldung aber nicht mehr auftaucht und Kollege Reiß von der CSU so barmherzig war und Ihrem Antrag eine gewisse Sinnhaftigkeit gegeben hat, indem er auf ein vermeintliches Problem hingewiesen hat.
Sie sagen in Ihrem Antrag - Kollege Reiß hat Sie bereits darauf hingewiesen -, dass die Energiebetreiber für das Mehr an Sicherheit möglicherweise Zahlungen an den Freistaat Bayern leisten müssen. Sie haben den § 7 d in der 12. Änderung zum Atomgesetz nicht entdeckt, Kollege Reiß und ich aber schon. § 7 d hebelt Ihre Vermutung aus. Das war Punkt zwei.
Punkt drei betrifft Ihre Offenbarung, dass Sie bei der Energiepolitik etwas "schwimmen", weil Sie sich in Ihrem Antrag lediglich auf die 11. Änderung des Atomgesetzes beziehen. § 7 d, der den Schutz der Länder regelt, sodass sie keine Zahlungen leisten müssen, steht in der 12. Änderung. Sie haben nicht nur den Paragrafen nicht entdeckt, Sie haben sich auch noch im Gesetz vertan. Ich musste das an dieser Stelle deutlich zur Sprache bringen.
Meine Damen und Herren, ich gestehe Ihnen wirklich zu, dass Sie mit allen Mitteln versuchen wollen, Ihre politischen Vorstellungen durchzusetzen.
Ich mache das genauso. Ich kämpfe wie Sie für meine Vorstellungen. Im Übrigen, Herr Kollege Wörner, mein Prüfauftrag, die Reststrommenge von Isar 1 auf Isar 2 zu übertragen, ist noch nicht vom Tisch; denn das neue Konzept sieht die Reststrommengenübertragung vor. Es ist durchaus überlegenswert, die gleiche Atomstrommenge statt mit zwei Kraftwerken nur mit einem Kraftwerk zu leisten. Das schont die Umwelt und ist auch deutlich wirtschaftlicher. Wenn Sie für Ihre Ziele kämpfen, schreiben Sie Ihre Anträge bitte selbst, dann wissen Sie, was in ihnen steht, und dann ist etwas dabei, das man mit mehr Sachlichkeit behandeln kann und das nicht zu einer polemischen "Int
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir Vieles, was über die Inhalte der eigentlichen Antragsgegenstände hinaus gesagt worden ist, in unzähligen Debatten ausgetragen haben, darf ich mich auf den eigentlichen Gegenstand Ihrer Anträge beschränken.
Sie werfen die Frage nach der Zustimmungspflicht auf. Allein entscheidend ist die Qualität der Argumente und nicht die Anzahl der Gutachten. Juristisch geht es darum, ob die Auswirkungen einer Rechtsänderung auf die Verwaltungsaufgaben der Länder so gravierend sind, dass der Bundesrat zustimmen muss. Rot-Grün hatte beim Ausstieg nicht so viele Skrupel; denn den Ausstieg haben Sie am Bundesrat vorbei ohne dessen Zustimmung gemacht und meinen, eine verfassungsrechtliche Wohltat begangen zu haben. Hier darf man nicht mit zweierlei Maß messen.
Wenn bei manchen der Blick in das Gesetz nicht ausreicht, hilft ein Blick in die Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Es hat in seinem sehr nachlesenswerten Urteil vom 4. Mai 2010 zum Luftsicherheitsgesetz Folgendes ausgeführt - ich zitiere:
Die bloß quantitative Erhöhung der Aufgabenlast genügt dazu aber nicht. Sie stellt jedenfalls dann keine wesentliche Veränderung der Bedeutung und Tragweite einer übertragenen Aufgabe dar, wenn die Wahrnehmung der übertragenen Aufgabe dadurch nicht strukturell oder in anderer Weise schwerwiegend verändert wird.
Ich vermag nicht zu sehen, warum die Laufzeitverlängerung etwas anderes sein soll als eine bloße quantitative Erhöhung der Aufgabenlast. Wenn die Laufzeitverlängerung zustimmungspflichtig wäre, wäre es auch der Atomausstieg gewesen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass Bayern, wenn gegen die Laufzeitverlängerung geklagt wird, einen entsprechenden Normenkontrollantrag stellen wird. Ich kann auch die Kollegen von der SPD beruhigen. Ihre Sorge - darauf haben die Kollegen Reiß und Thalhammer hingewiesen -, dass Entschädigungsforderungen auf die Länder zukommen, ist völlig unbegründet. Es gibt § 7 d des Atomgesetzes, der eine unmittelbar geltende
Pflicht der Betreiber einführt, Sicherheitsvorkehrungen nach dem neuesten Stand der Technik umzusetzen. Dazu bedarf es keiner Auflage. Dies zeigt, meine Damen und Herren, wie schlampig die Regierung Schröder/Trittin seinerzeit in Sicherheitsfragen gehandelt hat.
Es ist doch völlig klar, meine Damen und Herren: Auch der Souverän hat sich aufgrund der klaren Festlegungen vor der Bundestagswahl bereits bei der Bundestagswahl für die Laufzeitverlängerung entschieden.
Da Sie von Mehrheitsentscheidungen gesprochen haben, will ich Sie darauf hinweisen, dass Sie meinen, Sie hätten eine Art moralischen Heiligenschein. Aber das Doppelspiel werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Es ist aufgrund einer klaren parlamentarischen Mehrheit entschieden worden. Wenn man der Unterlegene ist, wird man das sicherlich unterschiedlich bewerten. Was ich Ihnen entschieden nicht durchgehen lasse - Kollege Hartmann hat von den "Widerstandstagen" gesprochen -, ist die Aussage, dass es gegen demokratisch legitimierte Entscheidungen, die in einem frei gewählten Parlament gefasst wurden, das Recht zum Widerstand gebe. Sie diskreditieren damit den Rechtsstaat.
Sie verhöhnen noch dazu diejenigen, die um dieses Widerstandsrecht im Grundgesetz aufgrund bitterer historischer Erfahrungen gekämpft haben.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/6256 - das ist der Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um
das Handzeichen. - Danke schön. Das sind die Oppositionsfraktionen. Gegenstimmen? - Danke schön. Das sind die Koalitionsfraktionen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/6263 - das ist der Antrag der SPD-Fraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Das sind wiederum die Oppositionsfraktionen. Gegenstimmen? - Danke schön. Die Koalitionsfraktionen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.
Ich möchte Sie alle bitten, Ihre Fächer zu leeren, weil nächste Woche keine Sitzungen sind. In den Fächern befindet sich noch eine Hausmitteilung, die wir Ihnen gerne zukommen lassen möchten.
Ich rufe jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt nicht auf, weil mir von allen Fraktionen signalisiert wurde, dass dieser abgesetzt werden soll. Der Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 16/6259 wird also in den zuständigen Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit verwiesen. Damit komme ich zum Ende der Sitzung.