Martin Zeil

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Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beschließen wir das neue Landesentwicklungsprogramm, das uns in den letzten Wochen und Monaten, aber auch schon vorher, sehr intensiv beschäftigt hat. Das ist der Bedeutung dieses Gegenstands angemessen. Die Staatsregierung löst damit ihre Zusage und ihr Versprechen ein, die Landesplanung in Bayern auf eine neue und vielleicht für so manche ungewohnte Grundlage zu stellen. Ich darf allen eiligen und oft überschnellen Kritikern sagen: Sie können sich beruhigen. Erfolg ist nicht an der Zahl der Seiten messbar, und Inhalte sind es nicht immer nur an der bloßen Anzahl von Sätzen und Worten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, worum geht es uns? Wir wollen, dass Bayern wirtschaftlich so erfolgreich bleibt wie bisher, ohne dass unser Lebensraum und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zerstört oder nur ansatzweise gefährdet werden. Dieses in Einklang zu bringen, Ökonomie und Ökologie zu versöhnen, unser schönes Land auch in Zukunft vor einem seelenlosen Siedlungsbrei zu bewahren, Bayern in seiner Einzigartigkeit zu erhalten, den ländlichen Raum zu stärken und mehr Arbeit zu den Menschen zu bringen, um damit unnötige Verkehrsströme zu verhindern – all das sind Herausforderungen, denen sich unser neues LEP stellt. Dort befinden sich die richtigen Antworten auf die Fragen der Zukunft.
Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es doch im Kern. Wir brauchen keine ellenlange Bestandsaufnahme der Gegenwart. Vielmehr brauchen wir einen ebenso einfach wie gezielt formulierten Wegweiser,
der die wichtigsten Zukunftsfragen beantwortet, beispielsweise nach einem klimaschonenden Tourismus oder wie wir gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ganz Bayern schaffen. Wir erfüllen damit, wie wir ja heute beschlossen haben, auch einen Verfassungsauftrag.
Meine Damen und Herren, Bayern boomt. Wir leben am drittstärksten Industriestandort der Erde, aber wir machen im Gegensatz zu anderen eben nicht den Fehler, der Wirtschaft alles unterzuordnen und das aus den Augen zu verlieren, was unser Land ausmacht und so einzigartig macht. Auf die Frage, wie dies funktionieren kann, gibt das vorliegende Landesentwicklungsprogramm fundierte und auch modernisierte Antworten.
Unseren erfolgreichen bayerischen Weg führen wir mit dem neuen LEP fort. Wir bauen auf bewährten Grundlagen auf, geben aus Sicht der Landesplanung aber vor allem Antworten auf neue Herausforderungen und verzichten dabei auf unnötiges Beiwerk. "Weniger ist mehr", lautet unsere Devise. Der Staat muss, der Staat soll sich auch bei der Landesplanung auf das konzentrieren und beschränken, was er im Interesse des Gemeinwohls zwingend zu regeln hat. Deswegen haben wir entbürokratisiert, deswegen haben wir den Kommunen auch mehr Rechte und Möglichkeiten gegeben. Es ist das Ziel moderner Landesplanung, Leitplanken für die wichtigsten Themen festzulegen, Konfliktlösungen und Regelungen dafür anzubieten, aber nicht, alles und jedes bis ins Einzelne zu regeln, sondern den Kommunen auch Spielraum zum Handeln zu lassen.
Meine Damen und Herren, auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition sollten anerkennen, dass das Leitziel gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in keinem zweiten Land derart Realität geworden ist wie in Bayern. Seien wir doch einmal ehrlich: In anderen Bundesländern würden die Champagnerkorken knallen, wenn diese so niedrige Arbeitslosenquoten hätten wie beispielsweise Nordbayern. Dieser Erfolg, einen Riss durchs Land, eine Spaltung in Nord und Süd, eine Zweiklassengesellschaft, zu vermeiden, ist nicht nur, aber auch ein Verdienst erfolgreicher Landesplanung.
Wir legen mit diesem LEP auch das Bekenntnis ab: Wir lassen niemanden im Stich. Keine Region wird abgehängt. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz, wir kämpfen darum, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen, und zwar nicht nur in München und Oberbayern, sondern überall. Wie erfolgreich wir das tun, zeigt allein ein Blick auf die Arbeitslosenquo
ten; denn nicht etwa Oberbayern weist in der Regel die niedrigsten Quoten auf, sondern Niederbayern, Schwaben und Unterfranken und neuerdings auch die Oberpfalz. Das ist konkrete Politik für die Menschen in allen Regionen.
Meine Damen und Herren gerade auch von der Opposition, diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, und sie strafen Ihre nervige Dauernörgelei Lügen. Aber sei’s drum. Bayern wird erfolgreich und schön bleiben, und wir werden weiterregieren, und Sie werden das weiter in der Opposition begleiten.
Viele aus Ihren Reihen behaupten ständig und unverbesserlich, das neue Landesentwicklungsprogramm sei zu kurz geraten. Wenn ich mir Ihre Kritik nur anhöre, stelle ich fest: Es ist vielen von Ihnen offensichtlich immer noch viel zu lang; denn bei dem, was Sie sagen und kritisieren, können Sie es nicht zur Gänze gelesen haben.
Richtig ist aber auch: Der vorliegende Entwurf ist kein Wunschkonzert für alle, vor allem nicht für jeden Interessenverband. Man muss sich einmal klarmachen, dass es hier nicht um Einzelinteressen geht. Vielmehr muss das große Ganze stimmen. Das Allgemeinwohl hat Vorrang vor Partikularinteressen. Auch das ist eine klare Aussage.
Denn nur folgenden Dingen muss das LEP gerecht werden: den Bedürfnissen des Freistaats Bayern, den Bedürfnissen unseres Landes, seiner Wirtschaftskraft, aber ebenso seiner Landschaft und Schönheit, die es zu erhalten gilt. Bayern wäre nicht mehr Bayern, wenn wir alles den Gesetzen der Ökonomie und des Wachstums unterordneten. Wachstum ist wichtig, Wachstum bedeutet Wohlstand; aber grenzenloses Wachstum ist gefährlich. Deswegen wird es das in Bayern auch nicht geben. Dafür sorgt schon das vorliegende LEP, das der grünen Wiese im Ernstfall einen höheren Stellenwert einräumt als seelenlosen Betonorgien.
Bayerns Wirtschaft muss stark und Bayerns Landschaft muss schön bleiben. Für beide Seiten ein und derselben Medaille steht die Bayerische Staatsregierung mit ihrer erfolgreichen Politik und mit dem neuen Landesentwicklungsprogramm.
Nach diesen Maßstäben sind wir auch die heißen Eisen angegangen, über die man trefflich streiten kann und bei denen die Interessengruppen natürlich auch am weitesten auseinanderlagen. So haben wir das Einzelhandelsziel entschlackt, bei den Verkaufsflächen den Gemeinden angemessene Spielräume eröffnet, aber gleichzeitig die grüne Wiese freigehalten. Mit dieser Staatsregierung, mit diesem Wirtschaftsminister wird es auch künftig nicht diese seelenlosen Malls und Einkaufszentren auf der grünen Wiese geben. Dafür haben wir in diesem LEP Sorge getragen.
Angemessen sind meines Erachtens auch die zusätzlichen Ausnahmetatbestände beim Anbindungsziel. Es gehört doch zur Wahrheit, dass niemand emittierende Gewerbebetriebe in seiner unmittelbaren Nachbarschaft haben will, übrigens auch nicht die Güterverkehrszentren. Deshalb haben wir diesbezüglich punktgenau und gezielt Erleichterungen geschaffen.
Wir haben es wieder an den Zahlen gesehen: Bayern lebt auch vom Tourismus. Deswegen war es richtig, dass wir eine Möglichkeit für die angemessene Erweiterung oder Errichtung von Beherbergungsbetrieben in Tourismusgemeinden geschaffen haben. Wir wollen keine Käseglocke über Bayern stülpen. Aber bei Bewahrung unserer schönen Landschaft muss eine zeitgemäße Entwicklung in den Kommunen möglich sein.
Meine Damen und Herren, ich darf mich bei den Koalitionsfraktionen vielmals bedanken, die in einem langen, aber sehr fruchtbaren Diskussionsprozess Verbesserungen des Entwurfs der Staatsregierung erarbeitet und beschlossen haben. Dieser Entwurf ist solide erarbeitet und umfassend diskutiert. Dass man in einzelnen Punkten unterschiedlicher Meinung sein kann, liegt in der Natur der Sache. Ich verstehe nicht, dass zum Beispiel die FREIEN WÄHLER Änderungsanträge zwar in der Sache für richtig erklärt, diese dann aber aus einer generellen Verweigerungshaltung abgelehnt haben. Sie sind doch sonst immer die Fürsprecher der Kommunen und deren Spielräume. Hier verweigern Sie sich. Das verstehe, wer will.
Wir haben das LEP wiederholt den Erfordernissen der Zeit angepasst. Wir haben auch vereinbart, dass wir das sehr breit diskutierte System der zentralen Orte durch externe Gutachter überprüfen lassen und 2015 eine Teilfortschreibung vornehmen werden, weil wir uns die 50 bis 60 Themen, die wir in diesem Zusam
menhang in Bayern haben, mit aller Offenheit, Transparenz und Klarheit gemeinsam ansehen werden.
Mit der vorliegenden Fortschreibung werden Vorsorge und Flexibilität der bayerischen Landesentwicklungspolitik gleichermaßen gesichert. Nach intensiven parlamentarischen Beratungen liegt ein LEP vor, das geeignet ist, den Wandel zu meistern und den Vorsprung Bayerns zu halten und auszubauen. Ich darf das Hohe Haus deshalb bitten, diesem Landesentwicklungsprogramm heute zuzustimmen und damit wieder einen Baustein dafür zu setzen, dass unser starkes Land auch eine gute, starke Zukunft haben wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land ist von einer Hochwasserkatastrophe bisher unbekannten Ausmaßes heimgesucht worden. Ausgerechnet das Wasser, der Quell des Lebens, hat den betroffenen Menschen mit seiner zerstörerischen Kraft unvorstellbares Leid und Verzweiflung gebracht. Wir stehen fassungslos vor Bildern, die wir so nicht für möglich gehalten hätten. Wir fühlen mit jenen Menschen, denen das Wasser vieles, nicht selten alles genommen hat.
Sie werden sicherlich verstehen, dass ich meine seit vielen Wochen für heute geplante Regierungserklärung unter diesen Eindrücken nicht mehr so halten kann, wie ich das ursprünglich geplant hatte. Die wirtschaftspolitische Leistungsbilanz der Staatsregierung muss heute hintanstehen, weil die Bürger, vor allem die vom Hochwasser betroffenen Menschen, nicht verstehen würden, wenn wir heute im Landtag um Bilanzen und Prozentzahlen streiten. Dafür ist jetzt nicht die Stunde und auch nicht die Zeit.
Ich möchte damit dem Landtag die Gelegenheit geben, sich erneut mit der Flutkatastrophe und ihren einschneidenden Folgen zu beschäftigen, aber eben auch mit der Frage, wie diese Folgen möglichst schnell gelindert und die Schäden für Privathaushalte und Unternehmen behoben werden können.
Meine Damen und Herren! In schlimmen Zeiten wie diesen rückt Bayern zusammen, um jenen Menschen zu helfen, die unfassbares Leid, großen Schmerz und nicht nur materiellen Schaden, sondern manchmal sogar den Verlust ihres Zuhauses oder ihres Betriebes zu beklagen haben.
Es zeigt sich aber auch, zu welch großartigen Leistungen unser Land nach einer solchen Katastrophe fähig ist. In Passau, in Rosenheim, in Kolbermoor, in Deggendorf, in Straubing, in Regensburg – überall dort, wo unvorstellbare Wassermassen vernichtend gewütet haben, haben sich die Menschen selbstlos verhalten und Großartiges geleistet.
Ich denke etwa an die Studenten, die ihre Bücher zur Seite gelegt haben, tagelang Sandsäcke füllten und
schleppten und nun mit aufräumen. Ich denke auch an die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks und der vielen Feuerwehren aus ganz Bayern, an unsere Polizei, an das Rote Kreuz, die Wasserwacht und natürlich auch an die herbeigerufenen Soldaten der Bundeswehr. Ich denke an die Einsatzleute vor Ort, zum Beispiel an den Oberbürgermeister Dupper von Passau und Landrat Bernreiter, die bis an die Grenze ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit und auch darüber hinaus für andere ihr Bestes gegeben haben und immer noch geben.
Aus vielen Teilen unseres Landes und darüber hinaus sind freiwillige Helfer, deren Namen uns oft unbekannt bleiben, in die von der Katastrophe heimgesuchten Gebiete gereist. Es sind Menschen, die sich berufen fühlten, anderen zu helfen, die ihre Zeit und ihre Kraft geben, um sich aufzuopfern. Wir werden diesen großartigen Einsatz niemals vergessen und danken von ganzem Herzen all jenen, die uneigennützig und selbstlos geholfen haben und dies bis heute tun. Sie alle tun im wahrsten Sinne des Wortes ein gutes und ein großes Werk.
Dies alles zeigt, dass Bayern viel mehr ist als die Summe seiner Bürger, viel mehr als eine bloße Ansammlung von Menschen. Überall im Land sind Spenden- und Benefizaktionen angelaufen. Das, was wir in diesen für so viele Menschen schlimmen Tagen an Mitgefühl und an konkreter Hilfe erleben durften, macht Bayern und die Stärke unseres Landes aus. Deswegen werden wir das, was noch alles geleistet werden muss, auch schaffen. Gemeinsam werden wir es schaffen.
Jetzt muss es darum gehen, die enormen Schäden so schnell und so umfassend wie möglich zu beheben, damit die Menschen in den Hochwassergebieten in ihren Alltag zurückkehren und in ihr gewohntes Leben zurückfinden können. Wir alle zusammen müssen dabei helfen. Wir brauchen alle, damit dort so schnell wie möglich Normalität einkehrt. Häuser müssen repariert und viele Betriebe saniert werden. Straßen und Schienen müssen instand gesetzt werden, damit die Hochwassergebiete möglichst rasch wieder Teil des Wirtschaftskreislaufs werden.
Wir müssen jetzt mit aller Kraft an der Seite der betroffenen Menschen stehen, deren Optimismus und Zukunftswille uns zum Vorbild gereichen soll. "Es muss doch weitergehen!", haben uns einige Menschen unter Tränen gesagt, die in den vergangenen zehn Tagen vieles, manchmal sogar alles verloren
haben. Genauso ist es: Es muss weitergehen, und es wird weitergehen.
Gerade weil Bayern wirtschaftlich und finanziell so gut dasteht wie noch nie, gerade weil unser Land vor wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit strotzt, weil die Investitionen hoch sind und die Arbeitslosenzahlen niedrig, können die Staatsregierung und der Freistaat Bayern den betroffenen Menschen und Unternehmen in einer Weise helfen, die Maßstäbe setzen wird. Wir werden viel Geld in die Hand nehmen, um schnell und umfassend zu helfen. Die Botschaft ist klar: Keiner der Betroffenen wird mit seinem Schicksal allein gelassen. Die vom Hochwasser gepeinigten Menschen können sich darauf verlassen, dass wir in dieser schweren Zeit an ihrer Seite sind. Auch der Bund hat bereits erste Maßnahmen getroffen. Aber auch in diesem Zusammenhang sagen wir ganz klar: Für uns gilt die Zusage der Bundeskanzlerin in Passau, dass jeder Euro, den wir in Bayern als Hilfe bereitstellen, durch den Bund mit einem Euro ergänzt wird, 1 : 1. Also bitte keine zu komplizierten Fonds oder Ähnliches, sondern klare Lösungen, die wirklich helfen!
Eines möchte ich aber auch sagen: Auch von der EU müssen wir – das ist meine klare Forderung – mehr erhalten als nur warme Worte. Solidarität ist keine Einbahnstraße.
Viele Kolleginnen und Kollegen waren – so wie der Ministerpräsident und ich – in den letzten Tagen vor Ort und haben mit den Betroffenen gesprochen, um das ganze Ausmaß der Flutkatastrophe noch besser zu verstehen und zu begreifen, wo und wie wir helfen müssen. Wir haben mit den Verantwortlichen vor Ort gesprochen, vor allem mit jenen, die Erfahrungen mit solchen Flutkatastrophen haben. Wir haben erörtert, wie die Hilfsmaßnahmen maßgeschneidert und reibungslos ablaufen können. Damit die betroffenen Menschen ihren Lebensmut nicht verlieren, ist es jetzt das Wichtigste, dass die Hilfen schnell, flexibel und damit unbürokratisch bei ihnen ankommen.
Auf der Grundlage dieser Gespräche hat die Staatsregierung ein umfassendes Hilfspaket geschnürt. Die ersten konkreten Hilfsmaßnahmen sind angelaufen. Ich will aber unmissverständlich sagen: Wir beginnen zunächst schnell mit kleineren Beträgen, damit die erste Not gelindert werden kann. Jeder, der Hilfe braucht, bekommt sie auch. Am Geld wird und darf die Beseitigung der Schäden nicht scheitern.
Ich bin den Kollegen Klein und Söder dankbar, dass sie sofort den Vorschlag gemacht haben, die zu erwartenden Rückzahlungen aus dem Länderfinanzausgleich in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro zur Rücklage für die Flutopfer zu verwenden.
Bayern wird konkret helfen. Wir haben die Zahlung von Sofortgeld an die Privathaushalte in Gang gebracht. Für die Gewerbebetriebe stehen bis zu 5.000 Euro zur Verfügung. Die Auszahlung dieser Gelder durch die jeweiligen Landratsämter und Gemeinden läuft seit Ende letzter Woche. Die Hilfen kommen direkt und unmittelbar bei den Betroffenen an, und zwar schnell, bürgernah und unbürokratisch. 42 Millionen Euro hat Kollege Söder den vom Hochwasser betroffenen Kommunen unmittelbar nach den Gesprächsrunden vor Ort für diese erste Soforthilfe ausbezahlt. Dieses Geld wird – das hören wir auch aus Rückmeldungen – von den betroffenen Bürgern bereits dankbar angenommen.
Das kann aber nur der Anfang sein. Deswegen haben wir gestern in der Staatsregierung die Beträge für weitere Hilfen verdoppelt. Wir werden für geschädigte Betriebe bis zu 100.000 Euro und bei Existenzgefährdung bis zu 200.000 Euro zur Verfügung stellen. Es wird auch einen Härtefonds geben, aus dem Privathaushalte und daneben Selbstständige sowie Landund Forstwirte bedient werden, deren Existenz akut bedroht und gefährdet ist.
Damit nicht nur die Verteilung der Gelder, sondern auch die notwendige Beratung und Betreuung der Betroffenen in der Nähe ihrer Wohnorte erfolgt, fungieren die Landratsämter und kreisfreien Städte als zentrale und erste Anlaufstellen. Die Regierungen von Niederbayern, Oberbayern und der Oberpfalz haben auf meine Weisung hin Ansprechpartner für Unternehmer und Selbstständige benannt, damit diese Programme schnell durchgeführt werden können. Die Kammern, die Wirtschaftsverbände und der Gaststättenverband stellen vor Ort ebenfalls Berater und spezielle Krisenstäbe bereit. Alle haben entsprechende Hotlines und Internetseiten eingerichtet.
Selbstverständlich können alle vom Hochwasser Geschädigten auch steuerliche Erleichterungen nutzen. Um unnötige Verzögerungen zu vermeiden und jetzt eine schnelle Abwicklung zu gewährleisten, haben die Versicherer und die Kammern auf meinen Wunsch hin eine Taskforce gebildet. So ist gewährleistet, dass an jedem Ort genügend Mitarbeiter und vereidigte Sachverständige zur Verfügung stehen.
Auch die Bundesagentur für Arbeit hat einen eigenen Krisenstab eingerichtet, um Betriebe umfassend zu informieren und zu betreuen. Notwendige Hilfen wie die Gewährung von Kurzarbeitergeld können auf diese Weise sehr schnell auf den Weg gebracht werden. Die Landwirtschaft erhält Soforthilfen. Die Gemeinden haben bereits erste Hilfen bekommen, um Schäden an den Straßen oder der Infrastruktur rasch zu beseitigen.
Zum Hochwasserschutz wird Herr Kollege Dr. Huber in der nächsten Woche ein Konzept vorlegen, das auf den Ausbauplan für die bereits eingestellten drei Milliarden Euro, die Notwendigkeit zusätzlicher Mittel, aber auch auf die bisherigen Hemmnisse und Blockaden beim Hochwasserschutz umfassend eingehen wird. Dem will ich heute nicht vorgreifen. Deshalb hierzu nur zwei Punkte: Pauschale Schuldzuweisungen an nur eine Gruppe, beispielsweise die Landwirte, halte ich nicht für angemessen.
Eine unvoreingenommene, eine ehrliche Analyse muss alle Hemmnisse einbeziehen, auch solche durch Bürgerinitiativen, politische Gruppen, Verbände und Verwaltungen vor Ort. Dann kann entschieden werden, wie dem Allgemeinwohl künftig schneller und besser Rechnung getragen werden kann.
Dafür, dass der Hochwasserschutz zwischen Straubing und Vilshofen nicht länger blockiert wird, hat diese Staatsregierung bereits erfolgreich gesorgt. Durch die Richtungsentscheidung für den Ausbau ohne Staustufe in diesem Abschnitt können dort jetzt endlich die geeigneten Maßnahmen für den Hochwasserschutz in Angriff genommen werden.
Meine Damen und Herren, Wirtschaft ist nicht alles. Wer wollte diesen Satz angesichts der aktuellen Bilder auch allen Ernstes bezweifeln? – Aber ohne Wirtschaft ist alles nichts. Wenn wir als Staatsregierung, als Freistaat, in der Lage sind, jetzt zu helfen, dann ist das darauf zurückzuführen, dass Bayern so stark ist und unsere Unternehmen dieses Geld zuvor erwirtschaftet haben.
Wirtschaft ist kein Selbstzweck, aber Wirtschaft ist die Grundlage für Wohlstand, für Lebensqualität und, wie wir nun wieder sehen können, auch für Sicherheit in Krisenzeiten. Deswegen kommt es auf wirtschaftlichen Erfolg an. Deswegen ist es wichtig, dass Bayern so stark ist und auch so stark bleibt.
Lassen Sie mich deshalb in aller gebotenen Kürze zur Wirtschaftspolitik noch folgende Anmerkungen machen: Viele Staaten in Europa stecken in einer tiefen Rezession und weisen Arbeitslosenzahlen insbesondere bei der Jugendarbeitslosigkeit auf, die eine enorm schwere Bürde für die Zukunft darstellen. Nicht wenige sprechen bei den jungen Spaniern, den jungen Griechen und den jungen Italienern bereits von einer verlorenen Generation. Nicht so in Bayern: Mit seiner historisch niedrigen Arbeitslosen- und einer noch niedrigeren Jugendarbeitslosenquote wirkt Bayern wie ein Magnet, auch für die klügsten Köpfe und Talente dieser Welt. Der Kraft Bayerns können sich nur wenige entziehen. Deshalb werden wir mit dieser Wachstumsdynamik bis zum Jahr 2015 auch das Ziel der Vollbeschäftigung erreichen.
Anderen Ländern und Staaten wachsen die Schuldenberge über den Kopf, sei es aus wirtschaftlicher Schwäche, sei es aus politischem Unvermögen. Der Freistaat hingegen tilgt bis zum Jahr 2014 mehr als 2,5 Milliarden Euro Altschulden. Das gehört zu der besten Zukunftsvorsorge, die man sich nur denken kann.
Anderswo wachsen die regionalen Unterschiede, Bayern hingegen ist ein Land im Gleichgewicht. Das sieht man schon daran, dass Niederbayern, die Oberpfalz, Unterfranken und Schwaben mittlerweile niedrigere Arbeitslosenquoten aufweisen als Oberbayern. Arbeit zu den Menschen bringen: Dieses Konzept geht auf. Wir müssen es aber in den nächsten Jahren noch verstärken, damit die Überhitzungstendenzen in einigen Ballungsräumen und die Abwanderungstendenzen in anderen Landesteilen dieses Gleichgewicht nicht ins Wanken bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Motto "Fortschritt durch Innovationen" hat Bayern zum drittstärksten Industriestandort der Welt gemacht. Ich wiederhole: zum drittstärksten. Unsere innovative Industrie ist der Garant für Vollbeschäftigung. Deswegen wird eine unserer innovationspolitischen Leitlinien "Digital Bavaria" sein, unsere neue Digitalisierungsoffensive. Die Digitalisierung der Wirtschaft ist die vierte industrielle Revolution. Sie ermöglicht modernste und leistungsfähigste Wertschöpfungsketten. Sie führt zu neuen Produkten, innovativen Anwendungen und neuen Geschäftsmodellen. Wenn wir die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen, können wir der bayerischen Industrie Produktivitätsschübe von bis zu
30 % verschaffen. Das macht unser Land auf Jahre hinaus unschlagbar.
Das ist auch eine Riesenchance für den ländlichen Raum. Bayern hat bereits jetzt starke Standbeine in der digitalen Wirtschaft. Bei uns ist die Anwenderindustrie zu Hause. Die Digitalisierung der bayerischen Wirtschaft braucht aber zuallererst ein leistungsfähiges Hochgeschwindigkeitsinternet. Dafür stellen wir 500 Millionen Euro, eine halbe Milliarde Euro, aus Landesmitteln bereit. Wir haben dieses Zukunftsprogramm zusammen mit den Kommunen entwickelt. Für Regionen mit besonderen demografischen Herausforderungen bieten wir einen Förderhöchstsatz von 80 %. Jeder kann mitmachen, alle sollen dabei sein, keiner bleibt außen vor!
Die Umsetzung des Programms läuft auf Hochtouren. Über 100 Gemeinden sind bereits im Förderverfahren. Das Konzept "Digital Bavaria" geht aber weit über die Hochgeschwindigkeitsnetze hinaus. Es geht mir um eine umfassende Modernisierung der bayerischen Wirtschaft. Die großen Visionen der digitalen Welt müssen jetzt und nicht irgendwann realitätstauglich umgesetzt werden. Schon in den letzten Jahren haben wir in allen Regierungsbezirken starke Kompetenzen in der digitalen Wirtschaft aufgebaut. Aus Zeitgründen verweise ich jetzt auf die in der Druckfassung aufgeführten Beispiele. Auf diese Stärken bauen wir, und wir bauen sie weiter aus. Unsere Digitalisierungsstrategie bindet Metropolregionen und ländliche Regionen gleichermaßen ein und fügt sie zu einem großen Ganzen zusammen. Ganz Bayern startet auf der Datenautobahn durch.
Wir werden beispielsweise in Garching, Regensburg, Passau, Erlangen und München Kernkompetenzen in der IT-Sicherheit ausbauen.
Wir arbeiten an einem Digitalisierungspaket für den Mittelstand. Weil wir Industrieland sind, wollen wir Bayern zum Zentrum der digitalisierten Produktion machen. Unser Ziel ist es, Bayern zum Pionierland, zum "Hot Spot" der digitalen Wirtschaft zu machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir helfen auch bei der Innovation. Wir haben beispielsweise allein bei der Fraunhofer-Gesellschaft seit 2008 rund 620 Millionen Euro investiert. Mit den von mir eingeführten In
novationsgutscheinen helfen wir kleinen Betrieben und dem Handwerk, mit den Großen mitzuhalten.
Weil Bayern so stark ist, und damit es so stark bleibt, brauchen wir eine komplette industrielle Wertschöpfungskette. Andere Länder haben die Industrie leichtfertig aufgegeben und stecken heute in der Krise. Wir haben konsequent auf die Industrie gesetzt. Sie trägt heute zu mehr als 25 % zu unserer Wertschöpfung bei.
Vieles von dem steht auf dem Spiel, wenn die Energiewende nicht gelingen sollte. Deswegen wird diese Herausforderung bleiben. Wir investieren allein in diesem und im nächsten Jahr 193 Millionen Euro in das neue Energiezeitalter. Ich verweise auch hier auf die Einzelbeispiele. Ich will nur drei Punkte erwähnen: Wir werden einen Energieeffizienzpakt schließen, und zwar noch in diesem Jahr. Wir haben erreicht - Herr Ministerpräsident, hier auch vielen Dank für Ihre Unterstützung -, dass das für Bayern ganz besonders wichtige Gaskraftwerk Irsching 5 am Netz bleibt. Und wir haben es geschafft, mit Thüringen eine Vereinbarung zur Realisierung der Thüringer Strombrücke zu schließen, damit dieses ganz entscheidende Projekt rechtzeitig bis Ende 2015 realisiert werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bayern ist so stark und so erfolgreich, weil Bayern das Innovationsland ist, weil Bayern ein investitionsstarkes Mittelstandsland ist und weil Bayern die modernste Infrastruktur für einen attraktiven Wirtschaftsstandort bietet. Bayern ist erfolgreich, weil die Staatsregierung den festen Willen, die nötige Kraft und den visionären Mut besitzt, die Zukunft des Freistaats in die Hand zu nehmen und die Zukunft unseres Landes zu gestalten.
Bayern hat die höchste Wachstumskraft aller Bundesländer: plus 6 % seit 2008. Bayern hat 2012 einen neuen Beschäftigungsrekord aufgestellt: mehr als 4,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Bayern hat 2012 einen neuen Exportrekord erreicht: 166 Milliarden Euro. Bayern hat die niedrigste Arbeitslosigkeit aller Länder. Sie lag im letzten Jahr durchschnittlich bei nur noch 3,7 %.
Bayern – das heißt konkret hohe Wachstumskraft. Bayern bietet seinen Bürgern beste Beschäftigungsund Lebensperspektiven. Bayern ist ein gefragtes Land für Investoren aus aller Welt. Bayern ist beliebt bei Touristen und als Arbeitgeber begehrt bei den Menschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten fünf Jahren viel erreicht, sehr viel. Wir können stolz sein auf Bayern. Ich freue mich, dass unsere
Bürgerinnen und Bürger klug sind. Ich freue mich über ihren Fleiß, über ihre Kraft und auch über ihr Mitgefühl, das sich gerade in den letzten Tagen wieder überdeutlich gezeigt hat. Das macht Bayern nicht nur zu einem besonders schönen und erfolgreichen, sondern auch zu einem außergewöhnlichen und einzigartigen Land. Lassen Sie uns gemeinsam hart dafür arbeiten, dass dies so bleibt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern wird von einer dramatischen Katastrophe heimgesucht. Darüber konnten wir uns bei unserer Reise einen sehr eindrucksvollen und bedrückenden Überblick verschaffen. Natürlich hoffen und bangen wir im Moment vor allen Dingen mit denen, die vor Ort in Deggendorf, in Regensburg, aber auch in Passau und an anderen Orten versuchen, das Schlimmste abzuwenden, und die mit einem unglaublichen Einsatz für die Mitbürgerinnen und Mitbürger ihre Arbeit verrichten.
Wir konnten aber auch sehr Ermutigendes erleben, nämlich dass Bayern in einer solchen Situation zusammenhält, dass es all das gibt, was schon erwähnt worden ist, nicht nur an Engagement der Einsatzkräfte, sondern auch an spontaner Mitmenschlichkeit, an Hilfsbereitschaft über alle Grenzen und über alle Orte hinweg. Auch das ist gerade in dieser Situation äußerst ermutigend, meine Damen und Herren.
Wir wollen jetzt das Notwendige beisteuern. Die angekündigten Hilfsmaßnahmen sind ein erster Schritt. Sie sind, wie schon gesagt worden ist, mit einem atmenden Deckel versehen. Die Botschaft ist völlig klar: Wenn ein so großes Ausmaß an Schäden festgestellt wird, dass sich zusätzliche Mittel als notwendig erweisen, gilt die Zusage des Bundes und auch unsere Zusage: Die Unterstützung, die notwendig ist, wird nicht am Geld scheitern. Wir werden die notwendigen Gelder zur Verfügung stellen.
Herr Kollege Muthmann, Sie haben angesprochen, dass es jetzt in der ersten Phase ganz wesentlich darauf ankommt, wie diese Maßnahmen umgesetzt werden. Darüber haben wir heute auch mit Praktikern gesprochen, die das schon ein- oder zweimal vor Ort gemacht haben. Sie, Herr Kollege Dr. Fischer, und andere gehören auch dazu. Wir sollten vor allen Dingen darauf achten, dass die Sofort- und Härtefallmaßnahmen schnell und dezentral ergriffen werden; denn vor Ort sind die besten Kenntnisse vorhanden. Wir werden morgen veranlassen, dass es vor Ort eine enge Zusammenarbeit gibt und dass Überbrückungshilfen gewährt werden.
Herr Kollege Aiwanger ist auf die Wirtschaft eingegangen. Dazu will ich sagen, dass wir natürlich auch Hilfen für die betroffenen Gewerbebetriebe zur Verfügung stellen werden. Das gilt gerade dort, wo man
sich gegen die Schäden nicht versichern kann. Wir haben veranlasst, dass es nicht nur bei den zuständigen Regierungen Ansprechpartner gibt, die selbst die Regionen aufsuchen und für die Landkreise und die zuständigen Behörden bereitstehen. Wir haben auch mit den Kammern heute früh in einer Telefonkonferenz festgelegt, dass Betriebsberater gerade in den am schwersten betroffenen Bereichen unmittelbar vor Ort Hilfe leisten. Dazu gehören der Tourismus und der Einzelhandel; in allen Regionen gibt es aber auch Beispiele von betroffenen Industriebetrieben und gewerblichen Betrieben. Auch die Kammern aus den nicht so schwer betroffenen Bezirken haben sich sofort bereit erklärt, die nötigen Sachverständigen für die Schadensbegutachtung zur Verfügung zu stellen. So kann in dieser schwierigen Situation sofort und proaktiv effektive und schnelle Hilfe geleistet werden. Auch Ausweichbetriebsräume werden für solche Unternehmen von den Kammern zur Verfügung gestellt. Auch hier bedanke ich mich für die schnelle und unkomplizierte Zusammenarbeit mit den Kammerorganisationen.
Ich will noch ein Wort zur Situation bei der Bahn sagen. Die Bahn ist von schlimmen Katastrophen verschont geblieben, aber auch zur Situation bei der Bahn hat sofort ein Krisenstab getagt. Wir konnten erreichen, dass kurzfristige Kulanzregelungen für betroffene Besitzer von Fahrscheinen eingeführt werden.
Anschließend wird es um die langfristigen Schlussfolgerungen gehen. Herr Kollege Dr. Magerl hat dazu einiges angesprochen. Dort, wo es möglich ist, müssen wir weiter für die Elementarschadenversicherung werben. Wir müssen uns in der Politik grundsätzlich einmal des Themas der nicht versicherbaren Schäden annehmen. Da besteht eine Lücke.
Der nächste Punkt betrifft den Hochwasserschutz. Hier müssen wir einsehen, dass es nicht nur um das Allgemeinwohl geht, das Sie angesprochen haben, sondern auch darum, dass 90 Prozent einer vernünftigen Lösung oft besser sind als eine hundertprozentige Lösung, die dann nie kommt. Dabei sind wir alle vor Ort und in der Praxis gefordert.
Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen, Herr Ministerpräsident, Herr Umweltminister und Herr Innenminister, für die enge Kooperation ganz herzlich bedanken. Jetzt ist angesagt, dass wir den Menschen vermitteln: Wir stehen alle zusammen und bewältigen gemeinsam die dramatische Lage und die daraus entstehenden Folgen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin den Koalitionsfraktionen sehr dankbar, dass sie dieses wichtige Thema vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte, die an der Opposition offenbar inhaltlich weitgehend vorbeigegangen ist, heute zum Gegenstand einer Diskussion machen. Sie wissen, dass die Bayerische Staatsregierung und auch ich nicht immer Anlass hatten, uneingeschränktes Lob in Richtung des Bundes auszusprechen, was den Fortgang der Energiewende und die notwendigen Rahmenbedingungen angeht. Aber ich muss schon sachlich feststellen, dass es gut ist, dass gerade auch beim Bundesumweltminister die Dinge inzwischen angekommen sind. Nicht jeder Vorschlag ist schon im Detail in die richtige Fassung gegossen; die Richtung ist wichtig. Sie, Herr Wörner, sagen doch heute nur: Es ist alles gut; das EEG soll so bleiben, wie es ist.
Wir sagen: Wer diese Fehlsteuerung belässt, der gefährdet die Energiewende, und nicht umgekehrt.
Deswegen müssen wir uns dem Thema der hohen Preise zuwenden. Es sollte Sie doch interessieren. Wenn einerseits sozial schwächere Haushalte ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen können und auf der anderen Seite Anlagenbetreiber Traumrenditen einfahren, dann ist das sozial ungerecht.
- Sie haben sich den konkreten Dingen bisher verweigert. Das EEG ist eine Hinterlassenschaft von RotGrün. Es konnte zwar fortentwickelt werden,
aber wir sind auf diesem Feld längst noch nicht so weit, wie es notwendig wäre.
Herr Kollege Wörner, auch wenn es für einen patentierten Sozialisten schwierig ist, zu hören, sage ich: Wir müssen endlich aus der Planwirtschaft heraus und zu mehr Marktwirtschaft kommen. Das ist doch das Thema, das sich hier stellt.
Die hohen Energiepreise kosten Arbeitsplätze in der Industrie. Ihnen als ehemaliger Arbeitnehmerpartei scheint es egal zu sein, was mit den Arbeitsplätzen passiert.
Uns ist es nicht egal, weil es kein anderes Land gibt, das auf seine energieintensive Industrie so angewiesen ist wie der Freistaat Bayern. Deswegen nehmen wir uns dieses Themas an.
Man sollte nicht so tun, als ob die Politik an der aktuellen Strompreisentwicklung unschuldig sei. Zahlten Haushalte im Jahr 1998 pro Kilowattstunde Strom noch rund 17 Cent, so sind es heute 28,5 Cent. Seitdem ist der Anteil staatlicher Steuern, Abgaben und Umlagen am Strompreis − daran haben alle mitgewirkt −
von 25 % auf über 50 % gestiegen. Deswegen ist es die Aufgabe der Politik, aus diesem Kreislauf herauszukommen.
Die EEG-Umlage ist dabei der Kostenblock mit der größten Dynamik. Im Jahr 2010 war der Anteil der EEG-Umlage am Preis pro Kilowattstunde noch 2,05 Cent, heuer sind es 5,3 Cent, und wenn nichts unternommen wird, könnte er bis 2014 auf 7 Cent steigen.
Schauen wir uns doch einmal die Argumente an. Sie haben wieder die - übrigens ursprünglich von Ihnen
mit geschaffenen - Ausnahmeregelungen für die stromintensive Industrie angesprochen.
Erstens fällt die besondere Ausgleichsregelung viel weniger ins Gewicht als unterstellt. Ohne die Ermäßigung für die Industrie wäre die EEG-Umlage gerade einmal einen Cent niedriger: 4,3 Cent statt 5,3 Cent.
Viele Industriebetriebe kommen nämlich gar nicht in den Genuss der Ausnahmeregelung oder sind nur teilweise befreit. Ich kann viele verstehen, insbesondere Handwerker, die zu mir sagen: Auch wir produzieren energieintensiv und müssen wegen der Ausnahmeregelung mehr bezahlen. Das zeigt ja schon: Das System in sich ist nicht mehr stimmig.
Selbstverständlich.
Wir erörtern diese Frage nicht zum ersten Mal. Selbstverständlich sind hierbei viele Schritte zu gehen. Der Einspeisevorrang ist ein Thema. Dabei wird man nur schrittweise vorwärtskommen können. Übrigens schreiben mir insbesondere auch von rot-grünen Stadtratmehrheiten getragene Gaskraftwerkbetreiber, dass in der jetzigen Regelung eine Ursache dafür liegt, dass ihre Gaskraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Hier besteht also ganz offensichtlich Handlungsbedarf.
Des Weiteren brauchen wir schrittweise Maßnahmen zur Fortentwicklung bis hin zu einem in eine europäische Regelung eingebetteten Mengensteuerungssystem. Das wird nicht von heute auf morgen möglich sein, aber der Gedanke, der dahintersteckt und an dem auch gar nichts vorbeiführt, ist, dass wir die erneuerbaren Energien aus dem jetzigen System der staatlichen Preisfestsetzung herausholen und sie an den Markt heranführen müssen, damit sie sich dort bewähren.
Sie können doch heute niemandem mehr vermitteln, dass die Verbraucher im nächsten Jahr insgesamt 20 Milliarden Umlage bezahlen, damit andere eine Anlage mit hoher Rendite haben. Das ist in sich unschlüssig. Das ist aus dem Ruder gelaufen. Deswegen, Herr Kollege Hartmann, besteht hier Handlungsbedarf. Ich nehme jeden ernst gemeinten Vorschlag gerne auf. Aber immer nur zu sagen, man dürfe nicht an das EEG herangehen und das EEG sei in seiner jetzigen Ausgestaltung das Beste und das Tollste, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Ich will auf die Ausnahmeregelung zurückkommen. Wer sich einmal die Mühe macht, die Liste der begünstigten Unternehmen durchzuschauen, der wird dort nahezu ausschließlich energieintensive Produktionsunternehmen finden. Die Trittinschen Golfplätze habe ich dort jedenfalls nicht entdeckt.
Allerdings habe ich dort große Verkehrsbetriebe entdeckt.
Ich bin für Diskussionen offen. Mir ist neu, dass diese Verkehrsbetriebe im internationalen Wettbewerb stehen. Das hat wieder andere, soziale Gründe. Die Ausnahmeregelungen zu verdammen, wie es teilweise geschieht, halte ich für falsch. Ich kann nur dringend davor warnen, industrielle und private Verbraucher gegeneinander auszuspielen. Ohne die Ausnahmen wären am Standort Deutschland viele Betriebe auf Dauer nicht überlebensfähig.
- Herr Kollege Wörner, ich sage es noch einmal: Sie sind der Vertreter einer ehemaligen Arbeitnehmerpartei. Es kann Ihnen nicht egal sein. Industriearbeitsplätze dürfen nicht der Preis der Energiewende werden.
Das ist doch die Gratwanderung, die wir vor uns haben und die wir bewältigen müssen, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.
Ich plädiere für einen dreifachen Ansatz und bin den Koalitionsfraktionen für diesen Impuls sehr dankbar. Wir müssen erstens Sofortmaßnahmen ergreifen. Über die Vorschläge des Bundesumweltministers ist hier sehr ernsthaft und im Detail zu sprechen. Aber wir dürfen sie auch nicht zerreden. Es ist ein gutes Zeichen, dass der Bundesumweltminister den Ernst der Lage endlich einmal so deutlich adressiert.
Wir müssen zweitens die Beratungen über eine grundlegende Reform des EEG weiterführen und bald mit einem Ergebnis abschließen. Dabei müssen wir vor allem die europäische Dimension unseres Fördersystems sehen.
Drittens wiederhole ich meine Forderung nach einer Strompreisbremse, die die Bayerische Staatsregierung als Diskussionsvorschlag bereits auch in den Bundesrat eingebracht hat. Künftige Erhöhungen sollten an die Stromsteuer gebunden werden, um so eine schnell wirksame Maßnahme einzuleiten.
Ich freue mich, dass sich neuerdings sogar die Bundes-SPD − und hier sind wir ganz großzügig mit Copyright-Verletzungen oder Plagiaten − dieser Forderung anschließt. Das kann der Sache nur dienen. Die Beschlüsse vom Juli 2011 wurden in einem partei
übergreifenden Konsens gefasst; jetzt ist es doch die Aufgabe der gleichen Parteien, die das damals gemeinsam beschlossen haben, die unvollständigen Bausteine dieser Energiewende in dem gleichen parteiübergreifenden Konsens zusammenzubringen. Unsere Bevölkerung kann mit Fug und Recht erwarten, dass wir uns hier nicht auf Wahltermine zurückziehen und monatelang Stillstand eintreten lassen, sondern jetzt die notwendigen Schritte beschließen.
Ich bin nicht der Bundeswirtschaftsminister, aber soweit ich das verfolgt habe, ist man auch hier, übrigens in einem sehr parteiübergreifenden Konsens, zu dem Ergebnis gekommen, dass man bei den wichtigen Offshore-Anlagen eine solche Regelung einführen muss. Ich habe das am Anfang mit großer Skepsis gesehen, habe mich dann aber, wie auch der Bundesrat insgesamt, davon überzeugen lassen, dass man eine solche Regelung braucht.
Das andere Thema, also das Problem des überschüssigen Stroms, weist auf die schwere Vermittelbarkeit der jetzigen Regelung hin. Wir hatten am 1. Weihnachtsfeiertag tatsächlich die Situation, dass wir Strom abgeben und sogar noch etwas bezahlen mussten, um ihn loszuwerden. Das zeigt, dass das Steuerungssystem nicht funktioniert. Wir brauchen bessere und intelligentere Lösungen. Alles so zu belassen, wie es ist, ist die schlechteste aller Lösungen; denn wir müssen an die Wurzeln des Problems heran.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan 07 ist ein Etat, mit dem wir unsere Zukunftsideen für Bayern verwirklichen. Wir stärken den Standort in konjunkturell unsicheren Zeiten. Mit Rekordsummen für Investitionen und Innovationen wollen wir in den nächsten beiden Jahren die Grundlagen für das Ziel Vollbeschäftigung in Bayern 2015 legen. Ich danke dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses Georg Winter, dem Kollegen Karsten Klein, den Berichterstattern und allen Mitgliedern des Ausschusses für die konstruktive Beratung zum Wirtschaftsetat. Gleichzeitig danke ich dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, Herrn Kollegen Huber, und allen
Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Gemeinschaftswerk mitgewirkt haben.
Weil der Bayerische Landtag weiß, was Bayern braucht, können wir in enger Abstimmung politische Weichenstellungen vornehmen, die den Freistaat voranbringen. Dieser Wirtschaftsetat ist Ausdruck der Gestaltungskraft der Staatsregierung und der Koalition von CSU und FDP.
Bayern hat drei sehr erfolgreiche Jahre hinter sich. Der Freistaat steht an Finanz- und Wirtschaftskraft so gut da wie nie zuvor. Wir wissen: Wirtschaft ist zwar nicht alles, aber ohne eine erfolgreiche Wirtschaft könnten wir uns vieles nicht leisten. Weil Bayerns Unternehmer, Selbstständige, Existenzgründer und Freiberufler so erfolgreich sind und weil die Staatsregierung konsequent für einen Standort mit Premiumqualität sorgt, stimmt die Bilanz.
Bayern verfügt über so viele Arbeitsplätze wie nie zuvor. In Bayern gibt es die niedrigste Arbeitslosenquote und die niedrigste Armutsquote in Deutschland. Die Menschen in Bayern haben weit überdurchschnittliche Einkommen und genießen die höchste Lebensqualität. Wo es der Wirtschaft gut geht, geht es den Menschen besser. Eine gute Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, ist die beste Sozialpolitik.
Bayern kann vieles allein. Über die weltweite Konjunkturschwäche und die europäische Schuldenkrise können freilich auch wir nicht einfach hinweggehen. Auch die bayerische Wirtschaft muss sich in den nächsten Monaten auf eine langsamere Gangart einstellen. Wer aber aus der Wirtschaftskrise von 2009 so stark hervorgegangen ist wie der Freistaat, ist auch für die bevorstehenden konjunkturellen Turbulenzen bestens gerüstet. Wir sehen den Entwicklungen auch nicht tatenlos zu. Wenn das Konjunkturklima frostiger wird, müssen wir die Krisenresistenz der Wirtschaft verbessern und das Vertrauen der Investoren in den Standort Bayern stärken. Deshalb ist dieser Einzelplan ein Haushalt für Stabilität in labiler Konjunktur.
Der Einzelplan 07 ist ein Haushalt, mit dem wir uns den großen Zukunftsaufgaben demografischer Wandel und Umbau der Energieversorgung sowie dem globalen Innovationswettlauf stellen. Wir setzen auf Investitionen und Innovationen für Wachstum und Beschäftigung. Deshalb ist dieser Etat auch ein Haushalt der Zukunftsgestaltung.
Hier, meine Damen und Herren, liegt auch der Unterschied zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün. Ob in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Berlin: Rot-Grün steht für neue Schulden, kürzt bei Bildung und setzt bei künftigen Generationen den Rotstift an. Das ist Rot-Grün. Wir gestalten die Zukunft.
Bayern steht für die Rückzahlung von Altschulden und einen ausgeglichenen Haushalt. Wir gestalten die Zukunft mit mehr Bildung, mehr Investitionen, mehr Innovation. Der Freistaat ist einzigartig in puncto Stabilität, Solidität und Zukunftskraft. Es kommt eben darauf an, wer ein Land regiert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Stabilität, Solidität und Zukunftsvorsorge, das ist auch der Weg aus der europäischen Schuldenkrise. Warum sind denn die Krisenländer in Schwierigkeiten geraten? − Weil sie über ihre Verhältnisse gelebt haben, weil sie zu teuer geworden sind, das zu erwirtschaften, was sie beanspruchen. Der einzige Ausweg sind straffe Konsolidierung der Haushalte und mutige Strukturreformen für Wachstum. In diesem Sinne können die Krisenländer viel vom Freistaat lernen.
Wir in Bayern bekennen uns zur sozialen Marktwirtschaft. Wir bleiben unserem Kurs "Sparen, Tilgen, Investieren" treu. Attraktive Standortbedingungen, Mut zu Innovationen, Kraft zu Investitionen und Freiheit für unternehmerisches Engagement, das ist Bayern, das hebt Bayern vom Rest der Republik ab.
Der Wirtschaftsetat setzt die Linie des Programms "Aufbruch Bayern" nahtlos fort. Für den Wirtschaftsetat sind in den nächsten beiden Jahren 1,95 Milliarden Euro bzw. 1,98 Milliarden Euro vorgesehen. Damit sichern wir die wirtschaftliche Stärke Bayerns und Vollbeschäftigung im Jahr 2015.
Wir haben dabei eine klare Strategie. Vollbeschäftigung in Bayern ermöglichen, heißt zum Beispiel, die Chancen der Digitalisierung für neue, moderne Arbeitsplätze zu nutzen. Die Digitalisierung eröffnet uns neue und einzigartige Wachstumschancen und sorgt für eine neue Beschäftigungswelle im Freistaat. Sie ist die industrielle Revolution des 21. Jahrhunderts.
Wir machen Bayern − ich bin froh, dass meine Vorschläge in der Koalition auf so offene Ohren gestoßen sind − zum Pionierland der digitalen Welt. Wir setzen hier einen Schwerpunkt.
Das schnelle Internet ist das zentrale Nervensystem der digitalen Wirtschaft. Wir haben die Grundversorgung in Bayern im Rekordtempo hergestellt. Jetzt werden wir zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsinternet eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Regionen, die unter besonderem demografischen Druck stehen, erhalten Fördersätze von 80 %. Damit wird es besonders im ländlichen Raum sehr viel leichter, mit der modernen digitalen Welt Schritt zu halten. Kein anderes Land in Deutschland investiert so viel in diese Zukunftstechnologie. Programme mit dieser Wucht schafft nur Bayern.
Mit der Digitalisierung verfolgen wir einen umfassenden Modernisierungsansatz. Wir fördern beispielsweise Gründerzentren und Neugründungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Wir schalten uns hier sehr selbstbewusst in den Wettbewerb innerhalb Deutschlands ein. Wir werden beispielsweise in Franken eine "Modellregion digitale Gesundheitswirtschaft" einrichten. Bayern der Zukunft heißt Bayern digital.
Wenn wir die Vollbeschäftigung im Jahr 2015 erreichen wollen, müssen wir die Chancen neuer Energien für neue Arbeitsplätze nutzen, dürfen die Arbeitsplätze in der Industrie aber nicht aufs Spiel setzen. Weil wir bis zum Jahr 2022 einen Kernkraftanteil von mehr als 50 % an der Stromversorgung ersetzen müssen, treiben wir den Ausbau erneuerbarer Energieträger mit aller Kraft voran. Bereits heute können wir ein Drittel des Stromverbrauchs aus regenerativen Quellen decken. Das ist ein Erfolg, der sich sehen lassen kann.
- Sie haben das vielleicht noch nicht verstanden, aber die Fakten sprechen für uns. Bei der umweltverträglichen Energieversorgung ist keiner besser als wir in Bayern.
Strom aus erneuerbaren Energien ist auch ein Ergebnis der bisherigen Förderung. Dafür müssen Bürger und Unternehmen aber teuer bezahlen: 240 Euro pro
Kopf und Jahr. Wir können unsere Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien genauso schnell und genauso sicher erreichen, wenn wir das Erneuerbare-EnergienGesetz − EEG − fortentwickeln und beispielsweise auf ein Mengensteuerungsmodell umstellen. Das hat den großen Vorteil, dass Strom für Bürger und Wirtschaft dann bezahlbar bleibt.
- Ich weiß, dass es Ihnen egal ist, wie sich die Strompreise entwickeln. Uns ist das nicht egal.
Eine zuverlässige Stromversorgung ist für ein Land wie Bayern von sehr großer Bedeutung, weil die Industrie für Wachstum und Arbeitsplätze im Freistaat so wichtig ist. Deswegen müssen wir die Energiewende mit der Industrie und nicht gegen sie gestalten.
Wir kämpfen in Berlin für ein neues Förder- und Marktdesign, insbesondere auch für die erneuerbaren Energien mit dem Ziel: raus aus der Planwirtschaft, hin zu mehr Marktwirtschaft. Das ist die einzige Chance und das überzeugende Zukunftskonzept.
Meine Damen und Herren, mit Blick auf die Versorgungssicherheit führen wir einen riskanten Wettlauf gegen die Zeit. Die Diskussionen selbst über das moderne und leistungsfähige Gaskraftwerk Irsching 5 haben uns das nachdrücklich vor Augen geführt. Bayern trifft mit seiner Forderung nach raschen Anreizen für den Bau und rentablen Weiterbetrieb von Kraftwerken genau ins Schwarze. Ich habe besonders auch den kommunalen Gesellschaftern unmissverständlich deutlich gemacht: Verantwortung für die Versorgungssicherheit Bayerns heißt auch: Irsching 5 muss am Netz bleiben. In diesem Zusammenhang wäre es der größte Fehler, jetzt, wenn das Kraftwerk Irsching ohnehin schon auf der Kippe steht, auch noch das Kraftwerk Grafenrheinfeld vorzeitig abzuschalten, wie es beispielsweise die GRÜNEN fordern. Wir hätten damit den Weg zu einem Blackout geradezu vorgezeichnet. Das wäre ein Schildbürgerstreich ohnegleichen.
Im Übrigen gilt: Bei der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung, einem ganz wesentlichen Baustein der Energiewende, hätte es RotGrün im Bundesrat in der Hand, die Blockade endlich aufzugeben. Es ist ein Skandal, dass dieser wesentliche Baustein nach wie vor blockiert wird.
Wir verfolgen auf Landesebene ein umfassendes energiepolitisches Konzept. Wir haben auch unseren Masterplan und handeln danach.
Mit diesem Doppelhaushalt wollen wir 190 Millionen Euro in das neue Energiezeitalter investieren. Wir treiben damit unsere Anstrengungen voran, und wir werden im nächsten Jahr das erste Land sein, das einen eigenen Netzplan vorlegt.
Wir setzen unser Energieforschungskonzept fort. Wir reden nicht nur von neuen Energien, wir bereiten Ihnen den Weg und bringen Bayern beim Aufbruch in ein neues Energiezeitalter voran. Das gilt auch für das Thema Elektromobilität, für das wir 37 Millionen Euro bereitstellen.
Eines muss uns klar sein: Vollbeschäftigung geht nur mit einer dynamischen Industrie. Bayern steht heute auch deshalb so gut da, weil wir immer auf eine starke Industrie gesetzt haben. Mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 wollen wir die erfolgreiche Clusterpolitik fortsetzen. Die Clusterpolitik ist die Grundlage eines starken bayerischen industriellen Netzwerkes und setzt Maßstäbe weit über bayerische Landesgrenzen hinaus. Dass wir bundesweit im Spitzenclusterwettbewerb drei bayerische Erfolge verbuchen konnten, zeigt doch: Das von uns eingesetzte Geld ist gut investiert.
Dass Sie von den GRÜNEN die Mittel für dieses Erfolgsmodell streichen wollen, ist ein industriepolitischer Offenbarungseid. Sie wollen den bayerischen Automobilherstellern vorschreiben, welche Autos sie zu bauen haben. Das passt ebenfalls in dieses ideologische Bild und wäre ein enormer Schlag gegen einen unserer wichtigsten Arbeitgeber, nämlich die Automobilbranche. Dass die SPD zu diesen Plänen der GRÜNEN schweigt, spricht Bände. Andere Länder haben gelernt, dass es falsch war, die Industrie zu vernachlässigen. Die GRÜNEN haben es nicht gelernt, und sie kämpfen ideologische Schlachten aus dem letzten Jahrhundert. Grüne Politik ist eine innovationsfeindliche Politik von vorgestern.
Wir hingegen setzen auf Innovationen auf breiter Front. Weil die Innovationsgutscheine für kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe ein großer Renner sind, wollen wir allein dafür im Doppelhaushalt 2013/2014 insgesamt 10 Millionen Euro bereitstellen.
Wir wollen Vollbeschäftigung mit dem Handwerk, dem Mittelstand, den freien Berufen und den Existenzgründern erreichen. Wir haben dazu mit dem Mittelstandspakt den Weg bereitet und wollen ungeachtet des konjunkturellen Auf und Ab und der Knappheit an Fachkräften an einer handwerksfreundlichen Politik festhalten, um der Knappheit an Fachkräften abzuhelfen. Um die Ausbildungsleistung des Mittelstands zu unterstützen und Nachwuchskräfte zu mobilisieren, wollen wir auch im Doppelhaushalt im großen Stil in überbetriebliche Bildung investieren; denn die duale Ausbildung ist etwas, um das uns die ganze Welt beneidet.
Auch dabei hat sich in den Haushaltsberatungen gezeigt: Wenn sich die GRÜNEN gegen die Mittelerhöhungen für das Handwerk stellen, so zeigt das nur eines: Sie haben keine Ahnung, was Mittelstand und Handwerk für unser Land leisten.
Wir stehen weiter felsenfest zum Mittelstand und zum Handwerk. Wir haben Zuwanderungshürden abgebaut. Wir haben uns mit den Initiativen "Study and stay in Bavaria", "Work in Bavaria" und "Return to Bavaria" selbstbewusst in den Wettbewerb um die besten Köpfe in der Welt eingeschaltet. Wir haben eine Willkommenskultur für Fachkräfte in Bayern entwickelt.
Bayern ist in der Welt zu Hause, und der Mittelstand hat noch ein enormes Potenzial in puncto Globalisierung. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Koalitionsfraktionen uns in Bezug auf zwei neue Auslandsrepräsentanzen unterstützt haben und wir zum Beispiel auch Augsburg als internationalen Messestandort gestärkt haben, weil wir wissen: Ein erfolgreiches Bayern auf den Weltmärkten braucht einen erfolgreichen Mittelstand.
Vollbeschäftigung in Bayern bedeutet gute Bedingungen in allen Regionen Bayerns; deswegen unser Aktionsplan "Demografischer Wandel" und vor allen Dingen die hervorragende Entwicklung, dass wir das Auseinanderklaffen der Bezirke bei der Arbeitslosigkeit haben eindämmen können. Auch in Nordbayern haben wir teilweise bereits positive Wanderungssalden. Dies alles zeigt: Unsere innovative und aktive Regionalförderung ist erfolgreich. Wir haben − auch dafür bin ich dankbar − gemeinsam dafür gesorgt, dass wir die regionale Wirtschaftsförderung auf einem Rekordniveau haben. Noch nie haben wir so viele Mittel für Investitionen bereitgestellt.
Wir brauchen eine leistungsfähige Infrastruktur im ganzen Land. Wir haben neulich ausführlich über den Ausbau der Schieneninfrastruktur gesprochen. Wir haben den Durchbruch bei der Finanzierung der zweiten Stammstrecke erzielt. Ich bin dabei immer standhaft geblieben, und wir haben uns durchgesetzt. Die Finanzierung steht und das ist eine gute Nachricht für die über 800.000 Pendler. Wir stellen im Doppelhaushalt die Weichen. Der Weg für die zweite Stammstrecke ist frei.
Ich betone auch ausdrücklich: Der Bau einer dritten Start- und Landebahn für den Münchner Flughafen bleibt für uns auf der Agenda. Als internationaler Spitzenstandort kann Bayern seine wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Erfolge nur mit einem Flughafen von Weltrang halten.
Wir alle werden das neue Jahr 2013 wieder mit den unvergleichlichen Klängen des Walzers "An der schönen blauen Donau" von Johann Strauß beginnen. Dank der jüngsten Bewegung innerhalb der Koalition wird diese Melodie für viele Menschen in Niederbayern in diesem Jahr einen ganz besonderen Klang haben. Die Menschen wollen, dass endlich entschieden wird − gerade auch in Bezug auf den Hochwasserschutz. Noch nie waren wir einem Konsens in Richtung verträglichem Ausbau so nahe. Dafür bin ich sehr dankbar.
Dieser Einzelplan ist ein Zukunftsetat. Wir wollen die Erfolgsgeschichte Bayerns fortschreiben. Bayern ist kein Land wie jedes andere. Eine innovationsstarke Industrie und solides Handwerk sorgen für die Stabilität der bayerischen Wirtschaft. Der Doppelhaushalt ist unser Weg zur Innovation und zur Sicherung zukunftsfähiger Arbeitsplätze überall in Bayern. Wir haben im Gegensatz zur Opposition eine klare Vorstellung, wohin wir unser Land auch in den nächsten Jahren führen wollen. Deshalb ist der Doppelhaushalt auch ein klares Zeichen dafür, diese erfolgreiche Regierung auch nach der nächsten Wahl fortsetzen zu wollen.
In diesem Sinne bitte ich das Hohe Haus um Zustimmung zum Einzelplan 07.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Rechtzeitig zum 40. Geburtstag der Münchner SBahn können wir feststellen, dass wir bei der Finanzierung des größten Infrastrukturprojektes dieses Landes einen Durchbruch der Staatsregierung erreicht haben. Das ist eine gute Nachricht für über 800.000 Pendler im Großraum München, aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns.
Durch die Beschlüsse im Haushaltsausschuss gestern haben wir deutlich gemacht, wie ernst uns dieses Projekt ist. Das alles und vor allem die Finanzierungsgespräche waren nicht einfach. Ich möchte mich ausdrücklich beim Ministerpräsidenten dafür bedanken, dass wir dieses Projekt gemeinsam entschlossen vorangetrieben haben. Wir haben in Spitzengesprächen − anders geht so etwas nicht − die Finanzierung finalisiert. Wir haben auch die Zusagen des Bundes entgegengenommen. Das geht natürlich nicht so einfach, wenn die Finanzierungsdecke insgesamt eng ist. Aber wir haben es geschafft, weil wir hartnäckig und zielstrebig an diesem Projekt festgehalten haben, nicht weil es etwa ein Prestigeprojekt für irgendwen wäre, sondern weil wir eine Antwort auf die Bedürfnisse der Mobilität in einem der Kraftzentren dieser Republik geben müssen.
Insofern werden wir diesen Weg jetzt entschlossen weitergehen. Wir werden im nächsten Jahr das Baurecht erlangen. In dem Zusammenhang ist noch eine Klage beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Sie wird jetzt sehr rasch abgeschlossen. Die anderen Planfeststellungsbeschlüsse − das wissen ja diejenigen, die sich damit beschäftigt haben; da wird natürlich ein bisschen Nebel gemacht − werden nur deswegen zurückgehalten, weil gewartet wird, wie die Frage in Leipzig beantwortet werden wird.
Wenn wir im nächsten Jahr das Baurecht bekommen, werden wir ausschreiben. Wir haben − auch das war ein guter Schritt − die strengste Risikokostenkontrolle mit allen Beteiligten vereinbart, die es jemals bei einem Projekt dieser Größenordnung gegeben hat. Wir wissen natürlich, dass wir nicht in unkalkulierbare Risiken laufen dürfen. Die Kontrolle ist gewährleistet, und zwar in einem großen Ausmaß. Das hat uns die Bahn mit ihren Nach-Stuttgart-Erfahrungen noch einmal versichert.
Das Kostenbudget von 2 Milliarden Euro, das Sie so kritisieren, hat vor den strengen Maßstäben der Risikokontrolle der Bahn Bestand gehabt.
Selbstverständlich.
Ich konzediere Ihnen gar nichts, weil Sie wie immer bei solchen Dingen mit Halbwahrheiten arbeiten und Nebelkerzen werfen. Sie wollen dieses Projekt in Wirklichkeit doch nicht. Sie haben überhaupt keine
Konzeption, wie man den Bedürfnissen der Metropolregion München gerecht werden kann. Sie wollen immer nur auf dem Glanzpapier für den öffentlichen Personennahverkehr stehen. Aber wenn es konkret wird, schlagen Sie sich in die Büsche. Sie haben überhaupt keine Vision und keine Idee. Das ist grüne Verkehrspolitik. Die darf in diesem Land nicht Wirklichkeit werden.
Wir werden, wie gesagt, ausschreiben und eine strenge Risikokostenkontrolle vornehmen.
Viele Menschen, auch Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, haben sich nicht leicht getan, als es um die Tatsache ging, dass es sich hier um ein Großprojekt handelt, das primär für Oberbayern und die Metropolregion München von Bedeutung ist. Es ist nicht leicht, dazu eine gemeinsame Entscheidung zu treffen.
Aber deswegen sage ich hier noch einmal ausdrücklich: Wir werden gewährleisten, dass kein Projekt in anderen Landesteilen, das aus dem GVFG-Programm zu finanzieren ist, darunter leidet. Wir haben gewährleistet − deswegen sind wir in die Verhandlungen gegangen -, dass all diese Projekte realisiert werden, weil wir in allen Landesteilen Mobilität für die Menschen sichern wollen.
Deswegen bedanke ich mich noch einmal ausdrücklich für die Unterstützung.
Uns ist klar und muss auch klar sein, dass beispielsweise das Darlehen in der besonderen Konstellation natürlich nur für dieses Vorhaben nutzbar ist. Das ist allen klar. Auch dem Gesellschafter Landeshauptstadt München ist Dank zu sagen. Er hat anerkannt, dass wir gesagt haben, dass sich für dieses eine Projekt alle drei Gesellschafter bezüglich der 500 Millionen Euro einigen müssen. Es gibt überhaupt keinen Anlass, deswegen Zweifel zu säen.
Im Rahmen der Einwendungen ist gesagt worden, es gäbe tausend bessere Alternativen. Das ist aber nach dem ewig langen Gutachtensprozess wirklich kleinkariert. Herr Dr. Runge, ich glaube, das Gutachten, das Sie akzeptieren werden, müssen Sie selber schreiben.
Aber das wird nicht geschehen.
Ich will auch noch etwas zu den FREIEN WÄHLERN sagen. Herr Kollege Piazolo, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie, wenn wir Ihnen alles schriftlich geben, der zweiten Stammstrecke offensichtlich zustimmen werden; so habe ich Sie vorhin verstanden. Es wäre schön, wenn Sie sich in diese Richtung bewegten. Ich habe aber Zweifel, ob Sie es dann wirklich täten.
Auch bezüglich eines Plans B werden immer wieder Nebelkerzen geworfen. Wir haben doch das 13-Punkte-Programm zur Ertüchtigung der S-Bahn auf den Weg gebracht. Das wird realisiert. Darin sind viele Dinge enthalten, die mit der S-Bahn bzw. mit der zweiten Stammstrecke Hand in Hand gehen.
Eines ist völlig klar: Wenn wir das Grundproblem nicht lösen, nämlich einen Bypass für das Nadelöhr herzustellen, dann können Sie die Außenäste vergolden, dann können Sie die Bahnhofsgröße verdoppeln und die Zahl der Gleise verdreifachen; aber dadurch würden Sie das Grundproblem nicht lösen.
Deswegen muss die Entwicklung Schritt für Schritt voranschreiten. Da baut eines auf das andere auf. Das muss doch einmal in Ihre Köpfe gehen; denn es handelt sich um Gesetze der Logik. Dazu braucht man eigentlich auch keinen Gutachter.
Abschließend sage ich: Gemeinsam haben wir einen sehr wichtigen Durchbruch erreicht. Wir haben in großer Verantwortung für unser Land gehandelt. Es ist natürlich nicht einfach, zu sagen: Weil der Bund seine Mittel nicht so aufstockt, wie wir es gern hätten, werden wir aus den Rücklagen 100 Millionen Euro bereitstellen. Dies wäre ein Kraftakt.
Wir wollen − das weist über das eigene Projekt hinaus − zeigen, dass es in Deutschland ein Bundesland gibt, das die Kraft hat, solche Großprojekte zu schultern, weil es für die Menschen notwendig ist und weil wir für die Pendler die Versorgung sicherstellen wollen. Deswegen weist diese Entscheidung als Zeichen der Handlungsfähigkeit unseres Landes bei wichtigen Infrastrukturmaßnahmen weit über das eigentliche Projekt hinaus. Dafür bin ich dankbar.
Deswegen geht es hier um einen Durchbruch - nicht deswegen, weil wir den Bau schon geschafft hätten − es ist ja logisch, dass der Bau uns erst noch bevorsteht -, sondern weil wir hier eine entscheidende und unumkehrbare Weiche für dieses wichtige Projekt gestellt haben. Auch dafür bedanke ich mich ganz herzlich.
Herr Dr. Runge, Sie sind wie so häufig nicht mehr auf dem neuesten Stand.
Manchmal ist es so − ich kenne das aus der eigenen Erfahrung in der Kommunalpolitik: Wenn man sich lange mit einem Projekt beschäftigt, dann greift man sich oft die alten Ordner heraus, die aber schon längst überholt sind.
Deshalb kann ich Ihnen sagen: Natürlich gab es damals Gespräche über die Vorfinanzierung. Aber inzwischen sind wir längst einen Schritt weiter, weil die Stadt München jetzt zugestimmt hat, diesen eigenen Beitrag zu leisten.
Das mag Ihnen nicht gefallen, aber es ist so. Deswegen sind das alles alte Gefechte. Lassen Sie doch Ihre alten Ordner im Schrank. Wir wollen weiterkommen und nicht irgendwelche alten Debatten führen.
Zum Thema Kosten und was da alles behauptet wird: Ich sage Ihnen, die 2 Milliarden sind die fortgeschriebenen Kosten, mit 2 % Kostensteigerung nominalisiert auf dem Stand von 2009 auf zehn Jahre. Da ist allein schon ein Puffer von 250 Millionen drin.
Dann gibt es eben das Risikokostenbudget. Aber das sind doch keine eingetretenen Kostensteigerungen. Lassen Sie sich einmal von Ihrem Parteifreund Winfried Hermann, der jetzt als Verkehrsminister für den Bahnhof Stuttgart zuständig ist, den Sie eigentlich nicht wollten und den er jetzt bauen wird, erklären, was ein Risikokostenbudget ist, wie da die Wahrscheinlichkeiten sind. Danach sprechen wir uns wieder.
Ich will nur sagen: Lassen wir doch jetzt diese kleinlichen Diskussionen aus der Vergangenheit. Machen wir gemeinsam voran. Es gibt nur diese eine Chance. Ich habe Ihnen das damals schon gesagt und sage es auch den FREIEN WÄHLERN: Natürlich kann man noch zehn Jahre weiterdiskutieren. Aber dann haben wir nichts, und dann gibt es möglicherweise überhaupt keine Töpfe mehr, aus denen man schöpfen kann, um solche Projekte zu schultern.
Sie sagen immer, Sie fahren so viel S-Bahn. Ich habe manchmal den Eindruck, wenn ich Sie so reden höre, dass Sie mehr aus dem Blickwinkel von Autofahrern denken,
aber nicht aus dem Blickwinkel der S-Bahn-Nutzer.
Die haben nämlich eine ganz andere Hoffnung auf diese zweite Stammstrecke als Sie.
Herr Kollege Piazolo, es ist ja schön, wenn Sie sich auf dem Papier und hier mündlich für irgendetwas einsetzen, aber entscheidend ist doch für die Bürgerinnen und Bürger und für die Pendler, dass etwas geschieht
und nicht, dass Sie die alten Debatten wieder aufwärmen. In 15 Jahren gutachterlicher Tätigkeit ist alles ausgeleuchtet worden, zum Beispiel dass der von Ihnen immer noch hoch gelobte Südring viel teurer war als die zweite Stammstrecke und den NutzenKosten-Faktor nicht erreicht hat. Wenn das alles ausgeblendet wird, dann können Sie vielleicht in Ihrer Gruppe bejubelt werden. Aber Sie können nicht als Sprecher für die Anliegen der Pendler auftreten.
Denn diese müssen sich durch den Eiertanz, den Sie hier aufführen, geradezu verhöhnt fühlen.
Deswegen sage ich Ihnen noch einmal: Machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben, was das Risikokosten
budget angeht, die schärfste Kontrolle vorgesehen, die es jemals bei einem solchen Projekt gegeben hat. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie ganz bestimmt nicht in die Verlegenheit kommen, für irgendetwas Verantwortung zu tragen, und das ist auch gut so.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es galt, 2.500 Stellungnahmen auszuwerten. Die Anzahl der Stellungnahmen hat gezeigt, dass es offensichtlich möglich war, den von uns gesetzten Zeitraum einzuhalten. Dieser Zeitraum hat übrigens sehr viel früher begonnen, als hier gesagt worden ist, nämlich bereits Ende Mai. Wir haben gesagt: Wenn nach Ablauf der Frist noch etwas kommt, wird es mit berücksichtigt. Es war also offensichtlich möglich, sich überall ausführlich mit dem LEP zu beschäftigen.
Bei fast der Hälfte der Eingaben handelte es sich um Bürgereinwendungen. Der Löwenanteil hiervon war, wie man nicht anders erwarten konnte, gegen die dritte Startbahn gerichtet. Von daher muss man das nicht hinsichtlich der Qualität, aber vom Thema her etwas relativieren.
Wir haben im Kabinett die aus unserer Sicht erforderlichen und sich aus der Anhörung ergebenden Änderungen beschlossen. Zu diesen Änderungen − und nur zu diesen − findet ab morgen ein weiteres Anhörungsverfahren statt. Das LEP war bereits am 25. Oktober Gegenstand dreier Dringlichkeitsanträge der Opposition. Neues Inhaltliches vermag ich den heutigen Dringlichkeitsanträgen beim besten Willen nicht zu entnehmen. Sie erinnern ein bisschen an Goethe: Getretener Quark wird breit, nicht stark.
Daher sollten wir uns der Sache widmen. In der Sache haben wir folgende Änderungen vorgenommen:
Der sogenannte strukturschwache Raum wird in maßvollem Umfang erweitert. Wir nehmen zusätzlich die Landkreise Miltenberg, Rottal-Inn sowie die Regionen Landkreis und kreisfreie Stadt Passau und die Stadt Schweinfurt mit dem Landkreis Schweinfurt auf.
Herr Kollege Muthmann, das Murmeltier pflegt einen langen Winterschlaf einzulegen. Sie haben offenbar in Ihrem vorweggenommenen Winterschlaf nicht mitbekommen, dass wir diese Entscheidung getroffen haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass Herr Kol
lege Muthmann in derselben Zeitung, in der ich die Erweiterung bekannt gegeben habe, kritisiert, dass der nördliche Landkreis Passau nach wie vor nicht ernst genommen werde; das sei doch unglaublich; und er müsse jetzt dem Wirtschaftsminister Beine machen.
Aber manchmal wäre es gut: Erst lesen, dann reden. Das empfehle ich Ihnen. Das bringt unser Land weiter.
Wir haben das Kapitel "Energieversorgung" deutlich überarbeitet. Wir nehmen Festlegungen zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung auf. Die Festlegungen zu den regenerativen Energien werden um Aussagen zu Wasserkraft, Biomasse und Tiefengeothermie ergänzt.
Herr Kollege Runge, in diesem Zusammenhang sage ich noch dies: Wir können hier viel aufschreiben. Wir können Grundsätze und Ziele festlegen. Nur hätte ich ganz gern, dass Sie, wenn es um die konkreten Projekte und um Trassen geht, vor Ort für die Projekte werben, statt sich, wie es leider so oft geschieht, in die Büsche zu schlagen.
Das sage ich sehr deutlich.
Wiederaufgenommen in das LEP haben wir den Tourismus. Es ist wohl unstreitig, dass es sich hier um eine Leitökonomie handelt. Wir haben mit unserem Tourismuskonzept, auf das hier verwiesen wurde, und mit den dankenswerterweise seitens der Koalitionsfraktionen zusätzlich zur Verfügung gestellten Mitteln für den Tourismus ohnehin noch sehr viel mehr gemacht.
Wir haben das Kapitel "Soziale und kulturelle Infrastruktur" moderat ergänzt. Wir haben beim Anbindungsziel sachgerechte Erweiterungen bei den Ausnahmen vorgenommen und damit Spielräume für die Gemeinden geschaffen. Das gilt sowohl für die Logistikunternehmen, für die Verteilzentren als auch für die Ausnahmen für produzierende, emittierende Gewerbebetriebe.
Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Änderungen. Aber insgesamt haben wir − und das war mir auch persönlich wichtig − an der Grundstruktur eines neuen, schlanken LEP festgehalten. Wären wir allen Wünschen von Kommunen und Verbänden, die sich untereinander vielfach widersprechen und unterscheiden, nachgekommen, hätten wir ein unabgestimmtes Wunschkonzert, aber kein schlagkräftiges LEP be
kommen. Deswegen muss man sich hier entscheiden. Es sind Interessengegensätze, und Aufgabe der Landesplanung ist es, genau hierfür Konfliktregelungen und Leitplanken festzusetzen und nicht jedem alles zu geben, was er gerade fordert.