Protokoll der Sitzung vom 23.11.2010

Herr Staatsminister, hier ist nur ein Übermittlungsfehler unterlaufen. Frau Kollegin Dodell ist als Rednerin gar nicht gemeldet. Herr Staatsminister Fahrenschon, damit hätten Sie das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mir die Zeit nehmen, um auszuleuchten, worum es eigentlich geht. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, weil die bisherigen rechtlichen Bedingungen, zum Beispiel für das Wirken des SoFFin, aber auch für andere Maßnahmen, auf das Ende dieses Jahres begrenzt sind. Außerdem soll damit der Instrumentenkasten, den wir in Deutschland hoffentlich kein zweites Mal brauchen werden, erhalten werden. Deshalb wurde ein Gesetz zur Restrukturierung von Banken und für das Einsetzen eines Restrukturierungsfonds vorgelegt. Dieser Restrukturierungsfonds soll mit den Einnahmen aus der Bankenabgabe - das sind immerhin 70 Milliarden Euro - befüllt werden, damit wir für die Zukunft vorbereitet sind.

(Harald Güller (SPD): In 100 Jahren!)

In diesem Gesetz waren auch Regelungen gegen Vorstände und Aufsichtsgremien von Banken in der Rechtsform von Aktiengesellschaften enthalten. Die Bundestagsfraktionen von CDU und CSU haben während der Beratungen eine Veränderung durchgesetzt, wonach diese neuen Regeln im Kreditwesengesetz auf alle Kreditinstitute ausgedehnt werden. Die Verjährungsfristen sollen also in Zukunft auch bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten, Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken auf zehn Jahre verlängert werden. Das ist eine richtige Initiative. Die Bayerische Staatsregierung hat an keiner Stelle den Eindruck entstehen lassen, dass sie in Widerspruch zu dieser Initiative steht. Natürlich ist auch die Regelung richtig, dass dies nicht nur für die Zukunft, sondern für alle noch heute offenen Fragestellungen gelten soll.

(Beifall des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hat sich am 11. November 2010 mit diesem Gesetzentwurf befasst. Herr Kollege Güller, es war das SPD-regierte Rheinland-Pfalz, das im Wirtschaftsausschuss den Antrag gestellt hatte, Kreditinstitute, deren Organisationsrecht sich nach landesrechtlichen Bestimmungen richtet, von dieser Verlängerung auszunehmen. Das war nicht die CSU, das war nicht die CDU/CSU, das war nicht die FDP, sondern das war die SPD. Wenn Sie also Verrat wittern, fragen Sie Kurt Beck, fragen Sie Carsten Kühl und fragen Sie Ihren Wirtschaftsminister, warum sie das gemacht haben.

(Beifall bei der CSU)

Die Kollegen aus Rheinland-Pfalz haben ganz bewusst die Landesbanken hinzugezogen. Das war kein Versehen der SPD-geführten Regierung in RheinlandPfalz. Lesen Sie einmal die Begründung des Antrags. Ich möchte sie wörtlich und ausdrücklich zitieren. Dort steht: "Das Organverhältnis und die sich daraus ergebenden Sorgfaltspflichten sind jedoch Teil des Organisationsrechts, welches bei öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Landesbanken in die Regelungszuständigkeit der Länder fällt."

Wir stellen also fest, dass es wie so oft im Leben ist: Wenn man mit dem Finger auf jemand anderen zeigt, zeigen wenigstens drei Finger der Hand auf einen selbst, lieber Herr Güller.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens.

(Zurufe des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

- Nehmen Sie doch einfach nur die Fakten zur Kenntnis. - Federführend für den Gesetzentwurf ist der Finanzausschuss des Bundesrats. Dort wurde kein Antrag gestellt. Es gab also auch keine Empfehlung des Finanzausschusses des Bundesrats. Die Verlängerung der Verjährung für alle Kreditinstitute und damit auch für die Bayerische Landesbank wurde seitens des federführenden Finanzausschusses des Bundesrats akzeptiert. Wenn Sie sich also wirklich für die Frage interessiert hätten, hätten Sie sich informieren können. Lieber Herr Hallitzky, das gilt auch für Sie; denn Ihre Presseerklärung ist an dieser Stelle schlicht und einfach falsch. Das darf ich hier vor dem Parlament deutlich festhalten. Sie wollen sich aber aufregen, und deshalb haben Sie vielleicht auch nicht rückgefragt.

Drittens. Bekanntermaßen - auch das ist keine Überraschung - legt die Staatsregierung ihre Haltung zu Beratungen im Plenum des Bundesrats im Ministerrat fest; das ist die richtige Stelle dafür. Ich habe für das

federführende Finanzministerium vorgeschlagen, den Vermittlungsausschuss zur Frage der Verlängerung der Verjährung nicht anzurufen. Diesem Vorschlag ist der Ministerrat heute einstimmig gefolgt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Warum?)

Die Staatsregierung - das darf ich hier vor dem Parlament dezidiert erklären - wird, soweit notwendig, alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die Verjährung Ende des Jahres nicht eintreten wird. Wir gehen dabei auf beiden Wegen vor: Wir arbeiten an der Abgabe der notwendigen Verjährungserklärungen, und wir werden natürlich auch das rechtzeitige Inkrafttreten des Bundesrestrukturierungsgesetzes unterstützen. Das versteht sich von selbst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nun bleiben zwei Themen, erstens die rechtliche Frage: Darf der Bund überhaupt - das ist nämlich das Thema, das die Kollegen in Rheinland-Pfalz bereits bewegt - Regelungen treffen, die Institute betreffen, die nach Landesrecht aufgestellt sind? Hier gibt es keine klare Tendenz. Es ist nicht deutlich, ob der Bund seine Kompetenzen überschritten hat. Daher hat sich Bayern dazu entschlossen, die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses zur Frage der Verlängerung der Verjährung nicht weiter zu unterstützen.

Es geht aber nicht nur um Verjährung; es geht nicht nur um Skandal. Es geht im Wesentlichen darum, dass wir Länderinteressen vertreten; deshalb sind wir im Bundesrat zusammen, und deshalb müssen wir uns schon überlegen, ob wir den Vermittlungsausschuss vielleicht aus anderen Gründen anrufen. Da gibt es einige Punkte, die nicht gut sind. Die Verordnung mit den Einzelheiten zur Bankenabgabe soll ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen werden können. Das geht an den Kern der Art der Zusammenarbeit von Ländern und Bund in Deutschland.

Die bayerischen Sparkassen und auch die bayerischen Genossenschaftsbanken sind von der Bankenabgabe nicht ausgenommen, obwohl sie die Krise nicht verursacht haben.

(Zurufe von der SPD)

Es ist ein Fehler im System, dass wir den Volks- und Raiffeisenbanken eine Bankenabgabe abpressen, also den Banken, die von sich zu Recht behaupten können, sie seien die einzigen Banken in Deutschland, die mit der internationalen Finanzmarktkrise nichts zu tun haben und die keinen einzigen Euro an Steuergeld bekommen haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Am Ende muss man aus der Sicht bayerischer Interessen auch einmal darüber reden, ob es richtig ist, dass wir in die Berechnung der Bankenabgabe Förderkredite einbeziehen, ob es richtig ist, dass wir die Bürgschaftsbanken, die in den letzten 24 Monaten einen wesentlichen Teil dazu beigetragen haben, dass die mittelständische Kreditversorgung nicht eingebrochen ist, über die Bankenabgabe zu bestrafen haben. Das ist ein wichtiges bayerisches Interesse, weil die Aufrechterhaltung der mittelständischen Kreditversorgung für diesen Standort und für die Unternehmen in unserer Heimat von zentraler Bedeutung ist. Deshalb müssen wir das im Verfahren ansprechen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vor einer endgültigen Entscheidung sind sicherlich Gespräche erforderlich, weil wir die berechtigten Interessen der Länder und auch die Interessen des Bundes gegeneinander abzuwägen haben. Sie könnten jetzt gegebenenfalls sagen, der Fahrenschon und die Staatsregierung haben recht, das Gesetz ist an dieser Stelle mangelhaft, und wir wollen eine Veränderung, aber uns läuft die Zeit davon. Darauf könnte ich Ihnen nur antworten: Wir wollen mit einer Anrufung des Vermittlungsausschusses das Inkrafttreten der Neuregelung und damit die Verlängerung der Verjährung nicht gefährden. Ich will noch einmal festhalten: Die Staatsregierung will ein Inkrafttreten der neuen Regelung im Kreditwesengesetz zum 31. Dezember 2010. Das ist auch möglich, wenn der Vermittlungsausschuss eingesetzt wird und zügig berät.

Lieber Herr Güller, lieber Herr Rinderspacher, jetzt kommt eine wichtige Aufgabe auf Sie zu: Sie müssen sich jetzt nämlich bei Ihren Kollegen im Bund und in den anderen Ländern dafür stark machen, dass wir schnell in den Vermittlungsausschuss kommen; denn dann sind wir auch schnell fertig, dann haben wir zum 31.12. die Regelung, und alles ist geklärt. Ich unterstreiche noch einmal: Wir wollen für bayerische Unternehmen, für bayerische Banken und für die bayerische Kreditversorgung die Rahmenbedingungen nicht verschlechtern, sondern verbessern. Genauso wollen wir, dass die Verlängerung der Verjährungsfristen an dieser Stelle durch das Verfahren nicht verändert oder negativ beeinflusst wird.

Wir brauchen das Restrukturierungsgesetz, wir brauchen auch die darin enthaltenen Verlängerungen der Verjährung von Ansprüchen gegen Organmitglieder, wir brauchen aber genauso eine Unterstreichung des berechtigten bayerischen Interesses unserer Sparkassen und Genossenschaftsbanken, wenigstens die

kleinsten aller Kleininstitute von der Bankenabgabe auszunehmen. Wir wären ein schlechter Anwalt bayerischer Interessen, wenn wir das nicht anstreben würden, das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 a auf:

(Ministerpräsident Seehofer unterhält sich mit ei- nigen CSU-Abgeordneten)

- Was gibt es für ein Problem, Herr Ministerpräsident? Ich habe Tagesordnungspunkt 3 a aufgerufen:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Simone Strohmayr, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD) eines Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes des Freistaates Bayern (BayEZAG) (Drs. 16/6084) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird meines Wissens vonseiten der Antragsteller begründet. Frau Kollegin Dr. Strohmayr ist schon unterwegs zum Redepult.

(Ministerpräsident Seehofer unterhält sich weiter- hin mit Abgeordneten)

- Hier vorne darf ich die Herrschaften doch ein bisschen um mehr Aufmerksamkeit bitten.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Gehen Sie doch raus, wenn Sie reden wollen! Die hören einfach nicht auf!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bayerische Entwicklungszusammenarbeit muss eine gesetzliche Grundlage bekommen. In vielen Teilen der Erde breitet sich Massenarmut aus. Wenn wir den Fernseher einschalten, sehen wir jeden Tag erschreckende Bilder von Katastrophen in Entwicklungsländern, von ökologischen Katastrophen, von Dürren und von ökonomischen Katastrophen. Diese Katastrophen wirken sich dort besonders schlimm aus, wo die Menschen ohnehin schon wenig zum Leben haben, wo sie sich jeden Tag fragen müssen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren können.

Die Zahlen sind schockierend: Weltweit stirbt alle sechs Sekunden ein Kind an Mangel- oder Unterernährung. Das sind 2,2 Millionen Kinder pro Jahr. Erst kürzlich wurde der Weltgesundheitsbericht vorgestellt, der deutlich gemacht hat: Wer arm ist, ist in der Regel auch krank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jedem ist wohl klar, dass auch wir hier in Bayern Verantwortung tragen. Wir können nicht einfach sagen, Entwicklungspolitik ist Bundesangelegenheit. Entwicklungspolitik ist sicherlich in erster Linie Aufgabe des Bundes. Das möchte ich gar nicht abstreiten, aber wir tragen hier in Bayern auch Verantwortung dafür, diese katastrophalen Zustände in der Welt etwas zu verbessern.

Sie wissen sicherlich, dass auf UN-Ebene die Milleniumsziele bis 2015 festgelegt wurden: 0,7 % des Bruttoinlandsproduktes sollen für die Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet werden. Leider haben wir in Deutschland dieses Ziel noch nicht einmal annähernd erreicht. Derzeit sind wir bei circa 0,4 % angelangt. Wir müssen uns noch kräftig anstrengen, wenn wir dieses Milleniumsziel in den nächsten Jahren erreichen wollen. Man könnte fast meinen, auf Bundesebene fehle es dem Minister ein bisschen an Leidenschaft für sein Ressort, das er ja auch schon abschaffen wollte.

(Beifall bei der SPD)

Aber zurück nach Bayern. Wir tragen Verantwortung, ich glaube, das ist unstrittig. Es gibt seit 1992 die Grundsätze der bayerischen Entwicklungszusammenarbeit. Der Freistaat Bayern hat sich eindeutig dazu bekannt, dass er selbstständige Entwicklungszusammenarbeit leistet.

Des Weiteren gibt es Ministerkonferenzen - die letzte war 2008 in Dresden. Damals wurde noch einmal bekräftigt, dass sich auch die Länder klar zur Mitverantwortung an einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt und zum Erreichen der Millenniumsziele bekennen. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wir stehen in der Verantwortung und in der Pflicht, uns damit zu beschäftigen, was wir im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit verbessern können.

Ich habe es schon genannt: Es ist jetzt 18 Jahre her, dass die Grundzüge für die bayerische Entwicklungszusammenarbeit geschaffen wurden. Ich denke, seitdem hat sich viel verändert. Es ist dringend an der Zeit, etwas zu verändern und zu verbessern. Wir wollen, dass die Entwicklungszusammenarbeit auf verbindlichen und transparenten Regelungen basiert. Deswegen wollen wir dieses Gesetz schaffen.

Die Entwicklungsarbeit in Bayern darf nicht nach Gutsherrenart passieren, das heißt, dass der Minister, wenn er in ein Land kommt, seinen Geschenkkorb auspackt, entsprechende Einladungen ausspricht oder Geschenke verteilt. Ich meine, wir brauchen nachhaltige Projekte, und es muss dafür gesorgt werden, dass das Geld dann tatsächlich bei den Menschen ankommt, die es brauchen.

Entwicklungsarbeit muss in Bayern vor allen Dingen transparenter werden. Wir stellen uns in unserem Gesetzentwurf vor, dass ein Sachbeirat installiert wird, in dem neben Fachleuten auch Parlamentarier sitzen sollen, die dann gemeinsam über diese Mittelvergabe beraten. Des Weiteren soll dem Landtag jährlich ein qualifizierter Bericht über die Entwicklungszusammenarbeit vorgelegt werden. In diesem Bericht soll stehen, wie viel Geld der Freistaat Bayern für die Entwicklungszusammenarbeit verwendet und wohin es fließt. Es kann doch nicht sein, dass wir als Parlamentarier immer wieder nachfragen müssen: Was passiert denn da? Wo ist denn unser Geld hingekommen? Haben wir dieses Geld wirklich effektiv eingesetzt? Ich habe mir noch einmal die Anfrage meines Kollegen Runge aus dem Jahr 2009 angeschaut. Daraus geht hervor, dass wir über 200.000 Euro für Entwicklungszusammenarbeit aufgewendet haben. Ich stelle mir schon die Frage: Ist dieses Geld tatsächlich effektiv eingesetzt worden, oder könnten wir etwas verbessern?

Ich meine, 200.000 Euro sind viel Geld. Gerade in Zeiten, wo das Geld knapper wird, wo wir uns im Rahmen der Haushaltsberatungen unheimlich anstrengen, alle Positionen noch einmal überprüfen, brauchen wir Transparenz gerade auf dem wichtigen Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit.