Protokoll der Sitzung vom 14.12.2010

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat das Wort Herr Kollege Florian Streibl. Bitte schön, Herr Streibl.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordneter, der im Landkreis Garmisch-Partenkirchen

wohnt, fühle ich mich natürlich auch herausgefordert, hier zu reden und auf die Chancen von Olympischen Winterspielen hinzuweisen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wie ist es in Oberammergau?)

In Oberammergau, mein lieber Kollege von den GRÜNEN, hat Ihre Fraktion Veranstaltungen durchgeführt, in denen Sie sich zu Totengräbern der Region aufgespielt haben. Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für Ihre Partei.

(Beifall bei den Freien Wählern, der CSU und der FDP - Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es sollte schon so sein, dass man hier versucht, die Diskussion sachlich zu führen, ohne irrationale Ängste zu schüren und Argumente zu bringen, die die Leute verunsichern und verwirren. Man kann eigentlich in der Olympiabewerbung nur Positives sehen, wenn man sie richtig anpackt. Eine Fundamentalverweigerung, wie sie von manchen hier geübt wird, ist kein verantwortlicher Umgang. Ein Neinsagen ist nicht verantwortlich, sondern das ist letztlich dumm.

Man sollte einfach sehen, was in dieser Region los ist und wie man diese Region stützen und fördern kann. Man muss sehen, dass man hier in einer Gesamtverantwortung steht. Sich einfach auszuklinken, ist nicht angebracht.

Im Grunde wollte ich eher zu einer gewissen Besonnenheit aufrufen.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Da wird es Zeit!)

Wir leben in einer weltweiten Gesamtkultur. Sportliche Veranstaltungen führen letztlich zu einem psychischen Gleichgewicht beim Einzelnen, aber auch in einer Gesellschaft, auch in einer Weltgesellschaft. Die geschwisterlichen Beziehungen zwischen Menschen und Lebensverhältnissen sowie zwischen Nationen und Mentalitäten werden dadurch gefördert und gestützt. Wir sollten erkennen, dass wir in der einen Welt leben. Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen und schauen, wie eine Weltsolidarität gefördert wird, nämlich gerade durch solche Veranstaltungen, die weltweit Geltung und Achtung genießen. Insofern würde ich sogar von einem Gemeingut Olympische Spiele sprechen, das zu fördern und zu unterstützen ist.

Die Olympischen Spiele werden auf jeden Fall durchgeführt werden. Wir sollten als Bayern schon auch den Hut in den Ring werfen und sagen, dass wir davon überzeugt sind, die besten und nachhaltigsten

Spiele auszurichten. Unsere Bewerbung liegt im Grunde sehr, sehr gut. Darum sollten wir uns das ganze Konzept nicht schlechtreden lassen. An diesem Konzept wurde intensiv gearbeitet. Die ganzen Bedenken, die es gab, sind mit aufgenommen worden. Es gab viele Diskussionen. Viele Menschen haben sich bemüht und haben um diese Bewerbung gerungen. Viele Emotionen wurden hineingesetzt und auf der Strecke gelassen.

Wenn man überhaupt nicht will, dann sollte man das ehrlich sagen, aber nicht Argumente an den Haaren herbeiziehen. Dann sollte man sagen: Wir wollen die Olympischen Spiele nicht und auch sonst nirgends auf diesem Planeten. Das wäre ehrlich. Aber zu sagen, nein, wir wollen das hier nicht, weil uns das Hemd näher ist als der Rock, das ist ein bisschen zu kurz gesprungen. Wir sollten verantwortlich mit der Sache umgehen.

Wenn ich meine Region anschaue, so stellte ich fest: In den letzten Jahrzehnten wurde im Süden von München bis zum Alpenrand sehr wenig investiert. Die letzte große Infrastrukturmaßnahme war im Zuge der Olympischen Spiele 1972 die Autobahn, die nach Garmisch-Partenkirchen führt. Wir brauchen einen Investitionsschub, nicht nur materiell, sondern auch durch Aufmerksamkeit auf internationalem Parkett, damit wir wieder wahrgenommen werden, auch als Tourismusregion. Hierfür sind diese Spiele Gold wert. Sie sind die beste Wirtschaftsförderung, die wir überhaupt haben können.

Aus den letzten Gesprächen, die ich mit der Autobahndirektion geführt habe, wurde deutlich, dass die gesamten Infrastrukturmaßnahmen, die mit den vier Tunnelprojekten in Garmisch-Partenkirchen geplant sind, unter dem Stern der Olympischen Winterspiele stehen. Klar ist es, dass diese Tunnel irgendwann kommen würden. Aber selbst die Umfahrung von Oberau, für die jetzt die Ausschreibung läuft, wird nur dann zeitnah umgesetzt - so heißt es in der Ausschreibung -, wenn der Zuschlag für Olympia kommt. Das Gleiche ist mit dem Kramertunnel, mit dem man schon zu bauen anfängt. Auch der wird nur dann fortgesetzt, wenn Olympia kommt, weil nur dann die Finanzierung gesichert ist. Man kann nicht eine ganze Region wieder in den Urwald zurückschicken,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

nur weil man sich einer Olympiade verweigert.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Da sind die Oberfranken besser dran! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, Ihre Position zu überdenken. Sie reden gut, aber von einer schönen Naturkulisse kann man nicht herunterbeißen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Die Berge bei uns sind auch ein Lebens- und Wirtschaftsraum und keine romantische Kulisse mit Naherholungswert.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Mütze (GRÜ- NE) - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Mütze, beruhigen Sie sich wieder!

Und eines sollte man auch sehen, nämlich die Nachhaltigkeit dieses Konzepts.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Die Leute fahren wegen der Kulisse, nicht wegen der Autobahn dort hin!)

Bei uns in Garmisch bestehen ungefähr 75 % der Sportstätten schon. Man kann auf vieles zurückgreifen, was schon da ist, auch in München. Darum ist das eine Leuchtturm-Olympiabewerbung, die es so noch nie gegeben hat. Dieses Pfund sollten wir nutzen und darstellen, nämlich dass wir auch mit ökologischen Technologien weltweit marktführend sein können, dass wir eine perfekte ökologische Olympiabewerbung einreichen und darstellen können. Darum ist eigentlich Mitmachen angesagt und nicht die Verweigerung. Die Chance, da ein gutes, nachhaltiges und durchdachtes Konzept vorzulegen und mitzuarbeiten, sollte man sich nicht entgehen lassen. Es geht letztlich um unsere Region und um die Menschen, die hier leben und hier ihre Zukunft sehen, indem sie sehen, dass etwas weitergeht, dass sie wieder Aufmerksamkeit bekommen und sich darstellen können.

Darum bitte ich Sie um Unterstützung. Die große Mehrheit dieses Hauses will ja dieses Gesetz, wie es in der Ersten Lesung in allen Ausschüssen deutlich geworden ist. Ich meine, man muss ein großes Ja zu Olympia sagen und darf sich nicht von Kleingeistern niederreden lassen. Es werden immer wieder verzweifelte Versuche gemacht, in der Öffentlichkeit die Olympiabewerbung schlechtzureden. Es ist schandbar, dass man auf jedes populistische Mittel zurückgreift, um das Ganze madig zu machen, weil man wohl weiß, dass das IOC auch auf die Stimmung im Lande schaut. Hier künstlich eine negative Stimmung erzeugen zu wollen, wird der Sache nicht gerecht. Wenn das der letzte Hoffnungsanker der Fundamentalverweigerer ist, dann bitte schön. Ich glaube aber,

sie werden damit nicht durchdringen. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr über eine glückliche Bewerbung reden können.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als Nächster hat Herr Kollege Ludwig Hartmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Bachhuber, Sie werden es kaum glauben, aber einen Satz kann ich bei Ihnen unterstreichen: Das Parlament lässt sich nicht erpressen. Da bin ich vollkommen auf Ihrer Seite. Das heißt für mich aber auch, dass wir immer nach bestem Wissen und Gewissen abwägen, und das heißt für mich auch, dass wir nicht ein Gesetz machen dürfen, bei dem wir dem IOC, einer intransparenten Vereinigung, einen Blankoscheck ausstellen und Artikel 39 Absatz 1 der Bayerischen Haushaltsordnung außer Kraft setzen, wonach wir keine unbegrenzten Bürgschaften geben dürfen. Auch das gehört dazu. In der Begründung, derzufolge Sie das machen müssen, steht wörtlich, dass sonst die Chancen geschmälert würden, den Zuschlag zu bekommen. In dieser Hinsicht kann man auch sagen, dass Sie sich erpressen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sprechen von einzelnen Störfeuern, die aus Garmisch kämen. Ich weiß nicht, wie lange Sie sich mit der Bewerbung befasst haben. Es handelt sich um eine Bewerbung, die alle zwei Monate auf die Schnauze fällt. Das hat bei den Geschäftsführern angefangen, dann kam das Problem der Finanzierung der Bewerbung. Hinzu kam im Frühjahr die Grundstücksproblematik, die immer noch ungelöst ist. Man muss das einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass man mit der Aussage angetreten ist, genau das zu vermeiden. Es hieß, die Deutschen seien Weltmeister im Planen, Organisieren und Durchführen. Man hat immer auf die Fußball-WM 2006 verwiesen. Aber man hat nach dem derzeitigen Stand nicht viel erreicht. Man fällt ständig auf die Schnauze, sieht sich vor neuen Hindernissen und kommt nicht weiter. Das ist Fakt.

Hinzu kommt - das ist heute schon deutlich -: Von Herrn Bachhuber ist kritisiert worden, wir liefen durch das Land und kritisierten, alles Geld werde in den Süden geleitet und dem Norden bliebe nichts mehr übrig. Dass diese Angst nicht ganz unbegründet ist, zeigt der Redebeitrag der SPD. Man muss ehrlich sagen: Die Angst ist nicht unbegründet.

(Florian Ritter (SPD): Das hat damit nichts zu tun!)

Doch, damit hat es zu tun; Herr Ritter: Bei der Forderung nach Sondertöpfen auf Bundesebene und der Frage, was Bayern bekommt, wissen Sie genau so gut wie ich, dass die anderen Bundesländer nicht Hurra schreien, wenn Sie Bayern mehr Geld geben sollen. Das wird nicht passieren. Wir haben das bei anderen großen Projekten festgestellt. Warum soll es bei Olympia so kommen?

Des Weiteren muss man sich die Transparenz ansehen: Immer wieder höre ich - auch vonseiten der SPD wurde eine Pressemitteilung herausgegeben -, man fordere Offenheit. Man muss dabei ehrlich sagen: Sie fordern das zu Recht. Sie haben ja wahrscheinlich noch nicht einmal das Umweltkonzept richtig gelesen. Sie führen aus, es koste 40 Millionen. Wenn man sich die Unterlagen ansieht, dann sieht man auf Seite 166, dass es bis zu 139 Millionen Euro kostet. Sie hätten die richtige Zahl verwendet, wenn Sie die Unterlagen gehabt und entsprechend angesehen hätten.

Ein weiterer Bereich, der deutlich angesprochen werden muss, ist die Transparenz bei den Kosten. Es wird immer so hingestellt, als ob über die Sicherheitskosten in dem Ausschuss bereits intensiv diskutiert worden sei. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass die Staatsregierung bzw. die Bewerbungsgesellschaft bei den Sicherheitskosten schon jetzt eine kreative Buchführung anwendet; man muss das ganz offen sagen. Ihnen allen ist ja bekannt, dass ein Non-OCOG-Budget und ein OCOG-Budget gibt. Das OCOG-Budget betrifft die reine Durchführung der Spiele. Wir sind uns sicher alle einig: Die Sicherheit während der Spiele ist für die Durchführung der Spiele notwendig. Ich denke, jeder in diesem Hohen Haus ist d’accord, dass das so ist. Wo werden die Sicherheitskosten gebucht? Einmal mit 31,8 Millionen Euro im OCOG-Budget, wo sie hineingehören. Weitere Kosten bis zu einer Summe von circa 50 Millionen Euro werden im NonOCOG-Budget gebucht. Hierher gehören keine Sicherheitskosten. Die Kosten für die Polizistinnen und Polizisten aus anderen Bundesländern werden über den laufenden Haushalt gebucht. Das steht im Olympia-Gesetz.

Das heißt: Schon jetzt, bevor die Spiele überhaupt stattfinden, wird über drei verschiedene Posten gebucht. Man müsste ganz ehrlich sagen: Die entstehenden Kosten für die Durchführung - das sind die Sicherheitskosten - gehören in das OCOG-Budget und dürfen nirgendwo anders gebucht werden.

Vorhin wurde - ich glaube, von Herrn Kollegen Ritter die Frage angesprochen, wo man in Bezug auf den Tourismus hin möchte. Wenn man jetzt weiter auf den Wintersport setzt, macht man genauso weiter wie in den letzten Jahren. Man muss das ganz offen sagen.

Die Chancen der Region Garmisch-Partenkirchen für den sanften und nachhaltigen Tourismus im Zuge eines Klimawandels werden sicher nicht im Wintersport liegen. Mit Sicherheit wird das nicht funktionieren. Wintersport und Liftanlagen rentierten sich nur bei 100 Tagen Schneesicherheit. Das wird dort nicht klappen. Mit diesem Ereignis wird Garmisch-Partenkirchen aber als Wintersportort beworben. Ich möchte das einmal sehen, wenn die Bauarbeiten dort stattfinden und an den Hängen gearbeitet wird. Es wird dort Eingriffe geben; das ist unumstritten. Was sagt eigentlich der Sommertourist, der vorher kommt, dazu? Geht er dort hin, wo der Lärm ist? Das wird er nicht tun. Wer sagt, dass er nach zwei oder drei Jahren wieder kommen wird? Das wird so nicht eintreten. Die Anlagen müssen ein Jahr vor Beginn der Spiele fertig sein - und damit nicht erst 2018. Das heißt, die Baustellen existieren bereits zwei Jahre davor. Man muss sich überlegen, ob man das in dieser Region haben möchte. Das Tal ist für dieses große Event einfach zu klein.

Obwohl es im Olympia-Gesetz enthalten ist, wird über Folgendes kaum diskutiert: Wir greifen massiv in die Planungshoheit der Kommunen ein. Wir schreiben vor, dass im näheren Umkreis der Austragungsorte keine Sportevents stattfinden dürfen, und zwar eine Woche vor und während der Spiele und auch eine Woche danach. Muten wir uns als Landesparlament zu, das den benachbarten Kommunen vorzuschreiben? Das liegt eigentlich in deren Hoheit. Man kann das eigentlich so nicht machen.

Deutlich angesprochen werden muss auch das Thema der Kosten und der Einnahmen. Ich bin damit beim Hauptkritikpunkt von unserer Seite. Die Kosten werden überall optimal gerechnet, während die Ausgaben heruntergerechnet werden. Das ist Fakt und es ist erstaunlich, dass der Präsident des DOSB in den Medien verkünden lässt, dass der Zuschuss aus den Fernsehrechten größer sein könnte als bisher geschätzt und geplant. Er nennt dabei eine Zahl von 440 Millionen Dollar. Genau diese Zahl steht jedoch bereits in den Unterlagen. Genau diese Zahl - das hat das IOC bekanntgegeben - ist die höchste Förderung, die man hinsichtlich des Zuschusses aus den Fernsehrechten bekommen kann. Er läuft aber durch das Land und erzählt, es werde ohnehin mehr, man habe nur konservativ gerechnet. Man hat bereits bisher mit den Höchsteinnahmen gerechnet. Das ist ganz klar.

Erstaunt hat mich - heute wurde nicht so intensiv darüber diskutiert wie in den Ausschüssen -, dass behauptet worden sei, die GRÜNEN seien die einzigen, die ein Störfeuer gegen die Olympia-Bewerbung richteten. Wenn man sich den Ablauf der Kreistagssitzungen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen ansieht,

dann sieht man: Sechs CSUler stimmten gegen die Bewerbung, genauso fünf SPDler, zwei GRÜNE - das versteht sich wohl von selbst -, zwei ÖDPler und ein FDPler. Das heißt, die direkt vor Ort Betroffenen setzen sich anders mit dem Thema auseinander. Sie setzen sich massiv anders damit auseinander.

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Das ist in Gorleben genauso!)

Dieses Anliegen sollten wir in diesem Haus diskutieren. Die GRÜNEN haben einen Bundesparteitagsbeschluss, wonach sich die Bundespartei dagegen ausspricht. Die GRÜNEN haben sich auf der Stadtversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit gegen die Bewerbung ausgesprochen. Es ist richtig, dass die Rathaus-Fraktion dabei ist, aber alle entscheidenden Gremien der GRÜNEN haben sich dagegen ausgesprochen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Ist die Stadtratsfraktion kein entscheidendes Gremium?)

- Ich meine Parteigremien.