Das Gleiche tun Sie bei der Städtebauförderung. Hier betreiben Sie auf der Bundesebene eine unverantwortliche Politik, über die Sie sich in diesem Hohen Hause schon selbst beschwert haben. Sie haben gesagt, die Städtebauförderung müsste oben bleiben. Was tun Sie jedoch in Ihrem eigenen Staatshaushalt? Sie folgen der Bundesregierung. Schwarz-Gelb kürzt sowohl in Berlin wie auch in München die Mittel für die Städtebauförderung. Über Ihr "Aufbruch"-Programm versuchen Sie zu vermitteln, dass Sie diese Programme stärken würden. Dort stehen nämlich 4 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln drin. Fakt ist, dass die Städtebaufördermittel im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurückgehen, zumindest bei den neuen Be
In Reklamelisten vom "Aufbruch" verspricht die Staatsregierung 25 Millionen Euro mehr Mittel für die Straßeninfrastruktur im ländlichen Raum. Auch hier sieht die Realität anders aus. 2010 waren noch 219 Millionen Euro für den Staatsstraßenbau ohne PPP-Projekte in den regulären Etats. Der Ansatz für 2011 beträgt nur noch 175 Millionen Euro, also 45 Millionen Euro weniger, und für 2012 gar nur noch 137 Millionen Euro. Sie aber wollen der Öffentlichkeit, auch der politischen Öffentlichkeit, in Bayern verkaufen, dass Sie den Staatsstraßenbau durch eine Nennung im Programm "Aufbruch" verbessern. In Ihrem Haushaltsentwurf betreiben Sie aber tatsächlich genau das Gegenteil.
Damit komme ich zu einem Punkt, der mich wirklich umtreibt, Sie wahrscheinlich auch; aber Sie äußern sich anders. Ich meine die Gesamtmittel Investition. Die Staatsregierung erweckt den Eindruck, als wäre mit dem "Aufbruch" eine Stärkung der Investitionstätigkeit des Freistaats Bayern verbunden. Das Gegenteil ist auch hier der Fall. Das beweist der Vergleich mit der Entwicklung der Investitionsausgaben in den letzten fünf Jahren. Im Jahr 2006 lag die Summe der Investitionsausgaben des Freistaats Bayern bei 4,5 Milliarden Euro, also fast genau dort, wo sie 2012 mit 4,63 Milliarden Euro sein wird. Der Freistaat wird 2012 also nominell nicht mehr investieren als 2006. Wenn man die Inflation und Baupreissteigerungen berücksichtigt, ist das tatsächlich ein deutlicher Rückschritt. Der Rückgang hat auch nichts mit dem Auslaufen der Konjunkturprogramme zu tun, wie das Referenzjahr 2006 zeigt. Der Sachverhalt ist klar: Der Investitionsbedarf im Freistaat steigt, die Investitionen gehen deutlich zurück. 2012 wird der Freistaat eine historisch niedrige Investitionsquote haben. Der Unterschied zu den anderen westdeutschen Bundesländern, auf den Sie heute hingewiesen haben, ist stark zusammengeschmolzen; vom Vorsprung Bayerns ist wenig übrig geblieben, noch weniger von den Investitionsquoten früherer Jahre.
Sagen Sie nicht nur, was Sie in diesem und im nächsten Jahr finanzieren wollen. Diese Liste ist zwar interessant, aber viel zu kurz. Sagen Sie auch, welche dringenden Investitionsprojekte Sie in diesem Doppelhaushalt nicht realisieren. Dann wissen wir die Wahrheit.
Ich komme nun zum Thema Kinderbetreuung, Krippenausbau und Familie. Auch da praktiziert die Staatsregierung das Prinzip "Linke Tasche, rechte Tasche". Ich wehre mich dagegen, dass wir Ausgaben und Anpassungen an den tatsächlichen Bedarf, die selbstverständlich sind und schon seit Langem zugesagt sind, in ein spezielles Sonderprogramm packen. Das sind längst versprochene und überfällige Anpassungen, so die Anpassung an die Betriebskostensteigerungen bei den Kommunen und die Anpassung bei der Kinderbetreuung und beim Krippenausbau. Dennoch bleibt Bayern in der öffentlichen Kinderbetreuung im Bundesländer-Ranking weit hinter anderen Bundesländern zurück. Der Entwurf des Doppelhaushalts ist auch hier keine Erfolgsbilanz.
Nun zu den Lehrern: Vielleicht sollte man einmal das Suchspiel ausrufen: Wer entdeckt im bayerischen Staatshaushalt mehr Stellen für Lehrer?
- Nein, da brauchen wir gar kein Suchspiel, sondern das verkündet schon die Staatsregierung. Wo werden im bayerischen Staatshaushalt Stellen für Lehrer praktisch gestrichen, weil sie in Fußnoten als "Kw", als künftig wegfallend, gekennzeichnet und sofort gestrichen werden, wenn der entsprechende Zeitpunkt eingetreten ist? - Wenn Sie dazu ein Suchspiel veranstalten würden, wären manche Bürger ernüchtert. Sie würden sehen, dass einerseits in Erfolgsmeldungen von mehr Lehrern gesprochen wird und auf der anderen Seite Stellen gestrichen oder durch "Kw"-Vermerke künftig gestrichen werden. In der pädagogischen Praxis an den Schulen, die mit großen Klassenstärken zu kämpfen haben, kommt das Allerwenigste der vermeintlich mehr Stellen für Lehrer an. Auch das ist ein Täuschungsmanöver, für das Sie verantwortlich sind.
Ich will das Thema Landesbank zwar nicht strapazieren, aber es ist doch Tatsache, dass wir im Jahr 2011 rund 370 Millionen Euro - das muss man sich einmal vorstellen - allein für Zinsen und den Ersatz der Fonds hinlegen müssen, im nächsten Jahr rund 384 Millionen Euro. Jetzt sagt der Finanzminister, diese Zinszahlungen seien rein fiktiv, weil sie aus den Rücklagen gezahlt würden. Was ist denn das für eine Rechnungsweise? Diese Beträge müssen auf den Tisch gelegt werden und stehen für andere Dinge
nicht mehr zur Verfügung. Das ist doch Fakt, Herr Finanzminister. Es ist ein Skandal, dass Sie das noch kleinzureden versuchen.
Nur um die Dimension dieser Summe deutlich zu machen: Für die Zinszahlungen und den Ausgleich der Fonds muss in beiden Haushaltsjahren insgesamt so viel auf den Tisch gelegt werden, wie Sie in Ihrem famosen "Aufbruch"-Programm an vermeintlich zusätzlichem Geld für Investitionen in Infrastruktur und Familie zur Verfügung stellen. Das alles wird komplett durch die Zinszahlungen und Ersatzmittel für die Fonds in beiden Haushaltsjahren aufgefressen.
Weitere Risiken kommen hinzu: Sie haben schon angekündigt, dass 2014 nach dem Finanzplan zusätzlich zu den Zinsen 550 Millionen Euro Garantiezahlungen hinzukommen. Eine weitere Milliarde an Steuergeldern wird für Garantien fällig, die der Freistaat ausgesprochen hat.
Weil Sie darauf Bezug genommen haben, möchte ich an dieser Stelle sagen: Mir geht es als Haushaltspolitiker auch um die zivil- und strafrechtliche Verantwortung derjenigen, die auf der Vorstandsebene und der Verwaltungsratsebene für das Landesbankdebakel verantwortlich sind. Klar ist aber auch, dass die haushaltspolitische Verantwortung für dieses Landesbankdesaster, unabhängig von der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung, die politische Verantwortung für die dramatischen Auswirkungen auf den Staatshaushalt die CSU in diesem Hohen Hause trägt.
Dann komme ich zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz, auch wenn Sie das nicht mehr hören können, Herr Minister. Wenn Sie auf das Hotelsteuerprivileg, auf die Privilegierung von Erbschaften und die Privilegierung von bestimmten Unternehmenskonstellationen verzichten würden, wäre ein Großteil der Kürzungen, die Sie im Doppelhaushalt vornehmen müssen, nicht notwendig gewesen. Sie hätten in den Bereichen Umwelt, Städtebauförderung über Jugend und Soziales bis hin zu den Staatsstraßen nichts streichen müssen, wenn Sie auf Bundesebene eine andere Steuerpolitik machen würden. Das ist Tatsache.
Das ist zwar ein Dauerbrenner, aber ich kann diese Forderung hier nicht außen vor lassen: Statten Sie endlich die bayerische Steuerverwaltung so aus, wie es aus Haushaltsgründen notwendig ist.
Es kann nicht richtig sein, dass CSU und FDP in Bayern für das Steuerprivileg von Hoteliers 56 Millionen pro Jahr ausgeben - so viel ist das nämlich unter dem Strich -, aber im Gegenzug gekürzt wird bei der Jugendsozialarbeit an Schulen durch Einfrieren des Ausbauplans, bei der Förderung der Jugendarbeit in den Jugendverbänden, bei der Landesstelle für Schulsport, bei der Jugendhilfe, bei der Unterstützung behinderter Menschen in Bayern - danke schön, Frau Präsidentin, für die Unterstützung, die Sie hier geleistet haben -, bei der frühkindlichen Sprachförderung und bei freiwilligen Leistungen im Bereich der Betreuung und Förderung von Kindern. Eine Steuerermäßigung von 56 Millionen für die Hoteliers ist Ihnen wichtiger, als es die Punkte sind, die ich gerade genannt habe. Auch das zeigt eine Wertung.
Es kann nicht richtig sein, dass die Besserstellung von Erben der CSU/FDP-Staatsregierung über 90 Millionen Euro pro Jahr in Bayern wert ist, dass aber im Gegenzug gekürzt wird bei der Wohnraumförderung für Familien, bei der Städtebauförderung, insbesondere bei der Sozialen Stadt, bei der Straßeninfrastruktur, beim Betriebsdienst für Staatsstraßen, bei der Baudenkmalpflege, bei den staatlichen Museen und bei Bibliotheken und Archiven. Die Staatsregierung will also eine Entlastung für Erben, aber eine Belastung der Öffentlichkeit.
Es kann nicht sein, dass die Klientelpolitik der CSU und FDP im Bereich der Unternehmensbesteuerung so abläuft, dass im Gegenzug das Klimaprogramm 2020 - das 2011 zu Ende sein wird, schon 2012 sind praktisch keine Mittel mehr drin - nicht weiter ausgestattet werden kann, dass dringend notwendige energetische Sanierungen nicht durchgeführt werden können, dass alternative Energien nicht mehr so wie bisher gefördert werden können, dass Wasserversorgungsanlagen nicht gefördert werden können, dass beim Hochwasserschutz gestrichen und bei der Krankenhausförderung gekürzt wird. Das sind die Konsequenzen Ihrer Steuerpolitik. Das muss man an dieser Stelle im Bayerischen Landtag einmal deutlich machen.
Eigentlich kommt es noch viel schlimmer, weil es noch darüber hinaus geht. Sie lassen die fiskalischen Grundrechenarten, den gesunden Menschenverstand und kaufmännische Verhaltensweisen außer Betracht. Ein guter Kaufmann würde nie auf gute Investitionen verzichten, die ihm in kurzer Zeit eine sichere und solide Rendite bringen. Sie machen das. Nur ein Bei
spiel: Ihre Wiederbesetzungssperren bei der bayerischen Finanz- und Steuerverwaltung kosten nachweislich ein Vielfaches von dem, was Sie damit einsparen.
Der Verzicht auf notwendige Sanierungsmaßnahmen der staatlichen Infrastruktur kostet nachweislich ein Vielfaches von dem, was Sie damit einsparen, weil sich die Schäden verschlimmern und dadurch Mehrkosten entstehen.
Sie kürzen im Bauunterhalt, obwohl Sie wissen, dass es sich dabei nicht um eine Einsparung handelt, da die Kürzung Mehrkosten produziert, die lediglich auf die Folgejahre verschoben werden. Sie verzichten ebenfalls auf Investitionen in energetische Maßnahmen, obwohl sich die meisten Beispiele, die uns im Haushaltsausschuss vorgelegt worden sind, nach kurzer Zeit amortisieren. Nach Umsetzung der Maßnahmen sind die Energie- und Betriebskosten deutlich niedriger. Sie streichen die Mittel für die Städtebauförderung, obwohl nachweislich von jedem gezahlten Euro neun bis zehn Euro an weiteren Investitionen generiert werden. Allein durch den Rückfluss der Mehrwertsteuer können Sie die Refinanzierung sicherstellen. Stattdessen streichen Sie die Mittel. Das ist auch ökonomisch unvernünftig.
Gegen alle Vernunft ist auch Ihr Umgang - ich kann es Ihnen nicht ersparen - mit dem Personal des Freistaats Bayern. Der Freistaat verfügt - das ist unstrittig - über eine gut ausgebildete, leistungsfähige und leistungswillige sowie motivierte Mitarbeiterschaft. Das betonen Sie immer wieder. Das gilt sowohl für Beamte als auch für Tarifbeschäftigte. Doch die Bayerische Staatsregierung springt mit dem ihr anvertrauten öffentlichen Dienst so um, wie es die Führungslehrbücher ihrer eigenen Beamtenfachhochschulen als abschreckendes Beispiel hervorheben mussten. Sie motivieren nicht nur nicht, sondern demotivieren. Das ist der schlimmste Führungsfehler, den man machen kann.
Nach dem Nicht-die-Frösche-fragen-Erwin, dem Champions-League-Edmund, nach der über das Knie gebrochenen Verwaltungsreform, nach dem willkürlichen Stellenabbau ohne Aufgabenabbau und nach
der ungerechten Arbeitszeitverlängerung kam Wohlfühl-Horst und gelobte Besserung. Die Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung wurde angekündigt, und die Dienstrechtsreform versprach zusätzliche Leistungsanreize sowie mehr Entwicklungsperspektiven. Kaum hatte der öffentliche Dienst wieder Vertrauen in unsere Staatsregierung gefasst, kam die kalte Dusche. Nur einige Wochen nach der Verabschiedung des Neuen Dienstrechts fiel die Maske. Unter der Maske kam das alte Bild der CSU hervor. Die Bediensteten des Freistaats Bayern müssen sich wie im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" fühlen.
Es ist ein klassischer Zickzack-Kurs der CSU, diesmal mit tatkräftiger Unterstützung durch die FDP: erst Stellen ankündigen, dann aber Wiederbesetzungssperren einführen, damit die geschaffenen Stellen nicht besetzt werden. Das ist die Logik, die Sie an den Tag legen. Erst das Dienstrecht mit großem Tamtam verabschieden, dann das zentrale Element dieser Dienstrechtsreform, die Vergabe von Leistungsbezügen, aussetzen. Erst die Wegstreckenentschädigung anpassen, dann wieder kassieren. Erst die Beseitigung der einen Ungerechtigkeit bezüglich der Arbeitszeit ankündigen, dann die nächste Ungerechtigkeit beim Gehalt durch die Nullrunde begehen. Erst von Familie und von der Gewinnung der besten Köpfe für den Staat reden, dann die Eingangsbesoldung absenken. Ständig von Wertschätzung - das haben Sie heute auch gemacht - für die Beschäftigten reden und dann als Beleg dafür die Jubiläumszuwendung streichen. Wer als Dienstherr dermaßen willkürlich und chaotisch agiert, der muss sich nicht wundern, wenn die bei den Beschäftigten durchaus vorhandene Bereitschaft, zur Konsolidierung des Staatshaushaltes beizutragen, absolut zerstört oder porös gemacht wird.
Abschließend bringe ich einige Gedanken der SPDFraktion ein, die wir vielleicht im Konsens, im kritischen Dialog, im Widerspruch, aber doch gemeinsam diskutieren müssen. Welchen Staat wollen wir eigentlich? Darüber müssen wir eine Debatte führen. Welchen Staat können wir dauerhaft finanzieren? Die SPD bekennt sich zu einem starken und leistungsfähigen Staat. Aus Ihren Worten habe ich herausgehört, dass Sie dies ähnlich sehen. Bei der FDP bin ich mir da nicht sicher. Leider bin ich mir sicher, dass die FDP diesen starken Staat infrage stellt.
Bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise - der Finanzminister hat das angesprochen - waren nicht die neoliberalen und konservativen Rezepte er
folgreich, sondern eine nach sozialdemokratischen Grundsätzen geprägte staatliche Konjunkturpolitik. Die Ausgaben für die Kurzarbeiterregelung und die Konjunkturprogramme für die öffentliche Infrastruktur, auch die Abwrackprämie, konnten durch die damit verbundene wirtschaftliche Erholung die Stabilisierung, die erhöhten Steuereinnahmen und die vermiedenen Zusatzkosten bei der Arbeitslosigkeit wieder refinanziert werden. Das ist ein Beispiel dafür, dass die neoliberalen Rezepte - sparen, sparen, sparen, gerade wenn die Einnahmen einbrechen - absolut falsch sind. Wir haben dagegen gehalten. Das war das richtige Konzept - ein sozialdemokratisches Konzept im Übrigen.