Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

(Hubert Aiwanger (FW): Wo kommt es in fünf Jahren her, wenn die Kosten dreimal so hoch sein werden?)

Herr Mütze hat wenigstens noch gesagt, dass wir in Zukunft an die Schuldenbremse denken müssen. Es gehört zu einer ehrlichen Debatte, nicht nur zu sagen, für welche Bereiche wir mehr Geld brauchen. Ich stimme Ihnen zu: Für den Straßenbau hätte ich auch gern mehr Geld. Wir müssen aber auch sagen, woher

das Geld kommen soll. Wir als die die Regierung tragenden Fraktionen müssen einen Ausgleich zwischen den vielen verschiedenen Interessen herstellen. Leider hat der Staatsstraßenbau sehr schlechte Karten, weil der Herr Innenminister die Polizisten nicht einfach entlassen kann. Er muss Pensionen zahlen und Hochbauten errichten. Wenn gespart werden muss, trifft es leider den Straßenbau. Wir hoffen, dass wir hier noch Verbesserungen erreichen können.

Keiner der bisherigen Redner hat angesprochen, dass wir uns nicht nur über die Beträge Gedanken machen sollten. Um Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen wir uns auch über das Wie der Sanierung Gedanken machen. Wir brauchen moderne Straßenbeläge. Wenn wir uns an der einen oder anderen Stelle Flüsterasphalt wünschen, um die Lärmbelastung für die Bürger zu reduzieren, muss uns bewusst sein, dass dies teurer ist. Dann müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Das ist der Preis für eine politische Forderung, die sicherlich zu begrüßen ist.

In der Forschung sind neue Straßenbeläge und verschiedene Innovationen entwickelt worden, die möglicherweise das Eindringen von Wasser in die Straße verhindern, sodass die Straßen bei Frost nicht aufbrechen. Wir haben jedoch Probleme, diese neuen Beläge im Genehmigungsverfahren bewilligt zu bekommen. Wir müssen versuchen, das Geld, das wir haben, effizienter einzusetzen. Ich bitte den Herrn Innenminister, auf diesen wichtigen Punkt ein Augenmerk zu lenken, damit die Gelder für den Straßenbau gut eingesetzt werden.

(Beifall bei der FDP)

Verkürzt: Wir sind uns in der Diskussion einig. Es muss etwas passieren. Wir müssen aber ehrlich diskutieren und sagen: Wir haben das Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wir wollen in die Zukunft investieren, können aber kein Wolkenkuckucksheim bauen. Wenn das Geld nicht reicht, müssen wir das Machbare tun, und dies möglichst effizient.

(Christa Naaß (SPD): Das machen Sie doch nicht!)

- Wir haben gerade eine Aktuelle Stunde. Ich würde sehr gerne Zwischenfragen zulassen, aber in diesem Moment geht es nicht.

Wir haben eine liberale Linie skizziert, an der wir uns orientieren. Wir wollen uns gemeinsam mit Ihnen für den Straßenbau einsetzen. Vielleicht gelingt uns das. Ich darf daran erinnern, wie wir uns gemeinsam für die Städtebauförderung in Berlin eingesetzt haben. Damals wurde nachgebessert, sodass es nicht so

schlimm kam wie befürchtet. Vielleicht bekommen wir das auch beim Straßenbau hin. Wenn wir gemeinsam an der Schraube drehen, vielleicht geht dann beim Innenminister vor dem Hintergrund der stärker sprudelnden Steuereinnahmen etwas. Es gilt aber Maß zu halten. Wir dürfen es mit Blick auf die anderen politischen Ziele nicht übertreiben. Wir wissen, dass das Problem besteht, und nehmen die Diskussion an. Wir werden spätestens bei den Beratungen im Haushaltsausschuss sehen, was möglich ist. In der Bewertung stimmen wir überein.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Rohde. Als Nächster hat Kollege Christian Meißner das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Staatsstraßen hat Kollege Rotter dankenswerterweise schon das Notwendige gesagt. Nur soviel noch von meiner Seite: Wenn das Spiel hin- und hergeht, wer wann welche Anträge abgelehnt hat, drängt sich mir manchmal der Verdacht auf, dass Sie gestern aus dem Flugzeug gefallen und heute unbedarft im Parlament aufgewacht sind.

Das Schöne an der Oppositionsrolle ist, dass man fordern darf, was man möchte und für richtig hält. Das Spannende daran, eine Regierung zu tragen,

(Zurufe von der SPD)

besteht darin, dass man sich mit den Kollegen und anderen Interessen auseinandersetzen muss,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

um am Schluss zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen. Immer so zu tun, als ob man das parlamentarische Geschäft nicht verstehen würde,

(Christa Naaß (SPD): Sie verstehen es scheinbar nicht!)

halte ich für scheinheilig.

Ich habe insbesondere dem Kollegen Dr. Wengert gut zugehört. Er hat die kommunalen Straßen angesprochen und die sogenannten Winterschäden. Deshalb möchte ich mich darauf konzentrieren und das Stichwort "Frostschäden" aufgreifen. Die Diskussion im Zusammenhang mit dem Satz "Winter ist gleich Frostschäden und mehr Mittel" wird hier im Landtag alle Jahre wieder geführt. Dieses Thema wird mit Variationen regelmäßig aufgegriffen.

(Hubert Aiwanger (FW): Sie verstehen es nicht!)

Zunächst möchte ich festhalten: Schnee und Minustemperaturen sind, zur Erinnerung, in Mitteleuropa nichts Ungewöhnliches. Die Einzige, der nicht auffällt, dass auf den Herbst immer der Winter folgt, ist, nach meiner persönlichen Erfahrung die Bahn. Der Straßenausbau und der Straßenzustand müssen auf Minustemperaturen ausgerichtet sein. Die Oberste Baubehörde hat im Arbeitskreis für Inneres meiner Fraktion vor Kurzem berichtet, dass eine Straße in einem vernünftigen Ausbauzustand von Winterschäden eigentlich nicht betroffen ist, weil sie diese Temperaturen aushalten muss. Wir müssen die Straßen also in gutem Zustand halten.

Was die kommunalen Straßen betrifft - das auch nur zur Erinnerung -, sind die Kommunen und Landkreise in der Pflicht.

(Beifall des Abgeordneten Jörg Rohde (FDP))

Ich darf daran erinnern: Die Baulast der kommunalen Straßen liegt bei den Landkreisen und Gemeinden, und nach der Verfassung des Freistaates Bayern fallen diese Lasten in die kommunale Selbstverwaltung.

Auf der anderen Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen, lässt sich der Freistaat Bayern aus meiner Sicht hier durchaus in die Pflicht nehmen; die Kommunen erhalten umfangreiche Hilfen aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) und dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG).

(Jörg Rohde (FDP): So ist es!)

Zum Beispiel: Im Jahr 2009 und im Jahr 2010 haben wir 870 Millionen Euro in den Straßenunterhalt der Kommunen gesteckt. Im Haushaltsansatz für das Jahr 2011 sind 425 Millionen Euro enthalten, also eine anständige Summe. Trotzdem wird der Ruf nicht nur des Städtetags, sondern auch von einzelnen Abgeordneten aus den Reihen der Opposition nach Sonderprogrammen laut. Ich darf Sie daran erinnern: Das kommunale Straßennetz umfasst, das ist heute schon kurz angedeutet worden, 19.000 Kilometer Kreisstraßen und 100.000 Kilometer Gemeindestraßen. Wer von Sonderprogrammen spricht - ich erlaube mir, in der gebotenen Kürze die Rechnung aufzumachen -, muss wissen: Wenn ich eine Million Euro in ein solches Förderprogramm gebe, kommt pro Kilometer kommunaler Straße der stolze Betrag von 8,40 Euro heraus.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Dann macht man lieber gar nichts! Sehr lobenswert!)

Wer weiß, was es kostet, einen Kilometer kommunale Straße zu unterhalten, muss auch wissen, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Er muss auch wissen, dass zusätzliche Mittel, um die wir kämpfen - da darf ich Sie alle beruhigen -, intelligent verteilt werden müssen. Wir müssen über das GVFG reden. Die Mittel hierzu kommen aus der Föderalismusreform I. Nach dem Entflechtungsgesetz sind es hauptsächlich Bundesmittel, über die wir hier verfügen. Wie Sie alle wissen, sind diese Mittel nur bis zum Jahr 2013 festgeschrieben. Wir brauchen aber auch für die Zeit von 2014 bis 2019 zusätzliche Mittel, damit wir den Landkreisen und den Städten, Märkten und Gemeinden Mittel in vernünftiger Höhe zur Verfügung stellen können.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei unserem Innenminister bedanken, der über die Verkehrsministerkonferenz seit Monaten dafür kämpft, dass wir auch nach 2013 eine vernünftige Ausstattung mit Mitteln nach dem GVFG haben.

(Beifall bei der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Bayerns Staatsstraßen sind Schlusslicht beim Zustand in ganz Deutschland!)

Ich glaube, das ist der richtige Weg, um den Kommunen im Freistaat Bayern zu signalisieren, dass wir die Probleme bei den Staatsstraßen nicht nur sehen, sondern hinsichtlich der kommunalen Straßen auch tätig sind. Ich glaube, wir sollten das alle unterstützen, damit die kommunalen Straßen in einem vernünftigen Zustand gehalten werden können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Alexander Muthmann das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Staatsstraßen ist schon vieles gesagt worden. Ich will die Erwartung der Opposition nach einheitlichem Regierungshandeln zum Thema machen, gerade für die Jahre 2011 und 2012. Wir haben jetzt den Staatsstraßenausbauplan bis 2020, erste Dringlichkeit, vorgelegt bekommen, zeitgleich auch den Entwurf des Doppelhaushalts 2011/2012. Das passt schon an dieser Stelle in den nächsten zwei Jahren nicht zusammen. Ich hätte mir an dieser Stelle auch angesichts dessen, was die Vorredner gesagt haben, gewünscht, dass der Finanzminister an den Beratungen hier teilnimmt. Die Straßenbauer, sehr geehrter Herr Staatsminister, wissen um die Herausforderungen und die Bedeutung des Staatstraßenbaus und des Unterhalts. Es wird schwierig sein, das im Gesamthaushalt unterzubringen.

Lieber Herr Kollege Rohde, Sie haben gesagt, wir dürften keine Nettoneuverschuldung in den Haushalt aufnehmen, deswegen könnten wir an dieser Stelle nicht mehr Mittel geben. Man muss an die alte Diskussion erinnern, ob der Staatshaushalt nicht doch ein Doppik-Konstrukt sein sollte. Dann würde deutlich werden, dass es hier um Rücklagen geht, um die Notwendigkeit, Unterhaltsleistungen einzuplanen. Es geht nicht, einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung nur dadurch aufzustellen, dass man notwendige Unterhaltsarbeiten, Leistungen und Kosten einfach verschweigt, negiert und nicht darstellt. Das geht kameral zwar technisch,

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

das geht aber nicht in einem ehrlichen Haushalt.

Wir haben uns vom Finanzminister erklären lassen müssen, dass die Doppik nicht notwendig sei, weil wir daraus keine besonderen Erkenntnisse zusätzlich erhalten würden. Wenn man aber auf die Doppik verzichtet, dann muss man zumindest mit dem gesunden Menschenverstand an die Sache herangehen. Den Haushalt ohne Neuverschuldung dadurch zu retten, dass man notwendige Unterhaltsleistungen schlicht nicht einstellt, ist nicht nur straßenbaufachlich falsch, sondern das ist auch haushaltstechnisch inkorrekt.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordne- ten der SPD)

Wenn es mit gesundem Menschenverstand nicht geht, dann müssen wir das Thema "Doppik" doch noch einmal auf die Tagesordnung bringen, um zu diesen Erkenntnissen zu verhelfen.

Tatsächlich ist es so, das wir allein für den Unterhalt aber das haben die Vorredner schon präsentiert 100 Millionen Euro jährlich brauchen. 70 Millionen Euro sind der Nachholbedarf für Versäumtes. Die Staatsregierung, der Innenminister hat einen zusätzlichen Ausbaubedarf lediglich in der ersten Dringlichkeitsstufe von jährlich noch einmal 100 Millionen Euro vorgelegt. Das passt nicht zusammen. Da würde ich mir ein einheitliches Regierungshandeln wünschen, sodass also nicht der Staatsminister, der für die Straßen und den Unterhalt des Vermögens des Staates verantwortlich ist, das Notwendige an Zahlenwerk präsentiert, und dann der Finanzminister, der ebenso für die Vermögenserhaltung des Staates verantwortlich ist, die notwendigen Gelder an dieser Stelle nicht zur Verfügung stellt. Das ist nicht zukunftsfähig und nicht nachhaltig.

Zum Abschluss noch ein Blick über die Grenzen: Der Zukunftsrat hat uns die Kontaktaufnahme mit Österreich empfohlen. Da und dort ist das gar nicht so

falsch. Das Amtsblatt für Oberösterreich titelt dieser Tage: "Straßenbau als Konjunkturmotor". Dabei ist mir durchaus bewusst, dass momentan nicht die Zeit ist, staatliche Konjunkturprogramme aufzulegen. Wenn es aber um Werterhaltung und vernünftiges und verantwortliches Wirtschaften geht, kann man auch einen Blick nach Oberösterreich werfen. Dort werden in diesem Jahr 180 Millionen Euro für den Straßenbau zur Verfügung gestellt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Dabei kann man Oberösterreich aufgrund seiner Größe durchaus mit Niederbayern oder der Oberpfalz vergleichen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das muss man sich vorstellen! Das ist ein Vorbild!)

Unter diesem Gesichtspunkt könnten Sie sich Oberösterreich zum Vorbild nehmen. Wir bleiben aber in Bayern.