Kollege Aiwanger wurde gefragt, ob Deutschland Vorbildfunktion haben müsse. Seine Antwort war, dass Deutschland Vorbildfunktion habe, die auf andere Länder ausstrahlen müsse. Wenn die anderen Länder nicht einsähen, dass Deutschland Vorbildfunktion hat, könne man nicht helfen. Er wurde mehrmals danach gefragt, ob er damit auch die Opfer meine. Die Opfer hat er nicht gemeint. Er hat klar zur Vorbildfunktion Deutschlands Stellung genommen und gemeint, wenn
(Alexander König (CSU): Sie halten es also für richtig, dass er das gesagt hat? Er sollte sich schämen.)
Zu dieser Aussage stehen wir. Wir stehen dazu, dass Deutschland Vorbildfunktion hat. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG - hat Deutschland einen weltweiten Exportschlager. Auch da haben wir Vorbildfunktion. Genauso ist es beim Ausstieg aus der Atomkraft.
Uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Mir wurde mitgeteilt, dass Herr Dr. Fahn nicht spricht. Es wurde eine weitere namentliche Abstimmung angekündigt zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf der der Drucksache 16/7943. Sowohl für den Dringlichkeitsantrag der SPD als auch für den der GRÜNEN sind die 15 Minuten Vorlaufzeit nicht erfüllt. Deshalb werden wir die namentlichen Abstimmungen zu einem späteren Zeitpunkt durchführen. Ich bitte Herrn Wörner zu seiner Erklärung zur Abstimmung an das Redepult.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Da die CSU nicht bereit ist, ihren Antrag aufzusplitten, damit wir die einzelnen Teile getrennt abstimmen können, erkläre ich für die SPDLandtagsfraktion: Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir Japan mit allem, was in unserer Macht steht, helfen müssen. Zu helfen, um Not und Leid soweit wie möglich zu lindern, ist eine Selbstverständlichkeit. Wir hätten den Ziffern 1 bis 5 zugestimmt. Da die CSU jedoch meint, sie könne den Antrag nicht aufsplitten, sehen wir uns nicht imstande, dem gesamten Antrag zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten. Unabhängig davon erkläre ich noch einmal, dass die Ablehnung nicht gegen Japan und gegen die Hilfe für Japan gerichtet ist, sondern es geht um die weiteren Punkte des Antrags.
Wir schreiten zur Abstimmung über den Antrag auf der Drucksache 16/7939. Das ist der Dringlichkeitsantrag von FDP und CSU "Hilfe für japanische Katastrophenopfer". Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, also das gesamte Hohe Haus. Gibt es Gegenstimmen?
Das sehe ich nicht. Enthaltungen? - Auch nicht. Damit ist der Dringlichkeitsantrag einstimmig angenommen.
Wir kommen dann zum Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/7940, das ist der Dringlichkeitsantrag von CSU und FDP, zu dem Herr Wörner gerade gesagt hat, dass er hierzu gerne eine getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten gehabt hätte. Da das nicht erfolgen soll, können wir hier zur Abstimmung des kompletten Antrags schreiten. Wer diesem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/7940 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? - Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist dieser Antrag angenommen.
Der dritte Antrag auf Drucksache 16/7945 ist der Antrag der Freien Wähler. Auch hier können wir über den ganzen Antrag abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der Freien Wähler, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die CSU und die FDP. Gibt es Enthaltungen? - Das sehe ich nicht. Dann ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
(Zuruf von den Freien Wählern: Frau Jung, wie sieht es aus? - Claudia Jung (FW): Die sind mehr! Ich würde gerne etwas anderes sagen!)
- Gut, dann fahren wir in der Tagesordnung fort. Über die beiden anderen Dringlichkeitsanträge werde ich, wie angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt abstimmen lassen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FW) Keine Aufweichung der GVO-Nulltoleranz bei Saatgut (Drs. 16/7942)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ludwig Wörner, Kathrin Sonnenholzner u. a. und Fraktion (SPD) Keine Gentechnik in Bayern Keine Abschaffung der Nulltoleranz bei Saatgut (Drs. 16/7958)
Ich möchte gleich zu Beginn, damit wir keine Zeit verlieren, darauf aufmerksam machen, dass das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/7946 namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Herr Dr. Herz für die Freien Wähler hat den ersten Redebeitrag. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Thematik, die wir in diesem Hause heute besprochen haben, scheint das folgende Thema vielleicht nicht so wichtig. Trotz aller Probleme im Fernen Osten müssen wir aber dennoch ein Stück Tagespolitik betreiben. Ich sage das ganz bewusst, auch wenn es vielleicht so klingen mag, als ob dies ein nebensächliches Thema wäre: Gentechnik bewegt die Menschen. Wir haben dieses Thema in diesem Hause schon wiederholt diskutiert. Wir sprechen heute über das Thema "Nulltoleranz bei Saatgut". Es geht um Gewährleistungsfragen. Dass das nicht unwichtig ist, haben wir vor etwa einem Jahr gemerkt, als zunächst in Niedersachsen und dann in fast allen Bundesländern, auch in Bayern, gentechnisch verunreinigtes Saatgut auftrat. Gerade Landwirte hatten große Probleme und wurden mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Das wirkt bis auf den heutigen Tag nach.
Was bei diesem Thema aber vielleicht noch viel wichtiger ist: Saatgut steht am Anfang der Produktionskette. Wenn wir bereits hier keine klaren Vorgaben schaffen, dann wird die Verunsicherung beim Verbraucher noch viel größer werden.
Noch kurz zum Hintergrund: Am 28. Februar 2011 haben im Agrarausschuss des Bundesrats die Bundesländer Niedersachsen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein den Antrag eingebracht, Möglichkeiten zu eröffnen, die es technisch zulassen, von der Nulltoleranz beim Saatgut abzurücken. Das ist eine völlig falsche Weichenstellung. Morgen findet im Bundesrat die Abstimmung über diesen Antrag statt. Deshalb hier unsere klare Forderung: Es kann nicht sein, dass wir hier herumdeuteln. 0,0 heißt, es hat nichts drin zu sein. Wenn auf einem Hektar 100 Pflanzen gentechnisch verunreinigt sind, das wären 0,1 %,
dann kann das nicht nur der oberflächliche Zeitgenosse als nicht korrekt hinnehmen. Hier unsere ganz klare Forderung: Nulltoleranz beim Saatgut, um ein für allemal Klarheit zu schaffen für die große Schar der Verbraucher. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass wir den Antrag der SPD unterstützen, der in eine ähnliche Richtung wie der unsere zielt. Wir unterstützen auch den Antrag der GRÜNEN.
Noch eine kurze Abschlussbemerkung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Wir wissen, dass die FDP für die Gentechnik ist. Insofern ist das eine klare Linie. Diese klare Linie vermissen wir aber bei der CSU. Ich darf hier an Herrn Kollegen Dr. Max Lehmer aus dem Bundestag erinnern, der sich in der landwirtschaftlichen Fachpresse als der Retter der Landwirtschaft feiern lässt, indem er gentechnisch veränderte Produkte anbietet. Ich fordere deshalb die CSU-Landtagsfraktion und die in der Bayerischen Staatsregierung vertretenen CSU-Mitglieder dringend auf, hier für Klarheit zu sorgen. Es kann nicht sein, dass wir hier im Landtag so tun, als ob wir fast alle für klare Regelungen bei der Gentechnik wären und dann erfahren wir von der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, dass das nicht so ist. Wir Freien Wähler fordern Sie deshalb dringend auf, hier für Klarheit zu sorgen. Auch das ist ein Stück Glaubwürdigkeit in der Politik.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir danken den Freien Wählern erst einmal, dass Sie uns ermöglicht haben, unseren Antrag heute noch einzubringen, gerade noch rechtzeitig vor der morgigen Bundesratssitzung. Wir kündigen schon einmal an, dass wir Ihrem Antrag und auch dem Antrag der SPD zustimmen werden.
Im Bundesrat geht es morgen ganz einfach darum, ob in Bayern auch künftig gentechnikfreier Anbau möglich sein wird. Morgen soll die derzeit geltende Nulltoleranz für Gentechnik im Saatgut durch Beschluss im Bundesrat aufgeweicht werden, indem als sogenannte praktikable technische Lösung eine Verunreinigung von 0,1 % zugelassen werden soll. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf: Stimmen Sie gegen den Beschluss des Agrarausschusses vom 28.02.2011!
Begründet wird dieser angeblich notwendige Schwellenwert damit, dass unsere Messtechnik nicht genau genug sei. Meine Damen und Herren, wo sind wir denn? - Wir leben in einem hoch technologisierten Land, wir beschäftigen uns mit kompliziertesten Regelmesstechniken und machen höchst komplizierte gentechnische Versuche. Da sagen Sie, die Messtechnik würde nicht ausreichen, um gentechnisch veränderte Saaten in kleinsten Mengen aufzuspüren. Das ist eine Diffamierung des Stands der Messtechnik, eine Diffamierung der deutschen Labors, in denen genau dies seit Jahren praktiziert wird. Sie wissen genauso wie wir, dass sich die Messgenauigkeit in den letzten Jahren auf 0,01 % erhöht hat, also genau um eine ganze Dezimalstelle, als Sie sie festlegen wollen. Bisher brauchen Züchter keine Untersuchungswerte, sondern nur sogenannte Qualitätsanalysen. Das bedeutet, das Saatgut wird auf GVO untersucht mit dem Ergebnis Ja oder Nein. Wenn ein Grenzwert von 0,1 % GVO festgelegt werden sollte, müssten Züchter bei jedem Saatgut eine Quantitätsanalyse durchführen. Das heißt, sie müssten feststellen lassen, ob die gentechnische Verunreinigung unter oder über 0,1 % liegt. Dieses Verfahren ist komplizierter, weil wesentlich genauer gearbeitet werden muss, und kommt deshalb wesentlich teurer. Eine solche Analyse kostet dann circa 350 Euro, und die Kosten muss der Landwirt oder Saatgutzüchter zahlen. Ich frage mich: Ist es in Ihrem Sinne, die Kosten für den Landwirt zu erhöhen?
Ich stelle also fest, es gibt keine technische Notwendigkeit für den Schwellenwert 0,1 %, und ich frage mich: Warum wollen Sie die Nulltoleranz-Regelung überhaupt kippen? Es bleibt eigentlich nur folgende Vermutung: Von der Einführung eines Schwellenwertes würden die Saatgutfirmen massiv profitieren. Ihr Umsatz würde sich quasi sprunghaft verdoppeln. In Europa würden die Anpflanzungen aus eigenem Anbau, die bisher rund 50 % betragen, schlagartig aufhören.
Wenn ein Schwellenwert eingeführt wird, kann der Landwirt nicht mehr abschätzen, wie viele GVO-Anteile sein Erntegut enthält. Wollte er nachbauen und sicher sein, dass sein selbst erzeugtes Saatgut unter dem Schwellenwert liegt, müsste er erst teure Analysen durchführen. Dies würde zwangsläufig dazu führen, dass Landwirte jedes Jahr neues Saatgut kaufen müssten. Das wäre also das Ende des Nachbaues. In den USA ist es schon längst der Fall.
Die zweite Folge wäre eine teure Lizenzpflicht. Der Schwellenwert in Verbindung mit der sogenannten Harmonisierung des europäischen mit dem amerikanischen Patentrecht, die vorbereitet wird, würde unweigerlich dazu führen, dass wir früher oder später ame
rikanische Rechtsverhältnisse und eine GVOLandwirtschaft hätten. Dort reicht schon eine gentechnisch veränderte Pflanze, um ein ganzes Feld lizenzpflichtig zu machen. Zugelassene Genkörner in eigenen Zuchtlinien würden dann auch unsere Saatzüchter in die Fänge von Monsanto & Co treiben. Sie kennen alle den Fall von Percy Schmeiser, der jahrelang gegen Monsanto gekämpft hat.
Meine Damen und Herren! Saatgut steht am Anfang der Lebensmittelkette und ist die Grundlage für gesunde Futter- und Lebensmittel, und eine alte Weisheit sagt: "Wer die Kontrolle über das Saatgut hat, hat damit die Macht über die Menschen." Da sich aber die Bürger heute nicht mehr alles einreden lassen, geht man nun heimlich vor und kontaminiert das Saatgut mit Gentechnik. Der Vorsitzende eines kanadischen Saatgutunternehmens sagte vor einigen Monaten ich zitiere -:
Es gibt weltweit so viel Widerstand gegen jede weitere Freisetzung von genveränderten Pflanzen, dass die einzige Möglichkeit ist, die Kontamination, also die heimliche Auskreuzung, zu fördern. Dann breitet sich die Gentechnik selbstständig aus und die Menschen haben keine Wahl mehr. Dann beherrschen wir die Nahrungsmittel.
Meine Damen und Herren, darin scheint mir der wahre Grund zu liegen, warum Sie Gentechnik "durch die Hintertür" zulassen wollen. Die Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln wäre aber Aufgabe des Staates. Grundlage dafür ist sauberes Saatgut, und das wiederum sichert die Nulltoleranz von GVO bei Lebensmitteln.
Vor zwei Wochen haben Sie das Ende der Nulltoleranz bei Futtermitteln beschlossen. Heute ist das Saatgut dran, morgen wahrscheinlich die Lebensmittel. Das scheint Ihre Strategie zu sein. Die Bundesländer Hessen, Bremen und Brandenburg haben bereits angekündigt, dass sie morgen gegen diesen Beschluss stimmen werden. Die spannende Frage ist: Wie wird Bayern stimmen?
Viele verschiedene Organisationen haben bereits angekündigt, das Abstimmungsverhalten der einzelnen Politiker genau unter die Lupe nehmen zu wollen und bei den nächsten Wahlen zu veröffentlichen. Wir haben deshalb bereits namentliche Abstimmung zu unserem Antrag gefordert und sind gespannt, ob Sie von der CSU zu den Worten Ihres Umweltministers vom gentechnikanbaufreien Bayern stehen oder ob bei Ihnen wieder einmal Welten zwischen hehren Worten und konkreter Abstimmung liegen. Jetzt wird