Protokoll der Sitzung vom 07.04.2011

Herr Dr. Hünnerkopf, Herr Kollege Dr. Herz hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet.

Sehr geehrter Kollege Dr. Hünnerkopf, ich möchte das Thema Vertragsnaturschutz aufgreifen. Das haben Sie in Ihrer Rede kurz angesprochen. Es entstand der Eindruck, dass diese Gelder zu keinem Zeitpunkt gefährdet waren. Das ist wunderbar. Das steht jedoch im Ge

gensatz dazu, dass draußen der Eindruck entstanden ist, dass die Gelder sehr wohl gefährdet waren. Sollen wir das in Zukunft ähnlich handeln? Kann man daraus lernen und zukünftig anders verfahren?

Herr Kollege Dr. Herz, unser Minister hat schon im September 2010 in Presseerklärungen deutlich betont, dass es keine Kürzungen geben wird.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Nur für die laufenden Projekte, nicht für die künftigen!)

Er hat gesagt, es werde keine Kürzungen geben. Er hat auch sehr frühzeitig gesagt, dass die Mittel sogar erhöht werden. Die Aussage kam zu der Zeit, als noch von innen Anträge eingingen, die Mittel für den Vertragsnaturschutz zu sichern. Das war widersprüchlich. Man darf sich über Irritationen nicht wundern. Der zuständige Ressortminister hat jedenfalls sehr früh ein eindeutiges Signal gegeben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nun kommt die zweite Runde. Herr Kollege Wörner hat sich für die SPD zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer als Lebensminister antritt, aber seinen Haushalt an vielen Stellen kürzen muss, muss Schwächen haben. Diese wollen wir aufdröseln. Sie haben bei der Aufarbeitung der Vorkommnisse in Fukushima völlig versagt, sonst hätten im Haushalt einige Dinge auftauchen müssen. Das ist aber nicht der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Eigentlich ist es eine Unverschämtheit, zu behaupten, die Opposition wolle aus dem Unglück Honig saugen. Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, dazu sage ich, dass wir uns nicht korrigieren müssen, weil wir seit zehn Jahren den Ausstieg aus der Atomenergie forcieren.

(Beifall bei der SPD)

Rot-Grün hat das Ausstiegsszenario geschaffen, von dem Sie ohne Sinn und Zweck abgerückt sind; Sie haben die Laufzeiten verlängert. Ich habe von dieser Stelle aus gesagt, dass Sie damit den Konsens mit der Gesellschaft kündigen. Das haben Sie gemacht. Die Quittung bekommen Sie jetzt.

(Christa Naaß (SPD): Wo ist Herr Söder?)

Wer kontinuierlich versucht, den Ausstieg aus der Kernenergie zu beschleunigen, muss sich von Ihnen nicht belehren lassen. Sie haben ein Problem damit. Sie müssen erst aus Ihrer Schockstarre erwachen und sich neu sortieren. Der Minister versucht das verzweifelt, indem er ein wenig umressortiert.

Meine Damen und Herren, wer einen Haushalt vorlegt, der an wesentlichen Stellen reduziert statt forciert wird, muss sich nicht wundern, dass man den Aussagen über den schnellen und sofortigen Ausstieg nicht glaubt. Von Herrn Kollegen Dr. Hünnerkopf war zu hören, dass diese Aussage wieder nivelliert wurde und man nicht so schnell abschalten müsse, weil man die Situation irgendwie in den Griff bekommen werde. Der Ausstieg aus der Atomenergie stellt sich im Haushalt nicht dar.

Wer Windkraft, mit der Strom erzeugt wird, schlechter behandelt als Schneekanonen, die Energie verbraten, muss sich nicht über die Rückständigkeit wundern. Wir werden kräftig aufholen müssen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle will ich Ihnen die Defizite des Haushalts aufzeigen. Herr Kollege Dr. Hünnerkopf hat völlig zu Recht erklärt, dass viele Teile der Staatsverwaltung zu stark reduziert wurden. Das war das Werk von Ministerpräsident Dr. Stoiber, aber Sie haben stets mitgemacht. Deshalb haben wir für den Naturschutz zu wenig Personal, ebenso bei der Veterinärverwaltung und an den Landratsämtern.

(Beifall bei der SPD)

Wir alle haben mitbekommen, wie lange es gedauert hat, bis wegen der Dioxinvorfälle reagiert werden konnte. Richtig ist, dass reagiert wurde, aber es hat zu lange gedauert. Wir haben deshalb Stellenmehrungen gefordert, die Sie abgelehnt haben. Das können Sie tun, sollten dann aber keine Krokodilstränen vergießen, wenn sich nichts ändert.

Für den Betrieb von Umweltstationen, wo Kinder und Erwachsene lernen können, mit der Umwelt vernünftig umzugehen, wird keine Kontinuität geschaffen. Das Personal wird nur befristet eingestellt. Damit ist nicht sichergestellt, dass diese Projekte mehrjährig durchfinanziert werden.

(Johannes Hintersberger (CSU): Das stimmt nicht!)

Man hängt dem Personal sozusagen die Wurst vor die Nase und wundert sich, dass das Gewollte nicht erreicht wird. Wegen der Ausgleichszahlungen beim Vertragsnaturschutz haben Sie versucht, die Kurve zu kriegen. Sie wissen aber, dass für die Aufgaben, die

nötig wären, um zumindest das Artensterben zu stoppen, nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen. Sie haben gemeint, das sei nicht möglich. Das ist die Bankrotterklärung für Ihre Politik.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind der Meinung, dass man alle Anstrengungen unternehmen und die Gelder dafür richtig einsetzen muss.

(Zuruf von der CSU)

Gleiches gilt für die Kleinkläranlagen. Viele Menschen waren vernünftig und haben Kleinkläranlagen gebaut. Das war politisch gewollt. Die Abfinanzierung ist nach wie vor eine Katastrophe. Die Menschen haben Schulden, weil Sie die versprochenen Zuschüsse bis heute nicht abfinanziert haben.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Johannes Hintersberger (CSU))

Sie haben bei den Menschen in Bayern nach wie vor erhebliche Schulden, verweisen aber auf den ausgeglichenen Haushalt. Sie verschulden sich auf dem Rücken der bayerischen Bürgerinnen und Bürger. Das ist mehr, als die Unwahrheit zu sagen, um kein heftigeres Wort zu gebrauchen.

Gleiches gilt für die Uranfilter zur Trinkwasseraufbereitung. Die Trinkwasserverordnung 2011 fordert zu Recht solche Filter. Wir wollen erreichen, dass das Trinkwasser für Kleinkinder ungefährlich ist. Man muss den Kommunen bei der Realisierung helfen, denn der Einsatz ist technisch nicht einfach und verursacht viele Kosten, die man nicht unmittelbar an die Bürger weiterreichen kann.

Ich komme zu dem schäbigsten Kapitel des gesamten Haushalts. Das Klimaprogramm läuft 2011 ab. Es wird nichts gemacht. Man sagt zwar, es müsse neu überlegt werden. Sie müssen überlegen. Die Staatsregierung macht nichts.

Die Gebäudesanierung hat einen wesentlichen Anteil am Energiesparen, denn 40 % der Energie gehen durch nicht sanierte Gebäude verloren. Der Freistaat Bayern wird seit einem Jahrzehnt vom Bayerischen Obersten Rechnungshof aufgefordert, dagegen etwas zu tun. Mit den Mitteln, die Sie bereitgestellt haben, müsste man 50 Jahre lang sanieren, um etwas zu erreichen. Hier hätten wir mehr erwartet. Uns verwundert, dass Sie unseren Antrag abgelehnt haben, sehen dies aber als Kontinuität, in der Sie Dinge versprechen, ankündigen und anschließend nicht halten. Irgendwann läuft das Programm ab und man er

schrickt, dass es nicht gefruchtet hat. Sie sind wieder an dem Punkt, wo sie neu überlegen müssen.

Meine Damen und Herren, warum müssen Sie wegen der energetischen Sanierung überlegen? Die Bestände sind bekannt. Wir wissen, was notwendig ist, also hätte die Sanierung auf hohem Niveau kontinuierlich fortgesetzt werden müssen, um sicherzustellen, dass die Energieeinsparung funktioniert.

Wer will, dass schneller auf regenerative Energien umgestiegen wird, muss mehr Geld für Energieagenturen ausgeben als bisher. Die Menschen brauchen die Beratungsstellen vor Ort, damit sie in jeder Situation die richtige Beratung finden können. Dazu sagen Sie nein.

(Zuruf des Abgeordneten Eduard Nöth (CSU))

Dies ist der Beweis, dass das, was Sie am Sonntag den Menschen erzählen, am Montag noch nicht in Ihren eigenen Köpfen angekommen ist.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man die Reden geschrieben bekommt, hat man das Problem, dass man nicht selbst denken muss. Man bemerkt nicht, dass man die Aussagen am Montag wieder korrigieren muss.

(Widerspruch bei der CSU)

- So ist es.

Gleiches gilt für den Waldumbau. Nach wie vor wird die Absenkung des CO2-Anteils vernachlässigt. Anstatt mehr zu machen, wird nicht weitergemacht. Kollege Dr. Magerl hat zu Recht gesagt, der Umbruch der Moore und viele Maßnahmen, die CO2 senken könnten, würden gewaltig vernachlässigt. Wir könnten viel mehr erreichen. Dass sich ein ehemaliger Landwirtschaftsminister besonders aufregt, weil er die Entwicklung verpennt hat, kann ich verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Schutzmaßnahmen für den Bergwald gibt es das gleiche Problem. Wir haben die Aufstockung der Mittel um 2,5 Millionen Euro gefordert, um sicherzustellen, dass das Programm in dem Maße fortgesetzt wird, wie es notwendig ist, um die Trockenlegung der Moore zu verhindern und die Bergwelt zu sichern. Was machen Sie? - Sie lehnen ab.

Ich komme zum nächsten spannenden Kapitel: Hochwasserschutz. Ich kann mich erinnern, dass hier jemand stand und erzählte, wir müssten beim Hochwasserschutz Gas geben, weil die Menschen sonst

dessen Notwendigkeit vergessen würden und in ihren Anstrengungen nachließen - bis zum nächsten Hochwasser. Der erste, der es vergessen hat, war der Minister selbst. Er fährt den Haushaltsansatz für den Hochwasserschutz zurück, anstatt weiterhin Gas zu geben. Wir sollten nicht warten, bis das nächste Ereignis eintritt, sondern wir sollten für das nächste Ereignis gerüstet sein. Wir hätten in unserem Haushalt den Ansatz für den Hochwasserschutz fortschreiben müssen.

Deswegen bin ich etwas verwundert, wie sich Leute aus der CSU hier mit der Behauptung hinstellen können: "Alles wird gut." Dieser Spruch stammt vom Wirtschaftsminister; es ist verwunderlich, dass mittlerweile auch Sie von der CSU das glauben. "Alles wird gut" heißt in diesem Fall: Wir schmieren Honig oder weiße Salbe über das Problem. - So wird nichts gut! Mit Ihrem Handeln, das sich in diesem existenziell wichtigen Haushalt niederschlägt, wird nichts gut. Sie von der Koalition wollen angeblich die Schönheit der bayerischen Landschaft erhalten. Sie treten Bayerns Natur und Landschaft mit Füßen!

(Beifall bei der SPD)

Sie lassen die Landwirte im Stich. Sie sorgen dafür, dass das Artensterben weitergeht. Mit einer solchen Politik können wir die Ziele, die Sie von CSU und FDP sich übrigens selbst einmal gesteckt hatten, nicht erreichen. Aber so ist halt Ihre Ankündigungspolitik. Wenn man sie überprüft, stellt sich heraus: Da fliegen lauter Luftballons. Diese fliegen aber schneller weg, als Sie reden können, meine Damen und Herren von der Koalition. Machen Sie es umgekehrt: Handeln Sie mit uns gemeinsam! - Dann schauen wir weiter.

Es ist schade, dass der Herr Ministerpräsident nicht da sein kann. Ich hätte ihn gern gefragt, wie ernst er es meinte, als er sagte, er wolle mit uns allen gemeinsam die Wende aus der unsäglichen Atompolitik der CSU vollziehen. Wir werden ihn nächste Woche auf den Prüfstand stellen. Wir halten die Hand hin. Wir wollen ein sauberes, offenes, nachvollziehbares parlamentarisches Verfahren. Wir wollen in dieser Frage kein Gegeneinander von Ministerien, sondern ein Miteinander im Parlament, um damit die Zukunft Bayerns zu gestalten. Wir sind gespannt, ob Sie unseren Vorschlag nächste Woche aufgreifen. Das wird ein Prüfstein dafür sein, ob Sie es ernst meinen oder ob das wieder einmal nur das Sonntagsgeplaudere des Ministerpräsidenten war, das wir hinreichend kennen.