Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um das Urheberrecht. Dass dieses besonders in der Schule, die einen Vorbildcharakter haben soll, geschützt werden muss, ist natürlich nicht nur der FDP wichtig, sondern auch den FREIEN WÄHLERN. Ich denke, in diesem Hause muss es überhaupt selbstverständlich sein, dass das Urheberrecht eine seit Jahrzehnten ganz wichtige Errungenschaft ist und beachtet werden muss.
Im Übrigen ist es nichts Neues, dass es dazu Verträge gibt. Manchen muss man das erst sagen. Es sind nur die Details neu. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, nachzuforschen, wann es zu dem ersten Vertrag gekommen ist. Solange ich als Lehrerin an der Schule tätig war, war es klar, dass man sich an die urheberrechtlichen Bestimmungen zu halten hatte und es Vereinbarungen mit Schulbuchverlagen gab.
Allerdings geht es jetzt um einen neuen Vertrag. Aus unserer Sicht gibt es da drei wesentliche Schritte, die auch in Ordnung sind. Der erste Schritt besteht in der Belehrung der Schulleiter und der Lehrer. Der zweite Schritt besteht darin, dass zu Beginn der Vertragszeit festgestellt werden muss, dass alle Schulcomputer von entsprechend heruntergeladenen Dokumenten frei sind. Drittens muss regelmäßig kontrolliert werden, dass sich die Schulen an das geltende Recht halten.
Dies haben alle Bundesländer mit den Schulbuchverlagen so vereinbart. Gegen die drei Schritte ist grundsätzlich nichts einzuwenden; sie sind durchaus sinnvoll. Die Gerichte müssen darauf achten, dass das Urheberrecht eingehalten wird.
Das Problem liegt aber in der Umsetzung. Der erste Schritt, der in der Abmachung vorgeschrieben ist, besteht darin: Schulleiter und Lehrer müssen entsprechend belehrt werden.
Die erste Anweisung an die Schulleitungen und an die Regierungen datiert vom 27. Juli 2011. Da geht es um eine Abmachung, die seit 1. Januar gilt. Ein halbes Jahr lang haben wir eine Rechtslücke gehabt. Der Vertrag ist da vielleicht gar nicht eingehalten worden. Dies halte ich für bemerkenswert, obwohl es nicht unüblich ist. Die Belehrung erfolgt, wie gesagt, durch ein offizielles Schreiben an die Schulleiter, an die Schul
ämter und Regierungen. Der Stil ist gewöhnungsbedürftig. Ob mit diesem Schreiben erreicht wird, dass es jeder versteht - ich gehe schon davon aus, dass Schulleiter sehr abgehärtet sind, auch sehr viel gewöhnt sind -, ob das wirklich auf die Schnelle jeder versteht, darüber kann man auch noch einmal reden, auch darüber, ob Belehrung gerade im Schulbereich vielleicht nicht eher didaktisch wertvoll erfolgen sollte.
Das Hauptproblem, mit dem sich heute die vier Anträge beschäftigen, ist dieser dritte Schritt, den man in diesem Vertrag zugestanden hat: die Kontrolle. Es ist in keiner Weise - das kam auch in den Anträgen der anderen Oppositionsparteien, nicht bei der FDP, schon ganz klar heraus - nachvollziehbar, warum auf einmal mit einer solchen Software kontrolliert werden muss, die noch dazu von den Verlagen, also von den Betroffenen, zur Verfügung gestellt wird.
Es ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden: Da ist ein Misstrauen, das ich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Bei einer, wenn ich den ganzen schulischen Betrieb betrachte, dann doch wieder recht kleinen Angelegenheit fährt man jetzt solche Geschütze auf. Das heißt für mich, wenn so ein Misstrauen gegenüber dem Schulleiter besteht, der für sein Schulleben, für die Einhaltung von Regeln verantwortlich ist, dann könnte ich mindestens die gleiche Software verlangen, um zu kontrollieren: Wird Werbung an der Schule betrieben, werden die Elternabende korrekt abgehalten, ist die Notengebung korrekt? Also bitte, wo sind wir denn? Wir sind in der Schule. Auch eine FDP, auch die CSU sagt: Die Schule braucht mehr Eigenverantwortlichkeit. Und dann traue ich einem Schulleiter nicht einmal zu, dass er - das ist einfach lächerlich - überprüft, dass hier eine Vorschrift eingehalten wird.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Was machen wir dann mit anderen Behörden? Warum dann auf einmal die Schule? Sind die Schulen dadurch aufgefallen, dass sie Regeln in besonderer Weise nicht einhalten? Das ist nicht nachvollziehbar.
Wir sind alle schon, denke ich, ein wenig müde. Ich will die Redezeit, die durch die Staatsregierung zusätzlich zustande gekommen ist, nicht voll ausnutzen.
Zu den einzelnen Anträgen. Den Antrag der FDP lehnen wir ab. Warum? Es ist vorauseilender Gehorsam, was Sie machen, Frau Will. Sie gestatten das und sagen: Na gut, es ist jetzt der Fall, jetzt schauen wir halt, dass es möglichst regelrecht ist. Wir brauchen das überhaupt nicht. Darum lehnen wir diesen Antrag ab.
Beim Antrag der SPD haben wir um getrennte Abstimmung gebeten. Den ersten Teil, in dem Sie die Abmachung als solche, dass die Verlage jedes Jahr 7 Millionen Euro bekommen sollen, auch ändern wollen, sehen wir nicht so. Zum zweiten Teil stehen wir voll, und entsprechend wollen wir abstimmen.
Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Bericht zu einer Reihe von Fragen verlangt; da stimmen wir zu. Wir beschränken uns auf wesentliche Fragen, deshalb ist unser Antrag etwas kürzer. Wir wollen vor allem auch das Disziplinarrechtliche endlich beantwortet haben. Auch das muss man sich einmal vorstellen: Ein Lehrer hat einen Wandertag, hat seine Unterrichtspflicht, hat seine Aufsichtspflicht, steht sowieso dauernd fast mit einem Bein im Gefängnis, und jetzt muss er sich hier vielleicht auch noch darum kümmern, dass er keinen Prozess an den Hals bekommt, weil ihn ein Trojaner erwischt hat. Das, glaube ich, müssen wir ihm nicht zumuten.
Was fordern die FREIEN WÄHLER? Wir fordern mehr Fortbildung in diesem Bereich für die Lehrer und auch für die Schüler. Das Urheberrecht als solches ist nämlich viel zu wenig als schützenswertes Gut bekannt. Wir fordern klare Vorgaben für die Kontrolle, aber die darf - bitte schön - die Schule selber machen. Wir haben diesem sensiblen Gebilde Schule Vertrauen zu schenken, auch in diesem Bereich. Und es ist - bitte nicht alles, was technisch machbar ist, heute auch umzusetzen. Deswegen warnen wir vor diesem Schul-Trojaner.
Das können Sie unter Wikipedia umsonst herunterladen. Goethe ist nämlich länger als 75 Jahre tot, und dann kostet es nichts mehr.
Danke, Frau Kollegin Gottstein. - Als Nächsten bitte ich Herrn Rüth für die CSU ans Redepult. Bitte.
Ich möchte außerdem bekannt geben, dass die CSU zum FDP-Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Wir werden allerdings vermutlich die 15 Minuten nicht mehr ganz erreichen. Deswegen erfolgt die namentliche Abstimmung zu einem späteren Zeitpunkt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass SPD und GRÜNE der Bayerischen Staatsregierung, die von CSU und FDP geführt wird, eigentlich grundsätzlich nur Schlechtes zutrauen, sind wir gewohnt.
Neu ist allerdings, dass SPD und GRÜNE auch ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen diese Dinge unterstellen; denn aus den beiden Dringlichkeitsanträgen geht dies deutlich hervor: Sie misstrauen Ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bundesländern. Denn dieser Vertrag wurde in der KMKKonferenz einstimmig vereinbart mit allen Bundesländern, mit den schwarz-gelben und den rotgrünen und auch mit den grün-roten. Insofern misstrauen Sie Ihren eigenen Leuten. Das ist eigentlich eine neue Situation, und das muss, denke ich, heute auch festgehalten werden.
Es geht darum, einen einvernehmlich geschlossenen Vertrag mit den Schulbuchverlagen umzusetzen, und darüber reden wir heute und nicht über Goethe - auch wenn es ein sehr schönes Zitat war, liebe Frau Kollegin Gottstein.
Es ist keine Zwischenfrage zugelassen worden, Frau Kollegin Kamm. Ich werte Ihren Beitrag als Zwischenbemerkung.
Sie haben gesagt: Gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Kollegen Kamm, und die Frau Kamm ist eine Kollegin. Deswegen war ich etwas verwirrt, Frau Präsidentin. Sie haben Kollege Kamm gesagt. - Okay.
In diesem von allen Ländern unterzeichneten Vertrag mit den Schulbuchverlagen wurde eine Vereinbarung getroffen, die es den Schulen ermöglicht, in bestimmtem Umfang urheberrechtlich geschützte Werke zu vervielfältigen und für den Unterricht zu nutzen. Die Länder entrichten dafür eine pauschale Nutzungsgebühr.
Diese Vereinbarung gibt den Schulen die dringend erforderliche Rechtssicherheit und vereinfacht den Schulalltag erheblich. Wäre keine solche Vereinbarung getroffen worden, müssten alle Schulen jeweils im Einzelfall bei der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten eine Erlaubnis einholen und entsprechende Kosten aufwenden. Den Lehrkräften werden auch umfangreiche Dokumentations- und Nachweispflichten erspart, die bei einer Einzelabrechnung nötig wären.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, als Grundlage für weitere Verhandlungen ist es wichtig zu wissen, ob und in welchem Umfang urheberrechtlich geschütztes Material an den Schulen verwendet wird. Die Vereinbarung aller Länder mit den Schulbuchverlagen sieht deshalb vor, dass die Schulbuchverlage den Schulaufwandsträgern hierzu eine Software zur Verfügung stellen, die an repräsentativ ausgewählten, also keineswegs an allen Schulen eingesetzt werden soll. Diese Software liegt noch gar nicht vor. Sie wird erst entwickelt. Wir diskutieren also über eine Sache, die es noch gar nicht gibt; sie soll erst entwickelt werden.
Diese Vereinbarung, meine Damen und Herren, sieht ausdrücklich vor, dass nur solche Software eingesetzt werden darf, die technisch sicher und datenschutzrechtlich unbedenklich ist.