Der Schuldenabbau ist selbstverständlich eine gute Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU.
Ich sage das zum Beispiel mit Blick auf die Landeshauptstadt München. Dort wurde die Verschuldung unter der Führung von Oberbürgermeister Christian Ude seit dem Jahre 2006 ohne großes Tamtam kontinuierlich Jahr für Jahr um insgesamt 1,7 Milliarden Euro abgebaut und damit halbiert.
Zum Vergleich: Der Freistaat hat seitdem seine Verschuldung in CSU-Verantwortung von 20 Milliarden Euro auf 33 Milliarden Euro erhöht.
Ministerpräsident, der wie kein anderer Regierungschef in Bayern in kurzer Zeit neue Schulden aufgetürmt hat,
Dazu kann ich nur sagen: Es ist ein Märchen aus tausendundeiner Nacht. Es gibt keinen ausgeglichenen Haushalt und de facto auch keinen Schuldenabbau. Richtig ist: Durch das Versagen der CSU bei der Landesbankaufsicht ist die Verschuldung des Freistaates mit einem Schlag um 44 % gestiegen. Richtig ist auch, dass für insgesamt 10 Milliarden Euro neue Kredite am Markt aufgenommen werden mussten, um einen Zusammenbruch der BayernLB zu verhindern.
Richtig ist auch: 833 Euro neue Verbindlichkeiten kamen damit auf jeden Bayern pro Kopf vom Kleinkind bis zum Senior auf einen Schlag zu. Damit ist rein rechnerisch in jedem Haushaltsjahr von 2006 bis 2012 eine Neuverschuldung von 1,42 Milliarden Euro erfolgt. Die Menschen in Bayern haben doch den tatsächlichen Aufbruch nicht vergessen, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, organisiert hatten, aber leider nicht in Bayern, sondern im österreichischen Bundesland Kärnten mit der Hypo Group Alpe Adria.
Fast vier Milliarden bayerische Steuergelder für nigelnagelneue Staatsstraßen in Kärnten, für ein kostenfreies Kindergartenjahr, für 1.000 Euro Begrüßungsgeld, für ein neues Fußballstadion, für einen modernisierten Flughafen. Das ist der Aufbruch, den Sie organisiert haben, aber leider eben nicht in Bayern!
Und noch etwas darf ich in Erinnerung rufen. Bislang mussten die Steuerzahler in Bayern satte 733 Millionen Euro, also fast eine dreiviertel Milliarde, nur an Schuldzinsen für das von der CSU zu verantwortende Landesbankdesaster aufbringen. Allein mit diesen Zinsen könnten wir in Bayern fast 3.000 Lehrerinnen und Lehrer fünf Jahre lang beschäftigen.
Allein mit diesen Zinsen könnten wir allen bayerischen Schülerinnen und Schülern ein Jahr lang ein warmes Mittagessen finanzieren. Das sind bittere Zahlen. Winken Sie ruhig ab, aber das ist die Realität. Pro Tag zahlt der bayerische Steuerzahler 940.000 Euro Zinsen für das Landesbankdesaster. Das sind jeden Tag fast eine Million Euro. Die CSU-Schuldenuhr tickt munter weiter, und der Herr Ministerpräsident spricht vom Schuldenabbau.
Die Schatten der Vergangenheit reichen bis in die Zukunft. Die Gegenwart kann schon allein deshalb nicht strahlend sonnig sein, bei allem Respekt, weil mit der Landesbank von Quartal zu Quartal immer neue Wolken aufziehen. Eine Regierungserklärung hat die Aufgabe, seriös zu informieren, nicht mit Tarnung und Täuschung die tatsächliche Lage zu verschleiern. Der Ministerpräsident nennt drei Luftbuchungen, die als Argumentationsgrundlage für eine Totalentschuldung bis 2030 taugen sollen. Lassen Sie mich dafür ein oder zwei Minuten aufwenden.
Der Verweis auf den Länderfinanzausgleich ist ein reines Ablenkungsmanöver. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich darf Sie daran erinnern, dass die CSU das geltende Finanzausgleichsgesetz mit ausgehandelt und selbst beschlossen hat. Das gilt sowohl für den Solidarpakt I aus dem Jahr 1993 als auch für den Solidarpakt II und damit für den aktuellen Länderfinanzausgleich seit 2001. Darf ich Ihnen in Erinnerung rufen, wer in namentlicher Abstimmung am 5. Juli 2001 im Deutschen Bundestag dem Gesetz zugestimmt hat? Für den gegenwärtigen Finanzausgleich, gegen den jetzt mobil gemacht wird, hat die ganze CSU-Landesgruppe gestimmt: Dr. Peter Ramsauer, Ilse Aigner, Gerda Hasselfeldt und Hartmut Koschyk. Einer darf jedoch nicht fehlen. Herr Ministerpräsident, hören Sie zu. Sie waren als Bundestagsabgeordneter Horst Seehofer bei der namentlichen Abstimmung dabei. Der Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer hat uns das eingebrockt.
In Berlin waren Sie dafür und ein paar Jahre später tun Sie in München so, als hätten Sie damit nichts zu tun gehabt. Bereits wenige Tage bevor die CSU das Gesetz im Bundestag beschlossen hat, gab es eine bemerkenswerte und kraftvolle Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber zum Länderfinanzausgleich. Das ist ein Lesetipp für heute Abend an die Journalisten. Dr. Stoiber feier
te den maßgeblich von ihm selbst ausgehandelten Finanzausgleich als "bedeutsam" für den Föderalismus und den Tag als "gutes Datum für Bayern und für Deutschland". Ich zitiere Dr. Edmund Stoiber über seine Position bei der Verhandlung zum Länderfinanzausgleich: "Die Arbeit und die Politik der Staatsregierung der letzten Jahre haben sich als erfolgreich erwiesen. Wir haben etwas bewegt. Wir sind dort gelandet, wo wir hin wollten. Kein Land erleidet finanzielle Verluste."
Keine zwei Monate später erfahren die Abgeordneten des Bayerischen Landtags per Schreiben vom damaligen Finanzminister: "Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter, Bayern hat dem Finanzausgleich zugestimmt, da das Ausgleichsvolumen im Länderfinanzausgleich sinkt und Bayern als Zahler finanziell entlastet wird. Mit freundlichen Grüßen, Professor Kurt Faltlhauser, CSU".
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Dreistigkeit sondergleichen, dass der CSU-Chef die GRÜNEN und die SPD im Bayerischen Landtag dazu auffordert, gegen den Länderfinanzausgleich mobil zu machen, den er selbst im Deutschen Bundestag beschlossen hat.
Niemand sonst als die bayerische CSU hat uns diesen Finanzausgleich eingebrockt. Ja, Herr Ministerpräsident, Sie haben recht: Der von Ihnen mitbeschlossene und von der CSU mitverhandelte Länderfinanzausgleich ist großer Mist. Ihre Ausführungen wären ehrlicher gewesen, wenn Sie hier und heute gesagt hätten: Ja, der von der CSU noch vor kurzer Zeit als ganz großer Coup gefeierte Länderfinanzausgleich war ein sündhaft teurer Fehler der CSU, den die bayerischen Steuerzahler wie bei der Landesbank auszubaden haben.
So herum ist es nämlich richtig. Deshalb fordern wir als SPD, wie bereits mit unserem Antrag vom 10. Juni 2010, die Reform des bundesstaatlichen Finanzausgleichs: Der bayerische Finanzminister muss endlich ein Reformmodell für den bundesstaatlichen Finanzausgleich mit konkreten Zielen, Ausgleichsmechanismen und Modellrechnungen vorlegen. Markige Sprüche allein nützen niemandem. Kraftmeierei ohne jede politische Konsequenz beeindruckt niemanden. Bereits 2009, 2010 und 2011 hatten Sie in Ihren Regierungserklärungen den Länderfinanzausgleich the
Es handelt sich um eine Luftbuchung, wenn Sie jetzt sagen: Der Schuldenabbau, den Sie gegenüber Journalisten und meiner Fraktion in Wildbad Kreuth angekündigt haben, soll ab 2019, wenn der Länderfinanzausgleich endet, beginnen. Bis dahin ist nämlich das von Ihnen beschlossene Gesetz gültig. Damit verlagern Sie die Umsetzungsverantwortung für Ihren Entschuldungsvorschlag schlichtweg auf die übernächste Staatsregierung, der Sie ganz gewiss nicht mehr angehören werden. Ich sage noch einmal: Das ist ein vorgezogener Faschingsscherz.
Doch die Luftbuchungen sind mit dem Länderfinanzausgleich noch nicht zu Ende. Zur Erreichung des Schuldenabbaus bis zum Jahr 2030 fordert der CSUVorsitzende außerdem drei Milliarden Euro von der Bayerischen Landesbank. Das ist bescheiden und großspurig gleichermaßen: einerseits bescheiden, denn Erlöse in Höhe von drei Milliarden sind sehr wenig für eine Bank, in deren Büchern immer noch zehn Milliarden Euro Schulden und fünf Milliarden Euro Garantien stehen. Andererseits ist es großspurig, da ein Erlös in Höhe von drei Milliarden Euro von der Bayerischen Landesbank ein Traum bleiben dürfte. Die Landesbank bringt uns auf absehbare Zeit keine Erlöse, sondern verursacht weitere Kosten. Für die Steuerzahler steht sie nicht auf der Haben-, sondern auf der Soll-Seite. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht in Sicht. Wir wissen bereits heute, dass der bayerische Steuerzahler bis zum Jahre 2014 nochmals mit mindestens 1,6 Milliarden Euro belastet wird. Wolkenkuckucksheim in Sachen Landesbank mit diesen Worten ist diese Politik zu beschreiben. Heute wollten Sie das Ganze elegant umschiffen. Damit blenden Sie jedoch die bayerische Bevölkerung und streuen ihr gezielt Sand in die Augen.
Jedoch müssen wir einen Punkt Ihrer Ankündigungen sehr ernst nehmen: Ihre Ankündigung, mit einer radikalen und umfassenden Verwaltungsreform einen dramatischen Stellenabbau in Angriff zu nehmen. Die Staatsregierung spart bereits jetzt bei den Beamten. Die zweistufige Erhöhung der Besoldung zum 1. Januar 2012 um 1,9 % und zum 1. November 2012 um 1,5 % ist gewiss keine Wohltat. Im Jahre 2011 gab es eine Nullrunde. Wir wollen hier und heute von Ihnen wissen: Was kommt auf die bayerischen Staatsdiener bis zum Jahre 2030 zu? Sie haben Ihr Entschuldungsziel so knallhart formuliert, dass es ohne dramatischen Stellenabbau, ohne kontinuierliche Nullrunden, ohne Streichung von Weihnachtsgeld und ohne Streichung von Sondervergütungen nicht erreicht werden
kann. Noch einmal: Sie wollen ab 2013 jedes Jahr 1,85 Milliarden Euro an Schulden zurückführen. Das entspricht exakt dem Haushaltsvolumen des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. Sie wollen somit gewissermaßen Wirtschaftsminister Zeil ab dem Jahre 2013 einsparen. Das Einsparpotenzial sehen möglicherweise im nächsten Jahr auch die Wählerinnen und Wähler.
Mit Wirtschaftsminister Zeil sollten gleich alle Wirtschaftsförderprogramme zur Entwicklung der Infrastruktur und des Verkehrs gehen.
Ich könnte das durch alle Ministerien konjugieren. Eines ist jedoch sehr deutlich: Mit diesen Luftbuchungen ist Seehofers Heißluftballon einer Radikalentschuldung Bayerns bereits in kurzer Zeit in niedrigster Höhe geplatzt. Zwei Luftbuchungen - Länderfinanzausgleich und Landesbank - sowie die angekündigte Verwaltungsreform, die so niemals kommen wird, sind allein schon wenig glaubhaft. Noch unglaubhafter wird es, wenn wir uns anschauen, ob Sie tatsächlich Vorsorge leisten, wie Sie es heute kundgetan haben. Sie hatten bei der Kabinettsklausur in St. Quirin beschlossen, auf die Zuführungen zum Pensionsfonds für die Beamten zu verzichten. Die finanziellen Folgen werden also in spätere Haushalte verlegt. Das heißt, Sie verlagern 563 Millionen Euro auf Kosten künftiger Generationen in die Zukunft. Das ist alles, nur nicht generationengerecht. Die Zeche müssen unsere Kinder und Kindeskinder bezahlen!