Protokoll der Sitzung vom 02.02.2012

Unsere Tilgung geht nicht auf Kosten unserer Kommunen. Meine Damen und Herren, es geht auch nicht, dass wir nur zugunsten anderer Länder tilgen. Wir sind für Bayern. Die neuesten Zahlen aus dem Bund zum Länderfinanzausgleich sind schon ein Anlass, nachhaltig zu diskutieren. Meine Damen und Herren, die neuesten Zahlen bestätigen, dass das System nicht mehr funktioniert. Von den 7,3 Milliarden des Länderfinanzausgleichs muss der Freistaat Bayern 3,7 Milliarden und damit mehr als die Hälfte zahlen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das hat uns Stoiber eingebrockt!)

Die Zahlen haben sich von 2003 bis 2011 nahezu verdoppelt. Wenn man noch die Umsatzsteuerverteilung berücksichtigt, dann zahlen die Bayern derzeit 16 % der gesamten Steuereinnahmen an andere Länder. Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass

Bayern quasi im Alleingang den Rest der Republik finanziert.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Das Argument, wir seien nicht solidarisch, muss man ernst nehmen. In der Tat stimmt, dass wir seit 1950 3,4 Milliarden Euro aus dem Länderfinanzausgleich erhalten haben, und dafür sind wir dankbar. Dass wir ab 1989, als wir Geberland geworden sind, insgesamt 38,3 Milliarden eingezahlt haben, unter dem Strich also insgesamt 34,9 Milliarden Euro netto an die anderen Ländern, entkräftet aber den Vorwurf der mangelnden Solidarität eindeutig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mittlerweile gibt es auch unter den Empfängerländern Diskussionen. Das Bundesland Berlin empfängt mit über 3 Milliarden Euro über 40 % des gesamten Länderfinanzausgleichs. Dadurch wird jeder Berliner Einwohner bei der Ausgleichsberechnung deutlich höher bewertet als jeder Bayer. Meine Damen und Herren, dazu muss ich Ihnen sagen: Aus meiner Sicht sind die Bayern mindestens genauso viel wert wie die Berliner Bürger.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Dem Berliner Finanzsenator ist es heute zu nervig, dass wir uns für die Bayern einsetzen. Da kann ich ihm versprechen, dass wir das auch weiter tun werden; unser Auftrag ist es, für Bayern da zu sein und nicht für die anderen Länder.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir streben klar die Reduktion unseres Anteils im Länderfinanzausgleich an, und bieten an, inhaltlich darüber zu diskutieren, wie wir ihn dämpfen können. Dazu haben wir Pläne vorgelegt. Wenn es nicht zu einem Gesprächsergebnis kommt, wollen wir den juristischen Weg beschreiten. Das war übrigens schon einmal erfolgreich. Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht 1999 hat zu Dämpfungswirkungen geführt, wenn auch leider nicht so hoch, wie wir das gewollt hätten. Martin Zeil, wir werden de facto für die gute Wirtschaftspolitik bestraft, die Bayern macht, weil fast nichts von dem, was wir hier mehr erwirtschaften, übrig bleibt.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Baustein für jeden Tilgungsplan ist natürlich die Konjunktur; das wird die Herausforderung der Zukunft sein. Uns geht es gut, uns geht es besser, und wir wollen, dass das so bleibt. Die Konjunktur ist immer die Basis des Möglichen. Jeder Tilgungsplan muss daher die

konjunkturellen Schwankungen berücksichtigen. Wir brauchen de facto bis 2030 ein langfristiges und nachhaltiges Tilgungs-Controlling. Das heißt, dass wir die Tilgung in konjunkturell schwierigen Zeiten sanfter machen müssen und in konjunkturell starken Zeiten kräftiger. Letztlich ist eine solche Tilgung ein atmender Prozess.

Meine Damen und Herren, unsere Konjunktur läuft und wächst. Das finanzpolitische Polster hat sich dank einer hervorragenden Wirtschafts- und Wachstumspolitik ständig verbessert. An dieser Stelle sage ich dem Wirtschaftsminister ein herzliches Dankeschön für seine Arbeit. Seine Rede hat vorhin bewiesen, dass er leidenschaftlich eine kraftvolle und gute Politik macht.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Ha- rald Güller (SPD): Bei jeder Rede muss einmal der Wirtschaftsminister gelobt werden!)

- Sie lobe ich nicht, Herr Güller, dessen können Sie sich sicher sein, egal, was passiert.

(Harald Güller (SPD): Dagegen würde ich mich verwahren, wenn Sie mich loben!)

Meine Damen und Herren, es gibt einen Beweis dafür, dass dieses Lob gerechtfertigt ist, nämlich die Steuerschätzungen und die tatsächlichen Steuern seit November. Wir erstellen derzeit den aktuellen Haushaltsabschluss, und dabei stellen wir positivste Zahlen fest. Meine Damen und Herren, seit der NovemberSteuerschätzung haben wir eine deutliche, stetige Verbesserung. Wir hatten 700 Millionen Euro geschätzt. Nach den aktuellen Abrechnungen hat sich das Ergebnis noch einmal deutlich verbessert. Wenn man alle Abschlussrechnungen und die Bundeserstattung zusammennimmt, kommen wir sogar auf über eine Milliarde mehr, als im November geschätzt wurde. Meine Damen und Herren, das ist ein Beweis dafür, wie stark Bayern in der Welt dasteht. Ich sage ein Dankeschön an alle, die dabei mitgeholfen haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir haben im Dezember bei Beachtung der damaligen Steuerschätzung mit einer deutlichen Tilgung von 250 Millionen Euro begonnen. Jetzt haben wir ein Ergebnis von über einer Milliarde Euro. Deshalb ist es notwendig, dass wir uns nachhaltig Gedanken darüber machen, wie wir die Tilgung weiterentwickeln. Ich halte es als Finanzminister bei konservativer Rechnung jetzt für seriös und vertretbar, über einen noch nachhaltigeren Einstieg in die Schuldentilgung für dieses Jahr zu diskutieren.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Barbara Stamm (CSU): Sehr gut!)

Selbst bei konservativer Planung wäre eine Aufstockung möglich. Wir halten eine Aufstockung bis zu einer Milliarde für vertretbar.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - Thomas Hacker (FDP): Solche Signale muss man auch kraftvoll setzen!)

Das wäre ein nachhaltiges und glaubwürdiges Signal. Sowohl die Haushaltsexperten der Fraktion als auch die Koalitionspartner haben zu Recht mehrfach darauf hingewiesen, dass wir, wenn wir Spielräume haben und sie seriös bewerten können, den Menschen auch ein Signal geben sollten, dass wir nicht nur langfristig diskutieren, sondern auch nachhaltig stark sind. Meine Damen und Herren, würden wir das tun, würden wir auf einen Schlag über vier Prozent der Schulden aus dem allgemeinen Haushalt tilgen. Das wäre übrigens die größte Tilgung in der Geschichte des Freistaats Bayern. Das wäre für alle ein gutes Signal.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Auch was den Landesbank-Sonderhaushalt betrifft der muss natürlich auch für die Jahre bis 2030 bewertet werden -, müssen wir den eingeschlagenen Weg der Konsolidierung konsequent fortsetzen.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Bis 2030 muss die Landesbank ihre Unterstützung an den bayerischen Staatshaushalt zurückleisten, sei es durch Ausschüttungen, Zahlungen oder am Ende durch einen möglichen Verkauf, den wir hier anstreben. Meine Damen und Herren, dabei sind - das ist wichtig, weil wir das seriös diskutieren müssen - die Rahmenbedingungen der Finanzmärkte nach wie vor volatil und unsicher. Die Kapitalquoten werden durch die jeweiligen Bankenaufsichten - die BaFin und die European Banking Authority, EBA - ständig aufgestockt. Die Landesbank kann aber derzeit im Wettbewerb stabiler Banken mithalten. Der EBA-Stresstest vom Dezember hat bewiesen, dass die Landesbank dabei sogar besser dastand als die Deutsche Bank. Diese Strategie der Konsolidierung müssen wir fortsetzen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wenn man Steuergelder hineinpumpt, ist das doch klar! Steuergeld ist da drin!)

- Ich würde mir so sehr wünschen, dass die Opposition hier im Hause nicht Woche für Woche darüber diskutiert, wie man eine Bank klein- und schlechtredet,

sondern dass sie sich mit klugen Ideen daran beteiligt, was wir tun können, um das Geld der Steuerzahler zurückzubekommen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP - To- bias Thalhammer (FDP): Sehr richtig! - Zuruf des Abgeordneten Harald Güller (SPD))

Dabei könnten Sie wirklich mithelfen.

Unsere Strategie ist es, die Stabilität der Bank zu gewährleisten und Risikoaktiva abzubauen. Unsere Strategie ist, die EU-Beihilfeverfahren abzuschließen und einen Ausschüttungsplan zu ermitteln. Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Die Sparkassen sind hierbei auf einem guten und konstruktiven Weg, um auch ihren Beitrag zu leisten. Deshalb sind die einen oder anderen Pressekonferenzen in dieser Woche auch nicht im Interesse der Sparkassen gewesen. Wir wollen die Geschäftsmodelle weiter verbessern, um die Bank, wie es die Opposition immer wieder gefordert hat, für Verkaufsmöglichkeiten zu stärken. Als Stichworte nenne ich: kleiner und stabiler, mehr Regionalität statt Internationalität, mehr Transparenz statt Politik, mehr Mittelstands- statt Konzerngeschäft. Dazu gehört auch - diesen Punkt muss man an dieser Stelle ansprechen -, dass Beteiligungen verkauft werden, wenn man reduziert.

In Baden-Württemberg liegt eine ähnliche Aufforderung der EU-Kommission vor, sich in Anteilen von der Wohnungsgesellschaft zu trennen. Die GBW, über die am Nachmittag diskutiert werden wird, muss in einem Verfahren dargestellt werden, weil Beteiligungen verkauft werden müssen. Die GBW hat einen Gesamtmietdurchschnitt, der unterhalb des normalen Mietspiegels liegt, hat aber nur zu einem Drittel Sozialwohnungen. In anderen Bundesländern hat man zunächst ein rein freies Verfahren gewählt, wie es die EU-Kommission zunächst gefordert hat. Dies führt dazu, dass sich viele Investoren melden, deren prioritäre Geschäftspolitik nicht der Sozialschutz ist. Für uns war der Mieterschutz wichtig. Deshalb haben wir die Aufforderung des Städtetags sehr ernst genommen, der uns vor Weihnachten aufgefordert hat, einen Weg zu finden, um dem Mieterschutz Priorität zu geben. Herr Güller, auch Sie haben das hier im Parlament gefordert. Zu Recht.

(Harald Güller (SPD): Zu Recht, aber Sie haben den Antrag abgelehnt!)

- Gerade nicht.

Meine Damen und Herren, wir sind in Abstimmung mit der EU-Kommission einen anderen Weg gegangen. Wir haben vorgeschlagen, mit den Kommunen ein privilegiertes Angebot auszuarbeiten, weil die Sozialbin

dung dort mit Abstand am sichersten erreicht wird. Wir haben einem kommunalen Konsortium ein Angebot gemacht. Es gab ein erstes Treffen. Das war ein gutes Gespräch. Die Kommunen arbeiten derzeit intensiv an einem solchen Programm. Umso unverständlicher und belastender für den Prozess war es, dass der Prozess nicht von den Kommunen, sondern aus einer Sitzung des SPD-Landesvorstands belastet wurde, indem er quasi abgebrochen wird. Dr. Maly, der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, hat mir dem entgegen sofort geschrieben, er wolle auf jeden Fall weiter verhandeln. Daran könnte sich Herr Ude ein Beispiel nehmen. Vielleicht haben Sie den Falschen aufgestellt.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Harald Güller (SPD): Exakt, was Ude gesagt hat. Das waren seine Worte. Aber es ist Ihre Verantwortung!)

Meine Damen und Herren, der heute eingereichte Nachtragshaushalt setzt klare politische Akzente für unser Land. Er beantwortet - das ist das Spannende darin die gesellschaftlichen Zukunftsfragen. Wir investieren bewusst für die Familien und in die Bildungspolitik, indem wir die Kommunen beim Ausbau der Krippen und beim Einstieg in das beitragsfreie Kindergartenjahr unterstützen. Ich halte das für eine ausgesprochen gute Idee. Wir bauen die Lehrerstellen aus, um den Unterrichtsausfall abzubauen. Das ist wichtig, weil im Parlament ausführliche Debatten geführt werden, was Bildungskompetenz sei. Ein Drittel des gesamten Haushalts geben wir seit 2008, seit sich diese Regierung strukturiert hat, für Bildung aus. Das ist ein Plus um 18 %. Mich freut es, dass das bei den Bürgern Akzeptanz findet. In den jüngsten Umfragen des Bayerischen Rundfunks gab es klare Kompetenzzuweisungen. Die Staatsregierung befindet sich weit vor allen anderen. Ich meine, das ist ein richtiges Signal für den Weg, den wir fortsetzen wollen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir beteiligen uns an der Gestaltung der Energiewende, indem wir die energetische Sanierung - Martin Zeil hat dies vorhin angesprochen -, Speichertechnologie und das Klimaprogramm fortsetzen. Wir entwickeln den Gedanken der Teilhabe des gesamten Landes am Erfolg. Von Oppositionsseite hört man nur das Beispiel einer Stadt. Ich finde, manchmal wäre Solidarität unter den Kommunen denkbar. Für die zweite Stammstrecke fände ich es nötig, dass die nach Ihren Aussagen offenkundig sehr reiche Landeshauptstadt ihren Beitrag zur Finanzierung erbringt, damit das Umland ordentlich erschlossen wird, und nicht nur auf den Freistaat verweist.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir machen bewusst etwas für den ländlichen Raum, indem wir die Regionalförderung stärken, den Breitbandausbau, den Hochschulausbau und die Konversionsplanung fördern. Thomas Kreuzer redet mit den Kommunen, die von der Bundeswehrreform und möglicherweise von der Entscheidung der USA zum Truppenabbau betroffen sind, über Hilfe. Wir setzen ein ganz klares Signal. Wir lassen niemanden in Bayern allein. Die Starken müssen denen helfen, die in Schwierigkeiten sind. Wir als Freistaat Bayern werden das tun.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir machen das sicherste Bundesland noch sicherer, indem wir für Polizei, Justiz und Gerichte klare Signale setzen, dass uns die Sicherheit im öffentlichen Raum sehr wichtig ist.

Auch in diesem Nachtragshaushalt geht es sehr stark um die Beamten. Das Thema ist die Bezügeanpassung. Darüber diskutieren wir im Nachtragshaushalt.

Meine Damen und Herren, hier spreche ich im Namen aller. Wir schätzen die gute Arbeit, die unsere bayerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Teilen der öffentlichen Verwaltung leisten. Wir wissen, was die bayerischen Beamten und Beamtinnen erbringen, und wir wissen auch, dass sie in den letzten Jahren ihren Sparbeitrag zur Konsolidierung erbracht haben. Ich möchte ein ausdrückliches Dankeschön für die Leistungsfähigkeit, aber auch für den Beitrag und die Solidarität sagen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)