Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

Ich fasse zusammen: Wir brauchen mehr Ganztagsklassen, damit rhythmisierter Unterricht abgehalten werden kann. Wir brauchen noch mehr Qualität an den Schulen, damit die Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsinhalte auch vertiefen können. Intensivierungsstunden sind auch in den Kernfächern zu nutzen, damit Doppelstunden verstärkt möglich sind. Das freiwillige zusätzliche Jahr gibt den Schülerinnen und Schülern, die es brauchen, die notwendige Zeit. Wir vollziehen nicht eine Rolle rückwärts und denken nicht darüber nach, irgendwann zum G 9 zurückzukehren. Das würde Chaos verursachen. Das wollen wir nicht.

Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon eine Minute überzogen.

Noch einmal: nicht zurück zum G 9!

(Ulrike Gote (GRÜNE): Schon 1:30 drüber!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie wollen letztlich doch wieder die Einheitsschule in die Diskussion einbringen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön. Als Nächster hat sich Kollege Rüth zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst bei meinen Vorrednerinnen und Vorrednern herzlich bedanken: Sie alle haben sich klar zum G 8 bekannt. Das freut mich sehr.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

Ich muss aber auch sagen: Liebe Eltern - sofern welche hier sind -, lassen Sie sich von der SPD nicht täuschen! Es ist erstaunlich, dass die SPD heute Vorschläge zum G 8 unterbreitet. Eigentlich will sie etwas ganz anderes. Sie will nämlich nicht nur das G 8, sondern auch das Gymnasium abschaffen.

(Zuruf von der SPD: Märchenstunde, oder was?)

Sie will eine Gemeinschaftsschule. Sie will eine längere gemeinsame Schulzeit. Sie will im Prinzip das Gymnasium verkürzen und sogar verstümmeln.

(Franz Maget (SPD): Na klar, alle Schulen abschaffen!)

Es freut mich, dass mir Kollege Pfaffmann schon zugerufen hat, ich solle von meinem Sohn erzählen. Ja, mein jüngster Sohn ist in der 6. Klasse des G 8. Von daher erlebe ich zum einen immer die Diskussionen hier in diesem Hohen Hause und zum anderen das, was vor Ort, in der Schule tatsächlich stattfindet.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wohnzimmerpolitik!)

Ich weiß, welche Anforderungen an unsere Kinder gestellt werden. Ich erlebe auch, wie die Kinder mit diesen Anforderungen umgehen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie sind doch gar nicht zu Hause!)

Ich erlebe, dass an unseren Schulen die Kinder im Mittelpunkt stehen. Ich erlebe eine faire, respektvolle Partnerschaft zwischen Eltern, Lehrern und Kindern. Von daher danke ich allen, die an der Erhaltung unserer guten Bildungslandschaft beteiligt sind, herzlich für ihr Engagement.

Meine Damen und Herren, der Deutsche Lernatlas zeigt, dass wir in Bayern die besten Rahmenbedingungen haben. G 8 wird bei uns gut angenommen. Die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ist gesichert, und vor allen Dingen - das ist ein wesentlicher Punkt - bereitet unser G 8 gut auf die Hochschule vor.

Die P-Seminare bereiten die jungen Menschen auf das vor, was sie an der Hochschule bzw. in der Berufswelt erwartet. Das ist ein ganz wichtiges Anliegen.

Hier wurde kritisiert, dass wir 6.000 Wiederholer hätten. Die Zahl ist richtig, aber diesen 1,7 % stehen 98,3 % der Schüler gegenüber, die nicht wiederholen müssen. Das muss man auch einmal klar und deutlich sagen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Auch Sie von der Opposition sollten zur Kenntnis nehmen, dass 98,3 % der Schüler es beim ersten Mal schaffen und nur 1,7 % eine Klasse wiederholen müssen.

Bedenken Sie bitte auch, dass die Übertrittsquote seit Einführung des G 8 kontinuierlich gestiegen ist; mittlerweile beträgt sie nahezu 40 %. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Ich sage Ihnen glasklar: Niemand bestreitet, dass das bayerische Gymnasium den Schülern etwas abverlangt. Aber das ist der Sinn dieser Schulart, und das war schon beim G 9 der Fall. Die Kolleginnen und Kollegen der Opposition kritisieren uns ständig. Ich stelle fest: Die bayerischen Schüler stehen in Bildungsrankings immer ganz weit oben. Aber das gelingt nur, wenn Leistung erbracht wird, und diese erbringen unsere Kinder, meine Damen und Herren.

Herr Kollege Felbinger hat kritisiert, dass die Kinder keine Zeit hätten, in die Vereine zu gehen. Dazu sage ich: Wir können nicht auf der einen Seite mehr Ganztagsangebote fordern, aber auf der anderen Seite beklagen, dass die Kinder keine Zeit für die Vereine haben. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der CSU)

Mittlerweile gibt es sehr viele Kooperationen zwischen Vereinen und Schulen. Ich denke, das ist der richtige Weg; er hat sich in der Praxis bewährt. Wir müssen auch erkennen, dass es einen demografischen Wandel gibt, dass die Zahl der Kinder um ein Drittel zurückgegangen ist. Wenn die Vereine zu Recht beklagen, dass es zu wenige Kinder sind, liegt dies zwar auch daran, dass es weniger Kinder gibt, es liegt aber auch daran, dass wir berechtigterweise immer mehr Ganztagsangebote schaffen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis: Beim Thema Bildung geht es um die Zukunftschancen unserer Kinder. Unsere Kinder stehen im globalen, internationalen Wettbewerb. Das müssen wir einfach sehen. Wir können sie nicht einfach in Watte packen, sodass sie dann, wenn sie im Berufsleben auf den globalen Arbeitsmarkt stoßen, nicht richtig gewappnet sind. Ich glaube schon, dass wir in Bayern gut aufgestellt sind. Wir haben in Bayern einen einzigen Rohstoff - das ist der Rohstoff Geist. Diesen müssen wir pflegen und unterstützen. Ich glaube, das tun wir. Wir stehen mit großen Ländern im Wettbewerb. China hat 1,35 Milliarden Menschen, wir haben nur 80 Millionen. Wir behaupten uns gegenüber diesen Ländern, weil wir in den Bereichen Innovation und Forschung besser sind. Das sind wir aber nur, weil unsere Kinder hervorra

gend ausgebildet sind. Das müssen wir klar und deutlich hervorheben, meine Damen und Herren.

Wir brauchen keine Experimente, lieber Kollege Güll; wir brauchen Ruhe, Beständigkeit und Berechenbarkeit. Dafür werden wir im Rahmen der Koalition auch sorgen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Pranghofer. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich muss schon sagen: Ich komme mir vor wie im Film.

(Beifall bei der SPD)

Am Donnerstag letzter Woche war die CSU in der Sitzung des Bildungsausschusses noch der Meinung, dass beim G 8 alles bestens sei. Herr Rüth hat das gerade wiederholt. Was die Gymnasien bräuchten, sei Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Am Freitag kündigt der Kultusminister schnell eine Wende an, Rolle rückwärts genannt. Das Gymnasium ist doch nicht bestens; wir führen eine Veränderung durch; wir führen Intensivierungsstunden oder Ehrenrunden ein, wie man das auch immer nennen will - er beschreibt es nicht näher.

(Zuruf von der SPD: So wie Ehrensold Wulff!)

Jetzt, heute im Plenum, hören wir von Herrn Eisenreich wieder das Stichwort "Ude" und seine Aufforderung, wir sollten doch Schadensbegrenzung betreiben. Herr Eisenreich, Schadensbegrenzung müssen Sie betreiben. Sie haben das G 8 eingeführt und müssen es heute auch verantworten.

(Beifall bei der SPD)

Ein Weiteres. Wir wollen nicht zum G 9 zurück. Vielleicht hören Sie einmal zu, Herr Eisenreich; dann werden Sie das auch verstehen. Wir wollen nicht zum G 9 zurück. Wir haben bereits vor zwei Jahren das Thema flexible Oberstufe diskutiert, so wie wir es auch heute vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben das auch eingebracht. Meine Damen und Herren, ich bin seit 1998 im Landtag und habe deshalb die G-8-Diskussion von Anfang an verfolgt. Rückblickend kann ich nur sagen: Ich bin nicht froh darüber, dass wir mit unserer Kritik, die wir damals schon geäußert haben, im Grunde recht behalten haben. Ich bin auch nicht froh darüber, dass sich damals die Kollegen, vor allen Dingen die CSU-Bil

dungspolitiker, über den Tisch haben ziehen lassen. Sie konnten sich im Grunde nämlich nicht mehr gegen die Politik wehren, die damals im Jahr 2004 zum G 8 geführt hat. Schneller rein, schneller durch und schneller wieder raus - das war doch die Devise. Dadurch entstand auch der heute vorhandene Schaden. Das Konzept ist immer noch nicht zu Ende gedacht.

Ich will auch auf die Belastungssituation der Schülerinnen und Schüler eingehen, da ich glaube, dass sie heute unsere wichtigste Motivation ist und sein muss, am G 8 nachzujustieren. Die Kinder am Gymnasium stöhnen doch nicht deswegen, weil sie nicht lernen wollen, sondern weil sie keine Zeit für Lernpausen haben, weil sie ständig damit rechnen müssen, abgefragt zu werden, also ihr Wissen ständig präsent haben müssen, und sie stöhnen, weil sie keine Zeit mehr für Dinge haben, die auch Schule ausmachen, nämlich Theater spielen, Musik machen, usw. - es gibt viele Angebote. Sie kennen auch in ihrer Freizeit nur noch Schule, Schule und nochmals Schule. Ich glaube, das ist doch das Grundproblem, das wir jetzt anpacken müssen. Wir wollen das verändern.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich den Blick auf die Schüler richte - Herr Güll hat ja gesagt: Wir richten den Blick auf das Kind -, kann das nur bedeuten, dass wir ein Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten brauchen, damit wir den verschiedenen Lerntempos der Kinder gerecht werden. Das kann auch nur bedeuten, dass wir für den Belastungsstress eine Lösung brauchen. Die Lösung kann eben nicht darin bestehen, nur wieder einmal am Lehrplan herumzudoktern. Das haben wir schon zweimal gemacht; vielleicht machen wir es noch ein drittes Mal. Dann muss damit aber wirklich Schluss sein; denn die Belastungssituation besteht meiner Meinung nach vor allen Dingen aufgrund der Unterrichtsorganisation und auch der Leistungsfeststellung, die ständig und immer wieder stattfindet.

Wir brauchen auch Zeitressourcen. Diese können nicht dadurch geschaffen werden, dass wir 33 weitere Gymnasien zu Ganztagsgymnasien machen - nein, alle Gymnasien müssen Ganztagsgymnasien werden; dann entstehen auch die Zeitressourcen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich brauchen wir auch die Lehrerinnen und Lehrer, damit die Stunden nicht ausfallen. Auch das ist ein Punkt, den wir im Blick behalten müssen. Deswegen ist unsere heutige Forderung völlig richtig, das Kind in den Blick zu nehmen und vor allen Dingen am G 8 nachzujustieren. Ich sage noch einmal, damit es auch alle hören: Das heißt nicht "zurück zum G 9".

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich Kollege Nöth zu Wort gemeldet.