Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich könnte noch viel dazu sagen. Sie haben von der Jugendarbeitslosigkeit gesprochen und auch davon, dass sie in Bayern mit 3 % niedriger ist als woanders. Sie verschweigen aber, dass die Armutsgefährdung von jungen Erwachsenen in den letzten Jahren deutlich, nämlich um 10 %, angestiegen ist. Ist das denn ein Erfolg einer vernünftigen Sozial- und Jugendpolitik? - Ich meine, nicht.

So wichtig wirtschaftlicher Erfolg und finanzielle Stabilität in Bayern sind - auch für uns ist das wichtig -: Erst wenn alle Regionen und Bevölkerungsgruppen gleichermaßen davon profitieren, erst wenn ökonomischer Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit gekoppelt wird, erst wenn in Bayern soziale Arbeit in der Pflege oder im Kindergarten ebenso wertgeschätzt und honoriert wird wie ein Job in der Hightechbranche, wenn Pflegebedürftige angemessen versorgt werden können, wenn Armut zurückgedrängt wird und die Solidarität der Gesellschaft wieder umgesetzt wird, dann hat Bayern eine Spitzenposition, aber jetzt und heute nicht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Für eine Zwischenbemerkung hat sich Herr Kollege Steiner gemeldet.

Sie kritisieren Bayern und sagen, diese Sozialministerin solle sich schämen. Ist Ihnen eigentlich entgangen, dass es die rot-grün geführte Bundesregierung war, die die Weichen für das jetzige System der Leiharbeit gestellt hat? Ich habe vor Kurzem etwas von einer Veranstaltung am 18. September in Berlin gelesen. Das war eine Tagung von Betriebsräten der IG-Metall mit dem Tenor: "Gleiches Geld für gleiche Arbeit", wo Ihr Parteikollege, Ihr Parteifreund Wowereit das Desaster der rot-grünen Bundesregierung angeklagt hat. Er hat damals gesagt: Die Reform der Leiharbeit der rot-grünen Schröder-Regierung ist ein Chaos. Das hat die rot-grüne Bundesregierung angerichtet. Dieses Chaos ist in die Hose gegangen. - Gleichzeitig hat er die Hartz-IV-Regelungen kritisiert. Auch das ist eine Folge der rot-grünen Bundesregierung. Was sagen Sie denn dazu?

(Beifall bei der CSU)

Dazu sage ich Folgendes: Ihnen fällt offenbar nichts anderes mehr ein, als immer wieder woanders zu gucken, woanders zu analysieren, was besser oder schlechter ist.

(Brigitte Meyer (FDP): Das machen Sie doch auch!)

Ich empfehle Ihnen bei dieser Frage: Schauen Sie nach Bayern, und sorgen Sie dafür, dass dort die soziale Ungerechtigkeit in vielen Bevölkerungsgruppen verändert wird! Dann können wir wieder über die Vergleiche mit anderen Ländern reden.

(Beifall bei der SPD)

Ich darf jetzt Herrn Kollegen Unterländer für die CSU-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu einer grundsätzlichen Bewertung des Sozialberichtes und der Sozialpolitik hier im Freistaat Bayern komme, möchte ich doch einige Ausführungen zu meinem Vorredner, Herrn Kollegen Pfaffmann, machen; denn man muss feststellen - mit einem Satz gesagt -: Das Ergebnis ist meilenweit von der Realität entfernt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie hinterfragen und kritisieren, dass im Freistaat Bayern eine unzureichende Familienpolitik gemacht wird. Dazu muss ich nun doch feststellen - hier müssen Sie einfach Verantwortung übernehmen und sich diesen Schuh anziehen -, dass in den Gebieten, in den Städten, in den Kommunen, in denen Sie die Verantwortung tragen, eben keine dem Bedarf entsprechenden Angebote der Kinderbetreuung vorhanden sind. Wenn Sie hier auf andere schielen, gehen Sie aus meiner Sicht in die eindeutig falsche Richtung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie weisen auf die zunehmende Zahl der Wohngeldbezieher hin. Dazu muss ich Ihnen schon sagen: In München fehlen 31.000 Wohnungen. Es gab noch nie so viele Familien in Notunterkünften. Die Verantwortung hierfür trägt sozialdemokratische Politik, meine Damen und Herren. Da frage ich Sie: Kann man das einfach so hinnehmen?

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zurufe von der CSU: Nein!)

Sie sprechen von einer Ungleichbehandlung in den Regionen und vergessen dabei, dass wir wie kein an

deres Bundesland ausgewogene Strukturen gerade auf dem Arbeitsmarkt haben. Wenn die Schere zwischen der höchsten und der niedrigsten Arbeitslosenquote in einem Regierungsbezirk nicht einmal 1,5 % beträgt, so ist das ein Erfolg bayerischer Arbeitsmarkt- und bayerischer Sozialpolitik, meine Damen und Herren.

(Volkmar Halbleib (SPD): Herr Kollege, Sie wissen schon, dass das durch massive Abwanderung zustande kommt! Schauen Sie sich die Zahlen einmal an! - Anhaltender Wortwechsel der Abgeordneten Thomas Hacker (FDP) und Volkmar Halbleib (SPD))

Bei der Arbeitsmarktpolitik sprechen Sie davon, dass Arbeit im Bewusstsein der Staatsregierung und der Mehrheitsfraktionen Ramschware darstelle. Das muss ich entschieden zurückweisen. CSU und FDP im Bayerischen Landtag und in dieser Staatsregierung beweisen immer wieder, dass das nicht der Fall ist. Sie stellen einfach den Zusammenhang zwischen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik nicht her. Wir brauchen gute Rahmenbedingungen, um Sozialpolitik gut gestalten zu können. Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik bedingen einander. Dieses Denken ist ein Erfolgskonzept im Rahmen der Politik der Bayerischen Staatsregierung und von CSU und FDP.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, zusammenfassend stelle ich fest, dass bayerische Sozialpolitik zum gesellschaftlichen Frieden und zum Wohlstand, zu guten Lebensperspektiven für Arbeitnehmer, für Familien und Rentner erheblich beiträgt. Ich darf an dieser Stelle ausdrücklich der zuständigen Ministerin Christine Haderthauer und ihrem Staatssekretär Markus Sackmann für ihre Arbeit und für die Impulse danken, die sie gerade in diesen Bereichen setzen. Diese hervorragende Arbeit kann sich bundesweit sehen lassen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich danke aber an dieser Stelle, weil das ohne die parlamentarische Arbeit zu keinem Erfolg führen würde, auch für die gute Zusammenarbeit der Koalition in diesem Bereich. Ich denke, Frau Kollegin Meyer, die Arbeit der Sozialpolitiker der CSU-Fraktion und der Sozialpolitiker der FDP-Fraktion ist ein Musterstück gelingender Zusammenarbeit in dieser Koalition. Dafür von unserer Seite ebenfalls ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Ein Muster ist es auf jeden Fall! Die Frage ist nur, was für ein Muster das ist!)

Das Leben der Arbeitnehmer, der Menschen mit Behinderung, der Pflegenden und der Pflegebedürftigen sowie der Familien bietet Perspektiven, die - ich kann es Ihnen nicht ersparen - den Freistaat Bayern im Ländervergleich als Spitzenreiter sehen. Die Menschen im Freistaat Bayern profitieren von hervorragenden Strukturen, sie profitieren aber auch von einer hervorragenden Sozial-, Bildungs-, Familien-, Gesellschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Ich möchte in diesem Zusammenhang zwei zentrale Gesichtspunkte in besonderer Weise hervorheben.

Die Generationengerechtigkeit ist für eine zukunftsorientierte Sozialpolitik, aber insbesondere für die Stabilität des gesamten Gemeinwesens von entscheidender Bedeutung. Viele Systeme sind auf Solidarität angelegt, und wir wollen sie als CSU in dieser Form auch aufrechterhalten. Die Erfolgsgeschichte unseres Landes hängt auch mit solidarischen Sicherungssystemen zusammen.

(Beifall des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Doch diese Solidarität wird gerade von den jüngeren Generationen nur dann akzeptiert werden, wenn Politik das Ziel der Generationengerechtigkeit auch tatsächlich anspricht und erreicht. Deshalb sind das Ziel der Haushalt ohne Neuverschuldung - mit dieser Forderung springt die Opposition gerade auf den fahrenden Zug der Kommunen auf - und vor allen Dingen das Ziel, die Schulden des Freistaats Bayern bis zum Jahr 2030 zurückzufahren, nachhaltig umzusetzen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wenn Sie die Kommunalverschuldung mit abbauen, sind wir damit einverstanden!)

Dies ist auch in besonderer Weise Sozialpolitik. Dass dieser Kontext hergestellt wird, vermisse ich gerade bei der Opposition in diesem Haus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Sie zerstören doch die Versorgungssysteme, von denen Sie gerade gesprochen haben! Machen Sie sich einmal selber schlau, bevor Sie so etwas erzählen! - Gegenrufe der Abgeordneten Brigitte Meyer (FDP) und Thomas Hacker (FDP))

Ich darf auf ein Weiteres hinweisen.

Herr Kollege Halbleib, Ihre permanenten Zwischenrufe finde ich langsam nicht mehr lustig.

(Beifall bei der CSU)

Das ist nicht nur in der heutigen Debatte so, sondern das war schon wiederholt der Fall. Ich möchte einfach um eine gewisse Diskussionskultur hier im Hause bitten. Ich bitte Sie wirklich herzlich!

(Beifall bei der CSU)

Verschaffen Sie sich Redezeit hier am Redepult. Da können Sie alles loswerden, was Sie gern loswerden wollen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Gemach, Frau Präsidentin! Ganz ruhig!)

Herr Kollege Unterländer, erlauben Sie bitte, da ich Sie schon unterbrochen habe, dass ich noch Gäste hier im Hause begrüße. - Ich begrüße auf der Ehrentribüne den Herrn Botschafter der Republik Usbekistan, Akhatov. Herr Botschafter Akhatov, seien Sie uns mit Ihrer Delegation herzlich willkommen.

(Beifall)

Kollege Sinner betreut Sie gut. Gute Gespräche und einen schönen Aufenthalt hier im Haus! Alle guten Wünsche begleiten Sie.

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Unterländer. Bitte sehr.

Diese Arbeitsmarktpolitik muss sich insbesondere auf jene beziehen, die Unterstützung brauchen, um sich auf dem Arbeitsmarkt einfinden zu können, auf Hauptschüler mit einem schwächeren Abschluss, auf Schulabbrecher, auf Jugendliche, die ihre Lehre abgebrochen haben. Insoweit sind Konzepte vorhanden, die sich andere Bundesländer vom Freistaat Bayern abschauen, um die gleichen Erfolge zu erzielen. Das, meine Damen und Herren, ist der Erfolg bayerischer Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht zur sozialen Lage und die umfassende Sozialberichterstattung müssen auch dazu führen, dass wir politische Konsequenzen daraus ziehen.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb begrüße ich die Diskussion zur Analyse und Bestandsaufnahme und denke auch, dass es notwendig ist, diesen Politikstil fundiert und seriös im Parlament, in den Ausschüssen und in anderen Gremien weiterzuführen. Die Ergebnisse der Diskussion über diese Regierungserklärung und über den Bericht zur sozialen Lage dürfen nicht nur aus gegenseitigen Schuldzuweisungen der politischen Strömungen be

stehen. Arbeitnehmer, Rentner, Familien, Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftige können am wenigsten gebrauchen, dass nicht gehandelt wird und es nur politische Sprechblasen und Schuldzuweisungen gibt. Deswegen müssen wir konkret entscheiden und handeln. Ich rege an, dass wir die Ergebnisse dieser Diskussion in einem weiteren hoch geschätzten Gremium, nämlich im Forum Soziales Bayern, weiter erörtern, um in einer Art politischer Werkstatt über neue Impulse für die Sozialpolitik aus diesen Berichten heraus diskutieren zu können.