Protokoll der Sitzung vom 05.02.2014

Allerdings muss man bei einem hohen Tempo den Überblick behalten. Ich habe den Eindruck, manche haben den Überblick verloren.

(Lachen bei der SPD)

- Dieses Gelächter habe ich in den letzten fünf Jahren schon oft gehört. Das Ergebnis ist die absolute Mehrheit für die CSU. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CSU)

Zweite Tatsache: Die zentralen Weichen für das Gelingen der Energiewende sind ausschließlich auf Bundesebene zu stellen. Wir setzen die Energiewende um. Das tun wir mit Nachdruck. Die Weichen in allen Grundentscheidungen fallen in Berlin. Das hat die Bundesregierung, die Große Koalition, noch einmal in Eckpunkten festgehalten. Für diejenigen, die es nachlesen wollen, ist auf Seite 1 der Eckpunkte schön aufgelistet, was von der Bundesregierung auf Bundesebene an Weichen zu stellen und von den Ländern umzusetzen ist. Die Verantwortung liegt also beim Bund. Wir unterstützen den Bund bei der Umsetzung, und zwar nachhaltig. Wenn wir hier und da einmal Änderungsvorschläge haben, torpedieren diese nicht

das Ziel der Unterstützung. Wir bemühen uns gemeinsam – übrigens auch mit dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg –, einen nationalen Konsens hinzubekommen. Ich möchte der SPD und Ihnen, Herr Rinderspacher, sagen: Wir stehen in regelmäßigem Kontakt mit dem für Energie zuständigen Bundesminister und SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel, auf Arbeitsebene, auf Ministerebene, auf Ministerpräsidentenebene und gemeinsam mit der Bundeskanzlerin. Den letzten Kontakt gab es gestern. Ich kann Ihnen nur eines sagen, und darüber bitte ich Sie nachzudenken: Für den Bayerischen Ministerpräsidenten ist es beim Thema Energiewende mittlerweile einfacher, mit dem SPD-Bundesvorsitzenden über die Berücksichtigung von bayerischen Anliegen zu reden, als mit der bayerischen SPD. Das ist die Realität.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Ich bin hier nicht sensibel. Ich lade Sie ein, mit uns zu reden, damit es zu diesem großen nationalen Anliegen auch auf bayerischer Ebene, jedenfalls zwischen den Parteien der Koalition von Berlin, möglichst konsensuale Ergebnisse gibt. Wir können aber auch im Streit mit diesem Thema umgehen, nicht dass Sie glauben, das sei jetzt ein unanständiges Angebot. Wir streben das Gespräch mit Ihnen nur an.

Drittens. Die Bayerische Staatsregierung sieht für das Gelingen der Energiewende genauso wie die Bundesregierung drei vordringliche Herausforderungen; Herausforderungen, die jetzt, im ersten Halbjahr 2014, zu lösen sind: erstens die Dämpfung des Strompreises durch eine Reform des EEG, des ErneuerbareEnergien-Gesetzes, zweitens den Schutz industrieller Arbeitsplätze durch eine Entlastung stromintensiver Betriebe und drittens die Gewährleistung der Versorgungssicherheit insbesondere in Süddeutschland. Auch das ist auf Seite 1 des Eckpunktepapiers der Koalition niedergeschrieben.

Die Dämpfung der Strompreise ist erstens im Hinblick auf die Arbeitsplätze notwendig. Die EEG-Umlage hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Das hat mit dazu beigetragen, dass mittlerweile 52 % des Strompreises durch Umlagen und Abgaben belastet sind. Die Dämpfung des Strompreisanstieges ist zweitens aber auch ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Das habe ich übrigens am Samstag beim DGB mit großer Zustimmung zum Ausdruck gebracht.

Meine Damen und Herren, die auf lange Zeit durch das Gesetz festgeschriebenen Renditen aus Windkraft- und Solarenergie, die zum Strompreisanstieg maßgeblich beigetragen haben, belasten in überproportionaler und besonderer Weise die kleinen Einkommen. Ich halte es für unseren gemeinsamen Auf

trag – das schreibt übrigens auch die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" sehr offen,

(Zurufe von der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Herr Wengert, dass wir bei der Dämpfung der Strompreise zusammenhelfen. Ich will den Gesamtüberblick geben, den vielleicht der eine oder andere verloren hat.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Der zweite Punkt betrifft die Arbeitsplätze. Heute gibt es im EEG eine Ausgleichsregelung für stromintensive Betriebe. Davon sind in Bayern annähernd 100.000 Arbeitsplätze betroffen. Es gehört vor allem zu meiner Verantwortung, aber auch zur gemeinsamen Verantwortung dieses Hauses, dass im Zusammenhang mit der Energiewende die Arbeitsplätze, die es in Bayern im stromintensiven Bereich gibt, in keiner Weise gefährdet werden. Das ist ein ganz wichtiges Anliegen.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Windkraft-Arbeitsplätze wandern doch schon weg!)

- Zur Windkraft sage ich Ihnen gleich etwas. Ich meine die Arbeitsplätze in den 500 stromintensiven Betrieben. Um auf Ausführungen einzugehen, die ich das letzte Mal von der grünen Seite gehört habe: Dazu gehören weder die Allianz-Arena noch irgendein Golfplatz. Es sind stromintensive Betriebe. Ich besuche die Betriebe in Oberfranken, in Oberbayern, in Niederfranken und überhaupt überall. Ich lade Sie alle ein, nicht nur mit den Unternehmensleitungen, sondern auch mit den Belegschaften zu reden; dann werden Sie die Ängste registrieren, die es dort gibt, wenn wir diese energieintensiven Betriebe höher belasten. Das darf im Interesse der Gesamtlage Bayerns nicht geschehen.

(Beifall bei der CSU)

Bei der Dämpfung der Energiepreise beziehungsweise zur Umlage haben wir als Bayern ein Sonderanliegen. Es zielt auf die Förderung der Biomasse. Die Biomasse wird am Ende unserer Energiewende etwa 10 % des Stromverbrauchs in Bayern sicherstellen. Wir wollen, dass die Biomasse gegenüber anderen Energieträgern nicht benachteiligt wird. Das gilt für die Ausgestaltung der Einspeisevergütung ebenso wie für den Ausbaukorridor. Dieses Anliegen ist in den nächsten sechs Monaten besonders vordringlich.

Dabei ist auch die Sicherung der Grundlastversorgung zu berücksichtigen. Wir können die erneuerbaren Energien noch verdreifachen, vervierfachen und verfünffachen. Solange wir die erneuerbaren Energien, insbesondere Wind- und Sonnenenergie, nicht in großem Umfang speichern können, müssen wir daneben immer auch einen zweiten Pfad gehen – das entspricht übrigens auch völlig der Auffassung des Bundesenergieministers -, der dann, wenn erneuerbare Energien nicht zur Verfügung stehen, für die industriellen Arbeitsplätze und für die Verbraucher die Stromsicherheit gewährleistet.

Das dritte große Anliegen für uns in Bayern ist also die Sicherstellung der Grundversorgung. Deshalb legen wir darauf Wert, dass wir im ersten Halbjahr 2014 gemeinsam mit dem Bund für Süddeutschland die Grundlastfähigkeit sicherstellen. Dabei unterstützt uns auch der baden-württembergische Ministerpräsident. Das soll nicht erst irgendwann der Fall sein. Das ist übrigens wichtiger als alles andere, was zurzeit diskutiert wird. Jetzt muss die Grundlastfähigkeit sichergestellt werden. Wir wollen nicht, meine Damen und Herren, dass zur Sicherstellung der Grundlastversorgung Importstrom aus Kernkraft- oder Kohlekraftwerken nach Deutschland gelangt. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Braunkohle!)

Ich komme noch zu zwei Besonderheiten, zunächst zum Wind, und bitte alle Kolleginnen und Kollegen, unser Papier vom 24. Mai 2011, aus der Zeit des Beginns der Energiewende nach dem Reaktorunglück von Fukushima, zu lesen. Darin haben wir zum Thema Wind festgehalten, dass wir den raum-, naturund landschaftsverträglichen Ausbau wollen und dass die Frage, in wie viele Windkrafträder wir in Bayern investieren können, maßgeblich von der Bürgerakzeptanz abhängt. Das trifft gerade für die Windkraft zu. Das haben wir damals schon, im Mai 2011, festgehalten. Im Mai 2011 haben die Staatsregierung und auch die Mehrheitsfraktionen hier darauf hingewiesen, dass wir eine Veränderung von § 35 des Bundesbaugesetzbuches brauchen. Dieser Paragraph privilegiert die Windkrafträder im Außenbereich. Wir haben damals schon verdeutlicht, dass wir eine Novelle von § 35 brauchen, die zu einer relativen Privilegierung führt. Wir streben an, dass letzten Endes die Gemeinde entscheidet, was innerhalb einer Gemeinde stattfindet.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist etwas ganz Neues!)

Das ist eine sehr gute Regel. Wir werden die Öffnungsklausel, die uns der Bund und die gesamte Große Koalition geben, in Bayern zur Regelung der Abstände zwischen der Wohnbebauung und Windkraftanlagen nutzen. Von diesen Abständen kann wie im Baurecht generell abgewichen werden. Wenn Sie privat ein Wohnhaus bauen, können Sie mit der Unterschrift eines Nachbarn von vorgegebenen Abständen in einem gewissen Umfang abweichen. Deshalb befürworten wir grundsätzlich die relative Privilegierung mit klaren Abstandsregeln im Gesetz. Wenn aber eine Gemeinde und die Bevölkerung vor Ort einen Konsens erzielen, davon abzuweichen, ist das möglich. Das ist eine freiheitliche Lösung, die mit der Nutzung der Windkraft verbunden ist. Ich finde, das ist in Ordnung.

(Beifall bei der CSU)

Ich komme zum Strom beziehungsweise zum Stromnetz. Auch hier will ich Klarheit schaffen, weil alles durcheinandergebracht wird. Seit 2009 gibt es eine Diskussion und Verfahren zur Strombrücke Thüringen – Grafenrheinfeld, die über Oberfranken führt. Diese Wechselstrombrücke ist völlig unabhängig von der Energiewende für die Stromstabilisierung notwendig. Sie wurde 2009 eingeleitet. Das war zwei Jahre vor dem Reaktorunglück von Fukushima. Das erwähne ich nur, damit die Vorgänge richtig eingeordnet werden. Der Bayerische Ministerpräsident hat in jeder Ministerpräsidentenkonferenz erklärt, dass er ebenso wie die gesamte Bayerische Staatsregierung diese Strombrücke unterstützt. Wir wissen nämlich, dass sie unabhängig von der Energiewende und deren Verlauf wichtig für die Stabilisierung des vorhandenen Stromnetzes ist. Wir alle haben an der Stabilität dieses Stromnetzes Interesse. Deshalb sage ich auch hier und bitte dabei um die notwendige Differenzierung: Diese Wechselstrombrücke über Thüringen und Oberfranken nach Grafenrheinfeld wird von uns unterstützt. Über die Regierung von Oberfranken sind wir für die Genehmigung zuständig. Da gibt es Widerstände: Aber die Wechselstrombrücke ist zur Stabilisierung des Stromnetzes unverzichtbar, und zu dem, was unverzichtbar und notwendig ist, stehen wir auch, meine Damen und Herren. Das ist eine ganz klare Angelegenheit.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt komme ich noch zu der Netzdiskussion der letzten Tage. Wir reden übrigens über Netze, mit deren Planfeststellungsverfahren frühestens im Jahr 2017 begonnen wird und die frühestens Ende des Jahrzehnts realisiert werden. Das sage ich nur, damit man einmal weiß, um welche Zeitachse es geht.

(Zurufe des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, wir haben auch hier eine ganz einfache Antwort. Wir regeln im Moment die Versorgungsstrukturen bei erneuerbaren und konventionellen Energien grundlegend neu, und zwar nicht nur über die Standorte, sondern auch über die Frage, wie sie in Zukunft vergütet werden und wer sie bezahlt. Deshalb hat der Bundesenergieminister in die von der Bundesregierung und auch von mir gebilligten Eckpunkte die klaren Sätze geschrieben, dass wir eine Verknüpfung der Versorgungsstrukturen erneuerbarer und konventioneller Energien mit den Stromnetzen brauchen. Das ist auch ganz logisch, weil sich Dinge verändern können.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Vor allem bei Ihnen! – Markus Rinderspacher (SPD): Ich darf darauf hinweisen, dass Herr Bundesminister Gabriel am 29.12.2013 davon gesprochen hat, einen Neuanfang in der Energiepolitik zu machen!)

Ich wundere mich nur, wenn es um die Änderung des EEG geht, dem die meisten, ich jedenfalls, immer zugestimmt haben.

(Markus Rinderspacher (SPD): Wir alle! – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Ich glaube wir haben da 10 oder 15 Änderungen. Trotzdem wird keiner sagen: Um Gottes willen, jetzt stimmt er einer Änderung zu, und deshalb ist er beliebig; sondern es muss auch eine Änderung im Gesetz erfolgen, wenn neue Erkenntnisse da sind. So ist es auch bei den Stromnetzen.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aha! – Zuruf der Abgeordneten Ulrike Müller (FREIE WÄHLER))

Bei den Stromnetzen geht es nicht um die Frage Ja oder Nein, sondern es geht um die richtige Schrittfolge.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie haben es jahrelang forciert und jetzt tun Sie so, als seien Sie nicht dabei gewesen!)

Schön langsam, schön langsam. Es wird nicht besser.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist neu!)

Jetzt erfüllen wir den Anspruch, Energieversorgung mit der Netzplanung zu verknüpfen. Deshalb regeln

wir jetzt die Versorgungsstruktur. Sie wird im Juni oder Juli im Gesetz stehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Welches Jahr?)

Wir bitten darum, dass man bis dahin die Planungen zurückstellt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aha!)

Da muss man in der richtigen Schrittfolge vorgehen. Da müssen wir abgleichen, welchen Bedarf wir nach den neuen Grundlagen bei den Stromnetzen haben. Da möchte ich, dass jede Firma und zunächst die Netzagentur mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten einmal darüber spricht, damit wir zu einer gleichen Einschätzung kommen.

(Lachen bei den GRÜNEN – Zurufe der Abgeord- neten Markus Rinderspacher (SPD) und Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) – Unruhe)

Meine Damen und Herren, sollte die Notwendigkeit bejaht werden müssen, dann sind wir dabei.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr habt ja letztes Jahr schon zugestimmt!)

Dann geht es immer noch um die Umsetzung. Bei der Umsetzung ist eine ganze Reihe von Fragen wichtig, die wir im Mai 2011 formuliert haben.