fest." Meine Fraktion bekennt sich ausdrücklich zum Kirchenasyl. Wir beantworten das nicht mit dem bloßen Vorwurf des Rechtsbruchs. Die Evangelische Landeskirche – Stand letzte Woche – hat mitgeteilt: Es gibt derzeit 65 Kirchenasyle für 88 Geflüchtete in evangelischen Gemeinden und Einrichtungen. Das zeigt einen sehr begrenzten Einsatz, einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit diesem Institut.
Es erfolgt eine sorgfältige Auswahl. Es besteht ein hohes Maß an Verantwortung bei den örtlichen Kirchengemeinden, die das durchführen. Nur in den Fällen, in denen tatsächlich eine Aussicht besteht, dass aufgrund einer Überprüfung ein anderes Ergebnis erzielt wird, wird Kirchenasyl gewährt.
Vor diesem Hintergrund bekennen wir uns weiterhin zum Kirchenasyl. Das ist ein eigenes Rechtsinstitut, wenn Sie das so sehen wollen. Das ist nicht irgendein bloßer Rechtsbruch.
Das Problem ist natürlich die Überschneidung mit dem Strafrecht. Mir ist selbstverständlich bekannt, dass es ein Legalitätsprinzip gibt. Deswegen ist es auch schwierig, Forderungen an die Staatsregierung zu stellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, insofern können wir eurem Antrag leider nicht zustimmen. Ihr beantragt: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, Ermittlungen gegen Pfarrerinnen, Pfarrer und Kirchenangehörige einstellen zu lassen." Das geht nicht. Das ist ein Verstoß gegen das Legalitätsprinzip.
Es ist trotzdem die Justiz! – Ein Justizminister, der seine Staatsanwälte auffordert, Ermittlungen wegen des Vorwurfs der unerlaubten Beihilfe zu einer möglichen Straftat einzustellen, läuft Gefahr, dass er sich der Strafvereitelung im Amt strafbar macht.
Die Kirchen führen mit dem Kirchenasyl nicht die Wächterfunktion aus. So weit würde ich nicht gehen. Die Wächterfunktion ist beim Kreisjugendamt gegenüber den Trägern der Jugendhilfe, damit diese eine staatliche Aufsicht haben. Die Kirche hat kein Wächteramt, aber die Kirche hat ein Mahneramt gegenüber den Ausländerbehörden. Diese Mahnfunktion wird in weiten Teilen der Bevölkerung auch geschätzt.
Meine Damen und Herren, das Kirchenasyl ist ein zartes Pflänzchen. Man kann es zu viel gießen, man kann es aber auch vertrocknen lassen. Deswegen wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass die Staatsregierung die bislang akzeptierte Praxis weiterhin achtet. Es gibt eine Praxis, dass das Kirchenasyl anerkannt und akzeptiert wird. Die Polizei geht in der Regel nicht hinein. Diese Praxis gibt es bereits. Bitte, liebe Staatsregierung, macht das weiter so: achten und respektieren!
Für sehr wichtig halte ich es auch, den Gesprächsfaden mit den Kirchen nicht abreißen zu lassen. Ich habe den Eindruck – den gewinnt man, wenn man sich in Kirchenkreisen umhört –, dass der Gesprächsfaden mit den Kirchen abgerissen sein könnte. Letzte Woche war Dr. Sommer vom Innenministerium auf der Synode. Herr Dr. Sommer, herzlichen Dank dafür! Es war ein gutes Gespräch. Sie haben Rede und Antwort gestanden. Es war für viele Mitglieder der Synode interessant, auch von den Rechtsgrundlagen und von den Rechtsfolgen her. Diese Gesprächskultur muss erhalten bleiben.
Das Problem ist und bleibt die angebliche Strafbarkeit, meine Damen und Herren. An diesem Legalitätsprinzip ist sehr schwer zu rütteln. Das ist uns bewusst. Deswegen lautet unser dritter Spiegelstrich – liebe Frau Kollegin Kamm, das ist kein Denkfehler bei uns –: Wir sehen mit Sorge die steigende Anzahl an Ermittlungsverfahren. Das können wir als Landtag feststellen. Wir bringen nicht die Aufforderung zum Einstellen zum Ausdruck; das steht uns meines Erachtens nicht zu. Wir bringen die Erwartung zum Ausdruck, dass im Rahmen der Ermittlungsverfahren die Besonderheiten des Kirchenasyls auch im Strafverfahren ausreichend berücksichtigt werden. Das geschieht ja zum Teil. In den vergangenen Monaten sind Verfahren immer oder meist wegen geringer Schuld eingestellt worden. Das ist auch gut so. Wir haben aber das Problem – Kollegin Hiersemann hat es genannt –, dass zum Teil Kirchenasyle, die schon längst abgeschlossen sind und auch nur kurz waren, nach langer Zeit, nach einem Jahr oder eineinhalb Jahren, zu einem Strafverfahren geführt haben. Da erwarte ich doch, dass man anders handelt.
Meine Damen und Herren, noch einmal: Wir bekennen uns – das ist meine Intention hier im Haus – zum Kirchenasyl innerhalb der Rechtsordnung.
Dem Antrag der GRÜNEN können wir, wie gesagt, nicht zustimmen; er geht zu weit. Beim Antrag der SPD werden wir uns enthalten.
Herr Kollege, verbleiben Sie bitte am Rednerpult. Vielen Dank. – Frau Kollegin Kamm zu einer Zwischenbemerkung, bitte.
Sehr geehrter Herr Kollege Meyer, es ist natürlich schon sehr kurz gesprungen, wenn Sie sagen, dass man bei einem Kirchenasyl, das schon abgelaufen ist und schon ein Jahr oder zwei Jahre zurück liegt, nicht mehr ermitteln soll, sonst aber schon. Ich habe Ihnen vorher deutlich gesagt, warum Kirchenasyle gemacht werden: weil es wirklich um existenzielle Nöte geht und weil es derzeit für Leute, die sich in einer aussichtslosen oder scheinbar aussichtslosen Situation befinden, der letzte Ausweg ist, um Schlimmeres zu verhindern. Da können Sie doch nicht sagen: Okay, da sind aktuelle Ermittlungen sinnvoll und möglich. Das geht doch nicht.
Moment! Das habe ich so nicht gesagt. Da konnten Sie mir wohl nicht ganz zuhören. Ich habe gesagt: Ich teile voll und ganz die Auffassung, dass das Kirchenasyl berechtigt ist, ohne Punkt und Komma.
Ich bin der Meinung, dass ich mich als Abgeordneter oder dass sich das Parlament nicht dazu aufschwingen sollte, der Staatsanwaltschaft vorzuschreiben, laufende Ermittlungen einzustellen. Das geht mir zu weit. Ich bin nicht der Meinung, dass ermittelt werden muss. Ich appelliere an die Staatsanwaltschaften, im Rahmen des Legalitätsprinzips sorgfältig abzuwägen. Es gibt auch Opportunitätsgedanken, zum Beispiel die Einstellung wegen geringer Schuld.
Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass ich es in Fällen der nachträglichen Ermittlung durchaus für zulässig halte, das Verfahren einzustellen, bevor eine förmliche Vernehmung erfolgt, da das Asyl schon längst beendet ist. Da lohnt die strafrechtliche Verfolgung nicht. Das halte ich für zulässig. Ich bitte und erwarte des
halb, dass in diesem Rahmen mit ganz viel Augenmaß gegenüber den für das Kirchenasyl Verantwortlichen vorgegangen wird, die sich die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht haben. Das erkenne ich an; das weiß ich. In diesen Fällen erwarte ich, dass man mit der strafrechtlichen Verfolgung sehr, sehr behutsam umgeht. Zu mehr sehe ich mich als Parlamentarier nicht in der Lage. Das habe ich gesagt.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CSU-Fraktion erteile ich jetzt Frau Kollegin Guttenberger das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Rechtliche Entscheidungen vom Ende her zu begründen und zu sagen, man möchte das jetzt so oder so, wird dem Wert eines Rechtsstaates nicht gerecht. Ein Rechtsstaat gibt klare Regeln vor. Ein Rechtsstaat stellt für die Bürgerinnen und Bürger Rechte und Pflichten, aber auch die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat zur Verfügung. Diese rechtlichen Konstrukte gelten für alle, für jeden in unserem Land. Das möchte ich gleich vorab sagen, Frau Kamm, da Sie anscheinend eine Art des Umgangs mit Recht und Gesetz anstreben, die aus meiner Sicht von der Struktur her nicht den klaren Werten unseres Rechtssystems und unseres Rechtsstaates entspricht.
Ich muss auch sagen: Zu Dingen wie zivilem Ungehorsam gibt es im Grundgesetz ganz klare Ausnahmeregelungen. Ganz klar stehen die Grundrechte dem Bürger als Abwehrrechte gegen den Staat zur Verfügung. Dass der Weg des zivilen Ungehorsams beschworen werden muss, ist mir in einem Rechtsstaat nicht nachvollziehbar.
Wir müssen aber ganz klar sehen – ich danke Ihnen, Herr Meyer, ganz besonders dafür, dass Sie das klar hervorgehoben haben –, dass wir in einem Rechtsstaat verschiedene Ebenen haben. Wir haben die Ebene des Verwaltungsrechts, und wir haben die Ebene des Strafrechts. Wir haben Grundprinzipien, wie auf den jeweiligen rechtlichen, von der Verfassung geschützten und festgelegten Ebenen zu verfahren ist.
Natürlich haben wir auf der einen Seite in unserer Verfassung eine besondere Stellung der Kirchen, was dazu führt, dass sich das Staatsministerium des In
nern auch ganz klar dazu entschieden hat, dass während der Kirchenasyle auf polizeiliche Vollzugsmaßnahmen verzichtet wird und Abschiebungen nicht vollzogen werden. So fordern Sie es ja mehr oder weniger auch in Ihrem Antrag. Das ist eine Selbstverständlichkeit und wird auch so gehandhabt. Wir sehen also keinen Sinn, das jetzt zu beschließen, weil es so Fakt ist.
Sie fordern zum Beispiel, dass der Gesprächsfaden mit den Kirchen nicht abreißen darf. Wir alle sind Ihrer Meinung. Das Ministerium versichert uns, dass der Gesprächsfaden nicht abgerissen ist, sondern dass diese Gespräche stattfinden.
Jetzt kommen wir an den Punkt, wo wir uns ganz nahe am Strafrecht befinden. Auf dieser Ebene – das haben Sie, Herr Meyer, auch betont – gilt das Legalitätsprinzip. Das heißt, dass immer dann, wenn ein Staatsanwalt von einer Straftat hört, er auch ermitteln muss. Er kann nicht sagen – ich sage das bananenrepublikmäßig etwas überspitzt –, mache ich jetzt etwas oder mache ich jetzt nichts. Er ist verpflichtet, aufgrund seiner Kenntnis tätig zu werden. Das kann nach dem Opportunitätsprinzip – das ist bei uns auch ein Rechtsbegriff – dazu führen, dass er das Verfahren einstellt. Er muss aber zumindest ein Ermittlungsverfahren aufnehmen. Nichts anderes geschieht derzeit. Es geschieht mit viel Augenmaß.
Es geschieht in der Weise, dass jeder Einzelfall individuell behandelt wird und zum Abschluss des Verfahrens eine individuelle Entscheidung in Form eines Urteils oder einer Verfügung ergeht. Auch das muss man nicht beschließen, weil es so ist. Da sind wir an dem Punkt angelangt. Ein Staatsanwalt muss also ermitteln. Wenn Sie jetzt fordern, das Ministerium möge einen Staatsanwalt anweisen, genau gegen die Gleichheit vor Recht und Gesetz zu verstoßen, indem Sie das Legalitätsprinzip außer Kraft setzen, verlassen Sie den Grund und Boden der Verfassung. Das wollen wir nicht.
Im Übrigen darf ich jetzt auch einmal sagen, dass man normalerweise in Untersuchungsausschüssen fragt: Hat es etwa ein Minister gewagt, einen Staatsanwalt in irgendeiner Weise anzuweisen, so oder so zu verfahren? Jetzt soll dies plötzlich okay sein. Diesen Wertungswiderspruch müssen Sie uns schon erklären. Dazu habe ich bisher keine Erklärung gehört.
Immer wieder wird die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Kirchen angeführt. Darin geht es aber um ganz klare einzelne Härtefälle. Übrigens kommen solche Fälle in Bayern auch ohne Kirchenasyl in die Härtefallkommission; das weiß jeder hier im Hohen Haus. Diese sollen dann verbeschieden werden. Nachdem eine endgültige Entscheidung vorliegt, endet aufgrund dieser Vereinbarung auch das Kirchenasyl.
Für uns ist deshalb ganz klar, dass die Staatsanwaltschaften derzeit nicht anders handeln können, weil sie dazu einen ganz klaren Auftrag haben. Wir werden keinen Minister auffordern, sich gegen Recht und Gesetz zu stellen, indem er die Staatsanwaltschaft zum Rechtsbruch aufruft. Deshalb werden wir die weitergehenden Anträge der GRÜNEN und der SPD ganz klar ablehnen. Wir lehnen auch den Antrag der FREIEN WÄHLER ab, weil bayerische Politik die besondere Stellung der Kirchen anerkennt. Deshalb wird es keine Vollzugsmaßnahmen gegen die im Kirchenasyl Befindlichen geben.
Ich habe die Bitte um zwei Zwischenbemerkungen. Zur ersten erteile ich Herrn Kollegen Meyer das Wort.
Frau Kollegin Guttenberger, ich will das gar nicht groß problematisieren. Sie erkennen mit uns die Stellung des Kirchenasyls an, lehnen unseren Antrag aber ab. Letzteres ist für mich nicht so bedeutend.