Protokoll der Sitzung vom 25.04.2017

Frau Guttenberger, wenn Sie morgen die "Süddeut sche Zeitung" aufschlagen, können Sie dort auf der Titelseite Folgendes lesen:

Firmen beklagen die Abschiebung von Azubis... In Deutschland werden trotz des neuen Integrati onsgesetzes weiter Flüchtlinge abgeschoben, die einen Ausbildungsplatz sicher oder eine Ausbil dung begonnen haben. Viele Arbeitgeber sind deshalb empört und verunsichert, ob sie geflüch tete junge Menschen einstellen sollen.

Das ist insgesamt das große Problem. –

Dies ergab eine Umfrage der Süddeutschen Zei tung. Wirtschaftsverbände und die Bundesagen tur für Arbeit fordern jetzt, diese möglicherweise rechtswidrige Abschiebepraxis endgültig zu been den.

Das steht morgen auf Seite 1 der Süddeutschen Zei tung. Das gilt vor allem für die südlichen Bundeslän der. Genauso sieht es im Übrigen Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit: Wenn jemand einen Ausbildungsvertrag geschlossen hat, dann muss der Abschiebeschutz auch vor Beginn der Aus bildung gelten.

So sieht es derzeit in der Realität aus. Auch wir kriti sieren die Dreimonatsregelung, weil sie einfach praxi suntauglich ist. Das gibt es wirklich nur in Bayern. Wir wollen, dass die Frist auf insgesamt sechs Monate verlängert wird. Das wäre für die Unternehmen sehr wichtig. Die Unternehmen brauchen eine entspre chende Sicherheit, und deshalb sprechen wir uns für sechs Monate aus. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Ich bin Mitglied der EnqueteKommission Integration. Da bekommen wir von einem Ministerialrat Dr. Som mer immer sehr lange Vorträge zu hören. Die ellen langen Schreiben des Innenministeriums, die viele Seiten umfassen, tragen mehr zur Verwirrung als zur Klarstellung bei.

(Zuruf von der CSU: Na, na, na!)

Unternehmer benötigen aber Rechtssicherheit. Das wird uns immer wieder gesagt. Die Unternehmen be nötigen keine unzähligen Telefonate mit dem Auslän deramt oder mit der Bezirksregierung, um dann zu er fahren, dass die Handhabung in einem anderen Regierungsbezirk anders ist. Da blickt überhaupt nie mand mehr durch. Das sagen die Unternehmer wirk lich. Das wird uns immer gesagt. Das ist mehr als kontraproduktiv. Es kann nicht sein, dass die im Hand werk bestehende hohe Ausbildungsbereitschaft torpe diert wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir brauchen klare Handlungsanweisungen für die Betriebe; sonst gibt es immer wieder diese Einzelfall prüfung. Das wird immer wieder zum Lotteriespiel: Klappt es, oder klappt es nicht? Jede Ausländerbe hörde kann jetzt selbst entscheiden, wem der Schwar ze Peter zugeschoben wird. Es ist nämlich so, dass dieser Schwarze Peter den Ausländerbehörden vom Ministerium zugeschoben wird. Herr Driessen, Ge schäftsführer der Bayerischen IHK, sagt das ganz deutlich: Der uneinheitliche Verwaltungsvollzug im Freistaat zermürbt alle Beteiligten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist der falsche Weg; denn nach wie vor gilt der Grundsatz, bei dem wir uns doch alle einig sein müss ten: Wer in Lohn und Brot ist, wird integriert, nicht ra

dikalisiert. Deswegen müssten wir alles tun, um sol chen Leuten die Ausbildung zu ermöglichen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir merken auch, dass es in den Berufsschulen eine große Verunsicherung gibt, weil einfach nicht klar ist, ob solche Leute bleiben können oder nicht. Deshalb sagen kleine Ausbildungsbetriebe natürlich: Dann nehmen wir im Zweifelsfall lieber einen Deutschen, da ist es unproblematisch. – Genau das ist das Problem.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

Da gibt es immer viele Schreiben. Dann gibt es E Mails. Am 27.01. kam wieder ein EMail. Das hat die Unsicherheiten wieder etwas vermindert, aber noch lange nicht aufgelöst. Dann konnten wieder Afghanen eingestellt werden, weil die Bleibewahrscheinlichkeit bei über 50 % lag, aber im Moment ist sie wieder bei 44 %. Das heißt auf Deutsch, es würde wieder nicht gehen. Deswegen hat ein Gericht in München gesagt, man soll diese Schutzquote rauslassen, weil sie immer schwankt und zu mehr Verunsicherung führt.

Was fordern wir? – Wir fordern einheitliche, klare Voll zugshinweise für die Landratsämter und Bezirksregie rungen und keinen irreführenden Pseudospielraum für die Sachbearbeiter der Ministerial und der Ausländer behörden. Wir fordern weniger ministerielle Dienstan weisungen, die zur Verwirrung beitragen,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

und mehr Transparenz und Aufklärungsarbeit durch das Innenministerium.

Letzter Punkt. Ich bin schon über der Zeit. Wir fordern die Schaffung einer umfassenden und langfristigen Rechts und Planungssicherheit für alle Betriebe. Nur so kommen wir weiter, so und nicht anders.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Jetzt habe ich noch die Wortmeldung der Abgeordneten Claudia Stamm. Zwei Minuten bitte. Bitte schön.

Das klang aber sehr streng.

(Heiterkeit bei der CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegin nen und sehr geehrte Kollegen! Vor zwei Tagen gab es am Münchner Marienplatz eine beeindruckende Veranstaltung. Es war eine Vollversammlung, und zwar von Ehrenamtlichen für Ehrenamtliche, für alle

Ehrenamtlichen, die in der Geflüchtetenhilfe engagiert sind, also diejenigen, die eigentlich staatliche Aufga ben übernehmen, nämlich für Geflüchtete zu arbeiten und die Integration von Geflüchteten voranzutreiben. Die Geflüchteten selbst waren auch sehr zahlreich vertreten. Sie kamen zu Wort. Genauso kamen Pro fessoren zu Wort, Geflüchtete, Kirchenvertreter usw. Eine der Botschaften dort, klar und deutlich, war: Lasst die Leute endlich arbeiten! Lasst die Menschen arbeiten! Alles andere ist unwürdig. Das Recht auf Ar beit ist ein Menschenrecht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich denke, ich erspare Ihnen jetzt eine Aufzählung, welche Wirt schaftsvertreter und welche Wirtschaftsverbände immer wieder fordern, die 3+2Regelung umgehend auch in Bayern gelten zu lassen. Ich bin mir sicher, all jene sind auch an Sie herangetreten. Aber ich frage mich schon: Warum darf Nuruala aus Afghanistan, der dort schon jahrelang als Schneider gearbeitet hat, nicht endlich hier eine Schneiderlehre anfangen wie derjenige, der in Moosburg wohnt, oder Afared aus Afghanistan, der in Freising eine kaufmännische Aus bildung anfangen wollte, oder der junge Mohamed aus Ghana, der drei Ausbildungsplatzangebote hat? Er darf nicht arbeiten, obwohl er – Sie sagen immer, jemand soll sich integrieren, und dann ist alles in Ord nung – bestens integriert ist. Er ist zum Beispiel Schü lersprecher in der Balanstraße und kann hervorra gend Deutsch. Er hat auch bei der Vollversammlung geredet.

Sehr geehrte Staatsregierung, sehr geehrte Kollegin nen und Kollegen der CSU, Geflüchtete haben ein Recht auf ein würdiges Leben, und sie haben auch ein Recht auf Arbeit. Alles andere ist unsinnig. Es ist unsinnig, sie vom Arbeitsmarkt auszusperren. Selbst wenn sie in ihr Land zurückkehren müssen, ist das die beste Entwicklungsarbeit und einfach die beste Inves tition. Handeln Sie danach! Handeln Sie christlichso zial!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der GRÜ NEN)

Vielen Dank. – Jetzt hat Herr Staatssekretär Eck um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, dass die Zeit fortgeschritten ist. Ich will nur wenige Punkte klarstellen.

Erstens. Ich wundere mich ein wenig: Wir haben Tau sende von anerkannten Flüchtlingen in unserem Land, die bei uns leben. Ich vermisse, dass man das Engagement würdigt, das man hier für diese Bürgerin

nen und Bürger aufbringt. Bei diesen wäre es meiner Meinung nach wesentlich sinnvoller angebracht, liebe Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens. Es ist angesprochen worden, dass es Ge richtsverfahren gegeben hat. Bevor man diese Dinge in den Raum stellt, sollte man auch das Papier dabei haben. Es gibt kein einziges Gerichtsverfahren, das der Staatsregierung aufzeigt, dass auch nur im An satz irgendwelche Dinge falsch entschieden worden wären. Damit will ich in aller Deutlichkeit sagen: Die Staatsregierung setzt die 3+2Regelung entsprechend der Gesetzeslage um.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Alles, was hier sonst angesprochen wird, ist schlicht weg falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

In beiden Anträgen wird immer wieder ein Papier vom 19. Dezember angesprochen. Dieses ist längst über holt. Alleine deswegen ist es vollkommener Unsinn, dass immer wieder darüber geredet wird.

Liebe Damen und Herren, hier wird alles vermischt und werden Äpfel mit Birnen verglichen. Die Vorrang prüfung, die von manchen Rednern einige Male ange sprochen worden ist, hat mit dieser Thematik, über die wir jetzt reden, ebenfalls überhaupt nichts zu tun. Das passt überhaupt nicht auch nur im Ansatz in die sen Zusammenhang.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Liebe Damen und Herren, liebe Gäste, da müssen wir uns überlegen, wie man letztlich damit umgeht. Die Dreimonatsregel – das will ich nochmal nennen – ist zum Vorteil der Betroffenen.

(Petra Guttenberger (CSU): Das ist ein Bundes gesetz!)

Sie ist zum Vorteil der Betroffenen. Normal wird im Falle, dass der Vertrag für die Lehrzeit abgeschlossen wird, über die Beschäftigungserlaubnis erst entschie den, wenn die Situation dafür gegeben ist. Beispiels weise wird dann bei Beginn im September über die ses Thema im August entschieden. Man hat aber gesagt, man will der Wirtschaft ein Stück weit entge genkommen. Schon vorher hat es ein Gespräch ge geben. Unser Innenminister Joachim Herrmann hat sich mit den Kammern auseinandergesetzt. Jetzt kön

nen wir heute natürlich einen Antrag stellen, nächste Woche den nächsten. Dann diskutieren wir über Drei monatsregeln, über Sechsmonatsregeln, über Acht monatsregeln. Liebe Freunde, irgendwo brauchen wir schon klare Anhaltspunkte für die Verwaltung und für die Wirtschaft.

Liebe Damen und Herren, die Ausbildungsduldung gilt für die Fortsetzung einer im laufenden Asylverfahren begonnenen Ausbildung – jetzt sage ich es deutlich –, nicht als Instrument, um durch eine nachträgliche Ausbildungsaufnahme die Ausreisepflicht zu umge hen. Damit müssen wir doch offen, ehrlich und sach lich umgehen. Die Anerkennungsquote ist außerdem nicht allein ausschlaggebend für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

sondern sie ist letztendlich nur ein einzelnes Kriteri um.

Liebe Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen, diese ständigen Anträge – ich will das so deut lich sagen – zeigen einen vollkommen falschen Fokus.