Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund hat einige Merkmale erarbeitet, die dabei helfen, die richtige Einordnung zu treffen. Kinderlebensmittel – so heißt es da – haben auffällige Verpackungen; sie sind bunt, haben auffällige Formen, tragen die Aufschrift "for kids" oder Ähnliches; sie haben auch oft Beilagen wie Aufkleber, kleine Spielzeuge usw. Wenn Sie sich diese Merkmale genauer ansehen, stellen Sie fest: Das sind alles reine Marketing Gags. Was im Lebensmittel ist, ist nebensächlich, Hauptsache die Zielgruppe Kind wird aufmerksam. Für eine verstärkte Kundenbindung sind diese Produkte dann oft besonders süß, besonders bunt und enthalten besonders viele Zusatzstoffe, und sie werden besonders beworben.

Wenn man sich die Absatzanalysen ansieht, muss man feststellen, dass Kinder immer mehr zur Kaufentscheidung der Eltern beitragen. Kinder wissen oft eher als ihre Eltern, was auf dem Lebensmittelmarkt für sie gerade besonders beworben wird – und das wollen sie dann auch haben. Wer so wie ich Kinder hat, kennt diese Diskussionen mit Sicherheit. Nur ein Beispiel: Frühstückscerealien mit einem Zuckergehalt

von mehr als 30 % sind keine Seltenheit. Diese werden nicht nur zum Frühstück verzehrt. Das Gleiche gilt für alle möglichen Süßwaren oder Softdrinks, die nicht minder ungesund sind.

Nun stellen wir uns hier im Landtag die Frage, wie diese Lebensmittel beworben werden dürfen. Natürlich gibt es bereits gesetzliche Regelungen – darauf ist schon hingewiesen worden; das steht außer Frage. Irreführende Werbung ist bereits jetzt verboten, und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist zwar ein guter Ansatz und löst einige unserer Probleme, aber beileibe nicht alle. Ob eine Verordnung ausreicht und ob sie zielführend ist, kann man ganz einfach feststellen. Man muss sich nur einmal die Statistik ansehen, die zum Beispiel den Anteil der übergewichtigen Kinder auflistet. Damit können wir nicht zufrieden sein. Der Anteil der übergewichtigen Kinder hat sich seit den Neunzigerjahren um 50 % erhöht und beträgt nun 15 %. Da sehen wir doch einen deutlichen Handlungsbedarf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem ist doch, dass der Gesetzgeber lieber Aktionen und Aufklärungskampagnen macht, als klare Regeln einzuziehen. Diese sind dringend nötig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die entscheidende Frage ist doch: Wer muss hier Verantwortung übernehmen? Sind es denn wirklich alleine die Eltern, die als mündige Verbraucher schon wissen müssten, was sie ihren Kindern kaufen, wie Frau Schorer-Dremel meint? Haben Eltern nicht vielleicht auch das Recht, dass sie bei dieser Entscheidung Hilfestellung bekommen? Der sogenannte mündige Verbraucher muss ja bei jeder Kaufentscheidung inzwischen so viele Dinge bedenken:

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wurden die Waren von weither transportiert? Unter welchen Bedingungen wurden sie produziert? Wie ist der ökologische Fußabdruck? Wie viele Zusatzstoffe sind enthalten? Wie wurden Tiere gehalten? Und so weiter und so fort. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verbraucherinnen und Verbraucher sind zunehmend verunsichert bei der Überlegung, was sie guten Gewissens kaufen können. Der Blick auf die winzig klein gedruckte Zutatenliste hilft nicht immer weiter. Deshalb wäre ein wenig staatliche Unterstützung nicht schlecht,

(Beifall bei den GRÜNEN)

vor allem, wenn es um die schwächsten und empfindlichsten Verbraucherinnen und Verbraucher geht, um unsere Kinder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir unterstützen deshalb gern den Antrag der SPDFraktion.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Kolleginnen und Kollegen, ich komme zu den Tagesordnungspunkten 12 und 13 zurück. Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 13 ist verändert worden. Wir stimmen zunächst – namentlich – über den Antrag der FREIEN WÄHLER unter Tagesordnungspunkt 12 ab; es geht um die stärkere Förderung von generationenübergreifenden Wohnformen, Drucksache 17/14222. Die Urnen stehen bereit. Ich bitte, die Stimmkarten einzuwerfen. Fünf Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 21.01 bis 21.06 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten außerhalb des Plenarsaals auszuzählen. Wir geben das Ergebnis wie immer zu einem späteren Zeitpunkt bekannt.

Ich darf jetzt die Bitte äußern, dass die Kolleginnen und Kollegen ihre Plätze einnehmen, damit wir die nächste Abstimmung durchführen können.

(Unruhe)

Ich kann erst weiterfahren, wenn alle die Plätze eingenommen haben. Das ist für die Abstimmung erforderlich.

(Unruhe)

Ich möchte gern abstimmen.

(Jürgen W. Heike (CSU): Wir auch!)

Ja, aber die Lage ist noch nicht so, wie ich sie gern hätte.

Ich darf jetzt zu Tagesordnungspunkt 13 zurückkommen. Hier geht es um den Antrag der FREIEN WÄHLER betreffend "Konzept ‚Wohnen für Hilfe‘ weiter vorantreiben!" auf der Drucksache 17/14426. Es wurde der Änderungsantrag gestellt, die Wörter "über 100.000 Einwohnern" zu streichen. Ich darf jetzt um die Abstimmung bitten. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Wer dennoch dem Antrag mit dieser Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 15:

Antrag der Abgeordneten Stefan Schuster, Susann Biedefeld, Martina Fehlner u. a. (SPD) Anrechnung der Reisezeiten bei Fortbildungsreisen von bayerischen Beamtinnen und Beamten (Drs. 17/15825)

Im Einvernehmen der Fraktionen findet hierzu keine Aussprache statt.

Wir kommen damit gleich zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Regionalisierung von Verwaltung - Behördenverlagerungen 2015 (Drs. 17/16143)

Ich eröffne die Aussprache und darf als Erstem Herrn Kollegen Pohl das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen Berichtsantrag über den Stand der Behördenverlagerungen im Freistaat Bayern gestellt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Die Behördenverlagerungen begrüßen wir ausdrücklich. Sie tragen dazu bei, das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu erreichen. Als Sie noch die alte Rangliste hatten – München Champions League, Oberbayern Bundesliga, der Rest Bayerns Landesliga –, haben wir schon gefordert, von diesem Stoiber-Dogma abzugehen und Bayern gleichmäßig zu entwickeln. Alle Regionen haben ihre Stärken, und deren gleichmäßige Entwicklung kommt dem Freistaat insgesamt zugute.

Hier ist in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gekommen. Damit meine ich nicht nur die Verfassungsänderung, die wir gemeinsam mit CSU und SPD auf den Weg gebracht haben. Wir haben auch tatsächliche Verbesserungen erreicht. Diese bleiben zwar hinter dem zurück, was wir gern erreicht hätten; aber man muss anerkennen, dass der Teil der Heimatstrategie, der die Verlagerung von Behörden in die Regionen Bayerns betrifft, ein wichtiger Beitrag dazu ist, gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern herzustellen.

Wir sind der Meinung, dass der erste Schritt getan ist. Jetzt muss ein zweiter Schritt folgen. Wir müssen noch mehr Behörden in die Regionen verlagern. Wir müssen uns auch die Ankündigungen ansehen und prüfen, was denn umgesetzt wird. Das eine oder andere ist schon umgesetzt worden. Das eine oder andere steht aber noch in den Startlöchern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist es nur richtig, wenn der zuständige Minister für Landesentwicklung und Heimat Markus Söder im Haushaltsausschuss darüber berichtet.

Wir waren sehr überrascht und erstaunt, dass dieser Antrag von der CSU-Fraktion mit der Begründung abgelehnt wurde: Na ja, irgendwann wird er schon berichten. Ich hätte es verstanden, wenn der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Kollege Peter Winter, gesagt hätte, dass dieses Thema auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung oder der Sitzung in zwei Wochen stünde. In diesem Fall hätten wir den Antrag für erledigt erklärt. Das ist keine Frage. Wenn jedoch gesagt wird, der Minister werde irgendwann berichten, muss ich mir schon die Frage nach dem Selbstbewusstsein dieses Parlaments stellen. Ich denke, wir haben ein Anrecht darauf, dass uns die Staatsregierung über die Umsetzung der Heimatstrategie berichtet, und zwar nicht irgendwann, sondern zeitnah; denn wir müssen auch nachsteuern können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen konkret sagen können, dass wir es an der einen oder anderen Stelle gern etwas schneller

hätten oder dass mehr getan werden muss. Wir müssen auch sagen, wo wir auf einem guten Weg sind. Da geht es gar nicht um Konfrontation. Vielmehr ist es die Aufgabe des Parlaments, die Arbeit der Staatsregierung zu kontrollieren.

Ich bin gespannt, ob die CSU-Fraktion heute diesem Antrag zustimmen wird oder zumindest einen konkreten Termin für die Erledigung dieses Antrags nennt. Es sollte zeitnah, noch vor der Sommerpause, aufgezeigt werden, wann der Minister gedenkt, uns zu informieren.

Wir haben darauf ein Anrecht. Wir halten die Heimatstrategie und die Behördenverlagerungen für wichtig. Das sehen nicht alle Fraktionen in diesem Hause so, aber zumindest die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und der CSU. Ich denke, dass wir ein Anrecht auf einen Bericht haben. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CSU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Herold das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Bernhard Pohl, dieser Antrag wurde nicht abgelehnt. Wir haben vielmehr darauf hingewiesen, dass er überholt ist. Natürlich wird unser Heimat- und Finanzminister, Herr Dr. Markus Söder, zeitnah einen Bericht abgeben. Das war auch unsere Begründung im Haushaltsausschuss am 5. April 2017.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wann denn?)