Bleiben Sie bitte noch kurz am Mikrofon. – Kollege Lotte hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet.
Sehr geehrter Herr Kollege Lorenz, Sie versuchen jetzt, unseren Gesetzentwurf ein bisschen platt ins Lächerliche zu ziehen. Deshalb will ich einmal das, was Sie von den Fakten wiedergegeben haben, geraderücken. Wir haben ja – das haben Sie selber bestätigt – bereits ein Gesetz der Staatsregierung, das nicht funktioniert. Vielleicht können Sie einmal sagen, warum es in Bayern keine Kommune außer München anwendet, anstatt einen Vorschlag wie den zu bringen, die Stadt München könne doch die Wohnung versiegeln. Da frage ich: Wenn eine Wohnung versiegelt ist, ist damit irgendeinem Mieter in München irgendwie geholfen? Ist das Ihre Intention? Unsere Intention ist, mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Eine Möglichkeit ist, das Zweckentfremdete sozusagen als Wohnraum zurückzugewinnen.
Weil Sie immer so um den Brei herumreden, möchte ich klarstellen, worüber wir hier überhaupt reden. Ich lese den einschlägigen Satz unseres Änderungsantrags vor, weil es nur ein Satz ist. Dieser Satz – da geht es nicht um höher und darum, dass jeder mehr will – heißt: "Wird Wohnraum für Zwecke der Fremdenbeherbung … genutzt, kann die Gemeinde unter
Aufhebung des Nutzungsverhältnisses gegenüber den Nutzern anordnen, den Wohnraum zu räumen (Räumungsverfügung)." Vielleicht erklären Sie uns einmal, warum Sie mit diesem Satz so riesige Probleme haben und darstellen, man würde noch mehr wollen und den Gesetzentwurf verfälschen. Warum nehmen Sie nicht die einzige vollziehende Behörde, die Stadt München, ernst und kommen dem Begehr nach, diesen einen Satz aufzunehmen, damit wir ein funktionierendes Gesetz haben, das, wenn es funktioniert, auch ein gutes Gesetz ist?
(Vom Redner nicht autori- siert) Das war jetzt eine Reihe von Fragen; ich hoffe, dass ich in der gebotenen Zeit alle beantworten kann. Ich finde es persönlich sehr schade, dass es nur eine Gemeinde ist, und stelle eine Gegenfrage. Es gibt sehr viele Städte, und die Mehrzahl der Städte ist SPD-geführt. Warum wenden sie die Regelung nicht an?
Man muss die Anwendung von Gesetzen einfach einmal probieren, und es wäre sehr sinnvoll und richtig, wenn SPD-geführte Städte wie Nürnberg oder Gemeinden im Ballungsraum München die Regelung anwenden würden. Ich hoffe, dass es künftig mehr sind; denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es das Problem nur in München gibt. Es wird es mit Sicherheit auch woanders geben.
Wie bei jedem Gesetz müssen wir auch hier Güter abwägen. Sie haben jetzt schon nach dem gewöhnlichen Vollstreckungsgesetz die Möglichkeit der Zwangsräumung. Wir bewegen uns natürlich im Rahmen der Rechtsprechung, und da kann ich einen Kommentar des ehemaligen Münchner Personalreferenten und jetzigen Kreisverwaltungsreferenten Böhle zum Zweckentfremdungsgesetz zitieren: Sie können jetzt bereits räumen. Nur wenden die Gerichte – ich maße mir nicht an, Gerichtsentscheidungen zu kritisieren – das Gesetz lediglich auf gewerbliche Nutzung an. Das heißt, wenn jemand eine Arztpraxis oder ein Rechtsanwaltsbüro hat, kann die Wohnung selbstverständlich auch nach dem jetzigen Gesetz sofort geräumt werden. Bei privater Nutzung sagen die Gerichte, dass das nicht möglich ist; denn derjenige, der die Wohnung nutzt, hat vielleicht noch gar nicht gegen das Gesetz verstoßen, ist also ein sogenannter Nichtstörer. Wenn beispielsweise eine arabische Familie im Rahmen der Acht-Wochen-Frist eine Wohnung nutzt, hat sie vielleicht noch gar nicht gegen ein
(Vom Redner nicht autori- siert) Das heißt, der Person ist gar nicht bewusst, dass sie gegen ein Gesetz verstößt. Der Vorwurf geht auch nicht an die Person, die die Wohnung nutzt, sondern an den Vermieter. Man muss sich an den Vermieter halten, und die Maßnahmen müssen sich gegen den Vermieter richten.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, bevor ich jetzt dem Kollegen Hanisch das Wort erteile, teile ich mit, dass die CSU-Fraktion namentliche Schlussabstimmung beantragt hat. – Kollege Hanisch für die Fraktion FREIE WÄHLER, bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wohnraum ist in vielen Kommunen Bayerns Mangelware, und Tatsache ist auch, dass Wohnraum in vielen Teilen Bayerns zweckentfremdet wird. Seit Jahren gibt es ein Zweckentfremdungsgesetz, und nur die Stadt München hat davon Gebrauch gemacht. Jetzt stellt man sich die Frage: Warum eigentlich nur München? Die Fachleute waren sich in der Anhörung relativ einig, dass das bestehende Gesetz zu kompliziert ist und zu wenig Möglichkeiten ausgeschöpft werden, sodass die Wirkung verpufft. Deshalb wird die Möglichkeit, eine Verordnung zu erlassen, von vielen Kommunen nicht genutzt.
Das neue Gesetz, das jetzt vorliegt, bietet durchaus drastischere Möglichkeiten, wenn ich etwa den Strafrahmen nenne, der verzehnfacht worden ist. Das hat sicher eine abschreckende Wirkung und wird wohl den einen oder anderen beeindrucken, aber die Leute, die die Zweckentfremdung gewerbsmäßig betreiben, wohl weniger. Und da ist der Hund begraben, meine Damen und Herren. Wenn ich den Ausdruck "Medizintourismus" vor zwei Jahren gehört hätte, hätte ich nicht gewusst, was ich mit ihm anfangen soll. Tatsächlich gehen Zigtausende von Menschen in München ins Klinikum, nehmen aber keine Hotelzim
mer, sondern mieten Wohnungen an. Teilweise werden bis zu 20 Personen in einer Wohnung untergebracht. Im Klinikum werden aber nicht diese 20 Leute behandelt, sondern vielleicht nur eine einzige Person, die mit ihren Familienangehörigen, Personal und allem, was sie in ihrer Heimat gewohnt ist, dort einzieht. Dies belastet den Wohnungsmarkt erheblich. Im Übrigen resultieren daraus auch Probleme mit den Nachbarn oder den übrigen Bewohnern dieser Häuser. Das sind Probleme, gegen die wir vorgehen müssen.
Wir haben uns im Ausschuss für die Anhörung entschieden und haben Fachleute und Praktiker zur Anhörung geladen. Bei der Anhörung der Praktiker der Stadt München, die mit diesem Gesetz zu tun haben, konnten wir schnell erkennen, dass die Eingriffsmöglichkeiten der Stadt relativ gering sind. Das ist eigentlich das Hauptproblem. Auch wenn der Gesetzentwurf der CSU deutliche Verbesserungen vorsieht, die wir begrüßen, werden wir keine vollständige Lösung damit erreichen; denn trotz aller Verbesserungen steckt der Teufel im Detail. Wir sehen hier noch keine praxisgerechte Lösung.
Wir unterstützen die Entfristung des Gesetzes. Es ist eine zweckmäßige Lösung, die dringend erforderlich ist. Ausdrücklich begrüßen wir auch die Erweiterung des Bußgeldrahmens von 50.000 Euro auf 500.000 Euro, und nicht zuletzt begrüßen wir die umfassende Auskunftspflicht gegenüber den Kommunen. Das ist auch eine Sache, die bisher nicht geregelt war. Bisher konnte man die Auskunft verweigern, jetzt muss sie auf Anfrage gegeben werden. Damit kann eine Verbesserung erreicht werden.
Die Klagen gegen den Vollzug einer Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung. Das ist ebenfalls ein wichtiger Gesichtspunkt, weil damit wichtige Entscheidungen sofort getroffen werden können.
Die kurzfristige Vermietung von Privatunterkünften an Studenten soll mit diesem Gesetzentwurf nicht unterbunden werden. Wenn jemand eine Wohnung untervermietet, weil er die Einkünfte aus dieser Untervermietung braucht, schafft der Gesetzentwurf dabei kein Problem. Es geht im Grunde nur um den gewerbsmäßigen Touch. Ich erinnere nur an die Situation im Arabellapark. Dort wenden sich die Anwohner vehement gegen die Ruhestörungen. Es gibt dort eine beachtliche gewerbsmäßige Vermietung an Personen mit ihren Familienangehörigen und ihrem Personal. Dies ist eine unerträgliche Situation für viele Anlieger. Wir wissen das aus Schreiben, die wir von diesen Anliegern bekommen haben.
Um dieses Problem zu lösen, fehlt dem Gesetzentwurf allerdings ein effektives Werkzeug. In München haben wir es teilweise mit bandenartigen und kriminellen Strukturen zu tun. Möglicherweise werden wir das mit der Bußgelderhöhung etwas eindämmen können, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Vermieter auch hier eine Lücke finden, ist vermutlich relativ groß.
Die Beschränkung auf acht Wochen halten wir für besser als die Vier-Wochen-Lösung. Und um es zu wiederholen: Die Möglichkeiten, Wohnraum an Studenten zu vermieten und unterzuvermieten, wenn man seine Miete allein nicht aufbringen kann, bleiben bestehen.
Was kritisieren wir nun? – Wir kritisieren, dass mit diesem Gesetzentwurf die Werbung nicht unterbunden wird. Das ist im Grunde eine unerträgliche Situation. Wenn wir etwas nicht wollen, müssen wir auch dafür sorgen, dass der Einzelne dafür keine Werbung machen kann. Eine solche Regelung enthält der Entwurf der Staatsregierung leider nicht, während sie im Gesetzentwurf der SPD durchaus enthalten ist. Ferner besteht ein Unterschied zwischen denjenigen, die kurzfristig Privatunterkünfte vermieten, und den Gruppen, die systematisch im Ausland Medizintouristen anwerben. Das müsste verboten werden.
Die Forderung nach Zwangsräumung derjenigen, die die Wohnung anmieten, hilft nicht, die Ursache zu beseitigen. Es sind die Vermieter, die solche Wohnräume anbieten. Viele derjenigen, die solche Wohnungen anmieten, leben im Ausland. Sie wissen gar nicht, dass sie sich hier rechtlich auf schwachem Boden bewegen.
Wir bedauern, dass es keine Regelungen gibt, die die Vermietung an Medizintouristen verbieten, um den Machenschaften einzelner Vermieter beizukommen. Wir meinen, dass mit diesem Gesetzentwurf zumindest ein Einstieg geschaffen wird und einige Verbesserungen zu erreichen sein werden. Wir werden uns aber über dieses Thema weiterhin unterhalten müssen.
Dass wir dem Gesetzentwurf der SPD nicht zustimmen, sondern uns dabei enthalten werden, hat seine Ursache in der Treuhänderregelung. Wir haben im Ausschuss bereits angedeutet, dass wir von dieser Treuhänderregelung nichts halten. Wir halten sie für sehr problematisch.
Auch den weiteren Anträgen können wir nicht zustimmen. Dem Gesetzentwurf der Staatsregierung, der deutliche Verbesserungen gegenüber der bisherigen Rechtslage bringt, stimmen wir zu, weisen aber auf die angesprochenen Mängel hin, wohl wissend, dass
Vielen Dank. – Der nächste Redner ist der Kollege Mistol für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bezahlbarer Wohnraum ist und bleibt knapp. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass sich der Wohnraummangel in Bayern in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird. Deshalb ist es richtig und wichtig, wirklich hart und konsequent gegen ungenehmigte Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen.
Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig, dass das Zweckentfremdungsgesetz, das zum 30. Juni ausgelaufen wäre, nun unbefristet verlängert und verschärft werden soll. Wir haben dazu zwei Gesetzentwürfe vor uns. Beide erscheinen mir inhaltlich ähnlicher, als man es der Debatte jetzt entnehmen könnte. Beide gehen in die richtige Richtung. In beiden Initiativen findet sich die Steigerung der Bußgelder von 50.000 auf 500.000 Euro, und in beiden Gesetzentwürfen gibt es eine zeitliche Obergrenze für die Fremdbeherbergung, und zwar einmal sechs Wochen und einmal acht Wochen, und es gibt erweiterte Auskunftsrechte über Hausverwaltungen, Immobilienmakler und Internetportale wie Airbnb.
Es gibt auch einige Unterschiede. Auf einen ist schon hingewiesen worden, nämlich auf die Treuhänderregelung. Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinweisen, dass der Treuhänder bei den Experten und Expertinnen, die im Ausschuss gesprochen haben, nicht besonders gut angekommen ist. Das ist auch aus unserer Sicht im Gesetzentwurf der SPD nicht so gut gelungen.
Unterschiede bestehen insbesondere auch im Hinblick auf die Wiederzuführung des Wohnraums zu Wohnzwecken und auf das Vollstreckungsregime. Dazu haben die Experten und Expertinnen bei der Anhörung im Innenausschuss klar Stellung bezogen. Wer es hören wollte, konnte hören, was sie zu sagen hatten.
Für die Experten und Expertinnen waren drei Aspekte ausschlaggebend. Erstens. Das Anbieten und Bewerben von ungenehmigtem, zweckentfremdetem Wohnraum soll als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Zweitens. Die Anordnungen müssen gut vollstreckt werden können, wenn erforderlich auch durch Räu
mung als Ultima Ratio. Drittens. Der Zweckentfremdungstatbestand ist auch bei zeitlich befristeten Vermietungen von möbliertem Wohnraum mit Mieten über 15 % der ortsüblichen Vergleichsmiete gegeben.
Punkt drei, was die überteuerte Vermietung von möbliertem Wohnraum und damit den Sachverhalt des Wuchers betrifft, sehen wir schon anders, als Kollege Lorenz vorgetragen hat. Wir sehen den Bundesgesetzgeber in der Verantwortung. Ich meine, dies hat in diesem Gesetz tatsächlich nichts zu suchen. Es braucht endlich eine praxistaugliche Ausgestaltung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von CSU und SPD, diesbezüglich hätten Sie auch über Ihre Kollegen im Bundestag schon für eine Lösung sorgen und entsprechend Druck machen können.
Noch einmal zu den ersten beiden Anregungen der Expertinnen und Experten. Wir als GRÜNE haben sie ernst genommen. Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der heute auch zur Abstimmung steht. Da in den vergangenen Jahren insbesondere das lukrative Geschäft im Bereich Fremdbeherbergung – das hatten wir schon besprochen –, Medizintourismus und Vermietung über Online-Portale stark zugenommen hat, soll schon das Anbieten und Bewerben von zweckentfremdetem Wohnraum geahndet werden können. Das ist das eine.
Darüber hinaus soll in Ergänzung zum Landesstraf- und Verordnungsgesetz eine Räumungsbefugnis in das Gesetz aufgenommen werden. Zudem sollen Verwaltungsakte zur Feststellung und Beseitigung einer Zweckentfremdung mit den Mitteln des Verwaltungszwanges vollzogen werden können, um ein wirklich funktionierendes Vollstreckungsregime zu gewährleisten.
Kollege Hanisch hat darauf hingewiesen – ich gebrauche jetzt den Begriff, den die Experten der Stadt München in der Anhörung gebraucht haben –: Im Medizintourismus sind mafiöse Strukturen anzutreffen. Wenn es um mafiöse Strukturen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, braucht es wirklich harte und konsequente Mittel, um diesen Strukturen entgegenzutreten.
Kolleginnen und Kollegen, ich will nochmals für unseren Änderungsantrag und damit für eine praxistaugliche Lösung im Sinne der Kommunen werben. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung bringt aus unserer Sicht zwar eine deutliche Verbesserung, letztlich fehlt ihm aber der Biss. Wir GRÜNE regen daher an, zu gegebener Zeit die Gesetzesänderung zu evaluieren. Sollte mit dem heute zu beschließenden Gesetz nicht
die gewünschte Wirkung hinsichtlich der Beendigung von Zweckentfremdungen erzielt werden können, stehen Sie von der Staatsregierung, Herr Staatssekretär Eck, auch in der Pflicht, entsprechend nachzubessern, und zwar so schnell wie möglich.
Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich an alle Städte und Gemeinden appellieren, nach Inkrafttreten des Gesetzes von dieser Möglichkeit auch Gebrauch zu machen, dieses Gesetz vor Ort verstärkt anzuwenden und auch gegen andere Formen der Zweckentfremdung von Wohnraum – ich nenne nur die Überbelegung oder die Verwahrlosung von Wohnraum – im Rahmen der Wohnungsaufsicht gezielt vorzugehen.
Insofern werden wir GRÜNE dem Gesetzentwurf der Staatsregierung heute zustimmen, übrigens auch dem Gesetzentwurf der SPD, auch wenn er aus unserer Sicht nicht perfekt ist. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ist auch nicht perfekt, aber er ist besser als das, was wir bisher hatten. Er bringt – das haben auch die Expertinnen und Experten bestätigt – eine deutliche Verbesserung.
Wir GRÜNE werden uns den Vollzug trotzdem sehr genau ansehen und Verbesserungen einfordern, sobald dies notwendig erscheint. Ich befürchte, dies wird notwendig sein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.