Andreas Lorenz

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(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, werte Kollegen! Nach den allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen am 16. März 2014 hat das Staatsministerium des Innern einen Erfahrungsbericht erstellt und kam zu dem Ergebnis, dass sich die bestehenden gesetzlichen Vorschriften im Wesentlichen bewährt haben. Zugleich wurden jedoch auch einige Vorschläge für eine Gesetzesänderung unterbreitet. Die Ergebnisse des Erfahrungsberichts waren die Grundlage für die Überarbeitung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes.
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält insbesondere folgende Neuregelungen:
Erstens. Die Erweiterung der Bestellungsmöglichkeiten zum Wahlleiter.
Zweitens. Die Regelung der Verfahrensweise bei weniger als 50 Urnenwählern in einzelnen Stimmbezirken.
Drittens. Eine Regelung, wonach Stimmen aus der Briefwahl nicht einfach dadurch ungültig werden, dass die wählende Person ihr Wahlrecht nachträglich verliert.
Viertens. Vorgesehen ist außerdem eine Abschaffung der Wählbarkeitshindernisse von amtierenden Bürgermeistern und Landräten.
Fünftens. Listenverbindungen werden abgeschafft.
Sechstens. Ein wichtiger Punkt ist uns auch die Abschaffung der Listennachfolge als Bezugspunkt einer Ungültigerklärung. Das klingt relativ harmlos. Es hat sich aber oft gezeigt, dass es in vielen Fällen zu einer Nachwahl kam. Aus unserer Sicht ist das nicht sinnvoll in Fällen, in denen ein Formfehler nur einen geringen Einfluss auf das Wahlergebnis hat. Ich nenne als Beispiel die Nachfolge von Leuten, die gar nicht gewählt werden. In solchen Fällen sollte es nicht zu einer Nachwahl kommen. Wir haben das geändert. Die Schranke der Erheblichkeit ist wesentlich nach oben gesetzt worden.
Siebtens. Wichtig ist auch die Erweiterung des Rederechts in Bürgerversammlungen auf Gemeindeangehörige. Das bedeutet, alle, die in der Gemeinde wohnen, dürfen reden, auch EU-Bürger und Nicht-EUBürger. Das war bisher nicht der Fall. Auch diese
Menschen können künftig an den Entscheidungen mitwirken.
Achtens. Die Inkompatibilitätsvorschriften werden erweitert. Ein Kreisrat darf nicht ehrenamtliches Ratsmitglied einer kreisfreien Gemeinde sein. Das ist eigentlich logisch, wurde aber hier extra noch einmal erwähnt.
Neuntens. Der Gesetzentwurf sieht außerdem eine Neuregelung des Vorsitzes in Ausschüssen und die Einführung der Vertretung eines Ausschussmitglieds im Vorsitz vor.
Zehntens. Der Umfang der Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters, des Landrats, des Bezirkstagspräsidenten und des Verbandsvorsitzenden wird anlässlich der aktuellen Rechtsprechung des BGH klargestellt.
Elftens. Die Gründe für den Ausschluss wegen persönlicher Beteiligung in Artikel 49 Absatz 1 der Gemeindeordnung wurden um die Betroffenheit nicht nur von einem Mitglied vertretener juristischer Personen, sondern auch sonstiger Vereinigungen sowie um die Bezugnahme auf den Angehörigenbegriff erweitert.
Bezüglich des Verbots des Doppelauftritts der Parteien gab es gewisse Unklarheiten. Jetzt wurde Klarheit geschaffen. Eine Untergliederung liegt nur dann vor, wenn alle Mitglieder einer Organisation auch Mitglied des Wahlvorschlagsträgers sind.
Wir bitten Sie, dem Gesetzentwurf der CSU-Fraktion und dem interfraktionellen Änderungsantrag zuzustimmen. Aufgrund der Erfahrungen bei den allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen im Jahr 2014 und weiterer Klarstellungen, Änderungen und Ergänzungen ist eine weitergehende Änderung der Vorschriften aus unserer Sicht nicht angezeigt. Die Erkenntnisse aus dem Erfahrungsbericht sind im Wesentlichen in diesen Änderungsantrag eingeflossen. Insofern bitten wir Sie, auch diesem Änderungsantrag zuzustimmen.
Aufgrund einiger Fälle in der Vergangenheit haben wir auch im Artikel 47 Absatz 1 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes eine Änderung vorgenommen. Wann gilt die Wahl als angenommen? – Beim Landtag ist es bereits bei der Wahl logisch, dass eine Person ein Amt übernehmen möchte. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, dass jeder, der bei einer Wahl antritt und nicht innerhalb einer gewissen Frist widerspricht, seine Wahl auch annimmt. Dies führen wir auch bei der Kommunalwahl ein. In der Vergangenheit gab es einige bedauerliche Fälle, bei denen es zu Komplikationen gekommen ist.
In dem interfraktionellen Antrag machen wir einen Vorschlag zur Berechnung im Rahmen des Wahlverfahrens. Übereinstimmend mit allen Fraktionen schlagen wir vor, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers anzuwenden. In der Expertenanhörung hat sich gezeigt, dass das bisherige Verfahren nach Hare-Niemeyer eindeutige Schwächen aufweist, sowohl in mathematischer Hinsicht als auch im Hinblick auf die politische Wirkung. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass auch andere Länder wie Nordrhein-Westfalen Überlegungen zur Arbeitsfähigkeit der Parlamente und zur Zersplitterung angestellt haben. Dort wurde eine Drei-Prozent-Hürde eingeführt. Mit diesen Argumenten hätte auch die Einführung eines anderen Wahlverfahrens, zum Beispiel des Verfahrens nach d‘Hondt, begründet werden können. Aufgrund der übereinstimmenden Meinung der Experten sind wir jedoch zu dem Entschluss gekommen, das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zu wählen; denn dadurch ist nach unserer Ansicht die Stimmenwertgleichheit und die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen am vorzugswürdigsten abgebildet.
Die Oppositionsfraktionen haben eine Vielzahl von Änderungsanträgen eingebracht. Ich möchte zunächst einmal nur auf einen Änderungsvorschlag eingehen, den alle drei Oppositionsfraktionen gemacht haben, nämlich die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Nach unserer Ansicht muss das Wahlalter gleich dem Alter der Volljährigkeit und der vollen Geschäftsfähigkeit sein. Wir sehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Alter von 18 Jahren geändert werden sollte. Die Teilnahme an Wahlen ist ein grundlegender Akt der demokratischen Willensbildung. Wir möchten nicht Minderjährigen, die in anderen Rechtsbereichen nicht voll geschäftsfähig sind, das Wahlrecht zukommen lassen. Solange das Alter der Volljährigkeit bei 18 Jahren liegt, möchten wir auch das Wahlalter bei 18 Jahren belassen.
Sie haben eine Vielzahl von Änderungsanträgen eingereicht. Ich möchte mir deshalb Redezeit aufsparen. Sollte es erforderlich sein, werde ich auf Ihre Änderungsanträge eingehen. Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung und empfehle Ihnen, auch den interfraktionellen Änderungsantrag anzunehmen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen! Wir haben das Thema schon des Öfteren diskutiert. Ihnen ist bekannt, dass die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer, also in den unterschiedlichsten politischen Konstellationen, dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bereits zugestimmt haben, und zwar im Oktober des letzten Jahres. Der Änderungsvertrag wurde dann am 13.10.2016 von den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Nun ist dieser Vertrag zur Ratifizierung an die Länderparlamente weitergegeben worden.
Der Glücksspielstaatsvertrag hat eine lange Geschichte. Er ist bereits im Jahr 2012 in Kraft getreten worden.
Die ursprüngliche Idee war, dass mit Konzessionen geregelt wird. Es war vorgesehen, zwanzig Konzessionen zu vergeben. Ich habe schon damals gesagt, dass ich nicht nachvollziehen kann, warum man das mit einem quantitativen Kriterium macht. Das war dann auch einer der Gründe, warum der politische Wille, den Vertrag umzusetzen, nicht verwirklicht werden konnte. Das für die Verfahrensabwicklung zuständige Bundesland war Hessen, und die dortigen Gerichte haben die Umsetzung dieses einstimmigen Beschlusses der Länder verhindert, weil die Kontingentierung angeblich nicht mit Unionsrecht vereinbar war. Diese Kritik wird von anderen Gerichten nicht geteilt. Es gibt einen Ausweg; darauf werden wir später noch zu sprechen kommen. Auch das Glücksspielkollegium hat die Rechtmäßigkeit, wie in verschiedenen Verwaltungsgerichtsurteilen bisher, bestätigt.
Welche Änderungen sind vorgesehen? – Ich habe es schon angedeutet: Die bisher vorgesehene Kontingentierung wird aufgehoben. Wir stellen – was, wie ich glaube, auch richtig ist – die Qualität und die Seriosität in den Mittelpunkt. Wer Sportwetten anbietet, muss jetzt bestimmte qualitative Kriterien erfüllen. Nach dem bisherigen Stand entsprechen dem 35 Anbieter. Bisher waren es, wie gesagt, nur zwanzig.
Eine weitere Änderung wird bei der Verfahrenstechnik vorgenommen. Bei Staatsverträgen ist immer ein Bundesland für eine bestimmte Tätigkeit zuständig. Das Glücksspielkollegium, das bisher in Hessen angesiedelt war, wird künftig nach Nordrhein-Westfalen verlagert. Ein anderes Gremium wird von Hessen nach Sachsen-Anhalt verlagert.
Die Änderung des Glücksspielstaatsvertrags soll zum 1. Januar 2018 in Kraft treten. Wir bitten um Zustimmung und sind der Meinung, dass der Staatsvertrag mit Unionsrecht vereinbar ist. Uns ist bekannt, dass einige Landesregierungen Zweifel geäußert haben, ob sie den Vertrag unterschreiben. Das hindert uns aber nicht, den einstimmig gefassten Beschluss der Ministerpräsidenten umzusetzen. Insofern bitte ich um Zustimmung zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
(Vom Redner nicht autori siert) Sehr geehrter Herr Landtagsvizepräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Um das hier mal ganz deutlich zu sagen: Wahlrechtsausschlüsse von Men schen mit Behinderung kennt das deutsche Wahlrecht nicht. Wahlrechtsausschlüsse nach § 13 des Bundes wahlgesetzes und selbstverständlich auch nach den entsprechenden bayerischen Regelungen knüpfen nicht an das Vorliegen einer Behinderung an. Die Bundesregierung hat bereits in der Begründung zum Vertragsgesetz zur UNBehindertenrechtskonvention festgestellt, dass das aktive und passive Wahlrecht in Deutschland nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl selbstverständ lich auch Menschen mit Behinderung zusteht und dass die gesetzlichen Wahlrechtsausschlüsse selbst verständlich im Einklang mit der Behindertenrechts konvention stehen.
Wir haben, wie Sie richtig erwähnt haben, dieses Thema schon des Öfteren diskutiert, zuletzt vor zwei Jahren. Bereits damals haben wir gesagt, dass es sinnvoll ist, auf die Expertenstudie hinzuweisen. Ihre Vorwürfe und Behauptungen sind natürlich schwer wiegend; insofern ist es gut, dass das umfassend ge prüft wurde. Die Studie liegt vor, und ich hab‘ ein biss chen das Gefühl, dass Sie die Studie überhaupt nicht gelesen haben. Sie schreiben in Ihrem Gesetzent wurf, alle Personen, die unter Betreuung stehen, seien vom Wahlrecht ausgeschlossen. Das ist natür
lich schon mal bewusst verzerrend; das gilt für alle Menschen, die in allen Angelegenheiten betreut wer den. Das macht allein schon einen semantischen Un terschied.
Sie werden, wenn ich Ihnen jetzt erzähle, warum das so ist, und die Ergebnisse der Studie vortrage, mögli cherweise zu einem anderen Schluss kommen. Des wegen lese ich Ihnen jetzt einfach das Ergebnis die ser über 300 Seiten langen Studie vor. Da haben sich Experten der Bundesregierung intensiv mit diesem Thema in sowohl medizinischer als auch verfassungs rechtlicher Hinsicht befasst. Ich lese Ihnen jetzt das Ergebnis dieser Studie vor. Auf Seite 289 heißt es in Abschnitt 9.1:
Handlungsoptionen. 9. 1.
Vollständige Streichung. Eine ersatzlose Strei chung des § 13 Nr. 2 BWG ist nicht zu empfeh len. Sie führte dazu, dass eine Teilnahme an der Wahl auch durch solche Personen erfolgen könn te, die aufgrund gerichtlicher Entscheidung als entscheidungsunfähig anzusehen sind. Damit würden die oben erläuterten Zentralfunktionen der Wahl gefährdet geführt. Eine solche Freigabe würde auch die Frage nach der (künftigen) Be rechtigung des Art. 38 Abs. 2 GG aufwerfen. Es erscheint jedenfalls wenig plausibel, u. U. voll ständig entscheidungsfähige Minderjährige etwa im Alter von 17 Jahren aufgrund der in der Ver fassung zum Ausdruck gebrachten über das Le bensalter vertypten Vermutung fehlender Ent scheidungsfähigkeit von der Wahlteilnahme auszuschließen, gleichzeitig aber eine Teilnahme an der Wahl durch solche Personen zuzulassen, deren Entscheidungsunfähigkeit zuvor im gericht lichen Betreuungsverfahren – und wie in Erinne rung gerufen sei – aufgrund einer sachverständi gen Begutachtung ausdrücklich festgestellt wurde.
Ich überspringe jetzt die Punkte 9.2 und 9.3 und komme zum Punkt 9.4 – Richterliche Ermessensent scheidungen bei Mitteilungspflichten –, zum Ergebnis und lese den Expertenbericht vor:
Vor allem unter Berücksichtigung der BRK und der Rechtsprechung des EGMR wird in völker rechtszentrierten Debatte unter Berufung auf die Spruchpraxis des Menschenrechtsausschusses … für Wahlrechtsausschlüsse eine (besondere) richterliche Einzelfallentscheidung gefordert. Das deutsche Recht wird dem durch die im betreu ungs und strafgerichtlichen Verfahren getroffe nen Einzelfallentscheidungen gerecht.
Das ist nicht meine Bewertung, nicht mein Ergebnis, sondern das Ergebnis der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Expertenkommission. Vor diesem Hintergrund und nachdem Sie hoffentlich diesen Be richt gelesen haben, finde ich Ihre Unterstellung oder Behauptung, dass die Praxis nach wie vor der Behin dertenrechtskonvention widerspricht, geradezu infam und böswillig. Ich glaube, dass man so ein Thema völ lig sachlich und neutral bewerten muss. Wir haben in diesem Fall diese Studie, und wenn es da Bedarf an gewissen Änderungen gibt, sind die Regelungen selbstverständlich anzupassen. Aber es macht keinen Sinn, dass der Bundesgesetzgeber andere Regelun gen schafft als der Landesgesetzgeber. Natürlich ist es ein bisschen ungut, dass verschiedene Bundeslän der bereits eigene Regelungen haben. Aber wenn die Übereinkunft auf Bundesebene besteht, dass Ände rungen vorzunehmen sind, möglicherweise im Detail, nicht so pauschal, wie Sie das wollen, kann man das gerne machen. Dann übernehmen wir das selbstver ständlich auch. Aber so pauschal, wie Sie das hier vorschlagen, ist das nicht das Richtige. Die Unterstel lung, dass Menschen mit Behinderung pauschal aus geschlossen werden, ist infam und böswillig; die weise ich aufs Entschiedenste zurück.
(Vom Redner nicht autori siert) Noch einmal: Sie fordern die ersatzlose Strei chung der Nummern 2 und 3 – das werden Sie wohl nicht abstreiten. Die Expertenkommission hat sich selbstverständlich auch damit befasst, ob man oder wie man dies anders lösen könnte. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass eine andere Lösung eben nicht sinn voll ist. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur Kennt nis. Das ist nicht mein Ergebnis, meine Conclusio, sondern ich übernehme das Ergebnis der bundeswei ten Expertenkommission. Wäre sie zu einem anderen Ergebnis gekommen, würden wir hier wahrscheinlich auch anders diskutieren. Ich bitte Sie, wissenschaftli che Erkenntnisse einer unabhängigen Expertenkom mission einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen. Selbstverständlich maße ich mir nicht Entscheidungen über medizinische Sachverhalte an. Dafür gibt es ent sprechende Gutachter. Diese werden im Übrigen auch bei einer richterlichen Entscheidung herangezo gen. Sie fordern, dass das im Verfahren geprüft wird. Natürlich wird das im Rahmen der anderen Verfahren auch geprüft. Dies wird durch ein einzelnes Wahl rechtsverfahren, das Sie wollen, nicht besser. Des halb spricht sich die Expertenkommission – ich habe Ihnen Abschnitt 9.4 ja vorgelesen – auch gegen die sen Weg aus. Nehmen Sie das bitte einfach einmal zur Kenntnis.
Wenn die Kommission zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, würden wir natürlich eine Anpas sung vornehmen. Nachdem Wissenschaftler zu dem Ergebnis kommen, dass eine Änderung nicht notwen dig ist, sehen wir für eine Änderung auch keine Not wendigkeit. So einfach ist das.
(Vom Redner nicht autori siert) Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspiel wesen in Deutschland wird beabsichtigt, die im Glücksspielstaatsvertrag niedergelegten Ziele, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern, zu erreichen und die Voraussetzungen für eine noch wirksamere Suchtbekämpfung zu schaffen.
Zur Verbesserung des Spielerschutzes beim gewerbli chen Spiel in Spielhallen ist der Gesetzentwurf erfor derlich. Er sieht zwei Maßnahmen vor, um dieses Ziel zu erreichen, nämlich zum einen die Ausdehnung des
gesetzlichen Mindestabstandes zwischen zwei Spiel hallen auf 500 m Luftlinie. Nach dem Glücksspiel staatsvertrag ist zwischen zwei Spielhallen ein Min destabstand einzuhalten. Die näheren Einzelheiten regeln die jeweiligen Ausführungsbestimmungen der Länder.
In Deutschland zeigt sich, dass diese Spannbreite von 100 m bis 500 m reicht. Wir möchten mit unserem Ge setzentwurf das Maximum umsetzen, weil Suchtex perten darauf hinweisen, dass ein enges Netz von Glücksspielangeboten natürlich auch die gesellschaft lichen Hemmschwellen senkt und die gesellschaftli che Akzeptanz von Glücksspiel fördert. Wir haben deshalb zum einen vor, die Ausdehnung des Mindest abstands zwischen neu zu errichtenden Spielhallen auf das Maximum anzuheben. Dies ist ein einfaches und wirksames Mittel, um den Spielerschutz zu ver bessern und Gesundheitsgefährdungen zu verringern. Auf bestehende Spielhallen hat die Vergrößerung des Mindestabstandes keine Auswirkungen.
Zum anderen schlagen wir die Verlängerung der ge setzlichen Sperrzeit von 3.00 Uhr bis 9.00 Uhr vor. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht eine Mindestsperr zeit für Spielhallen von drei Stunden vor. In Bayern hatten wir bisher diese drei Stunden als Mindestsperr zeit. Wir haben diese auf 3.00 Uhr bis 6.00 Uhr fest gelegt. Darüber hinaus – das ist aus meiner Sicht sehr wichtig – haben wir in Bayern schon immer eine kommunale Öffnungsklausel gehabt. Neben dieser Mindestsperrzeit von drei Stunden war es auch bisher möglich, die Sperrzeit um drei Stunden zu erweitern und das Angebot zu verringern.
Im Ländervergleich liegen wir mit der gesetzlichen Sperrzeit von drei Stunden eher im unteren Bereich. Bremen hat vier Stunden, und die Mehrzahl der Län der sieht sechs Stunden vor. Aber – das ist wichtig, und das habe ich vorhin schon erwähnt – fast alle Länder haben keine kommunale Öffnungsklausel, so dass wir uns, was die nominelle Sperrzeit angeht, bis her zwar im unteren Bereich befinden, bei der fakti schen Sperrzeit – natürlich haben viele Kommunen von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht – aber im unteren Mittelfeld liegen. Wir möchten das den noch zum Anlass nehmen, die Sperrzeit gleichsam auf den bundesweiten Mittelwert und damit auf jetzt sechs Stunden auszuweiten. Wir glauben, dass das eine wirksame und sinnvolle Maßnahme ist, um der Suchtgefahr entgegenzuwirken.
In diesem Zusammenhang komme ich auf den we sentlichen Punkt des Änderungsantrages der GRÜ NEN zu sprechen. Dieser sieht vor, die gesetzliche Mindestsperrzeit nicht nur zu verdoppeln, sondern sogar zu verdreifachen. Ich habe bereits erwähnt,
dass es noch die kommunale Öffnungsklausel gibt. Bundesweit bewegt sich die Länge der Sperrzeiten zwischen drei Stunden und acht Stunden, wobei sich das Gros der Länder im Bereich von fünf bis sieben Stunden bewegt. Mit einer Ausdehnung der Sperrzeit auf insgesamt neun Stunden würde Bayern die rest riktivste Sperrzeitregelung im Bundesgebiet für sich reklamieren.
Sperrzeitregelungen sind als Berufsausübungsrege lungen stets Eingriffe in das Grundrecht der Berufs freiheit. Zudem eröffnet – ich hatte es bereits erwähnt – der Glücksspielstaatsvertrag die Möglichkeit, die Sperrzeit bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnis ses oder besonderer örtlicher Verhältnisse durch Ver ordnungen individuell zu verlängern. Somit können die Kommunen bereits heute die Sperrzeit im Einzel fall ausdehnen, wenn das aufgrund der Verhältnisse vor Ort erforderlich ist.
Der Vorschlag der GRÜNEN würde im Endeffekt die Möglichkeit schaffen, die Sperrzeit auf zwölf Stunden festzulegen, also auf neun Stunden plus drei Stunden aufgrund der kommunalen Öffnungsklausel. Das ist, wie gesagt, weitaus zu viel. Eine derart restriktive Lö sung ist in keinem anderen Bundesland in Kraft. Inso fern lehnen wir diesen zu weit gehenden Vorschlag ab und bitten um Zustimmung zu unserem Gesetzent wurf.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, werte Kollegen! Gestern hat das Bundesverfassungsgericht zu diesem Thema aufgrund einer Klage der GRÜNEN, dass sich der Bundestag mit diesem Thema befassen solle, ein Urteil gesprochen. Da haben wir im Bayerischen Landtag ganz andere Probleme. Wir haben uns mit diesem Thema fast im jährlichen Rhythmus, zuletzt im Juli 2016, beschäftigt. Gerade Ihnen als SPD müsste doch eigentlich die Regelung des Koalitionsvertrags geläufig sein.
Sie haben richtig ausgeführt, dass es seit dem Jahr 2001 das Institut der Eingetragenen Lebenspart
nerschaft gibt. Tatsächlich haben sich die Rechte des Instituts der Eingetragenen Lebenspartnerschaft denen der Ehe nahezu vollständig angeglichen. Das ist so bis auf einen einzigen Punkt, den Sie auch ausgeführt haben. Hier gibt es bei der rechtlichen Ausgestaltung noch Unterschiede zur rechtlichen Ehe. Das ist das Adoptionsrecht. Sie bringen bei Ihren Anträgen vor, Ihr Anliegen sei es, eine eventuelle Diskriminierung zu beseitigen oder eine Gleichberechtigung zu erreichen. Das ist selbstverständlich einfach über gesetzliche Regelungen möglich. So könnte man beispielsweise das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare demjenigen der Ehe annähern. Unterstellen wir einmal, das würde kommen, was vermutlich sogar der Fall sein wird. Dann würde sich herausstellten, dass es Ihnen darum gar nicht geht; denn Ihnen geht es um eine Umdefinition der Ehe. Sie wollen den Begriff der Ehe umdefinieren. Dafür sind wir nicht zu haben.
Wir kommen aufgrund der geschichtlichen Entwicklung zu einem ganz anderen Schluss. Es ist schlicht nicht notwendig, die Ehe für homosexuelle Partner zu öffnen, um eine Gleichberechtigung von Eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe zu erreichen. Dazu gibt es andere Wege. Wir haben das Rechtsinstitut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, und der Koalitionsvertrag, den beide Parteien, die SPD und die Union, geschlossen haben, verpflichtet dazu, eventuell noch bestehende Diskriminierung abzubauen.
Es ist absolut richtig gewesen, dass der Gesetzgeber auch in früheren Zeiten das Rechtsinstitut der Eingetragenen Lebenspartnerschaften geschaffen hat. Wie gesagt, ist in nahezu allen Lebensbereichen eine Gleichstellung erfolgt. Es gibt eine einzige Ausnahme. Wenn Sie das wollen und auch durchsetzen können, kann man auch die noch beheben. Aber wir sind nicht für eine Neudefinition der Ehe zu haben. Da Ihnen sozusagen die vom Grundgesetz vorgeschriebenen Mehrheiten und auch die parlamentarischen Mehrheiten offensichtlich fehlen, wollen Sie einfach über eine einfach gesetzliche Umdefinierung etwas ändern.
Für uns ist die Ehe nach wie vor Leitbild und Grundlage der Gesellschaft. Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner ist ein Wesensmerkmal der Ehe und steht für uns überhaupt nicht zur Diskussion. Diese Auffassung teilt explizit auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil aus dem Jahre 2008. Ich zitiere wörtlich:
Das gesetzgeberische Anliegen, das Rechtsinstitut der Ehe, die unter dem besonderen Schutz
von Art. 6 Abs. 1 GG steht, als Form des rechtlich abgesicherten Zusammenlebens ausschließlich Mann und Frau, also Partnern unterschiedlichen Geschlechts, vorzubehalten, ist von hohem Gewicht. In Konsequenz dieser Zielsetzung hat der Gesetzgeber das Institut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft geschaffen, um auch gleichgeschlechtlichen Paaren eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft zu ermöglichen....
Das heißt, das Bundesverfassungsgericht erkennt ausdrücklich den Unterschied zwischen Ehe und Eingetragener Lebenspartnerschaft an und betont diesen. Wie ich ausgeführt habe, bedeutet das, dass eine rechtliche Gleichstellung auch in den wenigen Bereichen, in denen sie noch nicht erfolgt ist, auf anderem Wege möglich ist. Aus diesem Grunde lehnen wir Ihren Antrag, der schlicht überflüssig ist, ab.
Zu einer Umdefinition der Ehe sind wir nicht bereit. Wenn Sie meinen, es bestehe noch eine Ungleichbehandlung, dann stehen Sie dafür ein, dieses einzelne Gesetz zu ändern. Wir stehen für keine Neudefinition der Ehe zur Verfügung und können deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Nochmal: Wir haben das in vergangenen Debatten öfter gesehen. Sie verwechseln Gleichbehandlung und Gleichwertigkeit mit Gleichsetzung.
Man kann sehr wohl in ihrem Wesen unterschiedliche Dinge im Endeffekt gleich behandeln. So wird das in vielen Fällen auch gemacht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich um zwei unterschiedliche Sachen handelt.
Ich begrüße Sie, Frau Kollegin Stamm doch auch als Frau Stamm und begrüße doch den Kollegen Arnold als Herrn Arnold und sage nicht Mensch Stamm oder Mensch Arnold. Es ist für jeden ohne größere detektivische Veranlagung offensichtlich, dass Sie unterschiedlichen Geschlechts sind.
Deswegen ist es einfach sinnvoll, unterschiedliche Formen des Zusammenlebens, die absolut gleichwertig und gleichgestellt sind, auch unterschiedlich zu bezeichnen.
Ich kann Ihre Aufgeregtheit nicht nachvollziehen. Ich habe hier mehrfach ausgeführt, dass die Begriffe der Ehe und der Eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht wertend sind, sondern einfach gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Es sind aber trotzdem zwei unterschiedliche Rechtsbegriffe. Insofern wird niemandem etwas verwehrt, weil denjenigen, die Verantwortung übernehmen, bis auf das Adoptionsrecht die gleichen Rechte wie in der Ehe eingeräumt werden.
Möglicherweise wird bei der Adoption – das ist eine Vermutung aufgrund der geschichtlichen Entwicklung – auch bald eine Gleichstellung stattfinden. Das kann ich nicht ausschließen. Dennoch bin ich selbst dann, wenn dies der Fall wäre, immer noch der Meinung, dass es zwei unterschiedliche Rechtsinstitute sind. Unterschiedliche Formen des Zusammenlebens soll man auch unterschiedlich bezeichnen. Deswegen halte ich es nach wie vor für richtig, dass die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten wird, während wir für gleichgeschlechtliche Partner, die zusammenleben, das Rechtsinstitut der Eingetra
genen Lebenspartnerschaft haben. Das ist auch gut und richtig so.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Dem Vorredner von der SPD, Herrn Güller, möchte ich sagen: An etwa drei Viertel der Landesregierungen ist die SPD beteiligt. Nach den letzten Wahlen sind es vielleicht ein paar weniger. Sie beklagen sich über einen Beschluss, den die Mehrheit Ihrer Kollegen – an fast allen Landesregierungen sind Sie beteiligt – einstimmig gefasst hat.
Deshalb finde ich Ihre Ausführungen schon etwas seltsam, und zwar unabhängig davon, wie man zu diesem politischen Kompromiss steht.
Den Sachverhalt hat Herr Staatssekretär Eck schon erschöpfend dargestellt. Wir haben eine geringfügige Änderung des Glücksspielstaatsvertrages. Diese Änderung halte ich persönlich für richtig und äußerst sinnvoll. Jetzt werden für die Erteilung von Konzessionen bestimmte qualitative Kriterien aufgestellt, und die Konzessionen werden nicht auf eine bestimmte Zahl beschränkt. Das habe ich persönlich schon immer für richtig gehalten. Wichtig ist, dass die Kriterien eingehalten werden. Dass es jetzt 35 Konzessionen gibt statt 20, wie ursprünglich vorgesehen, ist eine äußerst sinnvolle Anpassung. Damit kann man erreichen, dass dieser Glücksspielstaatsvertrag auch angewandt wird. Das ist bisher gescheitert – und das war bisher auch einer der Hauptkritikpunkte an diesem Gesetz –, doch daran soll es jetzt nicht scheitern. Wichtig ist, dass die Kriterien erfüllt werden: dass der Spielerschutz gewährleistet ist, vertrauenswürdige Anbieter da sind und der Spieler die Sicherheit hat, er bekommt seinen Einsatz wieder. Ich persönlich meine, ob das nun 20, 23 oder 35 sind, das ist in der Tat nicht entscheidend. Ich bitte Sie insofern, den Änderungen einfach zuzustimmen, die alle 16 Bundesländer vorgeschlagen haben.
Oder 15. Auf jeden Fall sind fast alle Bundesländer beteiligt. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn man Kritik an einzelnen Punkten hat, dann schließt das Kritik an anderen Punkten nicht aus, wie beispielsweise an der Entwicklung im OnlineBereich. Das schließt nicht aus, dass man hier weiter vorgeht. Wenn man das Richtige tut, soll man anderes Wichtiges nicht lassen. Wir müssen deshalb den Spielerschutz verstärken, aber wir müssen auch gegen den zunehmenden Schwarzmarkt im Internet vorgehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bitte Sie, diesen einfach mitzugehen. – Das war es in aller Kürze.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Bereitstellung von Wohnraum ist eine der dringendsten kommunalen Aufgaben nicht nur im Ballungsraum München, sondern selbstverständlich in vielen Städten. Der Staatsregierung und auch der CSU-Landtagsfraktion ist dieses Thema sehr wichtig. Der Gesetzentwurf bezieht sich nicht auf die Förderung des Wohnungsbaus, sondern auf den Erhalt des vorhandenen Wohnraums.
Seit die Gesetzgebungskompetenz dafür auf die Bundesländer übergegangen ist, gibt es im Freistaat Bayern Regelungen zur Zweckentfremdung. Das ist keineswegs selbstverständlich. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und nachgeschaut, in welchen Bundesländern es überhaupt gesetzliche Regelungen zu diesem Phänomen gibt. Das sind lediglich drei Bundesländer, nämlich Baden-Württemberg, Berlin und Hamburg. Diese Bundesländer verfügen über eigene Gesetze zu diesem Thema. In zwei weiteren Bundesländern, in Mecklenburg-Vorpommern und NordrheinWestfalen, gibt es in anderen Gesetzen Regelungen, die in diese Richtung gehen. In einem weiteren Bundesland, in Niedersachsen, befindet sich ein Gesetzentwurf in der Anhörung. Zusammengefasst heißt das: Von 15 anderen Bundesländern haben derzeit genau drei Bundesländer ein eigenes Gesetz, und zwei weitere haben gesetzliche Regelungen hierzu. In einem weiteren Bundesland befindet sich das Gesetz in der Anhörung. Das heißt, zwei Drittel der Bundesländer haben überhaupt keine Regelung zur Zweckentfremdung. In vielen dieser Länder regieren SPD und GRÜNE. Das zeigt auch, wie wichtig Ihnen dieses Thema in anderen Bundesländern ist. Die Zweckentfremdung ist nämlich nicht nur ein Problem in München, sondern selbstverständlich auch in anderen Städten und Ballungsräumen.
In welchem Verhältnis steht der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zu den Regelungen der anderen Bundesländer? – Ich komme zu dem Ergebnis, dass Bayern das vermutlich strengste Zweckentfremdungsgesetz hat. Ich darf Ihnen die vorgesehenen Regelungen im Einzelnen vorstellen.
Bisher war das Gesetz zeitlich befristet. Die Befristung des Gesetzes soll aufgehoben werden. Wir haben – Sie erinnern sich – auch in früheren Zeiten, als wir noch einen Koalitionspartner hatten, darauf hingewiesen, dass wir selbstverständlich davon aus
gehen, dass das Gesetz auch in Zukunft notwendig sein wird. Diese nicht besonders schwierige Vorhersage hat sich natürlich bewahrheitet. Damit Unklarheiten beseitigt werden, wollen wir die zeitliche Befristung des Gesetzes aufheben.
Wir konkretisieren, wann eine Zweckentfremdung vorliegt; das ist eher technischer Natur. Wir machen es ganz deutlich und setzen die Grenze bei 50 % der Gesamtfläche. Nachdem es beispielsweise bei Studenten oft Irritationen gegeben hat, ob sie ihre Wohnung weitervermieten dürfen, ob zum Beispiel eine ältere Dame einen Teil einer Wohnung an Studenten vermieten darf, wird klargestellt: Das ist selbstverständlich nach wie vor möglich. Die Weitervermietung bis 50 % der Gesamtfläche ist keine Zweckentfremdung. Wenn ein Student für einen gewissen Zeitraum, beispielsweise in den Semesterferien, seine Wohnung jemand anderem zur Verfügung stellt, dann ist auch das keine Zweckentfremdung. Wir sind den veränderten Lebensgewohnheiten und Feriengewohnheiten nachgekommen, sodass wir künftig statt sechs Wochen auch acht Wochen erlauben.
In allen anderen Bereichen nehmen wir wesentliche Verschärfungen des bestehenden Gesetzes vor. Wir erweitern den Bußgeldrahmen von 50.000 auf 500.000 Euro. Das ist eine Verzehnfachung des Bußgeldes. Ich glaube, das ist ein ganz klares und kräftiges Signal auch an die dann befassten Gerichte, dass das kein Kavaliersdelikt ist, dass das dem Gesetzgeber wichtig ist. Natürlich werden sich künftige Gerichtsentscheidungen an diesem deutlich erweiterten Bußgeldrahmen orientieren. Ich bin schon länger Mitglied des Justizausschusses und kann mich nicht daran erinnern, dass in einem anderen Bereich für irgendeinen Straftatbestand, wofür auch immer, der Bußgeldrahmen verzehnfacht worden wäre. Das ist wirklich außergewöhnlich und zeigt, wie wichtig uns dieses Anliegen ist.
Die Ermittlungsmöglichkeiten der Gemeinden werden deutlich ausgeweitet. Bisher ist es nur möglich, quasi gegen den direkten Verursacher vorzugehen, also den Eigentümer. Künftig können auch betroffene Dritte belangt werden, beispielsweise ein Hausverwalter, ein Makler, ein Betreiber eines Online-Portals. Wenn dieser Dritte die Auskunft verweigert, dann kann auch gegen diese Person vorgegangen werden. Wir schaffen eigens eine neue Vorschrift für diesen Ordnungswidrigkeitstatbestand und belegen ihn mit bis zu 50.000 Euro.
Wir werden auch den Sofortvollzug ins Gesetz schreiben. Das heißt, wenn beispielsweise eine Klage gegen eine gerichtliche Maßnahme erhoben wurde,
dann hat diese Klage keinerlei aufschiebende Wirkung mehr.
Wir werden also das Gesetz in vielerlei Hinsicht deutlich verschärfen. Ich habe es schon gesagt: Wir haben das schärfste Gesetz in ganz Deutschland. Ich will Ihnen das an einigen Beispielen erläutern, weil Sie oft als Paradebeispiel Hamburg oder Berlin genannt haben.
Ich darf darauf verweisen, dass beispielsweise in der Hansestadt Hamburg der Bußgeldrahmen nach wie vor bei maximal 50.000 Euro liegt; bei uns umfasst er künftig 500.000 Euro. In der Hansestadt Hamburg kann man seine Wohnung bis zu sechs Monaten für touristische Zwecke weitervermieten. In Bayern ist das künftig nur noch für acht Wochen möglich; bisher waren es sogar nur sechs Wochen. Das zeigt die Diskrepanz: bei uns acht Wochen, in Hamburg sechs Monate.
Ab wann greift die Definition der Zweckentfremdung – es gibt übrigens auch den Tatbestand des Leerstands, der eine Zweckentfremdung darstellt –? Da ist die Regelung in Hamburg: vier Monate. In Bayern ist das bereits nach drei Monaten der Fall.
Auch in Berlin ist der Rahmen des Ordnungsgeldes nach wie vor deutlich niedriger als in Bayern. Dort ist die Höchstgrenze 100.000 Euro, bei uns – zum Vergleich – 500.000 Euro.
In der Gesamtschau sind die künftigen bayerischen Regelungen die schärfsten in ganz Deutschland. Von den anderen Bundesländern, Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern, wo es auch ein paar Regelungen zu diesem Thema gibt, will ich gar nicht reden. Wir gehen am massivsten gegen Zweckentfremdung vor.
Ich gehe jetzt gerne auf Ihre Änderungsvorschläge ein. In der Form gibt es das in keinem anderen Bundesland, zumindest nicht draufgesattelt auf das Gesetz. Sie haben drei, vier weitere Punkte ergänzt. Es ist auch mitnichten so, dass sich diese Punkte, die Sie vorschlagen, in der Praxis bewährt haben.
Ich darf zu der Verbandsanhörung kommen. Ich habe in der Verbandsanhörung keinen gesehen, der von Ihrem Treuhänder besonders begeistert war. Sie haben das in der Ausschussberatung teilweise schon etwas relativiert. Sie verweisen da immer auf Hamburg. In Hamburg gibt es die Möglichkeit des Treuhänders bei einer Zwangsräumung nur bei gewerblichen Räumen. Das würde nicht bei dem von Ihnen kritisierten Zustand der touristischen Zweckentfremdung greifen. Beim Medizintourismus wird das auch nicht angewendet. Die haben den Treuhänder sogar
für einige Jahre ausgesetzt. Ich glaube, es gab ihn von 1998 bis 2008. 2013 wurde er wieder eingeführt. Ich glaube, derzeit gibt es einen einzigen Fall in Hamburg.
Sie schlagen beispielsweise ein Bußgeldverfahren vor, wonach bereits das Einstellen in das Internet eine Ordnungswidrigkeit darstellt. In Berlin gibt es eine solche Regelung seit über einem Jahr. Nach meinen Informationen gibt es überhaupt keine Verwaltungstätigkeit in diesem Bereich. Das ist eine reine Leervorschrift, die nicht zum Ziel führt.
Die Bayerische Staatsregierung hat den Gesetzentwurf natürlich mit Regelungen in anderen Ländern verglichen und abgewogen und hat sich mit den Betroffenen ins Benehmen gesetzt. Nachdem Ihnen dieser Gesetzentwurf bekannt war, haben Sie einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Man könnte fast meinen, dass Sie zwanghaft ein paar Punkte gesucht haben, um nicht sagen zu müssen, dass es eigentlich ein super Gesetz ist, das absolut in die richtige Richtung geht.
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass Sie zwanghaft drei Punkte herausgepickt haben, um diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu müssen. Das ist in der Tat ein äußerst ungewöhnliches Verfahren, in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren den Gesetzentwurf de facto abzuschreiben und um ein paar eigene Punkte zu ergänzen, das ursprüngliche Gesetz aber als Mist und als nicht praxistauglich zu bezeichnen.
Bei der mündlichen Anhörung waren nicht alle in der Verbandsanhörung angehörten Verbände anwesend. Beispielsweise waren Verbände, die das Ganze sehr kritisch sehen, nicht vertreten. Manch anderer, der in irgendeiner Weise vielleicht betroffen ist, war gar nicht eingeladen.
Aber eines kann man sagen, und das sollte man als Gemeinsamkeit herausstellen: Ich habe bisher von keiner im Landtag vertretenen Fraktion gehört, dass Maßnahmen, die hier vorgeschlagen sind, nicht mitgetragen würden. Alle Maßnahmen im Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung finden, glaube ich, Ihre Unterstützung. Sie sagen vielleicht, dass das noch nicht reicht, und wollen das eine oder andere mehr. Ich habe jedenfalls nicht gehört, dass irgendjemand eine einzige Maßnahme, die der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung vorsieht, abgelehnt hat. Insofern scheint das Gesetz gar nicht so schlecht zu sein.
Es ist, wie so oft im Leben, ein Kompromiss. Manche wünschen sich ein bisschen mehr. Ich glaube, das ist in einer Verbandsanhörung ganz normal. Von einem Gesetz betroffene Gruppen und, wie in diesem Fall, eine mit dem Vollzug betraute Behörde möchten natürlich immer noch ein bisschen mehr. Ich glaube, das ist der Normalfall bei einem Gesetz. Man bekommt nie zu 100 % das, was man will. Man muss aber schon deutlich sagen: Jeder hier hat attestiert, dass das ein zwingend notwendiger, richtiger und wichtiger Schritt ist. Die Maßnahmen, die die Bayerische Staatsregierung ergreift, sind sinnvoll und gehen in die richtige Richtung. Das haben selbst Sie nicht in Zweifel gezogen.
Sie haben, um auf einige Ihrer Änderungsvorschläge einzugehen, Dinge gefordert, die aus unserer Sicht einfach ein bisschen übers Ziel hinausschießen oder auch durch andere gesetzliche Bestimmungen bereits geregelt werden können. Sie beklagen beispielsweise einen Mietwucher. Regelungen, Mietwucher zu verhindern, gibt es bereits in anderen Bereichen. Ihren Vorschlag, dass bereits ab 15 % über der ortsüblichen Miete eine Zweckentfremdung vorliegen soll, halte ich schlichtweg für nicht sinnvoll, und ich nenne Ihnen ein einfaches Beispiel. Wenn jemand etwa während des Oktoberfestes seine Wohnung, deren Miete meinetwegen 1.000 Euro ausmacht – für einen halben Monat wären es 500 Euro –, für mehr als 575 Euro oder von mir aus für eine ganze Monatsmiete vermietet, halte ich persönlich das durchaus für angemessen. Ich war selbst einmal Hotelier. Hotelzimmer haben, wenn man sie für einen Tag bucht, einen ganz anderen Preis als eine Wohnung, die jemand über Jahre hinweg bucht. Dass jemand vielleicht für zwei Wochen eine Wohnung völlig legal nutzt und dafür mehr als einen Betrag über 15 % der normalen Monatsmiete zahlt, ist absolut logisch und sinnvoll. Da eine Deckelung einzuführen, ist aus meiner Sicht inhaltlich absolut nicht notwendig. Wenn wirklich jemand zu viel verlangt, gibt es andere Möglichkeiten.
Ihr Begehr, das wirklich sehr, sehr scharfe Gesetz noch weiter zu verschärfen, ist natürlich auch deswegen zu kritisieren, weil jedes Gesetz immer nur so gut ist wie die Stringenz und die Kraft, mit der es durchgesetzt wird. Es ist auch Ausdruck eines politischen Willens, wie viele Verwaltungsstellen man beispielsweise für den Vollzug eines Gesetzes bereitstellt. Leider sind die Möglichkeiten, die das bayerische Gesetz bisher bietet, nicht genutzt worden. Die Landeshauptstadt München hätte nach dem bayerischen Gesetz bisher die Möglichkeit gehabt, Wohnraum zu versiegeln. Sie möchte das einfach nicht und sagt, das ist nicht sinnvoll. Aber sie hat die Möglichkeit, die illegale Vermietung einer Wohnung zu unterbinden. Dann ist eben eine Wohnung versiegelt und zu. Von dieser
Möglichkeit hat sie bisher nicht Gebrauch gemacht. Sie hätte beispielsweise auch, wenn Bußgelder nicht einbringbar sind, quasi mit dem ganz normalen Vollstreckungssystem vorgehen können und gegen Personen, die keine Bußgelder bezahlen, Folgehaft beantragen können. Auch das ist nach meinem Informationsstand bisher nicht der Fall.
Gott sei Dank sind von der neuen rot-grünen Stadtregierung 15 zusätzliche Stellen für den Vollzug des Gesetzes geschaffen worden. Aber egal, ob das neue oder das alte Gesetz gilt, man muss die nötige Manpower haben, um das Gesetz zu vollziehen. Das war beim alten Gesetz so, und so wird es beim neuen Gesetz sein. Wenn Ihnen die Angelegenheit wirklich wichtig ist, wäre es sinnvoll, gemeinsam in Kooperation mit München daran zu arbeiten, dass noch ein paar gemeinsame Stellen geschaffen werden, damit es der Landeshauptstadt München noch besser möglich ist, mit dem neuen, verschärften Gesetz gegen den Missbrauch, den wir beide beklagen, vorzugehen. Dann hätten wir beide etwas erreicht, und in diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
(Vom Redner nicht autori- siert) Das war jetzt eine Reihe von Fragen; ich hoffe, dass ich in der gebotenen Zeit alle beantworten kann. Ich finde es persönlich sehr schade, dass es nur eine Gemeinde ist, und stelle eine Gegenfrage. Es gibt sehr viele Städte, und die Mehrzahl der Städte ist SPD-geführt. Warum wenden sie die Regelung nicht an?
Man muss die Anwendung von Gesetzen einfach einmal probieren, und es wäre sehr sinnvoll und richtig, wenn SPD-geführte Städte wie Nürnberg oder Gemeinden im Ballungsraum München die Regelung anwenden würden. Ich hoffe, dass es künftig mehr sind; denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es das Problem nur in München gibt. Es wird es mit Sicherheit auch woanders geben.
Wie bei jedem Gesetz müssen wir auch hier Güter abwägen. Sie haben jetzt schon nach dem gewöhnlichen Vollstreckungsgesetz die Möglichkeit der Zwangsräumung. Wir bewegen uns natürlich im Rahmen der Rechtsprechung, und da kann ich einen Kommentar des ehemaligen Münchner Personalreferenten und jetzigen Kreisverwaltungsreferenten Böhle zum Zweckentfremdungsgesetz zitieren: Sie können jetzt bereits räumen. Nur wenden die Gerichte – ich maße mir nicht an, Gerichtsentscheidungen zu kritisieren – das Gesetz lediglich auf gewerbliche Nutzung an. Das heißt, wenn jemand eine Arztpraxis oder ein Rechtsanwaltsbüro hat, kann die Wohnung selbstverständlich auch nach dem jetzigen Gesetz sofort geräumt werden. Bei privater Nutzung sagen die Gerichte, dass das nicht möglich ist; denn derjenige, der die Wohnung nutzt, hat vielleicht noch gar nicht gegen das Gesetz verstoßen, ist also ein sogenannter Nichtstörer. Wenn beispielsweise eine arabische Familie im Rahmen der Acht-Wochen-Frist eine Wohnung nutzt, hat sie vielleicht noch gar nicht gegen ein
Gesetz verstoßen, zumindest solange nicht, wie die acht Wochen nicht ausgeschöpft sind.
(Vom Redner nicht autori- siert) Das heißt, der Person ist gar nicht bewusst, dass sie gegen ein Gesetz verstößt. Der Vorwurf geht auch nicht an die Person, die die Wohnung nutzt, sondern an den Vermieter. Man muss sich an den Vermieter halten, und die Maßnahmen müssen sich gegen den Vermieter richten.
(Vom Redner nicht autori- siert) Die Frage war so lang.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, werte Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland beabsichtigt die Staatsregierung, die in § 1 des Glücksspielstaatsvertrags niedergelegten Ziele, vor allem die Verhinderung des Entstehens der Spiel
sucht, zu erreichen und eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Wir wollen das noch wirkungsvoller als bisher umsetzen. Der Gesetzentwurf sieht hierzu zwei Maßnahmen vor, nämlich die Erhöhung des Mindestabstands zwischen zwei Spielhallen und die Verlängerung der gesetzlichen Sperrzeit von 3.00 Uhr bis 9.00 Uhr. Die bisherige Sperrzeit galt von 3.00 Uhr bis 6.00 Uhr. Wir halten die getroffenen Maßnahmen für zielführend und richtig. Mit der Verringerung der Zahl der Spielhallen wird die Glücksspielsucht eingedämmt.
Auch die zeitliche Verfügbarkeit der Spielhallen ist ein sehr wesentliches Kriterium. Gerade in den frühen Morgenstunden, also nach der Nachtschicht, vor dem Arbeitsbeginn oder vor dem Schulbeginn, wäre die Verfügbarkeit der Spielhallen auf keinen Fall zielführend. Wir tragen deshalb eine Verschärfung der bestehenden Regelung vollumfänglich mit. Wir halten sie für zielführend und angemessen.
Herr Kollege Arnold hat nicht nur Ausführungen zu diesem Gesetzentwurf gemacht, sondern auch über die Art und Weise des Umgangs gesprochen. Hier müssen wir den Gesamtzusammenhang der geschichtlichen Entwicklung sehen. Ich glaube, der Bürgermeister von Fürth hat sogar gesagt, dass er damit keine Probleme habe. Städte und Gemeinden haben über Jahrzehnte Spielhallen in großzügigem Umfang genehmigt, in München sogar bis zu einer 18er-Konzession. Schon vorher hätte es umfangreiche städtebauliche Möglichkeiten gegeben, die Sie in Fürth offensichtlich auch umgesetzt haben, um Genehmigungen in einer derartigen Größenordnung abzuwenden. Leider haben viele Städte und Gemeinden dies nicht gemacht.
Selbstverständlich kann man das Rad nicht von heute auf morgen zurückdrehen. Man muss immer alle Belange gegeneinander abwägen. Unternehmen und Mitarbeiter haben eine gewisse Form von Bestandsschutz. Außerdem gibt es noch ganz andere Versuchungen. An dieser Stelle möchte ich das Internet nennen. Wir müssen unsere staatlichen Bemühungen auch in diesem Spektrum intensivieren. Die Glücksspielsucht hat sich stärker ins Internet verlagert, wo sie sich wesentlich schlechter kontrollieren lässt als in staatlichen Spielcasinos mit Automaten. An dieser Stelle müssen wir noch wesentlich mehr machen.
Wir müssen das Ganze auch rechtssicher gestalten. Es ist nicht hilfreich, im Rahmen von Vollzugshinweisen Radikalvorschläge einzubringen, um innerhalb von wenigen Tagen und Jahren ganze Berufssparten auszulöschen. Das muss alles gerichtsfest sein. Das Kriterium des Bestandsschutzes muss berücksichtigt werden.
Die vorliegenden Gesetzesverschärfungen sind im Gesamtkontext richtig. Wie immer im Leben muss man zwischen verschiedenen Belangen abwägen. Ich glaube, uns ist eine vernünftige Güterabwägung gelungen. Insofern bitte ich den Landtag um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen! In vielen Teilen der Welt gibt es eine lebhafte Diskussion zum Thema Wahlrecht. Als Beispiel nenne ich Amerika. Dort ist jemand zum Präsidenten gewählt worden, der landesweit zwei Prozentpunkte weniger Stimmen als seine Konkurrentin gehabt hat. In Italien bekommt die stärkste Fraktion oder die stärkste Parteienfamilie automatisch die Mehrheit im Parlament. Selbst in der Bundesrepublik Deutschland wird immer wieder eine intensive Diskussion über das Bundestagswahlrecht geführt.
Heute wissen wir noch nicht, wie groß der Deutsche Bundestag sein wird. Die Standardzahl liegt bei 598 Abgeordneten. Vermutlich werden bei der nächsten Bundestagswahl 100 Abgeordnete mehr gewählt, sodass etwa 700 Abgeordnete dem nächsten Bundestag angehören würden. Für den Bayerischen Landtag würde das bedeuten, dass es etwa ein Sechstel mehr Abgeordnete geben würde, statt 180 also 210.
In der letzten Legislaturperiode haben wir in Bayern eine sehr intensive Diskussion zum Thema Wahlrecht geführt. Wir haben eine Expertenanhörung durchgeführt und uns wirklich viel Zeit genommen. Am Ende des Tages haben wir nur eine einzige Kleinigkeit ge
ändert bzw. ergänzt: Wir haben für die Bevölkerungsberechnung einen Stichtag eingeführt.
Im Übrigen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass unser bayerisches Wahlrecht vorbildlich ist, gerade im Hinblick auf die Mitwirkungsrechte der einzelnen Bürger. Wir können auf unser Wahlrecht sehr stolz sein. Ich möchte das im Einzelnen erläutern: Bei uns finden die Wahlen in den sieben Regierungsbezirken statt. Die Bürger haben außerdem die Möglichkeit, die Liste der Parteien zu verändern, da die Erst- und die Zweitstimme zusammengerechnet werden. Der Bürger hat also umfangreiche Möglichkeiten, die direkte Zusammensetzung des Parlaments zu beeinflussen. Ich halte das für sehr gut; denn der Bürger hat auf der Ebene der Regierungsbezirke mehr Kontakt und Beziehungen zu den Kandidaten sowie Kenntnisse über sie, als dies bei den Kandidaten der Fall ist, die auf einer landesweiten Liste kandidieren. Dieses System der Wahl in den Regierungsbezirken möchte ich auf keinen Fall ändern. Davon würde ich dringend abraten.
Durch den Volksentscheid in Bayern wurde die Zahl der Mandate auf 180 gedeckelt. Momentan wird vielfach bemängelt, dass dadurch in manchen Regierungsbezirken Mandate entfallen. Das tut mir sehr leid. Ich bedauere das ausdrücklich. Aber welche Möglichkeiten gibt es sonst? – Wir haben den klaren verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel zählen muss und kein Regierungsbezirk strukturell bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Wir hatten schon Zeiten, da wurden die Stimmen unterschiedlich gewichtet, beispielsweise nach Steuerkraft. Gemäß dem Zensuswahlrecht erhielten Personen mit einer höheren Steuerklasse mehr Stimmen als andere. Diese Zeiten sind Gott sei Dank längst vorbei. Selbstverständlich darf es nicht so sein, dass ein Teil des Landes, zum Beispiel ein Regierungsbezirk im Norden, mehr Stimmen als ein Regierungsbezirk im Süden hat.
Was bleibt also dem bayerischen Innenministerium übrig? – Der politische Spielraum liegt bei null. Die Mandate werden streng nach dem Anteil der Bevölkerung auf die Regierungsbezirke verteilt. In der Folge ist es leider so, dass Unterfranken ein Mandat verliert und Oberbayern ein Mandat bekommt.
Das ist eine Tragik und letztlich eine Konsequenz aus der Bevölkerungsentwicklung.
Wir wirken dem durch andere Maßnahmen entgegen. Sehen Sie sich die Entwicklung an: Dieser Trend hat sich in der letzten Zeit deutlich abgemildert. Im Übrigen stelle ich fest: Weite Teile des Landes verlieren keine Bevölkerung, sondern manche Teile gewinnen Bevölkerung hinzu. Unsere Bevölkerung wächst sehr stark. Deshalb gab es bereits Überlegungen, in der Konsequenz die Zahl der Mandate im Bayerischen Landtag zu erhöhen. Ich schlage das nicht vor, stelle diese Überlegung aber in den Raum. Eine andere verfassungskonforme Möglichkeit gibt es nicht, außer Sie wollten eine landesweite Wahl einführen. Auch davon rate ich dringend ab.
In Oberbayern kann ein zusätzlicher Stimmkreis gebildet werden. Die Zahlen sind relativ eindeutig. Auf die Stadt München entfallen rechnerisch 8,7 Sitze, mit einer äußerst stark steigenden Tendenz. Deshalb ist es logisch und für jedermann nachvollziehbar, dass ein zusätzlicher Stimmkreis im Herzen Münchens gebildet wird. Im Zuge der vor einigen Jahren durch Volksabstimmung erfolgten Verkleinerung des Landtags sind in München zwei Stimmkreise und im übrigen Oberbayern ebenfalls zwei Stimmkreise entfallen. Dann wurde ein Stimmkreis im Bereich NeuburgSchrobenhausen wiederhergestellt. Jetzt ist die Stadt München dran. Sollte in absehbarer Zeit in Oberbayern ein weiterer zusätzlicher Stimmkreis gebildet werden, gehe ich davon aus, dass dies im übrigen Oberbayern geschehen wird.
Für jeden, der sich die Zahlen ansieht, ist das logisch und nachvollziehbar. Vor einigen Jahren gab es schon einen Stimmkreis im Herzen der Landeshauptstadt München. Jetzt wird es wieder einen solchen Stimmkreis geben. Das ist sinnvoll und entspricht der jedermann bekannten Bevölkerungsentwicklung in ganz Bayern.
Sieht man sich die Karten an, stellt man fest, dass der Zuschnitt dieses Stimmkreises gegenüber dem früheren Stimmkreis eine deutliche Verbesserung darstellt. Ich möchte dazu einige Beispiele nennen: Bei dem bisherigen Zuschnitt war Laim einem Stimmkreis zugeordnet, der nördlich der S-Bahn-Stammstrecke liegt. Der östliche Teil von Laim wird künftig zu einem Stimmkreis gehören, der südlich der S-Bahn-Stammstrecke liegt. Die einzelnen Stimmkreise werden jetzt wesentlich kompakter sein. Das Innenministerium hat hier einen sinnvollen Vorschlag gemacht. In Haidhausen wurde eine winzige Kleinigkeit ausprobiert, um übersichtlichere Stadtgrenzen einzuführen. Dieser Vorschlag ist sehr gut und folgt den zwingenden Vorgaben des Gesetzes, wonach die Mandatszahl anzupassen ist. Der politische Handlungsspielraum liegt bei exakt null. Deshalb gibt es darüber überhaupt keine Diskussion.
Der zusätzliche Stimmkreis wird in Oberbayern gebildet. Das ist unstrittig. Deshalb ist es sinnvoll, diesen zusätzlichen Stimmkreis im Herzen der Stadt München anzusiedeln. Ich bitte Sie zu dem von der Staatsregierung vorgeschlagenen Gesetzentwurf um Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus", heißt es im Grundgesetz. Ich meine im Übrigen das deutsche Grundgesetz und nicht etwa ein anderes. Darin heißt es weiter: "Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen … ausgeübt." Grundsätzlich sind bei Wahlen und Abstimmungen also ausschließlich deutsche Staatsbürger stimmberechtigt. Mit dieser ganz klaren Linie des Grundgesetzes scheinen einige Teile des Hauses ein grundlegendes Problem zu haben. Sie versuchen offensichtlich zum wiederholten Male, etwas an diesem Grundsatz zu ändern.
Es gibt eine ganz klar geregelte Ausnahme von diesem strikten Grundsatz: Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich gegenseitig das Recht eingeräumt, dass Staatsbürger, sofern sie ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, bei speziell geregelten Kommunalwahlen wahlberechtigt sind. Die staatlichen Strukturen sind sehr unterschiedlich. Insofern wurde dieses Recht, das sich die Mitgliedsstaaten gegenseitig eingeräumt haben, definiert. Das Wahlrecht bezieht sich auf Gebietskörperschaf
ten der Grundstufe. In einer Anlage zu dieser europäischen Gesetzgebung, die im Jahr 1994 beschlossen wurde, wurde auch klar festgelegt, für welche Gebietskörperschaften diese Vorschrift zutrifft. Die staatliche Ordnung Deutschlands hat sich seitdem nicht geändert. Bezirke gibt es seit Anbeginn Bayerns, seit dem Krieg und wahrscheinlich auch schon länger. Ich gehe davon aus, dass das in den Europäischen Verträgen nicht etwa vergessen wurde, sondern es wurde ganz bewusst differenziert. Das gegenseitige Wahlrecht bei lokalen Gebietskörperschaften der Grundstufe ist erfüllt.
Sie haben es angesprochen: Es gibt die Rechtsauffassung, und die vertritt das Innenministerium – ich habe auch keinen Grund, daran zu zweifeln –, dass für eine derartige Änderung genauso wie beim Wahlrecht für EU-Bürger das Grundgesetz geändert werden müsste, also die entsprechenden Mehrheiten benötigt werden, nämlich zwei Drittel der Mitglieder des Bundestages und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrates. Ich vermag das nicht anders einzuschätzen als das Innenministerium. Ich schließe mich dieser Rechtsauffassung an.
Aber völlig unabhängig davon sehe ich auch keinen sachlichen Grund. Die Väter und Mütter dieser Verträge haben im Jahr 1994 mit Sicherheit gewusst, was sie tun. Ich gehe nicht davon aus, dass sie etwas vergessen haben. Insofern sehen wir keine Veranlassung, diesem Anliegen, das zum wiederholten Male vorgebracht wird – teilweise wurde es auch von den GRÜNEN schon vorgebracht – nachzukommen. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, werte Kollegen!
Die kommunale Ebene ist eigentlich für den Bürger die wichtigste politische Ebene. Von deren Entscheidungen wird er direkt betroffen. Es geht um konkrete Vorhaben, wie zum Beispiel um die örtliche Schule, um Kindergartenplätze und um den Ausbau von Straßen und den Bau von Wohnungen. Deshalb ist es bedauerlich, dass die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen deutlich geringer als bei Landtags- oder Bundestagswahlen ist.
Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Das bayerische Wahlrecht ist wirklich vorbildlich. Ich glaube, es könnte gar nicht bürgerfreundlicher sein. Hier hat der Bürger die Möglichkeit, Personen seines Ver
trauens zu wählen, und zwar völlig unabhängig von der Partei. Man kann kumulieren; man kann quer durch die Parteien wählen, also panaschieren. Dieses sehr, sehr ausgeprägte und demokratische Wahlrecht macht das Ganze natürlich auch etwas kompliziert.
Ich darf dies am Beispiel von München erläutern. In München hat der Bürger die Möglichkeit, bis zu 80 Stimmen zu vergeben. Manchmal treten bis zu 20 Parteien an. Das heißt, im Extremfall stehen bis zu 1.600 Namen auf dem Stimmzettel. Von daher sind die Kommunalwahlen natürlich auch sehr, sehr fehleranfällig. Umso wichtiger ist es, dass klare und präzise Vorschriften gemacht werden und dass Kommunalwahlen korrekt und ordnungsgemäß abgehalten werden.
Ich begrüße ausdrücklich – wir haben das bei uns in der Fraktion auch sehr intensiv diskutiert –, dass die Hürden für eine Wahlwiederholung deutlich erhöht werden. Es ist einfach nicht einzusehen – nehmen wir wieder das Beispiel München –, dass, wenn in einem einzigen von etwa 1.000 Wahllokalen ein geringfügiger Fehler passiert, alle anderen Bürger dieser Stadt, die in den anderen 999 Wahllokalen abgestimmt haben, noch einmal zum Wahllokal gehen müssen. Dem vielfach gebrachten Einwand, dass das Wahlverhalten dadurch verzerrt werden würde, dass jemand das Wahlergebnis schon kennt, halte ich entgegen: Der größte Unterschied zwischen einer Neuwahl und der bisherigen Wahl
ergibt sich durch neue politische Situationen, die ein unterschiedliches Stimmverhalten begründen können. Jede Wette: Wenn in einer Gemeinde, in einer Stadt eine neue Wahl durchgeführt wird, werden auch ganz andere Personen als bei der letzten Wahl gewählt. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer Wiederwahl auf das wirklich absolute Minimum reduziert wird. Die getroffenen Regelungen, insbesondere die rechtlichen Grundlagen, was Nachrücker angeht, sind äußerst zu begrüßen.
Es gab den lange gehegten Wunsch, alle Bürger auf der Bürgerversammlung reden zu lassen. – Das ist nach wie vor eine Bürgerversammlung, wie der Name auch sagt. Jetzt können alle, die dort wohnen, auch reden. Das ist gut und richtig. Das haben wir auch zugesagt. Versprechen und Zusagen werden gehalten und umgesetzt, wie unser Ministerpräsident so schön sagt.
Herr Scheuenstuhl, Sie haben eine Auflistung von diversen Einzelforderungen, um nicht zu sagen, von ollen Kamellen gebracht, die Sie im Laufe der Jahre
immer wieder vortragen. Das können Sie natürlich gerne machen. Wir können die einzelnen Forderungen in den Ausschüssen auch gerne noch einmal durchgehen.
Das Wahlrecht mit 16 werden wir natürlich ablehnen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Volljährigkeit und Wahlalter untrennbar zusammengehören. Rechte und Pflichten müssen einfach in einem Gleichklang sein. Deswegen gibt es mit uns das Wahlrecht mit 16 nicht. Ich glaube, unsere Position wird sich da auch nicht ändern. Ansonsten werden wir über die Dinge, die Sie angesprochen haben, reden.
Ich glaube, dass das ein guter und ausgewogener Vorschlag ist, der vor allem auch die technische Lösung einiger Probleme darstellt, was den politischen Willen bei der Einwohnerversammlung betrifft. Über die anderen Punkte wie zum Beispiel die Wahlaltersgrenze von 67 Jahren können wir gerne diskutieren. Ich halte das nicht für sinnvoll. Über das Thema Freistellungsanspruch haben wir schon ausführlich debattiert. – Machen wir es eben noch einmal. Ich glaube, hierfür besteht möglicherweise eine Gelegenheit. Nachdem aber die Themen schon abschließend beraten sind, besteht jetzt wahrscheinlich kein Anlass, alles noch einmal aufzurollen.
Ich glaube, dass der Gesetzentwurf ein zustimmungsfähiger und auch sehr guter Vorschlag ist, und ich bitte, ihn auch anzunehmen.
Sehr geehrter Herr Landtagsvizepräsident, verehrte Kollegen! Zunächst einmal darf ich Ihnen einen guten Morgen wünschen. Dass das Wahlrecht einen gewissen Einfluss auf die politische Kultur eines Landes und auf das politische Geschehen hat, haben wir nicht zuletzt in Amerika gesehen. Die Kandidatin Frau Clinton hat mit 2 % mehr Stimmen als ihr Konkurrent gewonnen. Landesweit hat sich aber Herr Trump durchgesetzt. Die Besonderheit des amerikanischen Wahlsystems ist, dass die Wahlmänner in den Bundesstaaten nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt werden. Ich möchte das gar nicht kritisieren. Wir haben in Deutschland Gremien, wo es ähnlich ist. Ich nenne den Bundesrat, wo die jeweiligen Landesregierungen für die Gesamtheit ihres Landes nach dem Mehrheitsprinzip ihre Stimme abgeben.
Auch auf anderen Ebenen gab es eine breite Diskussion über das Wahlrecht. Ich nenne hier insbesondere das Bundestagswahlrecht. Nach derzeitigen Prognosen wird es trotz der bisherigen Abgeordnetenzahl von 598 möglicherweise nach der nächsten Wahl 700 Abgeordnete im Deutschen Bundestag geben. Das einschlägige Wahlrecht wird vermutlich bei der nächsten Bundestagswahl zu etwa 100 Ausgleichsmandaten führen, um ein paar Überhangmandate auszugleichen. Dieses Wahlrecht versteht kaum jemand. Selbst Spezialisten, die sich mit dem Wahlrecht auskennen, können das kaum erklären. Das ist ein sehr schwieriges Wahlrecht.
Das bayerische Wahlrecht wird in Fachkreisen in den höchsten Tönen gelobt. Ich möchte Ihnen das einmal mit ein paar Punkten begründen. Das bayerische Wahlrecht ist vermutlich das basisdemokratischste und bürgerfreundlichste Wahlrecht, das es in ganz Europa gibt. Der Bürger in Bayern hat die Möglichkeit, sein Wahlrecht dadurch wahrzunehmen, dass er zwei
gleichberechtigte Stimmen, Erststimme und Zweitstimme, abgibt. Beide Stimmen werden bei der Verteilung der Mandate gleichberechtigt berücksichtigt. Ich finde dieses Modell absolut richtig. Es wäre nicht nachzuvollziehen, wenn die Erststimme eine mindere Bedeutung als die Zweitstimme hätte. Unser Modell stärkt auch die Beziehung der Wähler zu dem jeweiligen Abgeordneten.
Der Bürger in Bayern hat ferner die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, mit welchen Abgeordneten das Parlament besetzt sein soll. Eine Partei setzt nicht eine unveränderliche Kandidatenliste fest, sondern unterbreitet einen Vorschlag. Der Bürger kann auf der Grundlage des jetzigen Wahlrechts durch die Kombination aus Erststimme und Zweitstimme das Parlament quasi selbst zusammensetzen. Es ist durchaus möglich, dass ein Parlamentarier von, Beispiel Oberbayern, Platz 61 oder, Beispiel Oberfranken, Platz 16 der Landesliste in den Bayerischen Landtag gewählt wird. Derartige basisdemokratische Möglichkeiten finden Sie meines Wissens in keinem anderen Bundesland.
Das bayerische Wahlrecht spiegelt auch auf besondere Weise die regionale Tradition des Landes wider. Es wird nicht eine quasi anonyme Landesliste gewählt. Bei der Bundestagswahl stehen sogar nur die ersten fünf Kandidaten auf dem Stimmzettel. Bei der Landtagswahl stehen alle Kandidaten auf dem Stimmzettel, bis hin zu Platz 61, wie es künftig in Oberbayern der Fall sein wird. Der Bürger kennt seine parlamentarischen Vertreter vor Ort. Er hat ausdrücklich das Recht, zwischen ihnen auszuwählen.
Die Wahl zum Bayerischen Landtag ist überschaubar. Sie orientiert sich an der kleinteiligen Struktur Bayerns. Im Grunde finden bei der Landtagswahl sieben getrennte Wahlen statt. Dieses Modell halte ich für sehr günstig. Auch im Interesse der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger halte ich es für sehr gut. Die Bürger vor Ort kennen ihre Listenbewerber und ihre Abgeordneten. Sie wissen am besten, wer gewählt werden sollte.
Dieses System ist zudem präzise. Die Abgeordnetenmandate werden auf die Wahlkreise bzw. Regierungsbezirke streng mathematisch entsprechend der Bevölkerungsentwicklung aufgeteilt. Das ist ein absolut faires Verfahren. Es gibt keinerlei politischen Gestaltungsspielraum, selbst dann nicht, wenn die Mehrheitsfraktion etwas anderes möchte.
61 Mandate in Oberbayern sind eben 61 Mandate in Oberbayern. Es steht nicht im Belieben der parlamen
tarischen Mehrheit, wahllos zu entscheiden, dass es 62 oder nur 60 sein sollten. Ich finde, das ist ein weises System. Es garantiert die gleichmäßige regionale Verteilung der politischen Vertreter. Jede Partei, die im bayerischen Parlament vertreten ist, wird vermutlich mindestens einen Abgeordneten aus einem Regierungsbezirk stellen.
Die Befürworter der Wahl einer Landesliste bitte ich, Folgendes zu bedenken: Wer schließt aus, dass dann nur jeweils 12 statt 16 Vertreter der Oberpfalz und Oberfrankens dem bayerischen Parlament angehören? – Es könnten aber auch 20 sein.
Wer das gegenwärtige System ändern will, sollte im Blick haben, dass in kaum einer Region die Bevölkerung abnimmt. Im Gegenteil, in einigen Regionen nimmt sie deutlich zu. Aber niemand wird wollen, dass die Vertretung gewisser Regierungsbezirke dadurch gemindert wird, dass die Zahl der Abgeordneten aus diesen Regierungsbezirken deutlich reduziert wird. Außerdem gilt es, das Prinzip der Wahlrechtsgleichheit zu beachten. Jede Stimme muss von Verfassung wegen zwingend die gleiche Wertigkeit haben. Wir dürfen nicht Bürger bestimmter Regierungsbezirke benachteiligen. Ebenso ist es unzulässig, Bürger einer Stadt gegenüber Bürgern des ländlichen Raums zu benachteiligen. Ich betone, der Erfolgswert jeder Stimme muss von Verfassung wegen gleich sein.
Wir sind durchaus für Überlegungen offen, die Zahl der Mitglieder des Bayerischen Landtags zu erhöhen. Schließlich wächst die Bevölkerung Bayerns insgesamt; in einigen Regionen bleibt sie konstant. Das geltende Wahlrecht würde möglicherweise eine Erhöhung der Abgeordnetenzahl erfordern. Wir, die CSU, können darüber nicht allein entscheiden und schlagen das jetzt auch nicht vor. Wenn die Opposition das möchte, dann können wir darüber, wie gesagt, durchaus nachdenken. Die Erhöhung hätte sich an der Bevölkerungsentwicklung in den jeweiligen Regionen Bayerns zu orientieren.
Ich komme zu der konkreten Veränderung, die sich aus der Änderung des Landeswahlgesetzes für Oberbayern ergibt. Wenn ich mich richtig erinnere, verlor Oberbayern bei der vergangenen großen Stimmkreisreform vier Stimmkreise, darunter zwei Münchner Stimmkreise. In Oberbayern kann jetzt aufgrund des neu hinzukommenden Mandats ein Stimmkreis mehr gebildet werden. Es ist logisch, dass München diesen zusätzlichen Stimmkreis erhält. Sofern in absehbarer Zeit ein weiterer Stimmkreis gebildet wird, kommt dieser aller Voraussicht nach dem übrigen Oberbayern zugute.
Auf München würden rechnerisch 8,7 Landtagsmandate entfallen – mit stark steigender Tendenz. Manchmal sind es pro Wahlperiode umgerechnet 0,1 oder sogar 0,2 Stimmkreise mehr. Insofern ist es folgerichtig – ich erwähnte es bereits –, dass der zusätzliche Stimmkreis auf München entfällt. Das wird wohl von niemandem ernsthaft bestritten.
Vertreter der Opposition haben kritisch angemerkt, dass der Zuschnitt der Stimmkreise in München einem Tortenprinzip gefolgt sei. Der ursprünglich aufgelöste Stimmkreis München-Mitte wird, wenn auch in anderem Zuschnitt, wiederhergestellt. Das ist eine sinnvolle, vernünftige Lösung, für die ich um Zustimmung bitte.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Vizepräsident, werte Kollegen! Wenn wir uns die politische Landschaft in den deutschen Bundesländern anschauen, sehen wir, dass die Mehrheit der Bundesländer von SPD-Ministerpräsidenten regiert wird. Viele Bundesländer sind rot-grün-regiert. Außer Bayern gibt es kaum ein Bundesland, in dem SPD und GRÜNE in den letzten Jahren nicht in irgendeiner Regierungsverantwortung gewesen sind. Daher ist es verwunderlich, dass genau in diesen Bundesländern – in den meisten Bundesländern hatten Sie in den vergangenen Jahren auch Verantwortung – das Element der direkten Demokratie nicht so ausgeprägt ist wie in Bayern.
Bayern ist unbestritten das Musterland der direkten Demokratie. Darauf sind wir alle stolz. Die Zahlen wurden bereits genannt. Im kommunalen Bereich finden 40 % aller deutschen demokratischen Akte in Bayern statt. Was die Zahl der landesweiten Volksentscheide angeht, waren 6 von 23 in Bayern. Bayern liegt unter den 16 Bundesländern weit an der Spitze. Andere Bundesländer tun sich da sehr, sehr schwer. Hier kann man die Frage stellen: Ist es Ihnen, RotGrün, nur da wichtig, das Thema direkte Demokratie anzusprechen, wo die Aussichten auf Regierungsbeteiligung nicht so gut sind? Wieso gibt es diese basisdemokratischen Elemente nicht in den anderen Bundesländern, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen? Da muss ein bisschen an der Redlichkeit der Argumentation gezweifelt werden.
Aber um Sie auch etwas in Schutz zu nehmen, weil die GRÜNEN gesagt haben, sie waren immer schon für die direkte Demokratie, kann ich sagen, dass eine Partei wie die SPD oder die CSU eine deutlich längere Parteitradition haben. Dass sich Meinungen im Laufe der Jahrzehnte oder wie bei der SPD im Laufe von über 100 Jahren ändern, dürfte selbstverständlich sein.
Wir als Münchner sind insbesondere auch darauf stolz, dass wir den ersten kommunalen und erfolgreichen Bürgerentscheid in ganz Bayern gehabt haben. Dass solche Entscheidungen sehr, sehr langfristige Wirkungen haben, sieht man an den damals geforderten und beschlossenen drei Tunnels. Diese sind erst vor Kurzem umgesetzt worden. Deswegen ist es richtig, diesen Weg weiterzugehen. Die erfolgreichen Bür
gerbeteiligungen, die wir auf kommunaler und auf Landesebene haben, sollen auch auf Bundesebene ermöglicht werden. Der Bürger soll insbesondere bei europapolitischen Fragen einbezogen werden.
Die Politik ist das Bohren dicker Bretter. Wie schon oft gesagt, ist unsere Haltung gegenüber Bürgerbegehren und Volksentscheiden klar. Sie wurde im letzten Mitgliederentscheid noch einmal eindeutig bestätigt. Leider konnten wir auf Bundesebene noch nicht alle überzeugen, aber wir arbeiten daran. Es ist gut, wenn wir im Bayerischen Landtag in dieser Hinsicht alle einer Meinung sind. Das ist auch ein gutes Zeichen für eine Demokratie. Lassen Sie uns alle daran arbeiten, dass wir das auch auf Bundesebene umsetzen können.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Landtagsvizepräsident, werte Kollegen! Ich darf Sie zu dieser frühmorgendli
chen Stunde begrüßen und freue mich über all jene Kolleginnen und Kollegen, die zu diesem Thema gekommen sind.
Am 21. März 2016 wurde die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie in ein nationales Gesetz umgesetzt. Die Intention des Gesetzgebers, Privatleute vor Überschuldung zu schützen, ist grundsätzlich begrüßenswert. Ebenso positiv ist zu vermerken, dass eine risikobewusstere Kreditvergabe auch die Kreditinstitute schützt und dem potenziellen Entstehen von Immobilienblasen vorbeugt. Aus verbraucherschutzpolitischer Sicht ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die deutschen Kreditinstitute bei der Kreditvergabe bereits bisher hohe Standards zugrunde gelegt haben und dass in Deutschland, anders als in anderen Ländern, im Zuge der Finanzkrise keine Immobilienblase durch eine zu laxe Kreditvergabe zu verzeichnen war.
Aktuelle Beispiele gibt es aus Italien, wo von einer Bankenkrise gesprochen wurde, wo von Ausfallrisiken in Höhe dreistelliger Milliardenbeträge die Rede war und wo im Raum steht, dass Vermögenswerte von 300 bis 400 Milliarden Euro im Feuer stehen. In Deutschland war dies schon immer anders. Die gesetzlichen Vorgaben in Deutschland gehen aber in einigen Bereichen deutlich über das Ziel hinaus. Kritisch ist insbesondere anzumerken, dass bei der nationalen Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie die in Artikel 18 Absatz 3 eröffneten Spielräume für Kreditverträge, die zum Bau oder zur Renovierung einer Wohnimmobilie dienen, nicht ausgeschöpft wurden. Das heißt, die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde nicht eins zu eins umgesetzt, weil die bestehende Ausnahmeregelung eben nicht angewandt wurde.
Ich habe mich darüber in den vergangenen Wochen mit Experten, aber auch mit verschiedenen Kreditsuchenden unterhalten. Bereits in den ersten Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes hat sich gezeigt, dass sich viele Chancen von Kreditsuchenden, eine Finanzierung zu bekommen, verschlechtert haben und manche Bürger nun gar keinen Kredit mehr bekommen.
Die neuen Regelungen beinhalten weitgehende, sehr grundlegende Eingriffe in die Struktur und Vergabe von Verbraucherdarlehen in der Kreditwirtschaft und sind zudem mit einem hohen Umsetzungsaufwand verbunden. Die Kreditvergabe wird jetzt viel stärker auf das reine Einkommen und die Rückzahlungsmöglichkeit des Bürgers abgestellt. Der Wert der Immobilie wird hingegen bei der Kreditvergabe nicht mehr so stark wie früher berücksichtigt. Eventuelle künftige
Wertsteigerungen müssen gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dies war allerdings in Deutschland schon immer der Fall. Ein sehr entscheidender Punkt ist: Auch der mögliche Verkauf der Immobilie zur Entschuldung darf von der Bank nicht mehr wie bisher als Sicherheit herangezogen werden. Zudem wird das Einkommen bzw. die Einkommensentwicklung auch noch wesentlich konservativer als bisher bewertet.
Ergo: Die Verschlechterung der Finanzierungsmöglichkeiten trifft eine ganze Reihe von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Bei jungen Familien muss zum Beispiel der künftige Wegfall des Kindergeldes in einigen Jahren mit eingerechnet werden. Dass aber eine bisher mit der Kindererziehung beschäftigte Mutter auch später wieder arbeiten kann, darf natürlich nicht berücksichtigt werden.
Negativ von der Immobilienkreditrichtlinie sind insbesondere ältere Personen betroffen, die nur noch dann einen Kredit bekommen, wenn sie ihn innerhalb ihrer statistischen Lebenserwartung komplett zurückzahlen können. Hinzu kommt, dass das Gesetz von der Öffnungsklausel des Artikels 18 Absatz 3 der Richtlinie keinen Gebrauch macht. Dadurch wird der Weg verbaut, zumindest den altersgerechten barrierefreien Umbau eines Hauses oder einer Eigentumswohnung rechtssicher finanzieren zu können, wenn die Einnahmen eines Rentners zwar für die laufenden Zinsen, nicht aber für dessen vollständige Tilgung des Kredits reichen. Wenn das voraussichtlich verbleibende Restdarlehen bei der Laufzeit nicht bei Weitem durch den Wert der Immobilie abgedeckt ist, ist nach den neuen Regelungen eine Finanzierung unter Inanspruchnahme der grundpfandrechtlichen Regelungen nicht mehr zulässig.
Das bedeutet, dass beispielsweise ein einzelner Bürger, selbst wenn er ein Haus im Wert von 1 Million Euro besitzt, möglicherweise nicht mehr einen Kredit von 100.000 Euro aufnehmen kann, um einmalige Kosten für einen altersgerechten Umbau, geschweige denn für Reparaturen oder Instandsetzungsmaßnahmen zu decken. Der Senior mit geringer Liquidität kann dadurch faktisch gezwungen werden, sein Haus zu verkaufen. Dies widerspricht unserem politischen Ziel, den Verbleib älterer Menschen in ihrem Eigenheim nach Möglichkeiten zu unterstützen.
Einschneidende Konsequenzen aus der Verschärfung der gesetzlichen Vorgabe für Kreditvergaben können sich zudem für diejenigen Kreditnehmer ergeben, deren ursprünglicher Kreditvertrag noch vor Inkrafttreten des nationalen Umsetzungsgesetzes der Wohnimmobilienkreditrichtlinie abgeschlossen wurde, sobald der Kreditvertrag zur Prolongation ansteht. Daher sollte geprüft werden, ob es bezüglich der Anschlussfi
nanzierung bei Altfällen Übergangsregelungen gibt und ob der Ursprungskreditnehmer dann wieder einen Kredit erhält, wenn er unter den alten Regelungen schon einen erhalten hat.
Im Ergebnis verlieren insbesondere Verbrauchergruppen, die zwar Immobilienvermögen besitzen, aber nur über geringe laufende Einnahmen verfügen, ihre Kreditwürdigkeit. Dies schränkt die Kreditvergabe an Bürger bei altersgerechten Umbaumaßnahmen, bei der Altersvorsorge durch selbst genutztes Wohneigentum, die Kreditaufnahme für Konsumzwecke sowie die Anschlussfinanzierung in vielfältiger Weise ein.
Es zeigt sich zudem, dass eine unnötige Beschränkung der Vergabe von Immobilienkrediten aus wirtschaftspolitischen Gründen problematisch erscheint, da sich hierdurch negative Nachfrageimpulse zum Beispiel für die Bauwirtschaft und das Handwerk ergeben.
Ich habe mich daher bereits am 29. Mai 2016 mit einem Brief an den Bayerischen Ministerpräsidenten gewandt und ihn gebeten, sich dieses Themas anzunehmen, beispielsweise durch eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel, die restriktive deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie abzumildern. Darüber wurde, wenn auch in geringem Umfang, schon berichtet. Auch viele Kollegen, die beispielsweise in Aufsichtsräten der Stadtsparkassen sitzen, haben sich dieses Themas selbstverständlich ebenfalls angenommen und sind in der gleichen Zielrichtung bereits aktiv geworden.
Die Staatsregierung war auch nicht untätig. Sie hat sich bereits im Bundesrat dafür eingesetzt, dass nur diejenigen Verbraucher von Krediten ausgeschlossen werden sollen, bei denen weder aufgrund der persönlichen Verhältnisse noch unter Berücksichtigung der Immobilie von einer Rückzahlung ausgegangen werden kann, sodass die Kreditvergabe an bestimmte Zielgruppen, zum Beispiel Familien und Senioren, nicht unnötig eingeschränkt wird. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass die Wohnimmobilienkreditrichtlinie aus guten Gründen die Möglichkeit vorsieht, bei Renovierungen auch dann einen Kredit zu gewähren, wenn er hauptsächlich auf den Wert der Immobilie gestützt ist. Ich darf hierzu auf die Bundesratsdrucksache 359/15 verweisen.
Die Bundesregierung jedoch sah keinen Spielraum für Änderungen an dem ursprünglichen Gesetzentwurf. Sie verwies darauf, dass die Verschärfung der Bestimmungen der Kreditwürdigkeitsprüfung erklärtes Ziel der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist, da den sich aus der Finanzkrise ergebenden Erkenntnissen Rechnung getragen und eine unverantwortliche Kreditvergabe erschwert werden soll.
Das Wirtschaftsministerium steht, was die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie angeht, in engem Austausch mit Vertretern der bayerischen Wirtschaft. So hat sich Staatsministerin Aigner nach der Diskussion zur Thematik anlässlich der Frühjahrssitzung der "Finanzplatz München Initiative" mit Schreiben vom 29. Juni 2016 bereits an die Bundesminister Gabriel und Maas gewandt, um eine Korrektur des Umsetzungsgesetzes zu fordern, sodass künftig nur noch jene Verbraucher von Krediten ausgeschlossen werden, bei denen weder aufgrund der persönlichen Verhältnisse noch unter Berücksichtigung der Immobilie von einer Rückzahlung ausgegangen werden kann. Eine Rückantwort ist bisher noch nicht erfolgt.
Anfang Juli haben sich dann die Industrie- und Handelskammer, der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern, der Bankenverband, der Genossenschaftsverband und der Sparkassenverband mit einem gemeinsamen Positionspapier zum Umsetzungsgesetz der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie an politische Vertreter gewandt. Dies haben die Fraktionen vermutlich zum Anlass genommen, verschiedenste Dringlichkeitsanträge zu diesem Thema zu stellen. Ich habe beispielhaft die Aktivitäten genannt, die hier in den vergangenen Wochen und Monaten bereits unternommen wurden, um zu zeigen, dass dieses wichtige Thema in der Politik angekommen ist.
Der Dringlichkeitsantrag der CSU dokumentiert zum einen unsere Haltung, zum anderen fordert er die Staatsregierung durch einen formalen Beschluss auf, auf eine Änderung des deutschen Umsetzungsgesetzes hinzuwirken, wenngleich sie das – wie eben dargestellt – bereits ohnehin tut.
Unser Antrag ist gegenüber den Anträgen der anderen Fraktionen unserer Meinung nach natürlich der sinnvollste,
weil er die Intention klar aufzeigt. Das ist zum Beispiel bei dem Antrag der SPD nicht der Fall; dieser zielt ausdrücklich auf das Thema Verbraucherschutz ab. Aber dass die Kredite doch wesentlich eingeschränkt werden und welche Ziele zu verfolgen sind, wird dort sehr, sehr wenig ins Auge gefasst.
Der Antrag der FREIEN WÄHLER hingegen geht so weit ins Detail, dass wir diesem auch nicht nähertreten wollen,
um den weiteren Verhandlungen mit der Bundesregierung nicht zu sehr vorzugreifen.
Wir möchten Sie daher bitten, unseren Antrag zu unterstützen. Ich freue mich auf die weitere Beratung im parlamentarischen Fortgang.
Verehrte Frau Landtagsvizepräsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Gesetzentwurf das Wahlrecht für EU-Bürger auch bei Bezirkswahlen. Diese Forderung kann man selbstverständlich erheben; aber was Sie hier schreiben, grenzt wirklich an Dreistigkeit. Sie verwenden im Zusammenhang mit dem bestehenden Wahlrecht Begriffe wie "rechtswidrig", und in Ihrer Rede haben Sie gar von "Diskriminierung" gesprochen. Bei allem Respekt – da wird es langsam schon ein bisschen dreist.
Das Thema wurde in dieser Legislaturperiode schon einmal ausführlich behandelt, nämlich in einer Schriftlichen Anfrage der GRÜNEN. Die Rechtslage ist Ihnen seinerzeit ausführlich erläutert worden. Es wäre wirklich an der Zeit, dass auch Sie die Rechtslage anerkennen und nicht für sich einfach mal feststellen, dass das Ganze rechtswidrig oder diskriminierend sei.
Fakt ist, dass nach Artikel 20 des Grundgesetzes alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Bei Ihnen von RotGrün ist das ganz anders: Sie haben wohl ein Problem mit Artikel 20 des Grundgesetzes. Bei den GRÜNEN geht das sogar so weit, dass Sie Einwohnerversammlungen statt Bürgerversammlungen haben wollen. Wenn also irgendeiner hier Probleme mit der Verfassung hat, dann sind das doch wohl Teile von Rot-Grün.
Die Rechtslage ist eindeutig. Bei den Verwaltungsgerichten ist bereits richterlich über das Thema entschieden worden. Im Übrigen gibt es seitens der Europäischen Union keinerlei Ansinnen an den Freistaat Bayern – auch nicht bei kürzlich behandelten The
men, bei denen das Thema Kommunalwahlen eine Rolle gespielt hat –, hier aktiv zu werden.
Fakt ist: Es gibt nun einmal eine abschließende Liste, wann das Kommunalwahlrecht für EU-Bürger anzuwenden ist. In dieser Liste sind die bayerischen Bezirke nicht aufgeführt. Im Übrigen ist es nicht so, dass Bayern das einzige Land ist, in dem es Regierungsbezirke gibt; insofern muss ich Ihnen widersprechen. Die Bezirke gibt es woanders zwar nicht in dieser Form – und wir sind auf unsere Bezirke recht stolz –,
aber Regierungsbezirke existieren beispielsweise auch in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Der Begriff "Regierungsbezirke" ist daher nicht alleine für Bayern zu verwenden, aber selbstverständlich sind unsere Bezirke einzigartig.
Sie wollen das Kommunalwahlrecht für Ausländer. Das sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Wir glauben überdies, dass das Ganze auch inhaltlich keinen Sinn macht. Vom technischen Verfahren her gibt es die Zeitgleichheit der Bezirkswahlen mit den Landtagswahlen; wir wählen in den gleichen Stimmkreisen und am gleichen Wahltag. Aus unserer Sicht würde es überhaupt keinen Sinn ergeben, am gleichen Wahltag zwei verschiedene Wählerverzeichnisse vorzuhalten. Das würde den Bürger nur zusätzlich verwirren.
Wenn Sie Ihr Vorhaben konsequent umsetzen wollen, dann müssen Sie auch für eine Abkehr vom bisherigen Wahlverfahren plädieren. Dann müssten Sie auch sagen – ich sage das bewusst im Konjunktiv –, dass die Bezirkswahlen zusammen mit den Kommunalwahlen stattfinden sollen. Wir möchten das nicht, aber wenn Sie das wollen, steht es Ihnen selbstverständlich frei, dies zu beantragen.
Langer Rede kurzer Sinn: Das Ganze ist nichts Neues. Sie können sich jetzt mit den Kollegen von den GRÜNEN, die in dieser Legislaturperiode bereits eine Schriftliche Anfrage gestellt haben, gerne darüber streiten, wer jetzt von wem abschreibt oder ob Sie gegenseitig voneinander abschreiben. Vermutlich ist Letzteres der Fall.
Aus unserer Sicht gilt nach wie vor Artikel 20 des Grundgesetzes: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Bei den Kommunalwahlen gibt es eben die Besonderheit, dass EU-Bürger wählen dürfen, und hierfür existieren Regelungen, wann genau dies der Fall ist. Das betrifft die Gemeinden und die Landkreise; die Bezirke sind eben nicht betroffen.
Wir sehen daher zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Erfordernis, Ihrem Ansinnen nachzukommen, und werden es vermutlich auch im Rahmen der weiteren Gesetzesberatungen ablehnen. In diesem Sinne können Sie den Entwurf auch im nächsten Jahr gerne wieder vorlegen. Wir lehnen das ab, und das wollte ich hier klarstellen.
Verehrte Kollegen, ich wollte noch auf die Ausführungen von Herrn Dr. Wengert eingehen. Sie erwecken den Eindruck, als ob wir das Bezirkswahlgesetz einfach durch landesgesetzgeberische Maßnahmen ändern könnten. Unsere Rechtsauffassung ist eine andere. Selbstverständlich können Sie anderer Meinung sein, aber nach der herrschenden Rechtsauffassung der Bayerischen Staatsregierung, der Mehrheitsfraktion und der öffentlichen Gerichte wäre eine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Das wurde auch schon von einzelnen Bürgern beklagt. Selbst wenn wir eine Änderung wollten, könnten wir diese nicht ohne Weiteres umsetzen. Wir bräuchten eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat, um eine Grundgesetzänderung herbeizuführen. Die Hürden sind somit sehr hoch. Es sei dahingestellt, ob andere Bundesländer, die gar nicht so genau wissen, was die bayerischen Bezirke sind, dieser Änderung zustimmen würden.