Meine sehr verehrten Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich eröffne die 50. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie bitten, eines früheren Kollegen zu gedenken und sich von den Plätzen zu erheben.
Am 11. Juli verstarb der ehemalige Staatssekretär Dr. Max Fischer im Alter von 88 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1962 bis 1990 an und vertrat für die CSU zunächst den Wahlkreis Oberpfalz und später den Stimmkreis Cham. Während seiner langen Zugehörigkeit zum Parlament war Dr. Max Fischer Mitglied in mehreren Ausschüssen. Unter anderem war er viele Jahre Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen. 1977 wurde er als Staatssekretär in das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen berufen, wo er bis 1986 tätig war. Auch auf kommunalpolitischer Ebene war Dr. Max Fischer engagiert. Er war viele Jahre Landrat in seiner Heimat Cham und gehörte dort beinahe 50 Jahre dem Kreistag an.
Dr. Max Fischer war ein außerordentlich tatkräftiger Anwalt des Grenzlandes, ein meinungsstarker Politiker und ein Mann von natürlicher Autorität. Insbesondere erwarb sich der promovierte Jurist große Verdienste um die Beziehungen zur damaligen Tschechoslowakei: In Zeiten des Eisernen Vorhangs war er in dieser Hinsicht ein wahrer Visionär. Im Zentrum seiner Bemühungen standen dabei stets konkrete Verbesserungen für das Alltagsleben der Menschen. Sein grenzüberschreitendes Wirken, das er auch gegen manchen Widerstand aufrecht erhielt, brachte ihm sogar den inoffiziellen Titel des "heimlichen bayerischen Außenministers" ein. Seine Heimatregion in der Oberpfalz und unser Land haben Dr. Max Fischer viel zu verdanken. Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bayerischen Verdienstorden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unser Mitgefühl gilt auch den Angehörigen der Opfer, die bei dem schrecklichen Amoklauf am vergangenen Freitag im Landkreis Ansbach ums Leben kamen. Zwei Menschen starben bei dieser für uns alle unbegreiflichen Gewalttat. Der Schock über die Geschehnisse sitzt tief, vor allem bei den Menschen in der betroffenen Region. Unsere Gedanken sind bei ihnen und insbe
sondere bei den Familien und Freunden der Opfer. Ihnen wünschen wir viel Kraft in dieser schwierigen Zeit. Der Bayerische Landtag trauert mit den Angehörigen und wird den Verstorbenen ein ehrendes Andenken bewahren. - Sie haben sich von Ihren Plätzen erhoben. Ich bedanke mich bei Ihnen.
Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Klartext statt Schönreden - In der Asylpolitik jetzt die richtigen Weichen stellen!"
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Hat eine Fraktion das Benennungsrecht für mehrere Redner bzw. Rednerinnen, kann auf Wunsch dieser Fraktion eine ihrer Rednerinnen oder einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit erhalten. Dies wird auf die Anzahl der Redner der Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung für mehr als zehn Minuten das Wort, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen. – Erste Rednerin ist die Kollegin Guttenberger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", sagt unsere Verfassung, das Grundgesetz. Dies ist ein wichtiges und festes Grundrecht, auf das sich jeder stützen kann, der bei uns Schutz sucht. Wir sind uns hier unserer Verantwortung wohl bewusst. Bayerische Asylpolitik heißt für uns Humanität bei der Unterbringung und Versorgung, heißt aber auch konsequente Rückführung derjenigen, die kein Bleiberecht haben. Sie heißt für uns auch, dass man die Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern steigern muss, um Probleme gleich vor Ort zu lösen.
Dies ist für uns die Grundlage für eine ausgewogene Asylpolitik. Alle politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlinge erhalten bei uns Schutz und Hilfe. Wer aber das Asylrecht missbraucht, muss konsequent zurückgeführt werden und das Land verlassen. Dies stellt uns vor große Herausforderungen, weil sich die Zugangssituation wegen der vielen Krisenherde in der Welt stark verändert hat. Allein im Mai 2015 wurden annähernd 26.000 Asylanträge und Asylfolgeanträge gestellt, was im Vergleich zum gleichen Vorjahresmonat eine Steigerung um 108 % bedeutet, und die Tendenz hält an.
Im gleichen Zeitraum hatten wir bei den Asylfolgeanträgen eine Steigerung um 73 %. Hauptherkunftsländer sind neben Syrien auch das Kosovo und Albanien. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass im Mai 2014 2.114 Menschen aus dem Kosovo, einem Land, das nach allen Einstufungen als ein sicheres Herkunftsland gilt, Asylanträge gestellt haben und es heute 29.747 sind, kann uns das nicht unberührt lassen.
Wir wollen deshalb, dass Albanien und das Kosovo in die Liste der sicheren Herkunftsländer aufgenommen werden, damit die Asylanträge beschleunigt bearbeitet werden können. Ich sage, weil ich hier Gemurmel höre, dass damit niemand rechtlos gestellt wird. Man kann im Einzelfall immer noch sagen: Ich bin ausnahmsweise ganz speziell verfolgt. Dann wird jeder Einzelfall geprüft. Das stellt niemanden rechtlos. Aber es zeigt sich, dass die Anerkennungsquote bei Leuten aus Albanien und dem Kosovo gegen null geht. Das muss man sich immer vor Augen halten. Deshalb wollen wir ein beschleunigtes Verfahren auf den Weg bringen.
Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass die Zahl der Asylbewerberinnen und -bewerber ansteigt und damit auch die Zahl der Rückstände zunimmt, die sich bei der Bearbeitung durch das Bundesamt ergeben. Nach einer Koalitionsvereinbarung soll ein Asylverfahren höchstens drei Monate dauern. Wir sind teilweise bei zwei Jahren. Das ist uns zu lang. Wir freuen uns, dass das Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgestockt wurde, sind aber der festen Überzeugung, dass der Bund dann, wenn die drei Monate vorbei sind, die Kosten übernehmen sollte und dass zielgerichtet noch weit mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich eingesetzt werden müssen. Das ist auch positiv für den, der einen Antrag stellt; denn er hat relativ schnell einen Bescheid und weiß, wie sein Verfahren weitergeht. Auch aus diesem Grund ist es für uns unumgänglich, dass das Verfahren entsprechend geändert und unter Berücksichtigung der Sicherheitslage in dem Herkunftsland angepasst wird.
Wir haben die Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber deutlich ausgebaut und insoweit einen hohen Standard erreicht. Wir stehen jedoch vor weiteren Herausforderungen.
Das wollte ich gerade tun. – Trotz alledem stehen wir vor dem Problem, dass wir wohl Turnhallen beschlagnahmen müssen. – Vielen Dank.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lautet: "Klartext statt Schönreden – In der Asylpolitik jetzt die richtigen Weichen stellen!" Ja, Kollegin Guttenberger, wir brauchen tatsächlich Klartext in diesem Themenfeld. Aber was heißt das für uns Sozialdemokraten? – "Klartext" heißt in allererster Linie, die Herausforderungen, die zweifellos groß sind – das kann niemand bestreiten; auch wir sehen das so –, anzunehmen und sich ihnen gemeinsam zu stellen. Einzubeziehen sind neben der europäischen Ebene der Bund, die Länder und vor allem die Kommunen.
"Klartext" heißt, zu unserer humanitären Verantwortung zu stehen, Integrationsmaßnahmen zu forcieren und auszuloten, was bei realistischer Betrachtung umsetzbar ist. Dabei haben wir die rechtsstaatlichen Prinzipien, die insbesondere im Grundgesetz und in internationalen Vereinbarungen, zum Beispiel in der Genfer Flüchtlingskonvention, niedergelegt sind, zu beachten. Wir müssen also im Sinne eines Rechtsstaates – einem solchen gehören wir an – handeln. "Klartext" heißt, sich zusammenzuschließen und gemeinsam an Problemlösungen zu arbeiten.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, "Klartext" heißt nicht, auf billige Polemik zu setzen, zu dramatisieren, Vorurteile anzuheizen oder gesellschaftliche Gruppen und Bedürfnisse gegeneinander auszuspielen, wie Sie es leider immer wieder tun.
Ich bringe zum Beleg einige Zitate: Finanzminister Söder lässt nicht locker und rechnet uns permanent vor, wie viel Geld für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern aufgebracht werden muss.
Sie haben in der Aktuellen Stunde so viel Redezeit. Wir aber haben keine Möglichkeit, hier anderweitig einzugreifen. Daher bitte ich Sie, mir zuzuhören.
Herr Söder rechnet auf und sagt, für dieses Geld könnten 5.000 Lehrer eingestellt oder 460.000 Studienplätze geschaffen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie heute Ihre Versäumnisse in der Bildungspolitik gegen die Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern aufrechnen, dann ist das mehr als daneben.
Seit 2003 bin ich Mitglied des Bayerischen Landtags. Ich erinnere mich, dass wir die Einstellung von 5.000 Lehrern schon in den Jahren 2008 und 2009 gefordert haben. Damals hatte die Staatsregierung noch keine großen Herausforderungen in der Asylpolitik zu bewältigen. Im Klartext: Die CSU und die Staatsregierung haben dieses Thema damals vollkommen verschlafen.
Finanzminister Söder hat gestern behauptet, Bayern befinde sich "fast schon im Katastrophenmodus". Dieser leichtfertige Gebrauch des Wortes "Katastrophe" ist angesichts der wirklichen Katastrophen in dieser Welt einfach nur als zynisch zu bezeichnen.
Ich kann nur sagen: Sie wissen nicht, was echte Katastrophen sind. – Ab und an erhält der Finanzminister einen Rüffel vom Ministerpräsidenten, das heißt, er wird zurückgepfiffen. Der Ministerpräsident sagt dann zwar, Polarisierung und Zuspitzung seien vielleicht doch nicht so gut, legt allerdings gleichzeitig nach, indem er von "massenhaftem Asylmissbrauch" spricht.
Kolleginnen und Kollegen, jetzt zur Sache: Was ist im Bund passiert? Was ist auf Anregung der SPD passiert?
Der Bund hat seine Mittel aufgestockt und den Ländern und Kommunen Hilfe zugesagt. Er sichert zu, sich ab dem kommenden Jahr dauerhaft an den Kosten für Unterbringung und Versorgung zu beteiligen. Im Unterschied zu anderen Bundesländern will der Freistaat Bayern diese Gelder nicht an die Kommunen weiterleiten. Das hätte er schon mit der Soforthilfe des Bundes vom November 2014 tun müssen.
Es ist nicht nur für uns im Präsidium, sondern auch für die Rednerin oder den Redner, egal von welcher Fraktion, schwierig, wenn Sie nicht zuhören.