Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

(Unruhe bei der CSU)

Sie können sich draußen unterhalten; das steht Ihnen jederzeit frei. Jetzt hat Frau Weikert das Rednerpult für sich.

(Beifall bei der SPD)

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Die Bundesregierung hat das Baurecht verändert und den Neubau von Flüchtlingsunterkünften massiv erleichtert. Der Bund hat den Ländern für die Unterbringung Bundesimmobilien zur Verfügung gestellt. Wir haben nachgefragt, wie es insofern mit den Immobilien des Freistaates Bayern aussieht. Aus dem Finanzministerium kommt die Auskunft: Das wissen wir nicht genau, aber wir sagen schon heute, da ist nichts da. – Eine tolle Aussage! Die Staatsregierung hat nicht genau hingeschaut und kommt ihrer Auskunftspflicht nicht nach. – Die Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme sind erleichtert worden, weil viele Flüchtlinge ihren Teil dazu beitragen wollen, dass die Gesellschaft, die sie aufnimmt, vorankommt.

Frau Guttenberger, wenn die CSU die Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kritisiert, dann sage ich: Ich muss das Bundesamt nicht verteidigen. Aber es lässt sich sehr leicht über ein Amt herziehen, das nicht unter der Hoheit des Freistaates Bayern steht. Sie wissen genau, dass die Verbesserung der Personalausstattung, das heißt die Einstellung beziehungsweise Qualifizierung von Per

sonal, Zeit in Anspruch nimmt. Auch Sie wollen doch sicherlich, dass das Bundesamt seine Entscheidungen unter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien trifft. Ich erinnere daran, wie lange der Freistaat Bayern gebraucht hat, um endlich eine dritte, vierte und fünfte Erstaufnahmeeinrichtung zu eröffnen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Schon im Jahr 2009 haben wir Sie darauf hingewiesen – die sieben Regierungspräsidenten haben das 2010 wiederholt –, dass Sie handeln müssen. Die Staatsregierung hat das Problem fünf Jahre lang ignoriert beziehungsweise verschlafen. Wenn wir heute fragen, wo die Erstaufnahmeeinrichtungen sind, hören wir, das dauere halt. Aber auf ein Bundesamt kann man ja losgehen.

Was passiert weiter im Bund? - Das Ministerium von Manuela Schwesig hat das Programm "Willkommen bei Freunden" aufgelegt. Damit wird den Kommunen Hilfe zugesichert. Die Kommunen werden beraten; sie werden in ihren Aufgabenstellungen unterstützt, gerade was die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betrifft. Ein Gesetzentwurf ist in Arbeit, der ab dem nächsten Jahr die bundesweite Verteilung vorsieht. Da gilt ebenfalls: Wir sind ein Rechtsstaat; das heißt: Ein Gesetz wird eingebracht, letztlich vom Bundesparlament diskutiert und dann verabschiedet. Auch das nimmt wieder Zeit in Anspruch.

Ich komme jetzt zum zweiten Teil. Zu den Herausforderungen gehört es, die richtigen Weichen zu stellen. Die richtigen Weichen stellen – das bedeutet für uns als Sozialdemokraten, die Kommunen nicht alleine zu lassen und sie bei der Suche nach geeigneten Immobilien zu unterstützen. Hierzu gehört auch, die Immobilien des Freistaates Bayern dafür zur Verfügung zu stellen; hierzu gehört, die Erstaufnahmeeinrichtungen weiter auszubauen, bis wir endlich auf den Stand kommen, dass wir in jedem der sieben Regierungsbezirke eine Erstaufnahmeeinrichtung haben.

(Beifall bei der SPD)

Das, Frau Guttenberger, würde die Verfahren nämlich auch beschleunigen;

(Beifall bei der SPD)

denn das Bundesamt muss häufig genug den Flüchtlingen hinterherreisen, weil keine Erstaufnahmeeinrichtung in der Nähe zur Verfügung steht.

Wir fordern auch – und das steht an – die bayernweite Verteilung von Flüchtlingen, vor allem der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge; denn gerade die Städte München, Nürnberg, Passau und Rosenheim sind

extrem belastet. Das ist eine weitere Herausforderung in der Asylpolitik. Außerdem brauchen wir dringend die Koordination von hauptamtlicher und ehrenamtlicher Sozialarbeit für Flüchtlinge.

(Beifall bei der SPD)

Die vielen Helferkreise im Land, die persönlich motiviert und sehr qualifiziert sind – das sind Ärzte, das sind Anwälte; ich komme sehr viel mit diesen Helferkreisen zusammen –, brauchen rechtliche Unterstützung, sie brauchen Informationsangebote. Vor allen Dingen brauchen sie Koordination und Unterstützung vor Ort. An dieser Stelle gilt ein ganz herzliches Dankeschön den vielen Helfern, die Menschlichkeit zeigen und sich vor Ort kümmern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir brauchen die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Wir müssen die Potenziale der Flüchtlinge, die zu uns kommen -

Frau Weikert, ich darf Sie an die Zeit erinnern.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ich habe so viele Zwischenrufe gehabt, deswegen -

(Zurufe von der CSU)

Ja, aber trotzdem.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Fazit: Die Herausforderungen sind groß. Wir müssen uns ihnen gemeinsam stellen. Flüchtlinge haben Potenzial, und sie brauchen eine Chance in unserer Gesellschaft. Davon können alle Seiten profitieren.

Bitte kommen Sie zum Ende!

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Die CSU-Rhetorik sehe ich als große Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die Motivation der ehrenamtlich Engagierten.

(Beifall bei der SPD)

Sie bedienen die Stammtische, aber Sie stellen sich nicht den Herausforderungen.

Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Aiwanger.

(Angelika Weikert (SPD): Wir haben jetzt anscheinend Krawall-Modus hier!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Handeln statt Reden, das ist die Forderung in der Asylpolitik, die wir seitens der FREIEN WÄHLER an Sie stellen. Der Arbeitstitel Ihrer Aktuellen Stunde lautet: "Klartext statt Schönreden." Sie aber bleiben wieder beim Reden. Sie kritisieren das bisherige Schönreden und kündigen jetzt Klartextreden an. In vier Wochen werden Sie verschärfte Klartextreden ankündigen. Ich sage Ihnen: Sie müssen endlich handeln!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Damit wir in der Asylfrage die Hilfe auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren können, müssen wir heute den Asylmissbrauch ganz gezielt bekämpfen. Und da werfe ich Ihnen in der Landesregierung und auch in der Bundesregierung klägliches Politikversagen vor.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zurufe von der CSU: Oh!)

Sie haben bei Ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth vor einem halben Jahr beschlossen, dass die Dauer der Asylverfahren auf sechs Wochen verkürzt werden soll. Was haben Sie als alleinregierende Partei bisher dafür getan? - Die aktuelle Situation sieht so aus: Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs ruft händeringend nach 50 neuen Richterstellen für die Verwaltungsgerichte, um den Asylstau abarbeiten zu können. Sie kündigen ihm – Herr Kreuzer, wissen Sie, wie viele neue Richterstellen Sie für den 1. Januar 2016 ankündigen? - Offensichtlich nicht! – 16 Stellen an.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Ist das hier eine Quizshow, oder was?)

Der Chef des Verwaltungsgerichtshofs in Bayern will 50 Richterstellen, und Sie kündigen ihm für den 1. Januar nächsten Jahres 16 Stellen an. Wissen Sie, was Sie tun müssten? - Wenn der 50 will, müssten Sie ihm 60 geben, und nicht 16!

(Lachen bei der CSU und der Regierungsbank)

Ich sage Ihnen auch, warum.

(Zurufe von der CSU)

Sie wollen nicht mal die 30 Richterstellen zahlen. Diese Richter stehen aber allein in der Verantwortung

dafür, diese Staus abzuarbeiten. Wir haben derzeit Verfahren von 30.000 Albanern vorliegen, die 0,0 % Anspruch auf Asyl haben. Diese Albaner klagen gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Und die Akten liegen auf Halde. Ihre Rednerin hat vorhin selber gesagt, dass diese Fälle bis zu zwei Jahren herumliegen. Sie haben im Januar von sechs Wochen gesprochen, geben jetzt selber zu, dass das Ganze zwei Jahre dauert. Sie liegen näher an sechs Monaten bis zu sechs Jahren als bei sechs Wochen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist Ihr Versagen in der Asylpolitik. Und dann fordern Sie die richtige Weichenstellung! Ich sage Ihnen: Sie betreiben hier Staatsversagen und Politikversagen.

(Zuruf von der CSU: Ach ja?)

Sie sind dieser Situation nicht gewachsen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich setze noch eins drauf: Sie haben bei der letzten Wahl im Zusammenhang mit der Ausländermaut, mit der Sie die Leute hinters Licht geführt haben, gesehen, wie gut es läuft. Die nächste Wahl wird heute schon wieder vorbereitet, diesmal durch eine Verschleppung der Asylsituation. Nächstes Mal wollen Sie eine Eskalation an der Asylfront, damit Sie sagen können: Wir räumen auf, und die anderen verschlafen es.