Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 15. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch Herrn Kollegen Horst Arnold zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren.
Ich wünsche ihm im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg bei seinen parlamentarischen Aufgaben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Ihnen mitteilen, dass die Kollegin Tanja Schweiger heute vor mir zur Niederschrift erklärt hat, mit Ablauf des 30. April 2014 auf ihr Landtagsmandat zu verzichten. Die Kollegin scheidet damit gemäß Artikel 56 Absatz 2 des Landeswahlgesetzes mit Ablauf des 30. April 2014 aus dem Bayerischen Landtag aus. Der Name des Listennachfolgers bzw. der Listennachfolgerin wird zu gegebener Zeit bekannt gegeben.
Frau Kollegin Schweiger gehört dem Bayerischen Landtag seit dem Jahr 2008 an. Während der 16. Legislaturperiode war sie Mitglied im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion der FREIEN WÄHLER sowie von November 2008 bis März 2011 Mitglied im Ältestenrat. In der aktuellen Legislaturperiode hat sie das Amt als stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport inne.
Ich spreche der Kollegin im Namen des gesamten Hauses meinen Dank für ihre parlamentarische Arbeit und ihr Engagement im Bayerischen Landtag aus und wünsche ihr für ihre künftigen kommunalpolitischen Aufgaben viel Glück, Erfolg und alles Gute.
Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Irrweg 2. Röhre beenden: Neue Perspektiven für Münchens Verkehr"
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN vorschlagsberechtigt. Auf die Regeln, die für die Aktuelle Stunde gelten, möchte ich in die
Erster Redner ist Kollege Markus Ganserer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie letzte Woche bekannt wurde, rechnet die Deutsche Bahn beim Bau der zweiten Röhre intern mittlerweile mit Kosten in Höhe von knapp 2,6 Milliarden Euro. Damit wurde der Kostenrahmen ein weiteres Mal gesprengt, und ein Ende der Fahnenstange ist bis heute nicht zu erkennen. Ein durchgängiges Baurecht liegt noch immer nicht vor. Allein die Bedenken hinsichtlich der Sicherheitsmängel und des Brandschutzkonzeptes konnten beim Erörterungstermin zum Planfeststellungsabschnitt 3a neu Ende Januar dieses Jahres noch immer nicht widerlegt werden. Es ist davon auszugehen, dass hier weitere Kostensteigerungen folgen werden, ganz abgesehen von weiteren zeitlichen Verzögerungen, die zu erwarten sind, wenn die entsprechenden Klagen kommen werden.
Sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann, in einem Interview Ende November letzten Jahres mit der "Süddeutschen Zeitung" haben Sie zu den Kosten für die zweite Röhre gesagt, Sie würden da nicht gegen die Wand rennen. Aber genau das hat die Staatsregierung in den letzten Jahren mehrmals gemacht.
Immer wieder wurde der Kostenrahmen gesprengt. Was aber haben Sie gemacht? - Sie haben sich geschüttelt, haben weitere Millionen draufgepackt und erklärt, dass die Finanzierung und die Realisierung der zweiten Röhre damit endlich gesichert sind. So haben Sie erneut Anlauf genommen, um kurze Zeit darauf festzustellen, dass der Kostenrahmen wieder gesprengt wurde.
Käme es zu einer Realisierung der derzeitigen Planungen, würde ein Großteil der Investitionsmittel für den Schienenpersonennahverkehr und den ÖPNV in Bayern über Jahre, sogar über Jahrzehnte für dieses eine Projekt gebunden. Schon jetzt werden Millionen der Regionalisierungsmittel, die eigentlich dazu dienen, den Schienenpersonennahverkehr im ganzen Land zu organisieren, abgezweigt und für die zweite Röhre gebunkert, während zahlreiche Kommunen draußen auf dem flachen Land darauf drängen, dass endlich ihre Schienenstrecke reaktiviert wird, aber keinerlei Unterstützung erfahren.
Als weiteres Beispiel nenne ich den barrierefreien Ausbau der Bahnhöfe – immerhin ein erklärtes Staats- und Regierungsziel von Ihnen, Herr Ministerpräsident. Dieses Regierungsziel werden wir ohne zusätzliche Investitionsmittel nicht erreichen. Diese aber werden genau wegen der zweiten Röhre gebunden. Viele notwendige Projekte im ganzen Land sind momentan auf Eis gelegt, weil das Geld für die zweite Röhre angespart wird. Aber auch der Einsatz von Mitteln aus dem GVFG-Landesprogramm wird letztendlich nur dazu führen, dass im ganzen Land andere Projekte unter der zweiten Röhre zu leiden haben. Dies ist für uns mit dem Grundsatz von gleichwertigen Lebensverhältnissen nicht vereinbar und nicht akzeptabel.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, Sie stehen dem Projekt relativ offen gegenüber. Das Gleiche hat auch Bundesverkehrsminister Dobrindt betont. Ich sage deswegen: Machen Sie an dieser Stelle einen Schnitt! Beerdigen Sie diese Planungen, und machen Sie den Weg frei für Alternativlösungen.
Sie würden sich damit in gute Gesellschaft begeben, nämlich in die Ihres Vorgängers, der vor ziemlich genau sechs Jahren die Größe hatte einzugestehen, dass das Prestigeobjekt Transrapid einfach nicht zu finanzieren ist.
Die Kostensteigerungen sind aber nur die eine Seite; denn der tatsächliche Nutzen, der mehr als fraglich ist, steht in keiner Weise in Relation zu dem enormen finanziellen Aufwand. Durch die zweite S-Bahn-Röhre wird zwar die Stammstrecke entlastet, aber aufgrund der geringen Haltezahlen und Verknüpfungspunkte ergibt sich für viele Fahrgäste ein zusätzlicher Umsteigezwang oder sogar eine Verschlechterung. Das Umsteigen wird zudem durch die extreme Tieflage am Marienhof oder durch lange Umwege am Hauptbahnhof erschwert.
Mit der zweiten S-Bahn-Röhre würden aber die eigentlichen Probleme des S-Bahn-Systems gar nicht gelöst; denn die Ursachen für die Verspätungen, die heute leider Gottes oftmals an der Tagesordnung sind, liegen nur zu einem geringen Teil im Bereich des Tunnels, sie sind vielmehr im Wesentlichen in den Engstellen in den Außenästen zu suchen.
Wir haben Fahrstraßenkreuzungen, fehlende Ausweichstrecken und eingleisige Abschnitte, wo sich die S-Bahn das Gleis im Mischbetrieb mit dem Fern-, Regional- und Güterverkehr teilen muss, wie beispielsweise im Westen an der S 4 oder auch im Bereich der S 1 zwischen Perlach und Giesing.
Als Sofortmaßnahme wird man ganz dringend die Realisierung der Sendlinger Spange benötigen, die auch in Ihrem 13-Punkte-Sofortprogramm vorgesehen ist,
Auch für die Leistungssteigerungen und für die Betriebssicherheit im S-Bahn-System sind in erster Linie die Beseitigungen der Engstellen im Außenbereich zu nennen. Dass sich in der Stammstrecke immer wieder Züge infolge der Gleisbelegung am Ostbahnhof aufstauen, ist ein deutlicher Schwachpunkt. Im Bereich Ostbahnhof bräuchte die S-Bahn deswegen ganz dringend ein eigenes Gleis, damit die Verspätungen nicht in die Stammstrecke hineingefahren werden.
Zudem brauchen wir in der Stammstrecke Verbesserungen im Leit- und Steuerungssystem sowie in der Regeltechnik, damit auch der Betrieb auf der Stammstrecke stabiler laufen kann. Mit einem Teilausbau des Münchner Südrings wäre eine kostengünstige und durchaus realistische Alternative für die zweite Röhre vorhanden.
Da hier keine Eingriffe in das Privateigentum nötig wären, wäre es durchaus möglich, dort schnell einen Planfeststellungsbeschluss zu erzielen.
Zusammenfassend möchte ich noch einmal sagen: Der Nutzen der zweiten Röhre ist äußerst fraglich. Das Projekt ist nach wie vor finanziell nicht gesichert. Mir persönlich wäre ein zweiter Transrapid in diesem Land lieber als ein zweites Stuttgart 21.
In diesem Sinne: Tragen Sie die Planungen für die zweite Röhre endlich zu Grabe, bevor Sie weitere Millionen und Milliarden sinnlos verbuddeln. Machen Sie den Weg frei für die Realisierung der notwendigen Alternativen.
Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat der Kollege Eberhard Rotter von der CSU das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zweite S-Bahn-Stammstrecke ist kein Irrweg, sondern sie ist ein richtiger und wichtiger Weg, um für den ÖPNV im Großraum München - weit ausstrahlend bis ganz Südbayern - eine konstruktive, sinnvolle und umweltfreundliche Lösung für die nächsten Jahrzehnte zu gewährleisten.
Lieber Kollege Ganserer, Sie haben zwar viel Kritik geübt, aber ich habe von Ihnen keine einzige Alternative zu diesem Projekt gehört,
Das ÖPNV-System in München, dessen Rückgrat bekanntlich die S-Bahn ist, wird weltweit anerkannt und mit Bestnoten ausgestattet. Sie ist vor 50 Jahren geplant und dann zu den Olympischen Spielen 1972 fertiggestellt worden. Seither haben sich die Fahrgastzahlen allein bei der S-Bahn mehr als verdreifacht. Von daher stößt dieses System natürlich an seine Grenzen. Es darf nicht am eigenen Erfolg ersticken, sondern es muss zukunftsfest gemacht werden, tauglich für die nächsten 50 Jahre.
Wir haben erst vor Kurzem Prognosen über das Bevölkerungswachstum der Stadt München gehört. Bis zum Jahre 2030 soll es 200.000 Einwohner mehr geben, und auch das Umland wird nochmals gehörig zulegen. Dieses Wachstum kann nur mit einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs bewältigt werden. Dafür bietet die zweite Stammstrecke die Grundlage. Das war vor vier Jahren so, und das ist auch heute noch so.
Wir haben diesem zentralen Projekt für den Bahnknoten München zugestimmt. Auch damals ist schon argumentiert worden, dass das Geld dann bei anderen Projekten fehlen wird. Das ist nicht richtig. Seitens der Staatsregierung und auch hier im Bayerischen Landtag ist klargestellt worden, dass deswegen keine anderen Projekte im Flächenstaat Bayern zurückstehen müssten. Von daher legen wir allergrößten Wert darauf, dass das GVFG-Bundesprogramm über das
Jahr 2019 hinaus fortgeführt wird. Wir haben sichergestellt, dass die Projekte, die bereits jetzt bis 2019 im Programm enthalten sind, natürlich auch realisiert werden sollen.