Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

man mit derartigen Fällen umgeht. Ein Blick in andere Bundesländer lohnt manchmal. Es handelt sich um ein 18-seitiges Konzept, und die Vereinbarungen gelten für alle.

Die größtmögliche Sicherheit soll natürlich räumlich und personell gewährleistet werden. Möglicherweise wird man nicht vor jeder Situation schützen können. Jedoch erleichtert es die Sache, wenn alle dieselben Handreichungen und Möglichkeiten haben. Sie haben bereits angesprochen, dass es eine Art Runden Tisch gibt. Wieso kann man sich am Runden Tisch denn nicht ein derartiges Konzept zur Hand nehmen und dieses Konzept nachahmen? – Dieses Konzept gibt es ja bereits und könnte übernommen werden. Ich verstehe das nicht. Ein Runder Tisch ist mitunter ganz sinnvoll. Jedoch dient er manchmal dazu, Dinge auf die lange Bank zu schieben. Das können wir nicht akzeptieren.

(Zuruf von den GRÜNEN: Genau!)

Ich komme nun zum Schluss. Ich finde, ein Gewaltschutzkonzept aus einem Guss ist ein richtiger Beitrag, damit alle Menschen, die in einer Einrichtung leben, so angstfrei und so sicher wie möglich ankommen und leben können. Gewaltprävention und Klarheit im Umgang mit Übergriffen und Gewalt nützen allen. Sie nützen Bewohnern und allen in den Einrichtungen engagierten Menschen, egal woher sie kommen, welches Geschlecht sie haben, ob sie mit oder ohne Behinderung leben oder welcher Religion sie angehören. Ich bitte Sie, überlegen Sie sich das noch einmal. Ich glaube, dass es mir gelungen ist, die Debatte wieder ein Stück weit zu versachlichen.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Chris- tine Kamm (GRÜNE))

Danke schön. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Gottstein.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt nicht oft vor, dass ich mir den Innenminister herwünsche. In der heutigen Debatte wäre es mir lieber gewesen, wenn er da gewesen wäre. Frau Kaniber, im Gegensatz zu Ihnen hat er sich in dieser Situation nicht in fast überheblicher Weise geäußert. Er hat sich eher demütig geäußert. Er hat klar gesagt, dass man auf den Sachverhalt genau achten muss. Er wollte genau überprüfen, was hier doch nicht richtig gelaufen ist. Er hat zumindest zu erkennen gegeben, dass er den Fall für untersuchungswürdig erachtet. Er hat sich nicht hingestellt und gesagt: Wir machen doch alles richtig! Sie haben das in diesem Fall gemacht. Zum Schluss Ihrer Ausführungen haben Sie zumindest das Wort "tra

gisch" verwendet. Frau Kaniber, am Anfang Ihrer Rede haben Sie von einem traurigen Anlass gesprochen.

(Michaela Kaniber (CSU): Jetzt hören Sie doch auf!)

Im Antrag geht es um eine Sache, die von der Wirklichkeit ganz tragisch eingeholt worden ist. In so einem Fall kann man sich doch nicht auf Buchstaben beziehen. Vor Wochen haben Sie diesen Antrag vielleicht noch für unnötig erachtet. Die Ereignisse haben jedoch gezeigt, dass ein Handlungsbedarf besteht. Ihr Tonfall war auch nicht der richtige.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt können Sie noch hundertmal sagen, in wie vielen Einrichtungen und wo dies schon überall gemacht wird. Merken Sie denn nicht, dass das schlimm klingt? – Es war zumindest eine Einrichtung zu wenig. In einem Fall war es zu wenig. Um diesen einen Fall geht es natürlich jetzt auch. Angesichts dieser Tatsache hat der Antrag einen ganz anderen Hintergrund bekommen. Wir müssen den Antrag dann schon mit anderen Augen betrachten. Man hat gemerkt, dass Sie den Antrag so abarbeiten, wie Sie ihn auch im Ausschuss abarbeiten. Sie behaupten: Wir machen alles toll, und es passt alles!

Der Vorteil vom Älterwerden besteht darin – und das wird auch von den Politikern verlangt –, dass man aus Ereignissen etwas lernen kann. Wir sind doch alle lernfähig. Es hat halt nicht gepasst. Momentan geht es nicht darum herauszufinden, wer Schuld hat, sondern darum, wie man es besser machen kann. Es geht darum, wie man es verhindern kann. Dazu ist doch der Antrag auf jeden Fall geeignet. Wir, die FREIEN WÄHLER, haben dem Antrag zuvor zugestimmt und werden ihm jetzt erst recht zustimmen.

Es ist auch klar, dass es eine Arbeitsgruppe gibt. Hier muss man schauen, dass man nun schneller in die Gänge kommt. Ich fasse es schon so auf, dass man jetzt einfach nicht zustimmen will. Eigentlich sind Sie doch schon so weit zu erkennen, dass etwas gemacht werden muss. Warum können wir in der Politik nur schwer zugeben, dass man einen Zahn zulegen muss? In diesem Zusammenhang ist das natürlich auch eine blöde Redewendung. Diese muss ich zurücknehmen. Vielmehr muss gefragt werden: Was können wir jetzt tun?

Sie fangen dann mit der Obergrenze an oder sagen, dass die Männer aus einer anderen Kultur kommen. Hier kommt es mir schon so vor: Was nicht sein darf,

das gibt es halt nicht. Ich sage dies, weil wir hier als Frauen argumentieren.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Ingrid Heckner (CSU): Was, was, was?)

Ihre Kollegin hat argumentiert, dass es kein Wunder sei und diese Dinge immer wieder vorkommen, weil diese Männer aus einem anderen Kulturkreis kommen.

(Ingrid Heckner (CSU): Nein, Sie hat gesagt: Das werden wir nicht akzeptieren, diese Männerkultur!)

Der Antrag hat nichts damit zu tun, dass wir das nicht akzeptieren würden. Das akzeptiert hier niemand. Im Antrag geht es darum, wie wir solche Zwischenfälle verhindern können. Der Antrag zielt darauf ab, alles zu tun, damit es nicht mehr zu einem derartigen Zwischenfall kommt. Hierfür ist der Antrag eine gute Möglichkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Geben Sie sich bitte auch vor dem Hintergrund dieses tragischen Ereignisses einen Ruck.

(Ingrid Heckner (CSU): Zuhören, bevor man redet! – Volkmar Halbleib (SPD): Zu viele falsche Worte, Frau Kollegin!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fall in Arnschwang ist in der Tat schlimm und tragisch. Der Innenminister hat klipp und klar deutlich gemacht, dass er hier den Einzelheiten nachgehen werde. Durch sehr intensive und transparente gemeinsame Presseerklärungen der Ministerien, aber auch der Regierung der Oberpfalz, ist die Situation umgehend klar und transparent dargestellt worden. Insbesondere betrifft das auch die Entscheidungen der verschiedenen Gerichte – vom VG bis zur Strafvollstreckungskammer. Es ist unredlich zu suggerieren, es könne, durch welche Maßnahmen auch immer, eine hundertprozentige Sicherheit geben.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schutz vor Gewalt von Frauen und Kindern in Asylunterkünften ist sowohl meinem Haus als auch meiner Ministerin als auch mir persönlich und der gesamten Bayerischen Staatsregierung ein wichtiges und zentrales Anliegen. Ich möchte aber unterstreichen: Es ist der Staatsre

gierung ebenfalls wichtig, dass dieses Schutzbedürfnis für alle Asylbewerber in allen Asylunterkünften gilt. Im Rahmen des bayerischen Schutzkonzeptes für den Betrieb von Asylunterkünften wird diesem Schutz Rechnung getragen.

Auch wenn Sie, Kollegen der Opposition, das immer wieder so darstellen, ist es schlicht falsch, dass es kein Schutzkonzept gäbe. Es gibt ein Schutzkonzept, und dieses Schutzkonzept wird auch immer wieder mit den Regierungen vor Ort abgestimmt. Es gibt auch die in diesem Antrag geforderte separate Unterbringung von Frauen mit und ohne Kinder. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Forderung ist beileibe nicht neu, sondern sie ist seit Langem und nicht nur auf dem Papier gängige Realität und Praxis.

Lassen Sie mich ein paar klare Fakten nennen, die mit mir sofort morgen angeschaut werden können. Einige Daten sind von der Kollegin Kaniber vollkommen richtig genannt worden: Derzeit gibt es in Bayern 86 Unterbringungsmöglichkeiten, in denen speziell für Frauen mit und ohne Kinder eigene, separierte Räumlichkeiten und Trakte unterschiedlicher Form zur Verfügung gestellt werden. In Platzzahlen ausgedrückt sind das rund 1.900 Plätze. Es können also, sofern der Wunsch dazu besteht, 1.900 Plätze speziell von Frauen mit und ohne Kinder in Anspruch genommen werden.

Frau Kollegin Wild, es ist nicht richtig, dass nicht ausreichend Plätze zur Verfügung stehen würden; denn es gibt diese 1.900 Plätze, die sich auf 86 Unterbringungsstellen, davon 8 Erstaufnahmeeinrichtungen, 6 Gemeinschaftsunterkünfte und 72 dezentrale Einrichtungen verteilen. Diese Plätze sind derzeit zu 67 % belegt. Es gibt keine Wartelisten, sondern zwei Drittel sind belegt, während ein Drittel dieser vorhandenen separierten Plätze für Frauen und Kinder frei zur Verfügung steht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kollegin Kamm, ich glaube, darüber kann man auch nicht mit allen möglichen dramatischen Darstellungen so ohne Weiteres hinweggehen.

Es gibt also bayernweit 1.900 Plätze in 86 Unterkünften, von denen rund 1.300 belegt sind. Punkt.

Ich glaube, ich brauche kein wissenschaftliches Gutachten, um deutlich zu machen, dass für den notwendigen Schutz von Frauen mit und ohne Kinder Sorge, Vorsorge und Fürsorge getroffen wird. Darüber hinaus können bei Bedarf kurzfristig weitere Kapazitäten in bestehenden Unterkünften bereitgestellt werden. Auch dafür gibt es betriebliche Konzepte. Bei der allgemeinen Belegungssteuerung wird im Rahmen der

Möglichkeiten eine vernünftige bedarfsgerechte Unterbringung umgesetzt.

Es ist auch bereits genannt worden, dass durch das Aufnahmegesetz die Möglichkeit, eine Auszugsgestattung aus der Asylunterkunft zu erhalten, gegeben ist. Dies wird auch gemacht. Sie wissen das ganz genau, Frau Kollegin Kamm. Insofern darf bei der ganzen Diskussion eines nicht vergessen werden: Nicht jede Asylbewerberin wünscht tatsächlich eine separate Unterbringung. Ich möchte auch deutlich machen, dass es, auch durch den mehrmaligen Hinweis der Sozialverbände, ganz bewusst ein Konzept zur gemischtgeschlechtlichen Unterbringung von Familien und für eine bewusste gemeinsame Unterbringung von Familien und Singles gibt. Diese Tatsache sollte nicht außer Acht gelassen werden.

Das bayerische Gewaltschutzkonzept umfasst neben dem Aspekt der Unterbringung eine Reihe weiterer Aspekte. Es ist falsch, wenn hier suggeriert wird, dass wir diese Vorschläge, diese Mitarbeit, diese Anregungen, die von den Wohlfahrts- und Sozialverbänden kamen, nicht zur Kenntnis nähmen oder nicht mit einbezögen. Nein: Die Sozialverbände sitzen beim Bayerischen Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen mit am Tisch. Sie arbeiten permanent mit, um ständig aktuelle Entwicklungen aufzugreifen, anzupassen und zu optimieren. Das ist selbstverständlich richtig und wichtig. Die Sozialverbände sind mit dabei. Wir sind mit den Sozialverbänden in regem Austausch. Dies betrifft gerade auch die sorgfältige Personalauswahl, die Betreuung der Sozialarbeiter, die Sozialpädagogen, die Sozialarbeit und alles, was in den verschiedenen Unterkünften präventiv ermöglicht werden kann.

Zuletzt: Erst vor einigen Monaten ist im Kabinett beschlossen worden, nach Abstimmung mit der Polizei vor Ort in betroffenen Anschluss-Unterkünften auch zusätzlich Sicherheitsdienste einzusetzen. Dies wird gemacht. Die Ausschreibungen laufen, sodass auf diese Weise zusätzlich Sicherheit erzielt werden kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch lassen sich tragische Einzelfälle mit letzter Sicherheit leider nicht verhindern. Es ist leider traurige Realität, dass weder im Wohnumfeld Einheimischer noch im Wohnumfeld von Asylbewerbern ein 100-prozentiger Schutz vor Taten einzelner Verrückter oder Verbrecher gewährleistet werden kann. Frau Kollegin, Sie sagen das permanent, und es ist falsch und unredlich, so etwas zu suggerieren.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch der Abgeord- neten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte Sie, meiner Ministerin und mir nicht abzustreiten, dass es uns genauso wie Ihnen um das Wohl der Menschen, für die wir im Freistaat verantwortlich sind, geht.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte nicht noch deutlicher werden und einen Artikel des "Münchner Merkur" vor 14 Tagen zitieren. Wenn es uns miteinander um diesen Schutz geht, wollen wir gemeinsam auch miteinander darüber reden, aber nicht auf eine Art und Weise, wie es vor zwanzig Minuten hier der Fall war.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Staatssekretär, wir haben noch eine Zwischenbemerkung von der Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Hintersberger, wir haben nie bestritten, dass es Bemühungen gibt, dies und jenes da und dort zu verbessern. Ein Schutzkonzept, wie das aus Bremen, das die Kollegin Wild erwähnt hat, kenne ich in Bayern aber nicht.

(Ingrid Heckner (CSU): Gerade aus Bremen!)

Ich kenne auch keinen Ehrenamtlichen, der ein solches Schutzkonzept kennt. Es gibt immer wieder gute Beispiele – das habe ich auch in meiner Rede gesagt –, es gibt aber auch ungute Situationen. Es gibt Unterkünfte, in denen es keine getrennten Zugänge zu Sanitärräumen für Frauen und Männer gibt und in denen die Sanitärräume auch nicht absperrbar sind. Das gibt es in Bayern. Es gibt also Gutes und Schlechtes. Von einem Konzept würde ich mir eine Leitlinie erwarten, sodass die Verwaltung insgesamt weiß, woran sie sich zu orientieren hat. Dass sich die Welt nicht sofort verändert, ist auch klar, aber ich erwarte mir von einem Schutzkonzept, das man lesen kann, das man nachvollziehen kann und von dem man sagen kann, ja, das ist vernünftig, und da wollen wir hin, eine Richtschnur, eine transparente Zielvorstellung. Das ist der Sinn dieses Antrags. Wir wollen ein Schutzkonzept, das nachvollziehbar ist.

Natürlich gibt es keine 100-prozentige Sicherheit. Es gibt in diesem Fall aber einen erheblichen Aufklärungsbedarf, weil man in einer Einrichtung ohne Security, in der laut Auskünften von Ehrenamtlichen ab und zu bis maximal 14.00 Uhr ein Hausmeister vorbeikommt und die nicht in der Mitte eines Ortes, sondern dezentral etwa eine Viertelstunde von der nächsten Polizeiinspektion entfernt liegt, jemanden

untergebracht hat, von dem allgemeine Gewaltgefahr ausgeht. Das ist ein gravierender Fehler, und deshalb muss aufgeklärt werden, wie es zu diesem Fehler kam.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte kommen Sie zum Ende. Ihre zwei Minuten sind schon um.

Frau Kollegin Kamm, noch einmal ganz kurz zum Schutzkonzept. Wir haben ein Schutzkonzept für den Betrieb der Unterkünfte. Dies ist sehr eng mit den Regierungen abgestimmt. Es wird auch immer als Leitlinie gesehen. Hierbei handelt es sich um sensible Daten. Ich kann diese 86 Immobilien mit separierten Räumlichkeiten für Frauen, die von Gewalt bedroht sind, nicht wie auf dem offenen Brezenmarkt verkaufen. Das würde unsere Maßnahmen konterkarieren. Mir ist die reale Umsetzung dieser Maßnahmen in den Unterkünften wesentlich lieber. Liebe Kollegin Wild, ich kenne das Konzept aus Bremen. Es wird wunderbar als Marketingmaßnahme verkauft, aber erst bis Ende 2017 umgesetzt.