Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Wir haben 54 Luftgütemessstationen, die uns dieses bestätigen und von denen wir im Verlauf der Jahre auch ablesen können, dass sich die Luftqualität verbessert. Nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass wir gerade beim Feinstaub seit 2012 keine Überschreitung der Grenzwerte mehr haben. Auch die EU-Vorgabe zum Stundenmittelgrenzwert von 200 mg bei Stickoxiden haben wir 2016 in Bayern flächendeckend eingehalten. Es geht also Gott sei Dank vorwärts, weil wir handeln.

Wir handeln im Sinne der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger und setzen uns gemeinsam – damit meine ich die Bezirksregierungen und die Kommunen – dafür ein, unsere Luftqualität weiter zu verbessern. Wir haben insgesamt – und ich möchte, dass Sie das einmal zur Kenntnis nehmen – 17 Luftreinhaltepläne in den verschiedenen Fortschreibestadien jeweils mit neuen Maßnahmen versehen; in München arbeiten wir jetzt an der siebten Fortschreibung des Luftreinhalteplans. Die GRÜNEN wollen es nicht wahrhaben, weil es in ihr selbstgestricktes Weltbild nicht hineinpasst. Wenn man so etwas ständig ignoriert, stellt sich die Frage, wer hier ignorant ist, lieber Herr Kollege Hartmann.

Im Übrigen sage ich Ihnen auch, wenn ich Ihren Antrag lese, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen realistisch sein müssen. Ein tageweises Fahrverbot wegen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickoxid macht keinen Sinn. Das funktioniert beim Feinstaub, aber nicht bei den Stickoxiden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Staatsregierung geht bei den Überschreitungen der Stickoxidwerte in unseren Ballungszentren zügig voran, und zwar nicht, weil es uns die Gerichte abfordern, sondern wir es den Menschen schuldig sind. Eine Dämonisierung des Diesels bringt uns hierbei nicht weiter. Mir kommt bei der Debatte immer zu kurz, dass wir den Diesel dringend zur Einhaltung unserer Klimaschutzziele brauchen. Sie wissen alle, dass der Diesel wesentlich bessere Werte hat, wenn es um das CO2 geht, aber der Diesel muss jetzt schnell sauberer werden, darüber sind wir uns wahrscheinlich einig.

Pauschale Dieselfahrverbote für Großstädte lehnen wir ab, weil eine rechtlich sichere Begründung noch fehlt. Wir halten sie aber vor allen Dingen für unverhältnismäßig und lehnen sie ab, weil sie eine Zumutung für die Menschen darstellen, die ihr Dieselfahrzeug mit besten Absichten gekauft haben. Wir sagen, solche Maßnahmen sind unsozial. Wir wollen nicht, dass das Eigentum entwertet wird und die Fahrzeuge betroffen sein werden, die erst wenige Jahre alt sind. Wir wollen auch nicht, dass Handel, Gewerbe und die Versorgung in unseren Städten vor unlösbaren Schwierigkeiten stehen.

(Beifall von der CSU – Zuruf von der CSU: Bravo!)

Wir streben eine Lösung an, die sehr viel umfassender ist. Wir bringen die Mobilität der Zukunft voran – das ist der richtige Ansatz. Dieses Thema ist sehr komplex, und wir brauchen viele Beteiligte, die hier mit im Boot sind. An unserem bayerischen Konzept wird im Moment mit Hochdruck unter Beteiligung aller betroffenen Ressorts gearbeitet, und wir sind gut in Richtung Zielgerade unterwegs.

Grundlegende Eckpunkte dieser Strategie haben wir am vergangenen Sonntag mit unserem Ministerpräsidenten und dem Bundesverkehrsminister erörtert. Wir fordern die Verantwortung der Hersteller ein. Ich denke, wir sind uns im Hohen Haus darüber einig – Stichwort Nachrüstung, aber auch Stichwort Innovation –, dass wir an der Quelle ansetzen müssen und nicht an den Symptomen herumdoktern dürfen. Nach Angaben der Automobilindustrie sind die Euro-5-Diesel vergleichsweise zügig nachzurüsten, und wir können damit deutliche Verbesserungen der Werte erreichen. Dabei ist aber klar, dass die Besitzer von Diesel-Pkw nicht zusätzlich belastet werden dürfen; denn sie sind nicht der Verursacher dieses Problems.

(Zuruf von der CSU: Sehr gut!)

Noch vor der Sommerpause wird es zu Spitzengesprächen kommen, und unser Ministerpräsident wird

mit allen Beteiligten noch einmal das Gespräch suchen.

Des Weiteren möchten wir – und damit komme ich zurück zu unseren Eckpunkten, die wir am Sonntag festgelegt haben – beim öffentlichen Nahverkehr auch noch einmal nachlegen. Die Stichworte sind Park & Ride, Bike & Ride, Kapazitätsverbesserungen und Taktverdichtungen. Sie wissen alle genau – gerade diejenigen, die im Hinblick auf den ÖPNV tätig sind, die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses –, wie viel hier tagtäglich entschieden wird und wie viel vorangeht. Der Freistaat leistet hier seinen Beitrag. Sie wissen auch, dass wir uns für die zweite Stammstrecke in München entschieden haben. Diese wird ein Thema sein.

(Florian von Brunn (SPD): Im Jahr 2026 frühestens!)

Diese Entscheidung ist getroffen. Es wird damit eine starke Entlastung geben und sehr viel Druck aus dem Kessel genommen werden.

Jetzt aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch die Stadt am Zug, den ÖPNV voranzubringen. Der Besteller sind die Kommunen, und wir müssen hier wirklich forciert vorangehen. Sie wissen , dass es seit 2013 vom Wirtschaftsministerium erhöhte Förderungen im Bereich Elektrobusse gibt, und hier sehe ich gerade für München noch Luft nach oben; wir haben es gerade eben in der Diskussion gehört.

Zur Förderung der Ladeinfrastruktur hat der Bund ein Förderprogramm mit Mitteln von 300 Millionen Euro für 2017 bis 2020 und 15.000 Ladestationen beschlossen. Auch das gehört zu diesem Gesamtkonzept einer Mobilität für die Zukunft.

Wir selbst gehen auch mit gutem Beispiel voran. Bis 2020 wollen wir im staatlichen Fuhrpark den Anteil an Elektrofahrzeugen auf 20 % erhöhen. Ich persönlich sehe auch gerade bei Wasserstoff-Brennstoffzellen noch sehr viel Musik und Möglichkeiten.

Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist, sind die innovativen Lösungen. Dabei nenne ich nicht nur intelligente Verkehrsleitsysteme, sondern auch innovative Leitsysteme oder die Grüne Welle, die für einen besseren Verkehrsfluss sorgen. Auch das wissen wir: Ein besserer Verkehrsfluss trägt zu einer Verbesserung der Werte bei. Ich verweise auch auf unser Pilotprojekt, wonach das eDorf die Möglichkeiten der Digitalisierung austestet. Es gehört zu unserem gesamten Ansatz zu prüfen, wie man Arbeit zu den Menschen bringen kann, anstatt den umgekehrten Weg zu wählen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das waren jetzt nur einige Schlaglichter zum aktuellen Stand unseres Fortschritts. Wir werden in Kürze das Konzept im Kabinett beraten. Anschließend ist die Zeit reif, im Hohen Haus zu berichten und zu informieren, wie wir es in großer Übereinstimmung am 18. Mai beschlossen haben. Ich werde das natürlich gerne tun.

Ich sage Ihnen abschließend noch einmal: Die Bayerische Staatsregierung setzt nicht auf pauschale Verbote und Diskriminierung, sondern wir setzen auf umfassende Problemlösungen und bringen die Mobilität der Zukunft voran. Der Erfolg kann natürlich nicht aufgrund der Anstrengungen einzelner Institutionen kommen, sondern alle Beteiligten müssen mit an Bord – von der Kommune bis zum Bund, vor allem auch die Wirtschaft –, und dazu brauchen wir nicht die vorliegenden Dringlichkeitsanträge. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben am 18. Mai, also vor vier Wochen, bei Enthaltung der GRÜNEN, aber mit allen anderen Fraktion an Bord den richtigen Weg beschlossen, den wir entschlossen weitergehen werden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Frau Staatsministerin, bitte bleiben Sie noch. Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen von Brunn. Bitte schön.

Liebe Frau Staatsministerin, Sie haben gerade gesagt, die Luftqualität in Bayern wäre gut. Ich finde das interessant und widerspreche Ihnen; denn die Europäische Kommission hat nicht ohne Grund ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, sondern deswegen, weil dauerhaft und mit großen Werten, Spitzenwerten die Stickoxidgrenzwerte in zwei Ballungsräumen "gerissen" werden. Das Schreiben ist Ihnen bzw. der Bundesregierung am 15. Februar 2017 zugegangen.

Ich möchte Ihnen auch noch in einem weiteren Punkt widersprechen. Sie haben gerade die E-Busse angesprochen. Vielleicht ist Ihnen das nicht bekannt, aber bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es keinen serienreifen E-Bus auf dem Markt, ein solcher muss erst entwickelt werden. Man kann natürlich fordern, sie einzusetzen, aber wenn es sie nicht gibt, macht das keinen Sinn.

Ich habe eine Frage zum Vertragsverletzungsverfahren. Wir wissen, dass die Bayerische Staatsregierung in einer Stellungnahme gegenüber Brüssel aufgeschrieben hat, welche Maßnahmen sie ergreifen will, um die Stickstoffdioxidproblematik zu verringern. Sie haben heute noch keine wirklich konkreten Maßnahmen genannt. Vielleicht können Sie uns heute sagen, welche Maßnahmen Sie nach Brüssel gemeldet

haben. Das würde den Bayerischen Landtag und die Öffentlichkeit in Bayern sehr interessieren. Soweit ich weiß, ist Ihre Antwort im Mai nach Brüssel gegangen.

Frau Staatsministerin, bitte.

Herr von Brunn, da Sie wissen, dass diese Maßnahmen nach Brüssel gemeldet wurden, kennen Sie sicherlich auch die Inhalte. Wir können die Inhalte gerne noch einmal veröffentlichen.

Beim Thema Busse kenne ich mich aus familiären Gründen, wenn ich das so sagen darf, aus. Sie wissen sehr genau, dass es Elektro-Busse gibt, allerdings nicht auf dem deutschen Markt. Ich bitte Sie, dies differenziert darzustellen. Unsere deutschen Hersteller haben leider noch kein marktreifes Produkt. MAN hat sich jedoch erklärt. Sie haben selbst die Vereinbarung mit München genannt.

Zum Vertragsverletzungsverfahren: Dieses Verfahren richtet sich gegen die Bundesrepublik insgesamt, gegen alle Städte, die hier aufgeführt sind. Meines Wissens sind es 40 Städte.

(Florian von Brunn (SPD): 28!)

Sie wissen sehr genau, wo unsere Werte liegen. Ich habe dargestellt, dass bei uns die Stickoxidwerte rückläufig sind. Ich nenne Ihnen als Beispiel nur die Landshuter Allee. Dort wurden im Jahre 1999 noch 99 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen, jetzt liegt der Wert bei 80 Mikrogramm pro Kubikmeter. Wir befinden uns auf einem guten Weg. Dieses Thema ist jedoch sehr komplex und nicht durch Einzelmaßnahmen zu beherrschen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept für die Mobilität der Zukunft in unseren Großstädten. Daran arbeiten wir.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Für den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/17265 – das ist der Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – wurde getrennte Abstimmung nach Spiegelstrichen beantragt. Wir stimmen über die ersten beiden Spiegelstriche gemeinsam und danach über den dritten Spiegelstrich gesondert ab.

Wer den ersten beiden Spiegelstrichen, wie sie Ihnen auf der Drucksache 17/17265 vorliegen, seine Zustim

mung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Damit sind die ersten beiden Spiegelstriche dieses Antrags abgelehnt.

Wer dem dritten Spiegelstrich desselben Antrags seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und der FREIEN WÄHLER. Enthaltungen? – Keine. Damit wurden dieser Spiegelstrich und der Antrag insgesamt abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/17270 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte. – Das ist die CSUFraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/17280 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte. – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich nun auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun Brendel-Fischer, Hermann Imhof u. a. und Fraktion (CSU) Kurzzeitpflege stärken (Drs. 17/17266)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Kurzzeitpflege kostendeckend finanzieren - pflegende Angehörige entlasten (Drs. 17/17281)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ruth Waldmann, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Gute pflegerische Versorgung gewährleisten - Landesrahmenvertrag für Kurzzeitpflege und teilstationäre Pflege abschließen (Drs. 17/17282)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Imhof. Bitte schön, Herr Imhof.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Fokus unseres Dringlichkeitsantrags steht eine Personengruppe, die Sie alle kennen und schätzen. Diese Personengruppe besteht aus den eigentlichen Helden unseres Landes, nämlich den pflegenden Angehörigen. Sie sind der größte Pflegedienst unserer Nation, ohne dass ich damit die professionellen Dienste in der ambulanten und der stationären Altenpflege schmälern will.

Halten Sie sich einmal zwei Zahlen vor Augen: In Bayern gibt es rund 400.000 zu pflegende Menschen. 280.000 dieser Menschen werden ausschließlich zu Hause gepflegt, zumeist nur von den Angehörigen. Die Frauen übernehmen hier die tragende Rolle. Etwa 70 % der Frauen pflegen ihre Männer oder ihre Angehörigen. In den nächsten 30 Jahren wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen erheblich erhöhen. Wir rechnen mit etwa fünf Millionen Pflegebedürftigen im Jahr 2050. Sie können sich vorstellen, dass unter diesen veränderten demografischen Rahmenbedingungen die pflegenden Angehörigen einen entscheidenden Anteil der Pflege tragen müssen. Ob sie dazu in der Lage sein werden, liegt zu einem großen Teil an uns, an der Gesellschaft und natürlich an der Politik. Wir müssen die Pflegenden in angemessener Weise unterstützen und tragen. Dazu soll unser Dringlichkeitsantrag dienen.

Ich möchte meiner Fraktionsgemeinschaft ein großes Dankeschön sagen, weil sie mir bei diesem Anliegen ihr volles Vertrauen geschenkt und ihre volle Unterstützung bezüglich der finanziellen Auswirkungen zugesagt hat. Ich sage ganz klar: Die Kurzzeitpflege ist nicht die erste Pflicht des Freistaates Bayern. Der Freistaat Bayern kann die Kurzzeitpflege jedoch ergänzend unterstützen. Wir tun das, weil wir die Not der Menschen sehen. Ich freue mich, dass mich meine Fraktionsgemeinschaft bei diesem Anliegen unterstützt.

In den letzten Wochen und Monaten habe ich, wenn ich mich mit den Vertretern, auch der anderen Fraktionsgemeinschaften, unterhalten habe, erfahren, dass häufig eine sehr große Not besteht, zum Beispiel bei unseren Eltern oder unseren näheren Angehörigen.