Protokoll der Sitzung vom 17.10.2017

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage)

Wer mit der Übernahme des jeweils maßgeblichen Ausschussvotums entsprechend der aufgelegten Liste

einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Neuwahl von drei berufsrichterlichen Mitgliedern, Wiederwahl von zwei berufsrichterlichen Mitgliedern und Wahl des zweiten Vertreters des Präsidenten

Der Ministerpräsident hat mitgeteilt, dass die Mitglieder des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Herr Andreas Dhom, Vorsitzender Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, und der Vizepräsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Herr Dr. Erwin Allesch, in den Ruhestand getreten sind. Außerdem hat er mitgeteilt, dass die Präsidentin des Bayerischen Landessozialgerichts Frau Elisabeth Mette aus persönlichen Gründen für eine Wiederwahl als Verfassungsrichterin nicht mehr zur Verfügung steht. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs schlägt als Nachfolger für Herrn Andreas Dhom Herrn Dr. Alexander Neumüller, Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, und für Herrn Dr. Erwin Allesch Frau Mechtild Klein, Richterin am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, zur Wahl vor. Als Nachfolgerin für Frau Elisabeth Mette wird Frau Tatjana Lilienfeld, Richterin am Bayerischen Landessozialgericht, zur Wahl vorgeschlagen.

Außerdem hat der Ministerpräsident mitgeteilt, dass am 10. November 2017 die Amtszeiten der beiden berufsrichterlichen Mitglieder des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Frau Dagmar Ruderisch, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München und Generalsekretärin des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, und Herr Ralf Peter, Direktor des Amtsgerichts Mühldorf am Inn, enden. Der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs schlägt vor, Frau Dagmar Ruderisch und Herrn Ralf Peter als berufsrichterliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs wiederzuwählen.

Darüber hinaus soll Herr Clemens Lückemann, Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, der dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof seit dem 1. März 2015 angehört, zum zweiten Vertreter des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs gewählt werden.

Die Vorgeschlagenen sind bereit, im Fall der Wahl das Amt anzunehmen, und haben die entsprechende Erklärung gemäß Artikel 6 des Verfassungsgerichtshof

gesetzes abgegeben. Die Richter-Wahl-Kommission hat am 11. Oktober 2017 den Vorschlägen des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs zugestimmt und beschlossen, der Vollversammlung zu empfehlen, die Wahlvorschläge anzunehmen. Wir kommen damit zur Wahl.

An Ihrem Platz finden Sie ein farbiges StimmzettelPaket. Das ist dieses Mal besonders umfangreich. Für den Wahlgang ist außerdem die in Ihrer Stimmkartentasche enthaltene gelbe Namenskarte zu verwenden. Die Urnen für die Namenskarten und für die Stimmzettel befinden sich auf beiden Seiten des Sitzungssaals im Bereich der Eingangstüren sowie auf dem Stenografentisch. Ich bitte, sowohl die Namenskarte als auch die Stimmzettel nicht selbst in die Urnen einzuwerfen, sondern diese den hierfür bereitstehenden Mitarbeitern des Landtagsamtes auszuhändigen. Nur so kann der ordnungsgemäße Ablauf des Wahlvorgangs sichergestellt werden.

Wir beginnen nun mit dem Wahlgang. Für die Wahlen stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Geheime Wahl von 16.26 bis 16.31 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, noch eine Minute.

Der Wahlgang ist beendet. Das Wahlergebnis wird später bekannt gegeben. Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen. – Ich bitte Sie alle, die Plätze wieder einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können.

(Unruhe)

Wenn bitte alle die Plätze wieder einnehmen würden! Diejenigen, die die Plätze nicht einnehmen wollen, können auch rausgehen. – Vielen Dank, Kolleginnen und Kollegen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Bestellung bzw. Benennung eines jeweils neuen Mitglieds in die Enquete-Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern", in den Rundfunkrat und in den Beirat beim Unternehmen "Bayerische Staatsforsten"

Aufgrund des Ausscheidens von Herrn Alexander Muthmann aus der Fraktion FREIE WÄHLER sind verschiedene Neubestellungen bzw. -benennungen in den vorgenannten Gremien notwendig. Ich gehe davon aus, dass die Bestellungen ohne Aussprache erfolgen können.

Herr Joachim Hanisch soll neues Mitglied in der Enquete-Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" werden. Wer dem Vorschlag zur Bestellung von Herrn Kollegen Hanisch in die EnqueteKommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion, die Fraktion FREIE WÄHLER und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist so beschlossen.

Herr Kollege Thorsten Glauber soll neues Mitglied im Rundfunkrat werden. Wer dem Vorschlag zur Bestellung von Herrn Kollegen Glauber in den Rundfunkrat seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen, bitte! – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist auch das so beschlossen.

Darüber hinaus wurde Frau Gabi Schmidt von der Fraktion FREIE WÄHLER als stellvertretendes Mitglied für den Beirat beim Unternehmen "Bayerische Staatsforsten" benannt. – Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Des Weiteren darf ich Ihnen gemäß § 26 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung mitteilen, dass Herr Kollege Glauber seitens der Fraktion FREIE WÄHLER als neues Mitglied für den Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen benannt worden ist.

Ich wünsche Ihnen, Frau Schmidt, sowie den Kollegen Glauber und Hanisch viel Erfolg in ihren neuen Tätigkeiten.

(Allgemeiner Beifall)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die

Tagesordnungspunkte 6 und 7 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Keine Abschiebungen aus dem Klassenzimmer! (Drs. 17/17268)

und

Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Abschiebungen aus der Schule (Drs. 17/17150)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregie

rung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion.

Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Fahn. Bitte schön, Herr Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Rechtsstaat, der geltendes Recht nicht durchsetzt, macht sich unglaubwürdig und gefährdet seine eigene Basis. Die Fragen lauten in diesem Fall aber auch: Erstens. Wo setzt der Staat Recht um? Zweitens. Wo meint er Exempel statuieren zu müssen? Drittens. Welche Signale sendet er damit aus?

Wir wissen, dass die Demonstration am 31. Mai 2017 zunächst friedlich verlief und dann von linksautonomen Gruppen massiv gestört wurde. In dem Bericht des Innenministeriums steht, dass Abschiebungen nur dann vorgenommen werden, wenn der betroffene Ausländer an anderen Orten nicht angetroffen wird und ansonsten die Abschiebung scheitern würde.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Aussage kein Argument dafür ist, Abschiebungen aus Schulen durchzuführen. Jeder, der in der Schule am Unterricht teilnimmt, ist dort mit Namen und Adresse gespeichert. Dann hat die Polizei viele andere Möglichkeiten – und Zeit –, die entsprechende Person festzunehmen. Herr Sommer vom Innenministerium bestätigte das im Innenausschuss. Er sagte, dass Abschiebemaßnahmen auch kostenintensiv seien und meist monatelang im Voraus geplant würden. Wenn dem so ist, dann braucht man eine Festnahme nicht ausgerechnet in einer Schule vorzunehmen. Ein solches Vorgehen ist nicht nur unsensibel, sondern auch kontraproduktiv. Eine nächtliche Abholung aus der Flüchtlingsunterkunft wäre vielleicht der bessere Weg gewesen. Genau dies sagte auch der Leiter der betroffenen Schule.

Die CSU argumentiert immer wieder, Abschiebungen aus der Schule sollten die Ultima Ratio sein und bleiben. Wenn dem so wäre, dann bräuchten wir diesen Vorgang nicht zu thematisieren.

Der Verlauf des Einsatzes ist nicht der eigentliche Gegenstand unseres Antrags. Uns geht es nur um die grundsätzliche Frage der Abschiebung von Schülern aus Bildungseinrichtungen. Die Schulen haben einen Bildungsauftrag wahrzunehmen. Gerade in Berufsschulen besteht noch ein besonderes Konfliktpotenzial. In der Schule sollen der soziale Schulfrieden und die Sicherung eines guten Schulklimas im Vordergrund stehen. Das wurde auch von dem CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer so gesagt, der die Aktion als alles andere als sensibel bezeichnete und hinzufügte, so etwas solle nicht mehr passieren.

Ähnlich äußerten sich Lehrerverbände, zum Beispiel der BLLV. Dieser forderte, dass es keine Abschiebungen mehr aus einer Schule geben dürfe, weil dies eine relativ große psychische Belastung nicht nur für die abgeschobenen, sondern auch für die übrigen Schüler darstellt. Der Leiter der betroffenen Schule sagte es klar und deutlich: Der Polizeieinsatz habe "viel Integrationsarbeit zerstört" und stehe im Gegensatz zu den im Unterricht behandelten Themen wie Flucht und Vertreibung. So wird der Schulleiter zitiert.

Fälle wie der in Nürnberg können dazu führen – diese Gefahr besteht –, dass das Vertrauen in den Staat nachhaltig gestört wird. Die Polizei tritt immer dort in Erscheinung, wo die Bürger Hilfe brauchen. In der Polizei erkennt der Bürger den Staat. Wenn die Bürger der Polizei vertrauen, dann vertrauen sie auch dem Staat. Deshalb muss man alles verhindern, was ein negatives Bild der Polizei ergibt. Dieser Vorfall in Nürnberg hat negative Folgen gehabt. Auch die Medien haben überwiegend negativ berichtet. Die nachfolgenden Kommentare und Rechtfertigungen des Innenministers waren zwar rechtlich völlig in Ordnung; das bestreiten wir nicht. Wir sagen aber: Die Aktion war politisch falsch. Genau das ist Inhalt unseres Antrags. Die Schule ist ein geschützter Lebensraum.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Aber kein rechtsfreier!)

Das ist eine wesentliche Bedingung für die Realisierung des in Artikel 131 unserer Verfassung verankerten Bildungsauftrags: Erziehung zur Demokratie. Es reicht nicht aus, die entsprechenden Werte theoretisch zu vermitteln. Wir müssen Toleranz, Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft und Zivilcourage an unseren Schulen auch aktiv leben und erlebbar machen. Abschiebungen aus dem Klassenzimmer passen damit allerdings nicht zusammen.

Halten wir fest: Abschiebungen aus Schulen müssen vermieden werden; sonst kann es zur Traumatisierung des einzelnen Schülers kommen. Ich möchte noch einmal klar herausstellen, worum es uns geht – bzw. worum es uns nicht geht: Wenn Abschiebungen rechtlich notwendig sind, dann müssen sie auch durchgeführt werden. Wir wollen aber keine Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen. Dann brauchen wir auch nicht über das Schulasyl als Ergänzung zum Kirchenasyl zu diskutieren. Unser Antrag stellt auch keine Bewertung des verwaltungsrechtlichen Vorgangs dar. Im Hinblick auf meine eingangs gestellten drei Fragen muss man klar sagen, dass der Staat – das ist der Inhalt unseres Antrags – hier falsche Signale ausgesendet und ein vielleicht heikles Exempel statuiert hat. Daher beantragen wir, dass keine Abschiebungen aus Klassenzimmern stattfinden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Fahn, bitte bleiben Sie noch. Wir haben eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Gantzer. – Bitte schön, Herr Gantzer.

Herr Fahn, ich habe nur eine Frage: Was sagen Sie dazu, dass der Kollege Streibl im Rechts- und Verfassungsausschuss gesagt hat: Grundsätzlich sollen keine Abschiebungen aus Schulen erfolgen, im Ausnahmefall sind sie aber zulässig.

Herr Fahn, bitte schön.

Das ist ein Sowohl-als-auch. Ich habe mir alle Protokollauszüge angeschaut. Wir haben diesen Antrag, den ich hier auch vorgetragen habe, in unserer Fraktion einstimmig verabschiedet. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Danke schön, Herr Kollege Fahn. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kamm. Bitte schön, Frau Kamm.