Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

Zum Glück können Sie das nicht ändern. Sie sagen noch nicht mal klar, worum es in Ihrem Antrag geht. Der Kanon der gesetzlich geschützten religiösen Feiertage ist in unserem Land in der Tat historisch gewachsen. Das ist in den Bundesländern höchst unterschiedlich.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Eben!)

Sie nennen das "christlich-jüdisch". Ich sage: Das ist doch gelogen! Es gibt keinen einzigen jüdischen Feiertag, der in derselben strengen Weise als gesetzlicher Feiertag geschützt ist wie ein christlicher Feiertag. Die gibt es doch gar nicht!

(Markus Rinderspacher (SPD): So ist es! – Diana Stachowitz (SPD): So ist es! – Unruhe bei der CSU)

Wovon reden wir?

(Markus Rinderspacher (SPD): Auch in Bayern nicht!)

Auch in Bayern nicht, ganz genau! – In Bayern ist das sowieso nochmal verschärft. Da kann man noch nicht mal von einem allgemeinen christlichen Tableau an Feiertagen sprechen. Wenn wir mal ehrlich sind, handelt es sich eher um ein römisch-katholisches Tableau an Feiertagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dr. Flo- rian Herrmann (CSU): Das ist lächerlich!)

Kolleginnen und Kollegen, niemand will christliche Feiertage abschaffen oder einschränken. Ich kenne, genau wie die Kollegin vorher gesagt hat, keinen einzigen Versuch. – Doch, ich kenne einen Versuch. Die Einzigen hier in diesem Hause, die jemals einen christlichen Feiertag abgeschafft haben, sind Sie, allein Sie!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Diana Stachowitz (SPD): Genau!)

Sie haben den Buß- und Bettag rein aus wirtschaftlichem Kalkül abgeschafft. Das waren Sie, keine von den anderen Fraktionen hier!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von den GRÜNEN: Bravo!)

Ich habe es schon gesagt: Es gibt die religiösen Feiertage, auch die muslimischen, in unserem Land. Das ist gelebte Realität. Es ist völlig selbstverständlich, dass gläubige Muslime – die meisten sind auch eher säkular orientiert – ihre Feiertage leben können. Es gibt aus dem bayerischen Kultusministerium, zuletzt von 2015, die Anordnung an die Schulen, was aus

dem Feiertagsgesetz folgt: Die muslimischen Schüler sind an ihren Feiertagen ohne weiteren Antrag zu befreien. Das ist gelebte Realität. In den Schulen und in den Kindertageseinrichtungen versucht man interreligiöse Bildung und interreligiöse Kultur. Dort feiert man die verschiedenen Feiertage gemeinsam und schafft auch nicht den Martinsumzug ab, wie Sie immer behaupten. Das ist überhaupt nicht wahr,

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Doch!)

sondern man sieht die ganze Vielfalt, die es da gibt.

(Josef Zellmeier (CSU): Sie sehen durch die rosarote Brille!)

Wir haben in der letzten Woche hier nebenan im Senatssaal den Bürgerpreis verliehen. Das Thema hieß "Mein Glaube. Dein Glaube. Kein Glaube. Unser Land!". Das ist die treffende Beschreibung Bayerns. Das alles ist unser Land. Herr Zellmeier, ich glaube, Sie waren nicht bei der Preisverleihung; sonst hätten Sie nämlich die Warnung des Sonderpreisträgers gehört. Das sind die "Freunde Abrahams e.V." hier aus München. Der Vorsitzende ist Professor Wimmer von der LMU. Er hat in seiner Dankesrede sehr deutlich gemacht, dass wir bitte alle bedenken mögen, insbesondere die CSU bis hin zur Staatsregierung, dass man mit unbedachten Äußerungen und Kampagnen all das zunichte macht, was diese Organisationen, die wir hier ausgezeichnet haben, in jahrelanger Arbeit aufgebaut haben. Heute tun Sie das wieder.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Zellmeier, wir sehen in Bayern in der Tat überhaupt keinen Änderungsbedarf an dem Feiertagsgesetz.

(Josef Zellmeier (CSU): Dann können Sie doch zustimmen!)

Ich glaube, wir GRÜNE sind die Einzigen, die über mehrere Jahre eine Religionskommission haben arbeiten lassen und einen bundespolitisch abgestimmten, sehr tiefgehenden Beschluss zur Religionspolitik in Deutschland gefasst haben. Dort hätten Sie das nachlesen können. Aber dafür müsste man eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema voraussetzen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Ja, Ja!)

Wir sehen keinen Änderungsbedarf. Viel eher – das kann man durchaus sagen – müsste man mal zur Kenntnis nehmen, dass der Vielzahl der religiös begründeten Feiertage nur wenige nichtreligiös begründete gegenüberstehen. Zwei sind das in Bayern.

Zwei! Man könnte also sehr wohl darüber nachdenken, ob es vielleicht sinnvoll für den Zusammenhalt in der Gesellschaft wäre, mehr gemeinsame staatliche Feiertage oder demokratisch begründete Feiertage zu begründen, die für unsere Demokratie wichtige Wegmarken waren und sind. Ich denke, insgesamt haben wir in Bayern keinen Mangel an Feiertagen.

Aber jetzt nochmal zum Thema: Es geht hier nicht um Feiertage. Das ist das Schlimme an Ihrem Antrag. Gestern im Bundestag konstituierte sich zum ersten Mal seit dem Krieg wieder ein Bundestag, in dem Rechtspopulisten sitzen. Ein Vizepräsident wird nicht gewählt, weil er die Religionsfreiheit angegriffen hat.

(Diana Stachowitz (SPD): Genau!)

Da sitzen Islam-Hasser im Parlament, und just an diesem Tag bringen Sie hier diesen Antrag ein. Wir müssen ihn heute diskutieren.

(Josef Zellmeier (CSU): Das ist billigste Propaganda! Unglaublich!)

Das Ganze geschieht nur zu dem einen Zweck: Ausgrenzung betreiben, Abgrenzung nach dem Motto – wie Sie sagen –: "Die rechte Flanke schließen". Sie betreiben hier jetzt schon das Spiel der Rechtspopulisten und der AfD, obwohl sie noch gar nicht im Landtag sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Andre- as Schalk (CSU): Unsinn! – Dr. Florian Herrmann (CSU): Frechheit! Unglaublich! Reinste Lüge!)

Ich sage Ihnen: Machen Sie endlich die Arbeit verantwortungsvoller Demokraten! Machen Sie die Arbeit, die unsere Werte schützt, die unsere Heimat schützt und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert! Ich sage Ihnen auch, was das ist: Gehen Sie gegen Kinderarmut vor, gegen Altersarmut! Kämpfen Sie für menschliche Flüchtlingspolitik! Gehen Sie gegen die immer weiter werdende Schere zwischen Arm und Reich vor! Sorgen Sie für gute Bildungschancen!

(Josef Zellmeier (CSU): Es ist in Bayern immer noch besser als in von Rot-Grün regierten Ländern!)

Sorgen Sie für eine zukunftsfähige Politik für unsere Kinder und Enkel! Tun Sie etwas für den Klimaschutz! Tun Sie etwas für die Energiewende, gegen das Artensterben! Tun Sie etwas für eine ökologische Landwirtschaft! Schützen Sie unser Wasser, usw. Da geht es um die Grundfesten unseres Gemeinwesens. In all diesen Punkten versagen Sie hier.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Damit würden Sie die rechte Flanke schließen. Damit würden Sie die Demokratie stärken und das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist unsere Aufgabe hier in diesem Haus. Wir lehnen die Anträge ab.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Stachowitz.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Frau Gote, Sie haben es richtig benannt: "Den rechten Rand schließen." – Jetzt haben wir verstanden, was das bedeutet. Herr Zellmeier, das ist – wie Sie es gesagt haben – eine unnötige Debatte zu unpassender Zeit. Hier wird eine Frage gestellt, die völlig unnötig ist. Das haben Sie heute einfach ausgemacht. Was Sie eigentlich machen wollen, ist ein durchsichtiges Spiel. Sie wollen sich als diejenigen gerieren, die nur bestimmte Religionen zulassen und nicht zum Wert der Religionsfreiheit in Deutschland und Bayern stehen. Das ist einfach infam, insbesondere nach dem, was wir gestern erlebt haben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Religionsfreiheit bedeutet, dass die Religionen Feiertage für sich selbst sowieso feiern. Das hat überhaupt nichts mit einem gesetzlichen Feiertag zu tun, von dem Sie hier meinen, andere würden ihn fordern. Weder die Juden noch die Muslime noch die Bahais oder irgendjemand anderer hat einen gesetzlichen Feiertag gefordert. Aber Sie haben einen abgeschafft. Das ist alles, was Sie hier eigentlich einbringen können. Deshalb ist das einfach Hetze gegen den muslimischen Glauben.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Unverschämtheit!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie für die Religionsfreiheit sind, dann müssen Sie akzeptieren, dass wir hier in Bayern 4 % Muslime haben, von denen nur 2 % ihre Religion aktiv praktizieren. Wir haben 55 % Katholiken, 21 % Protestanten und 20 % Konfessionslose. Das war: "Mein Glaube. Dein Glaube. Kein Glaube." Das macht unser Land aus, und dafür gilt es die richtigen Rahmenbedingungen herzustellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Festzuhalten ist, dass Sie nicht mitmachen, was Erzbischof Schick gefordert hat. Er hat gefordert, einfach diejenigen Menschen zu unterstützen, die ihre Religion hier selbstbewusst leben wollen. Dafür sollen die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das hatte

er im Zusammenhang mit einer Nonnenweihe gesagt. Das muss man wissen, um überhaupt den Zusammenhang herstellen zu können, um den es hier geht.

Ich sage Ihnen: Die SPD ist in jeder Hinsicht bereit, die Menschen zu unterstützen, die ihre Religion leben wollen. Wir haben dazu viele Anträge gestellt, sei es in der Frage der Tuchbestattung, sei es in der Frage des Religionsunterrichts auf Deutsch. Für die 44.000 muslimischen Schüler haben wir nur 70 Lehrkräfte an den Schulen, die solchen Religionsunterricht überhaupt erteilen können. Das ist ein Armutszeugnis. Deswegen muss hier mehr ausgebildet werden. Man muss im Wissenschaftsbereich bei den Studiengängen dafür sorgen, dass die Menschen, die ihre Religion friedlich auf dem Boden des Grundgesetzes leben wollen, auch einen Lehrstuhl vorfinden. Das gilt für die Muslime ebenso wie für Katholiken, Protestanten oder Juden.

Herr Zellmeier, deshalb noch einmal: Es ist unsäglich, dass Sie hier mit einem so durchsichtigen Antrag einfach Hass und Hetze gegen Menschen einführen, die einer bestimmten Religion angehören.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Unverschämtheit! – Josef Zellmeier (CSU): Sie sind der Hetzer!)

Das ist Pfui!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)